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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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Popularisirung des Geschmacks für edle und schöne Form dient gerade auch
dieser kirchliche Apparat, der in vielen Gegenden das Einzige ist, was das Auge
des Volkes an Formenschmuck erblickt, oder doch oft schon durch die heilige
Stätte, an der es steht, sich als Vorbild dem Geschmack einprägt. In diesen
Dingen eine wirklich künstlerische Arbeit herzustellen, war noch vor Kurzem eine
kostspielige Sache; jetzt dürste die Erwerbung solchen Kirchengeräths mir wenigen
Gemeinden schwer fallen, denn der Gußzink hat sich, die Preise ermäßigend,
in das Mittel gelegt.

Die Grabmonumente für den Commandanten v. Tippelskirch, die v. Schuck-
mann'sche Familie, den Feldmarschall Gneisenau, die äußere und innere Decoration
der Seehandlungs-Dampfboote Falke, Adler, Prinz Karl, der Jacht Alexandra
aus der Fabrik des Herrn Geiß führen mich zu den zahlreichen Modellen, die
seine Fabrik sür alle Bedürfnisse des Lebens und Sterbens, namentlich aber für
den Comfort des erstern besitzt. Säulen, jonische, dorische, korinthische Capitale,
Balcons und Balcongitter, verzierte Gitter aller Art, auch zu den Heizungsröhren
im Innern der Gebäude, Brunnengehäuse, Blumeubreter, durchbrochene Rosetten,
Hermen zu Fensterstöcken, Köpfe zum Schmuck der Wände, Engelsköpfe, Löwen-,
Hirsch-, Reh-, Stier- und Widderköpfe, Kandelaber, Thür-Einfassungen, antike, go¬
thische, baroke Consolen, Vasen, Kronleuchter, Wandleuchter, 'Hangende Gasarme,
Spiegelrahmen, Tapetenleisten n. s. w. zeigen seine Hefte in den geschmackvoll¬
sten Formen. Als besonders schön nenne ich beispielsweise: Wärme-Ansströmer
nach Strack im königlichen Schlosse, der säulenartig aus Akanthusblättern und
> Piiantafie-Blumen emporsteigt, und unter dem Capitälsims als durchbrochenes Relief
einen antiken Fackelzug trägt; Kaminanssatz nach Schinkel von Wolff modellirt,
eine vollrunde Gruppe zweier nackten Gestalten; Tischfüße nach der Antike an
einer Tafel in Charlvttenhof, eben so Füße zu Gartenbänken; einen Wasser speiender
Triton zur Benutzung als Fontaine. Außer den vorher genannten Antiken finden
sich auch Statuen neuerer Künstler, eine spes von Thorwaldsen, der Knabe mit
dem Schwane von Kalide, Werke von Rauch, Kiß, Wolff, Bläser und Anderen.
Stets wählt Geiß nur Arbeiten, ausgezeichneter Künstler zu Modellen; unter den
neueren Architekten lieferten ihm Muster dazu Schinkel, Strack, Perseus, Slüter,
Stier, Langhaus, Schadow, Hitzig. Die beiden Hirsche nach Rauch werden eben
jetzt für die Königin Victoria in Zink gegossen. Die vorhandenen Karyatiden
und Medaillons, letztere von Michel Angelo, Naffael, Palladio, Erwin von Stein¬
bach, Schinkel, sind zu baulichen Zwecken oder als Wandverzierung gewiß gleich¬
falls Vielen willkommen.

Ich breche ab, denn einmal muß ich doch das Ende dieser Aufzählung
finden, die ich freilich durch immer neue Gegenstände noch lange fortführen könnte.
Es kam aber vorzugsweise nnr darauf an, den Umfang und die Wichtigkeit des
Zinkgusses für alle architektonischen und decorativeu Bedürfnisse und Annehmlich-


Popularisirung des Geschmacks für edle und schöne Form dient gerade auch
dieser kirchliche Apparat, der in vielen Gegenden das Einzige ist, was das Auge
des Volkes an Formenschmuck erblickt, oder doch oft schon durch die heilige
Stätte, an der es steht, sich als Vorbild dem Geschmack einprägt. In diesen
Dingen eine wirklich künstlerische Arbeit herzustellen, war noch vor Kurzem eine
kostspielige Sache; jetzt dürste die Erwerbung solchen Kirchengeräths mir wenigen
Gemeinden schwer fallen, denn der Gußzink hat sich, die Preise ermäßigend,
in das Mittel gelegt.

Die Grabmonumente für den Commandanten v. Tippelskirch, die v. Schuck-
mann'sche Familie, den Feldmarschall Gneisenau, die äußere und innere Decoration
der Seehandlungs-Dampfboote Falke, Adler, Prinz Karl, der Jacht Alexandra
aus der Fabrik des Herrn Geiß führen mich zu den zahlreichen Modellen, die
seine Fabrik sür alle Bedürfnisse des Lebens und Sterbens, namentlich aber für
den Comfort des erstern besitzt. Säulen, jonische, dorische, korinthische Capitale,
Balcons und Balcongitter, verzierte Gitter aller Art, auch zu den Heizungsröhren
im Innern der Gebäude, Brunnengehäuse, Blumeubreter, durchbrochene Rosetten,
Hermen zu Fensterstöcken, Köpfe zum Schmuck der Wände, Engelsköpfe, Löwen-,
Hirsch-, Reh-, Stier- und Widderköpfe, Kandelaber, Thür-Einfassungen, antike, go¬
thische, baroke Consolen, Vasen, Kronleuchter, Wandleuchter, 'Hangende Gasarme,
Spiegelrahmen, Tapetenleisten n. s. w. zeigen seine Hefte in den geschmackvoll¬
sten Formen. Als besonders schön nenne ich beispielsweise: Wärme-Ansströmer
nach Strack im königlichen Schlosse, der säulenartig aus Akanthusblättern und
> Piiantafie-Blumen emporsteigt, und unter dem Capitälsims als durchbrochenes Relief
einen antiken Fackelzug trägt; Kaminanssatz nach Schinkel von Wolff modellirt,
eine vollrunde Gruppe zweier nackten Gestalten; Tischfüße nach der Antike an
einer Tafel in Charlvttenhof, eben so Füße zu Gartenbänken; einen Wasser speiender
Triton zur Benutzung als Fontaine. Außer den vorher genannten Antiken finden
sich auch Statuen neuerer Künstler, eine spes von Thorwaldsen, der Knabe mit
dem Schwane von Kalide, Werke von Rauch, Kiß, Wolff, Bläser und Anderen.
Stets wählt Geiß nur Arbeiten, ausgezeichneter Künstler zu Modellen; unter den
neueren Architekten lieferten ihm Muster dazu Schinkel, Strack, Perseus, Slüter,
Stier, Langhaus, Schadow, Hitzig. Die beiden Hirsche nach Rauch werden eben
jetzt für die Königin Victoria in Zink gegossen. Die vorhandenen Karyatiden
und Medaillons, letztere von Michel Angelo, Naffael, Palladio, Erwin von Stein¬
bach, Schinkel, sind zu baulichen Zwecken oder als Wandverzierung gewiß gleich¬
falls Vielen willkommen.

Ich breche ab, denn einmal muß ich doch das Ende dieser Aufzählung
finden, die ich freilich durch immer neue Gegenstände noch lange fortführen könnte.
Es kam aber vorzugsweise nnr darauf an, den Umfang und die Wichtigkeit des
Zinkgusses für alle architektonischen und decorativeu Bedürfnisse und Annehmlich-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/342>, abgerufen am 01.10.2024.