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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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filzige Masse von hellbrauner, dunkelbrauner und schwärzlicher Farbe bildet, die
als Torf.das allgemeine Brennmaterial des Landes liefert, und zwar schon seit
Plinius Zeiten, der von den Bewohnern jener Gegenden sagt, daß sie Erde
brennen. Das Herzogthum ist sehr reich an Mooren. Eins zieht im Süden
vom Dummer See auf der Grenze des Kreises Vechta und der hannoverschen
Grafschaft Diepholz. Andere Moore schließen die stedinger und butjadinger
Marsch von der Südwest- und Westseite ein, an vielen Orten den Uebergang
von Marsch zu Geest bildend. Hier ist durch Ausdehnung der Abwüssernng die
Möglichkeit gegeben, den moorigen Boden für die Geest zu gewinnen. Ferner
zieht sich ein wahres Riesenmoor, das zu dem größten Norddeutschlands gehört,
^ durch den ganzen Westen de!s Herzogthums nach Ostfriesland hinüber.

Das Moorland wird im Oldenburgischen, wie in vielen anderen Gegenden
des nordwestlichen Deutschlands, stellenweise im Frühjahr abgebrannt, und mit
Buchweizen (Haidekorn), der mit magerem Boden fürlieb nimmt, besäet. Das
Land wird zu diesem Zwecke zuerst trocken gelegt und der Nasen abgeschält. Der
angezündete Torfboden brennt einen Zoll tief hinab, und liefert so eine Asche,
die den eingestreuten Körnern als trefflicher Dünger dient.. Der durch den Brand
.erzeugte dicke, schwere Rauch verpestet dem Oldenburger seinen Frühlinge Vom
Winde in das mittlere und südliche Deutschland geführt, figurirt er dort als
Höhen- oder Heerrauch. Da der arme Mann bei mäßiger Arbeit, ohne Dünger,
von dem Bnchweizenbau, wenn er einschlägt, reichen Gewinn zieht, so ist derselbe
von großer Wichtigkeit für ihn; es kommt dabei aber ganz besonders auf Glück
an. Auch pflegen die reichen Bauern ihren Söhnen Buchweizenland als eine
Art von Taschengeld zuzuweisen. Was sie daraus ziehen, dürfen sie zu ihrem
Vergnügen verwenden.

Ich wende mich jetzt von dem Lande zu den Menschen. Wer als Neuling
das oldenburger Land betritt, dem muß es nothwendig auffallen, daß dort das
Wort Bauer von schwerem Gewicht ist. Dies hat seinen Grund darin, daß der
Bauernstand der herrschende, fast möcht' ich sagen der einzige Stand ist. Außer
Oldenburg, der Residenz, die an 8000 Einwohner zählt, giebt es nur Landstädt¬
chen, die im Allgemeinen eine sehr geringe gewerbliche Thätigkeit entwickeln.
Ackerbau und Viehzucht sind daher die HauvtimhrungSzweige. "Ich will Bauer
werden," sagt der Sohn des Beamten oder Officiers, der nicht Lust hat, den
Stand des Vaters zu ergreifen. In. Süddeutschland würde man in demselben
Falle die Ausdrücke: Landwirth, Gutsbesitzer gebrauchen. Der oldenbnrger Bauer
oder Hausmann (im Münsterland auch Wehrfester, Zeller und Kolonus
genannt) ist aber auch wirklich Gutsbesitzer, indem seine ansehnliche Stelle --
so heißt sein Gut -- nach uraltem, heiligem Gebrauche ungetheilt als Majorat
oder Minorat ans den ältesten oder jüngsten Sohn übergeht. Er bildet im Gegen¬
satz zu den Köthern und Brinksitzern, die nur kleinere Stellen besitzen, zu


filzige Masse von hellbrauner, dunkelbrauner und schwärzlicher Farbe bildet, die
als Torf.das allgemeine Brennmaterial des Landes liefert, und zwar schon seit
Plinius Zeiten, der von den Bewohnern jener Gegenden sagt, daß sie Erde
brennen. Das Herzogthum ist sehr reich an Mooren. Eins zieht im Süden
vom Dummer See auf der Grenze des Kreises Vechta und der hannoverschen
Grafschaft Diepholz. Andere Moore schließen die stedinger und butjadinger
Marsch von der Südwest- und Westseite ein, an vielen Orten den Uebergang
von Marsch zu Geest bildend. Hier ist durch Ausdehnung der Abwüssernng die
Möglichkeit gegeben, den moorigen Boden für die Geest zu gewinnen. Ferner
zieht sich ein wahres Riesenmoor, das zu dem größten Norddeutschlands gehört,
^ durch den ganzen Westen de!s Herzogthums nach Ostfriesland hinüber.

Das Moorland wird im Oldenburgischen, wie in vielen anderen Gegenden
des nordwestlichen Deutschlands, stellenweise im Frühjahr abgebrannt, und mit
Buchweizen (Haidekorn), der mit magerem Boden fürlieb nimmt, besäet. Das
Land wird zu diesem Zwecke zuerst trocken gelegt und der Nasen abgeschält. Der
angezündete Torfboden brennt einen Zoll tief hinab, und liefert so eine Asche,
die den eingestreuten Körnern als trefflicher Dünger dient.. Der durch den Brand
.erzeugte dicke, schwere Rauch verpestet dem Oldenburger seinen Frühlinge Vom
Winde in das mittlere und südliche Deutschland geführt, figurirt er dort als
Höhen- oder Heerrauch. Da der arme Mann bei mäßiger Arbeit, ohne Dünger,
von dem Bnchweizenbau, wenn er einschlägt, reichen Gewinn zieht, so ist derselbe
von großer Wichtigkeit für ihn; es kommt dabei aber ganz besonders auf Glück
an. Auch pflegen die reichen Bauern ihren Söhnen Buchweizenland als eine
Art von Taschengeld zuzuweisen. Was sie daraus ziehen, dürfen sie zu ihrem
Vergnügen verwenden.

