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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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eher Zeit waren die Hunde auf dem Platze; ein fürchterlicher, erstickender Gestank
drang aus der Thür, die Hunde bellten und winselten, und sprangen endlich nach
vielem Hetzen und Zurufen hinein, kamen aber sogleich in voller Eile wieder her¬
aus, wälzten sich ans dem Grase, und konnten dnrch kein Mittel zu einem neuen
Angriff angefeuert werdeu. Dadurch aber hatte das Thier seiue Gabe, Gestank
zu verbreiten, auf einige Zeit verloren; meine Schwester kam mit eiuer Laterne
zu Hilfe; der Feind war eben im Kampfe mit einem Huhne begriffen; einige
gut gezielte Schläge mit der Hacke machten seinem Leben ein Ende; sieben Hüh¬
ner lagen todt, mit Wunden in dem Kopfe, auf dem Schlachtfelde, einige andere
waren mehr oder minder schwer verletzt. Den Schädel dieses Thieres habe ich
als Trophäe aufbewahrt.

Sehr bekannt ist in Texas das Opossum oder die Beutelratte. Werden diese
Thiere 'verfolgt, so legen sie sich nieder und stellen sich todt, springe" aber sogleich
wieder auf, sobald sie glauben, daß die Gefahr vorüber ist; da diese List den
Farmern kein Geheimniß ist, fo gelingt es ihnen selten, Menschen zu berücken;
vielleicht machen sie damit gegen größere Raubthiere eher Glück. Diese Beutel-
ratten werden in Amerika, wo man Alles ißt, was Beine hat, und nicht an Vor¬
urtheilen festhängt, wie in Deutschland, gegessen, und von Manchen für Lecker¬
bissen gehalten. Ich habe es auch einmal versucht, das Resultat war aber uicht
besonders günstig; gebraten war es zu feit, und das gekochte Fleisch wollte mir
uoch weniger zusagen; im Vergleich zu unsrer gewöhnlichen Fleischarten schmeckte
es etwas bitter. '

Die Waschbare oder Nacoous, welche sich in Deutschland einen allgemeinen
Ruf erworben haben wegen der Sitte, alle Nahrung, bevor sie sie fressen, zu
waschen, hängen in ihrem Vaterlande uicht allzu sehr an dieser Sitte, sondern
fressen oft ihren Raub an der Stelle, wo sie ihn zufällig finden, ohne sich daran
zu kehren, ob Wasser dicht in ihrer Nähe oder Meilen weit entfernt ist. Sie
überraschen öfters Hühner, welche die Nacht einsam auf einem Fenceriegel oder
ans den Zweigen niedriger Bäume zubringen, und haben mich zuweilen des Nachts
ans dem Schlafe geweckt, wenn die Hühner anfingen zu gackern, und kurz darauf
die Hunde unter lautem Gebell den Feind verfolgten, ohne ihn jemals zu fangen.
Mein Schwager schoß einst einen Waschbär im Kornhanse. Als meine Schwester
mit der Laterne in das Haus hineinleuchtete, ergriff der Waschbär die Flucht, und
suchte durch eine Oeffnung, die er sich durch Aushebung einiger Schindeln bereitet
hatte, durch das Dach zu entwischen; mein Schwager stand mit der Büchse in
einiger Entfernung außerhalb; sobald sich die Oeffnung verdunkelte, drückte-er
ab; einige Augenblicke später schien das Licht wiederum hindurch, und im Innern
des Kornhanses lag der Korndieb mit zerschmettertem Kopfe.

Auch die Eierschlange (eKFsnalvv) gab mir Gelegenheit, mich bei Nacht als
Held zu zeigen. Schon hatte ich beim Tageslicht ihre Bekanntschaft gemacht.


eher Zeit waren die Hunde auf dem Platze; ein fürchterlicher, erstickender Gestank
drang aus der Thür, die Hunde bellten und winselten, und sprangen endlich nach
vielem Hetzen und Zurufen hinein, kamen aber sogleich in voller Eile wieder her¬
aus, wälzten sich ans dem Grase, und konnten dnrch kein Mittel zu einem neuen
Angriff angefeuert werdeu. Dadurch aber hatte das Thier seiue Gabe, Gestank
zu verbreiten, auf einige Zeit verloren; meine Schwester kam mit eiuer Laterne
zu Hilfe; der Feind war eben im Kampfe mit einem Huhne begriffen; einige
gut gezielte Schläge mit der Hacke machten seinem Leben ein Ende; sieben Hüh¬
ner lagen todt, mit Wunden in dem Kopfe, auf dem Schlachtfelde, einige andere
waren mehr oder minder schwer verletzt. Den Schädel dieses Thieres habe ich
als Trophäe aufbewahrt.

