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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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Verbranchsabgabe soll der bisher gewöhnliche Licent abgezogen, der
Uebersch nß aber besonders berechnet und zur Unterstützung derjenigen Ge¬
werbetreibenden, welche durch das königlich preußische neue Jmpostirungssystem
am meisten leiden, verwendet werden." Auch konnte sich die Wirkung dieser
Retorstvn und Verkehrserschwerung gegen Preußen recht klar herausstellen, da
von preußischer Seite her weiter Nichts zu einer etwaigen zweiten Retorfion
geschah.

Es zeigte sich jedoch sehr bald, daß man in Kurhessen selbst den meisten
Schaden von diesen Retorsionsmaßregeln hatte, und sowol die Regierung selbst,
als auch die Gewerbetreibenden und Handelsleute, welche nach dem Eingang der
Verordnung jene provocirt hatten, erkannten dies. , Man suchte baldigst das
frühere Verhältniß wieder herzustellen, auch ohne daß man an den "Jmpostiruugs-
maßregeln" des preußischen Zoll- und Verbrauchssteuer-Tarifes Etwas hätte
ändern können. Die Gelegenheit zur Beseitigung der Retorsionsabgaben bot
sich bei Gelegenheit der allgemeinen Revision des Zolltarifes, an der im Anfang
der zwanziger Jahre eine eigene Commission zu arbeiten hatte. Allein schon ehe
dieselbe mit ihrer Arbeit zu Ende kommen konnte, da dieselbe wegen der nöthig
erachteten Ausgleichung der in den einzelnen hessischen Landestheilen verschiedenen
Tarife nur langsam vorwärts rückte, erschien am 12. Februar 1821 ein Aus¬
schreiben der Oberrentkammer, das sich als Auszug eines geheimen Raths¬
protokolls ankündete, durch welches für Nieder- und Oberhessen die in der
Verordnung vom 17. September 1819 bestimmte Durchgangsabgabe vom
preußischen Transttognt aufgehoben wurde, wahrend die Verbrauchsabgabe von
den wirklich im Lande verbleibenden preußischen Fabrikaten noch fortbestehen sollte.
Und für die Provinzen Heman und Fulda war dieselbe Maßregel bereits durch
allerhöchste Entschließung vom 16. November 1819 und 8. März 1820 angeordnet
worden! Gerade die so bedeutende Transitoabgabe hätte aber offenbar noch am
meisten erschwerend auf den Absatz preußischer Fabrikate einwirken können -- eben
wegen der geographischen Lage Kurhesseus mitten zwischen den preußischem Pro¬
vinzen u. s. w. Als aber die hessische Tarifcommissiou ihre Arbeit beendet hatte,
und durch die Verordnung vom 21. April 182i die veränderten Grundsätze für
die Erhebung der indirecten Abgaben und ein neuer Tarif verkündet wurden,
zeigte es sich, daß anch die Verbranchsabgaben für preußische Fabrikate beseitigt
waren. Nur für Sohlleder, grobe und feine Lederwaaren waren "vermöge Re-
tvrston, nämlich in Beziehung ans diejenigen Staaten, welche die Einfuhr des
diesseitigen Leders nebst Lederwaaren durch hohe Abgaben gehindert oder verboten
haben, als Preußen, die Niederlande u. s. w.", besondere Abgabensätze beibehalten.

Wir glauben, daß in dem vorgeführten Verlaufe der Oppositionsstcllnng
Kurhesseus gegen Preußen auf dem Gebiete des Handelsverkehrs auch für die
Verhältnisse der Gegenwart eine eindringliche Lehre liegt. Wir kennen recht wohl


Verbranchsabgabe soll der bisher gewöhnliche Licent abgezogen, der
Uebersch nß aber besonders berechnet und zur Unterstützung derjenigen Ge¬
werbetreibenden, welche durch das königlich preußische neue Jmpostirungssystem
am meisten leiden, verwendet werden." Auch konnte sich die Wirkung dieser
Retorstvn und Verkehrserschwerung gegen Preußen recht klar herausstellen, da
von preußischer Seite her weiter Nichts zu einer etwaigen zweiten Retorfion
geschah.

Es zeigte sich jedoch sehr bald, daß man in Kurhessen selbst den meisten
Schaden von diesen Retorsionsmaßregeln hatte, und sowol die Regierung selbst,
als auch die Gewerbetreibenden und Handelsleute, welche nach dem Eingang der
Verordnung jene provocirt hatten, erkannten dies. , Man suchte baldigst das
frühere Verhältniß wieder herzustellen, auch ohne daß man an den „Jmpostiruugs-
maßregeln" des preußischen Zoll- und Verbrauchssteuer-Tarifes Etwas hätte
ändern können. Die Gelegenheit zur Beseitigung der Retorsionsabgaben bot
sich bei Gelegenheit der allgemeinen Revision des Zolltarifes, an der im Anfang
der zwanziger Jahre eine eigene Commission zu arbeiten hatte. Allein schon ehe
dieselbe mit ihrer Arbeit zu Ende kommen konnte, da dieselbe wegen der nöthig
erachteten Ausgleichung der in den einzelnen hessischen Landestheilen verschiedenen
Tarife nur langsam vorwärts rückte, erschien am 12. Februar 1821 ein Aus¬
schreiben der Oberrentkammer, das sich als Auszug eines geheimen Raths¬
protokolls ankündete, durch welches für Nieder- und Oberhessen die in der
Verordnung vom 17. September 1819 bestimmte Durchgangsabgabe vom
preußischen Transttognt aufgehoben wurde, wahrend die Verbrauchsabgabe von
den wirklich im Lande verbleibenden preußischen Fabrikaten noch fortbestehen sollte.
Und für die Provinzen Heman und Fulda war dieselbe Maßregel bereits durch
allerhöchste Entschließung vom 16. November 1819 und 8. März 1820 angeordnet
worden! Gerade die so bedeutende Transitoabgabe hätte aber offenbar noch am
meisten erschwerend auf den Absatz preußischer Fabrikate einwirken können — eben
wegen der geographischen Lage Kurhesseus mitten zwischen den preußischem Pro¬
vinzen u. s. w. Als aber die hessische Tarifcommissiou ihre Arbeit beendet hatte,
und durch die Verordnung vom 21. April 182i die veränderten Grundsätze für
die Erhebung der indirecten Abgaben und ein neuer Tarif verkündet wurden,
zeigte es sich, daß anch die Verbranchsabgaben für preußische Fabrikate beseitigt
waren. Nur für Sohlleder, grobe und feine Lederwaaren waren „vermöge Re-
tvrston, nämlich in Beziehung ans diejenigen Staaten, welche die Einfuhr des
diesseitigen Leders nebst Lederwaaren durch hohe Abgaben gehindert oder verboten
haben, als Preußen, die Niederlande u. s. w.", besondere Abgabensätze beibehalten.

Wir glauben, daß in dem vorgeführten Verlaufe der Oppositionsstcllnng
Kurhesseus gegen Preußen auf dem Gebiete des Handelsverkehrs auch für die
Verhältnisse der Gegenwart eine eindringliche Lehre liegt. Wir kennen recht wohl


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/24>, abgerufen am 04.07.2024.