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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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habenden Gutsbesitzern Wintergarten, welche mit den Zimmern des Wohngebäu-
des in Verbindung, stehen, und in England findet man selten einen Landsitz, wo
nicht ein kleiner Wintergarten mit der Wohnung verbunden wäre. Sind solche
Gewächshäuser auch kleiner, als die vorerwähnten berühmtem, so gewähren sie
doch größern Genuß als solche, welche entfernt liegen.

Der größte und schönste in neuerer Zeit in Deutschland errichtete Winter¬
garten ist der zu Bicbrich am Rhein, nahe am Schlosse des Herzogs von Nassau,
wohin zur Zeit der um Ostern d. I. veranstalteten Blumenausstellung Tausende
von Besuchern zogen. Die dazu bestimmten Gewächshäuser gehören in der That
zu den größten und prachtvollsten, welche man finden kann, und die Einrichtung
ist sehr zweckmäßig und kaun wirklich malerisch genannt werden. ' Besonders ge¬
lungen sind die Felsenpartien, ein kleines, mit üppiger, seltsamer Vegetation
bedecktes Gebirge.

So wie England überhaupt die größte", zweckmäßigsten und prachtvollsten
Gewächshäuser aus der Welt besitzt, so hat es auch den großartigsten Privat¬
wintergarten, .nämlich das 1841 vollendete Conservatory zu Chatsworth, dem
prachtvollen Landsitz des Herzogs von Devonshire, gebant von Paxton. Dieser
Prachtbau ist 280 Fuß lang, 140 Fuß breit und unter Kuppel über 60 Fuß
hoch. Die Kuppel hat 70 Fuß Bogenöffnung, und stützt sich aus zahlreiche Säulen
von Gußeisen, welche innen hohl sind und zugleich als Ableitungsröhren für das
durch den Niederschlag an den Fenstern gebildete Tropfwasser benutzt werden.
Von außen hat das Gebäude das Ausehen eines Glasdomes. In den Fenstern
sind 60,000 sIZFuß Glas verwendet, wofür jährlich mehrere hundert Thaler an
Steuern bezahlt worden sind. Dieser Wintergarten kann in der That ein kosmo¬
politischer genannt werdeu, denn er verewigt Pflanzen aus allen 'Welttheilen.
Beim Eintritt wird das Auge sogleich auf eine ansehnliche Felsengrnppe vou
30 Fuß Höhe und verhältnißmäßiger Ausdehnung, höchst malerisch und natürlich
aus kolossalen Steinblöcken gebildet und mit eiuer reichen tropischen Gebirgsflom
bedeckt, gezogen. Sie umgiebt mit ihren niedrigen Ausläufer zum Theil eine
natürlich geformte, mit Stalaktiten eingefaßte und mit üppiger Ufervegetation ge¬
schmückte Wasserfläche. Die Hauptwege, an welchen die in freiem Grnnde stehen¬
den vorzüglichsten Pflanzen gruppirt sind, haben über Is Fuß Breite, und können
befahren werden. Man bemerkt ein kleines Gehölz von Orangenbäume", eine
Allee von Bananen -- Pisang, Paradiesfeige, Musa, -- an welchen Tausende
vou köstliche" Früchten reifen, Felsengruppen mit Sagopalmen und anderen Cyca-
deen, riesige Cacteen, Aloö und Agaven, mächtige Palmen, die ihre ungeheuren
und doch so zierlichen Wedel unter dem Glashimmel der Kuppel ausbreiten,
Baumfarven, Drachenbänme, vou zahllosen Schlingpflanzen umrankt -- kurz alle
Formen der tropischen Pflanzenwelt und daneben an kälteren Stellen des Hauses
die Gewächse des südlicheu Afrika und Neuhollands, der Gebirge von Mexiko


habenden Gutsbesitzern Wintergarten, welche mit den Zimmern des Wohngebäu-
des in Verbindung, stehen, und in England findet man selten einen Landsitz, wo
nicht ein kleiner Wintergarten mit der Wohnung verbunden wäre. Sind solche
Gewächshäuser auch kleiner, als die vorerwähnten berühmtem, so gewähren sie
doch größern Genuß als solche, welche entfernt liegen.

Der größte und schönste in neuerer Zeit in Deutschland errichtete Winter¬
garten ist der zu Bicbrich am Rhein, nahe am Schlosse des Herzogs von Nassau,
wohin zur Zeit der um Ostern d. I. veranstalteten Blumenausstellung Tausende
von Besuchern zogen. Die dazu bestimmten Gewächshäuser gehören in der That
zu den größten und prachtvollsten, welche man finden kann, und die Einrichtung
ist sehr zweckmäßig und kaun wirklich malerisch genannt werden. ' Besonders ge¬
lungen sind die Felsenpartien, ein kleines, mit üppiger, seltsamer Vegetation
bedecktes Gebirge.