Sehr bekannt ist in Texas das Opossum oder die Beutelratte. Werden diese
Thiere 'verfolgt, so legen sie sich nieder und stellen sich todt, springe» aber sogleich
wieder auf, sobald sie glauben, daß die Gefahr vorüber ist; da diese List den
Farmern kein Geheimniß ist, fo gelingt es ihnen selten, Menschen zu berücken;
vielleicht machen sie damit gegen größere Raubthiere eher Glück. Diese Beutel-
ratten werden in Amerika, wo man Alles ißt, was Beine hat, und nicht an Vor¬
urtheilen festhängt, wie in Deutschland, gegessen, und von Manchen für Lecker¬
bissen gehalten. Ich habe es auch einmal versucht, das Resultat war aber uicht
besonders günstig; gebraten war es zu feit, und das gekochte Fleisch wollte mir
uoch weniger zusagen; im Vergleich zu unsrer gewöhnlichen Fleischarten schmeckte
es etwas bitter. '

Die Waschbare oder Nacoous, welche sich in Deutschland einen allgemeinen
Ruf erworben haben wegen der Sitte, alle Nahrung, bevor sie sie fressen, zu
waschen, hängen in ihrem Vaterlande uicht allzu sehr an dieser Sitte, sondern
fressen oft ihren Raub an der Stelle, wo sie ihn zufällig finden, ohne sich daran
zu kehren, ob Wasser dicht in ihrer Nähe oder Meilen weit entfernt ist. Sie
überraschen öfters Hühner, welche die Nacht einsam auf einem Fenceriegel oder
ans den Zweigen niedriger Bäume zubringen, und haben mich zuweilen des Nachts
ans dem Schlafe geweckt, wenn die Hühner anfingen zu gackern, und kurz darauf
die Hunde unter lautem Gebell den Feind verfolgten, ohne ihn jemals zu fangen.
Mein Schwager schoß einst einen Waschbär im Kornhanse. Als meine Schwester
mit der Laterne in das Haus hineinleuchtete, ergriff der Waschbär die Flucht, und
suchte durch eine Oeffnung, die er sich durch Aushebung einiger Schindeln bereitet
hatte, durch das Dach zu entwischen; mein Schwager stand mit der Büchse in
einiger Entfernung außerhalb; sobald sich die Oeffnung verdunkelte, drückte-er
ab; einige Augenblicke später schien das Licht wiederum hindurch, und im Innern
des Kornhanses lag der Korndieb mit zerschmettertem Kopfe.

Auch die Eierschlange (eKFsnalvv) gab mir Gelegenheit, mich bei Nacht als
Held zu zeigen. Schon hatte ich beim Tageslicht ihre Bekanntschaft gemacht.


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[0071] eher Zeit waren die Hunde auf dem Platze; ein fürchterlicher, erstickender Gestank drang aus der Thür, die Hunde bellten und winselten, und sprangen endlich nach vielem Hetzen und Zurufen hinein, kamen aber sogleich in voller Eile wieder her¬ aus, wälzten sich ans dem Grase, und konnten dnrch kein Mittel zu einem neuen Angriff angefeuert werdeu. Dadurch aber hatte das Thier seiue Gabe, Gestank zu verbreiten, auf einige Zeit verloren; meine Schwester kam mit eiuer Laterne zu Hilfe; der Feind war eben im Kampfe mit einem Huhne begriffen; einige gut gezielte Schläge mit der Hacke machten seinem Leben ein Ende; sieben Hüh¬ ner lagen todt, mit Wunden in dem Kopfe, auf dem Schlachtfelde, einige andere waren mehr oder minder schwer verletzt. Den Schädel dieses Thieres habe ich als Trophäe aufbewahrt. Sehr bekannt ist in Texas das Opossum oder die Beutelratte. Werden diese Thiere 'verfolgt, so legen sie sich nieder und stellen sich todt, springe» aber sogleich wieder auf, sobald sie glauben, daß die Gefahr vorüber ist; da diese List den Farmern kein Geheimniß ist, fo gelingt es ihnen selten, Menschen zu berücken; vielleicht machen sie damit gegen größere Raubthiere eher Glück. Diese Beutel- ratten werden in Amerika, wo man Alles ißt, was Beine hat, und nicht an Vor¬ urtheilen festhängt, wie in Deutschland, gegessen, und von Manchen für Lecker¬ bissen gehalten. Ich habe es auch einmal versucht, das Resultat war aber uicht besonders günstig; gebraten war es zu feit, und das gekochte Fleisch wollte mir uoch weniger zusagen; im Vergleich zu unsrer gewöhnlichen Fleischarten schmeckte es etwas bitter. ' Die Waschbare oder Nacoous, welche sich in Deutschland einen allgemeinen Ruf erworben haben wegen der Sitte, alle Nahrung, bevor sie sie fressen, zu waschen, hängen in ihrem Vaterlande uicht allzu sehr an dieser Sitte, sondern fressen oft ihren Raub an der Stelle, wo sie ihn zufällig finden, ohne sich daran zu kehren, ob Wasser dicht in ihrer Nähe oder Meilen weit entfernt ist. Sie überraschen öfters Hühner, welche die Nacht einsam auf einem Fenceriegel oder ans den Zweigen niedriger Bäume zubringen, und haben mich zuweilen des Nachts ans dem Schlafe geweckt, wenn die Hühner anfingen zu gackern, und kurz darauf die Hunde unter lautem Gebell den Feind verfolgten, ohne ihn jemals zu fangen. Mein Schwager schoß einst einen Waschbär im Kornhanse. Als meine Schwester mit der Laterne in das Haus hineinleuchtete, ergriff der Waschbär die Flucht, und suchte durch eine Oeffnung, die er sich durch Aushebung einiger Schindeln bereitet hatte, durch das Dach zu entwischen; mein Schwager stand mit der Büchse in einiger Entfernung außerhalb; sobald sich die Oeffnung verdunkelte, drückte-er ab; einige Augenblicke später schien das Licht wiederum hindurch, und im Innern des Kornhanses lag der Korndieb mit zerschmettertem Kopfe. Auch die Eierschlange (eKFsnalvv) gab mir Gelegenheit, mich bei Nacht als Held zu zeigen. Schon hatte ich beim Tageslicht ihre Bekanntschaft gemacht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/71>, abgerufen am 22.07.2024.