Ich wende mich jetzt von dem Lande zu den Menschen. Wer als Neuling
das oldenburger Land betritt, dem muß es nothwendig auffallen, daß dort das
Wort Bauer von schwerem Gewicht ist. Dies hat seinen Grund darin, daß der
Bauernstand der herrschende, fast möcht' ich sagen der einzige Stand ist. Außer
Oldenburg, der Residenz, die an 8000 Einwohner zählt, giebt es nur Landstädt¬
chen, die im Allgemeinen eine sehr geringe gewerbliche Thätigkeit entwickeln.
Ackerbau und Viehzucht sind daher die HauvtimhrungSzweige. „Ich will Bauer
werden," sagt der Sohn des Beamten oder Officiers, der nicht Lust hat, den
Stand des Vaters zu ergreifen. In. Süddeutschland würde man in demselben
Falle die Ausdrücke: Landwirth, Gutsbesitzer gebrauchen. Der oldenbnrger Bauer
oder Hausmann (im Münsterland auch Wehrfester, Zeller und Kolonus
genannt) ist aber auch wirklich Gutsbesitzer, indem seine ansehnliche Stelle —
so heißt sein Gut — nach uraltem, heiligem Gebrauche ungetheilt als Majorat
oder Minorat ans den ältesten oder jüngsten Sohn übergeht. Er bildet im Gegen¬
satz zu den Köthern und Brinksitzern, die nur kleinere Stellen besitzen, zu


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[0194] filzige Masse von hellbrauner, dunkelbrauner und schwärzlicher Farbe bildet, die als Torf.das allgemeine Brennmaterial des Landes liefert, und zwar schon seit Plinius Zeiten, der von den Bewohnern jener Gegenden sagt, daß sie Erde brennen. Das Herzogthum ist sehr reich an Mooren. Eins zieht im Süden vom Dummer See auf der Grenze des Kreises Vechta und der hannoverschen Grafschaft Diepholz. Andere Moore schließen die stedinger und butjadinger Marsch von der Südwest- und Westseite ein, an vielen Orten den Uebergang von Marsch zu Geest bildend. Hier ist durch Ausdehnung der Abwüssernng die Möglichkeit gegeben, den moorigen Boden für die Geest zu gewinnen. Ferner zieht sich ein wahres Riesenmoor, das zu dem größten Norddeutschlands gehört, ^ durch den ganzen Westen de!s Herzogthums nach Ostfriesland hinüber. Das Moorland wird im Oldenburgischen, wie in vielen anderen Gegenden des nordwestlichen Deutschlands, stellenweise im Frühjahr abgebrannt, und mit Buchweizen (Haidekorn), der mit magerem Boden fürlieb nimmt, besäet. Das Land wird zu diesem Zwecke zuerst trocken gelegt und der Nasen abgeschält. Der angezündete Torfboden brennt einen Zoll tief hinab, und liefert so eine Asche, die den eingestreuten Körnern als trefflicher Dünger dient.. Der durch den Brand .erzeugte dicke, schwere Rauch verpestet dem Oldenburger seinen Frühlinge Vom Winde in das mittlere und südliche Deutschland geführt, figurirt er dort als Höhen- oder Heerrauch. Da der arme Mann bei mäßiger Arbeit, ohne Dünger, von dem Bnchweizenbau, wenn er einschlägt, reichen Gewinn zieht, so ist derselbe von großer Wichtigkeit für ihn; es kommt dabei aber ganz besonders auf Glück an. Auch pflegen die reichen Bauern ihren Söhnen Buchweizenland als eine Art von Taschengeld zuzuweisen. Was sie daraus ziehen, dürfen sie zu ihrem Vergnügen verwenden. Ich wende mich jetzt von dem Lande zu den Menschen. Wer als Neuling das oldenburger Land betritt, dem muß es nothwendig auffallen, daß dort das Wort Bauer von schwerem Gewicht ist. Dies hat seinen Grund darin, daß der Bauernstand der herrschende, fast möcht' ich sagen der einzige Stand ist. Außer Oldenburg, der Residenz, die an 8000 Einwohner zählt, giebt es nur Landstädt¬ chen, die im Allgemeinen eine sehr geringe gewerbliche Thätigkeit entwickeln. Ackerbau und Viehzucht sind daher die HauvtimhrungSzweige. „Ich will Bauer werden," sagt der Sohn des Beamten oder Officiers, der nicht Lust hat, den Stand des Vaters zu ergreifen. In. Süddeutschland würde man in demselben Falle die Ausdrücke: Landwirth, Gutsbesitzer gebrauchen. Der oldenbnrger Bauer oder Hausmann (im Münsterland auch Wehrfester, Zeller und Kolonus genannt) ist aber auch wirklich Gutsbesitzer, indem seine ansehnliche Stelle — so heißt sein Gut — nach uraltem, heiligem Gebrauche ungetheilt als Majorat oder Minorat ans den ältesten oder jüngsten Sohn übergeht. Er bildet im Gegen¬ satz zu den Köthern und Brinksitzern, die nur kleinere Stellen besitzen, zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/194>, abgerufen am 24.07.2024.