So wie England überhaupt die größte«, zweckmäßigsten und prachtvollsten
Gewächshäuser aus der Welt besitzt, so hat es auch den großartigsten Privat¬
wintergarten, .nämlich das 1841 vollendete Conservatory zu Chatsworth, dem
prachtvollen Landsitz des Herzogs von Devonshire, gebant von Paxton. Dieser
Prachtbau ist 280 Fuß lang, 140 Fuß breit und unter Kuppel über 60 Fuß
hoch. Die Kuppel hat 70 Fuß Bogenöffnung, und stützt sich aus zahlreiche Säulen
von Gußeisen, welche innen hohl sind und zugleich als Ableitungsröhren für das
durch den Niederschlag an den Fenstern gebildete Tropfwasser benutzt werden.
Von außen hat das Gebäude das Ausehen eines Glasdomes. In den Fenstern
sind 60,000 sIZFuß Glas verwendet, wofür jährlich mehrere hundert Thaler an
Steuern bezahlt worden sind. Dieser Wintergarten kann in der That ein kosmo¬
politischer genannt werdeu, denn er verewigt Pflanzen aus allen 'Welttheilen.
Beim Eintritt wird das Auge sogleich auf eine ansehnliche Felsengrnppe vou
30 Fuß Höhe und verhältnißmäßiger Ausdehnung, höchst malerisch und natürlich
aus kolossalen Steinblöcken gebildet und mit eiuer reichen tropischen Gebirgsflom
bedeckt, gezogen. Sie umgiebt mit ihren niedrigen Ausläufer zum Theil eine
natürlich geformte, mit Stalaktiten eingefaßte und mit üppiger Ufervegetation ge¬
schmückte Wasserfläche. Die Hauptwege, an welchen die in freiem Grnnde stehen¬
den vorzüglichsten Pflanzen gruppirt sind, haben über Is Fuß Breite, und können
befahren werden. Man bemerkt ein kleines Gehölz von Orangenbäume», eine
Allee von Bananen — Pisang, Paradiesfeige, Musa, — an welchen Tausende
vou köstliche» Früchten reifen, Felsengruppen mit Sagopalmen und anderen Cyca-
deen, riesige Cacteen, Aloö und Agaven, mächtige Palmen, die ihre ungeheuren
und doch so zierlichen Wedel unter dem Glashimmel der Kuppel ausbreiten,
Baumfarven, Drachenbänme, vou zahllosen Schlingpflanzen umrankt — kurz alle
Formen der tropischen Pflanzenwelt und daneben an kälteren Stellen des Hauses
die Gewächse des südlicheu Afrika und Neuhollands, der Gebirge von Mexiko


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[0388] habenden Gutsbesitzern Wintergarten, welche mit den Zimmern des Wohngebäu- des in Verbindung, stehen, und in England findet man selten einen Landsitz, wo nicht ein kleiner Wintergarten mit der Wohnung verbunden wäre. Sind solche Gewächshäuser auch kleiner, als die vorerwähnten berühmtem, so gewähren sie doch größern Genuß als solche, welche entfernt liegen. Der größte und schönste in neuerer Zeit in Deutschland errichtete Winter¬ garten ist der zu Bicbrich am Rhein, nahe am Schlosse des Herzogs von Nassau, wohin zur Zeit der um Ostern d. I. veranstalteten Blumenausstellung Tausende von Besuchern zogen. Die dazu bestimmten Gewächshäuser gehören in der That zu den größten und prachtvollsten, welche man finden kann, und die Einrichtung ist sehr zweckmäßig und kaun wirklich malerisch genannt werden. ' Besonders ge¬ lungen sind die Felsenpartien, ein kleines, mit üppiger, seltsamer Vegetation bedecktes Gebirge. So wie England überhaupt die größte«, zweckmäßigsten und prachtvollsten Gewächshäuser aus der Welt besitzt, so hat es auch den großartigsten Privat¬ wintergarten, .nämlich das 1841 vollendete Conservatory zu Chatsworth, dem prachtvollen Landsitz des Herzogs von Devonshire, gebant von Paxton. Dieser Prachtbau ist 280 Fuß lang, 140 Fuß breit und unter Kuppel über 60 Fuß hoch. Die Kuppel hat 70 Fuß Bogenöffnung, und stützt sich aus zahlreiche Säulen von Gußeisen, welche innen hohl sind und zugleich als Ableitungsröhren für das durch den Niederschlag an den Fenstern gebildete Tropfwasser benutzt werden. Von außen hat das Gebäude das Ausehen eines Glasdomes. In den Fenstern sind 60,000 sIZFuß Glas verwendet, wofür jährlich mehrere hundert Thaler an Steuern bezahlt worden sind. Dieser Wintergarten kann in der That ein kosmo¬ politischer genannt werdeu, denn er verewigt Pflanzen aus allen 'Welttheilen. Beim Eintritt wird das Auge sogleich auf eine ansehnliche Felsengrnppe vou 30 Fuß Höhe und verhältnißmäßiger Ausdehnung, höchst malerisch und natürlich aus kolossalen Steinblöcken gebildet und mit eiuer reichen tropischen Gebirgsflom bedeckt, gezogen. Sie umgiebt mit ihren niedrigen Ausläufer zum Theil eine natürlich geformte, mit Stalaktiten eingefaßte und mit üppiger Ufervegetation ge¬ schmückte Wasserfläche. Die Hauptwege, an welchen die in freiem Grnnde stehen¬ den vorzüglichsten Pflanzen gruppirt sind, haben über Is Fuß Breite, und können befahren werden. Man bemerkt ein kleines Gehölz von Orangenbäume», eine Allee von Bananen — Pisang, Paradiesfeige, Musa, — an welchen Tausende vou köstliche» Früchten reifen, Felsengruppen mit Sagopalmen und anderen Cyca- deen, riesige Cacteen, Aloö und Agaven, mächtige Palmen, die ihre ungeheuren und doch so zierlichen Wedel unter dem Glashimmel der Kuppel ausbreiten, Baumfarven, Drachenbänme, vou zahllosen Schlingpflanzen umrankt — kurz alle Formen der tropischen Pflanzenwelt und daneben an kälteren Stellen des Hauses die Gewächse des südlicheu Afrika und Neuhollands, der Gebirge von Mexiko

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/388>, abgerufen am 22.07.2024.