Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.Die überhandnehmende Auswanderung droht Deutschland ernstliche Gefahr. Denn es ist nicht so! Dr. H. M. Uebersetzungen fremder Volkspoesien. 2^' Böhmische Rosen, czechische Volkslieder, übersetzt von Jda v. Dürings- Die geistreiche Dame, als Romanschriftstellerin in weiten Kreisen bekannt, Und diese Lieder selbst! Vor Kurzem sind in d. Bl. die schottischen und Gr-nzbotcn. II. 19
Die überhandnehmende Auswanderung droht Deutschland ernstliche Gefahr. Denn es ist nicht so! Dr. H. M. Uebersetzungen fremder Volkspoesien. 2^' Böhmische Rosen, czechische Volkslieder, übersetzt von Jda v. Dürings- Die geistreiche Dame, als Romanschriftstellerin in weiten Kreisen bekannt, Und diese Lieder selbst! Vor Kurzem sind in d. Bl. die schottischen und Gr-nzbotcn. II. 19
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0155" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94056"/> <p xml:id="ID_410"> Die überhandnehmende Auswanderung droht Deutschland ernstliche Gefahr.<lb/> Eine Regierung hat bereits nur schon zu weit gehende Maßregeln dawider er¬<lb/> griffen. Man vermeide daher die Nothwendigkeit solcher extremer Schritte durch<lb/> eine gesunde Gewerbepolitik, und hüte sich, verharrend bei zu geringer Schätzung<lb/> der arbeitenden Kraft, bei unheilvollen Beschränkungen, bei alten Systemen dem<lb/> wegziehenden Volke gleichgiltig nachzurufen: „Gehet hiu, wir bedürfen eurer<lb/> nicht, wir werden glücklicher sein, wenn ihr gegangen!"</p><lb/> <p xml:id="ID_411"> Denn es ist nicht so!</p><lb/> <note type="byline"> Dr. H. M.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Uebersetzungen fremder Volkspoesien.</head><lb/> <div n="2"> <head> 2^'</head><lb/> <p xml:id="ID_412"> Böhmische Rosen, czechische Volkslieder, übersetzt von Jda v. Dürings-<lb/> seld. Breslau, Urban Kern, 1851.</p><lb/> <p xml:id="ID_413"> Die geistreiche Dame, als Romanschriftstellerin in weiten Kreisen bekannt,<lb/> hat durch ihre Uebertragung czechischer Lieder sich Ansprüche auf den Dank der<lb/> Deutschen wie der Czechen erworben, und die Kritik ist veranlaßt, mit Respect<lb/> ihren Namen zu denen unsrer glänzenden Uebersetzertalente zu zählen. Sie<lb/> besitzt das Talent, sehr treu und doch so zwanglos, und graziös zu übertragen,<lb/> daß die Lieder wie durch!das Volk selbst in deutscher Sprache gedichtet erschei¬<lb/> nen. Das Buch ist eine gute und sehr ehrenwerthe Arbeit, welche nicht nnr<lb/> die nöthige Sprachkenntniß voraussetzt, sondern auch ein gebildetes Urtheil und<lb/> ein feines Gefühl für das Rationelle und Charakteristische.</p><lb/> <p xml:id="ID_414" next="#ID_415"> Und diese Lieder selbst! Vor Kurzem sind in d. Bl. die schottischen und<lb/> englischen Volksballaden besprochen worden; diese czechischen bilden einen höchst<lb/> interessanten Gegensatz. Es sind melodiöse Lieder in kurzen volksthümlichen<lb/> Strophen, ihr Inhalt die einfachen, ewig dauernden Gefühle des Volkes, das<lb/> Entzücken und die Schmerzen der Liebe, das Verhältniß zwischen dem Geliebten<lb/> und seinem Mädchen, zwischen Mann und Frau, zwischen Kind und Aeltern;<lb/> und es offenbart sich in diesen Liedern eine so graziöse Zartheit der Empfindun¬<lb/> gen und ein so schönes Jdealistren einfacher Verhältnisse, daß sie den Vergleich<lb/> mit den besten deutschen durchaus nicht zu scheuen haben. Allerdings ist die<lb/> Volksseele, aus welcher sie hervorgegangen, eine andere. Die Liebe erscheint<lb/> nicht weniger zart, aber leidenschaftlicher, der Trotz kecker, der Sinn wol auch<lb/> veränderlicher; sie spotten zuweilen, wo das deutsche Lied weint, sie zürnen rück-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Gr-nzbotcn. II. 19</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0155]
Die überhandnehmende Auswanderung droht Deutschland ernstliche Gefahr.
Eine Regierung hat bereits nur schon zu weit gehende Maßregeln dawider er¬
griffen. Man vermeide daher die Nothwendigkeit solcher extremer Schritte durch
eine gesunde Gewerbepolitik, und hüte sich, verharrend bei zu geringer Schätzung
der arbeitenden Kraft, bei unheilvollen Beschränkungen, bei alten Systemen dem
wegziehenden Volke gleichgiltig nachzurufen: „Gehet hiu, wir bedürfen eurer
nicht, wir werden glücklicher sein, wenn ihr gegangen!"
Denn es ist nicht so!
Dr. H. M.
Uebersetzungen fremder Volkspoesien.
2^'
Böhmische Rosen, czechische Volkslieder, übersetzt von Jda v. Dürings-
seld. Breslau, Urban Kern, 1851.
Die geistreiche Dame, als Romanschriftstellerin in weiten Kreisen bekannt,
hat durch ihre Uebertragung czechischer Lieder sich Ansprüche auf den Dank der
Deutschen wie der Czechen erworben, und die Kritik ist veranlaßt, mit Respect
ihren Namen zu denen unsrer glänzenden Uebersetzertalente zu zählen. Sie
besitzt das Talent, sehr treu und doch so zwanglos, und graziös zu übertragen,
daß die Lieder wie durch!das Volk selbst in deutscher Sprache gedichtet erschei¬
nen. Das Buch ist eine gute und sehr ehrenwerthe Arbeit, welche nicht nnr
die nöthige Sprachkenntniß voraussetzt, sondern auch ein gebildetes Urtheil und
ein feines Gefühl für das Rationelle und Charakteristische.
Und diese Lieder selbst! Vor Kurzem sind in d. Bl. die schottischen und
englischen Volksballaden besprochen worden; diese czechischen bilden einen höchst
interessanten Gegensatz. Es sind melodiöse Lieder in kurzen volksthümlichen
Strophen, ihr Inhalt die einfachen, ewig dauernden Gefühle des Volkes, das
Entzücken und die Schmerzen der Liebe, das Verhältniß zwischen dem Geliebten
und seinem Mädchen, zwischen Mann und Frau, zwischen Kind und Aeltern;
und es offenbart sich in diesen Liedern eine so graziöse Zartheit der Empfindun¬
gen und ein so schönes Jdealistren einfacher Verhältnisse, daß sie den Vergleich
mit den besten deutschen durchaus nicht zu scheuen haben. Allerdings ist die
Volksseele, aus welcher sie hervorgegangen, eine andere. Die Liebe erscheint
nicht weniger zart, aber leidenschaftlicher, der Trotz kecker, der Sinn wol auch
veränderlicher; sie spotten zuweilen, wo das deutsche Lied weint, sie zürnen rück-
Gr-nzbotcn. II. 19
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |