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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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Fällung des erstern verwandt hatte; aber meine Hände zeigten jetzt anch dop¬
pelt so viel Blasen als Finger, und schmerzten gerade hinreichend, daß mich in
Deutschland sicherlich Jeder herzlich bedauert und mir versichert hätte, ich
könnte meine Hände nicht mehr rühren; aber mein deutsch-texanisches Farmer-
Bewußtsein sprach: frisch darauf! und so ging es zum dritten und dann wol
auch zu einem vierten Baume. Unterdessen hatten wir auskundschaftet, daß von
dem Bache nicht alle Balken der vorigen Brücke hinweggerissen, daß vielmehr
noch einige in der Nähe zwischen Baumwurzeln und Gesträuch hängen geblieben
waren; auch mein Schwager war müde geworden, und so machten wir uns
daran, diese Neste hervorzuholen; sie schienen noch gesund und dauerhaft zu sein,
waren aber, wie wir zu spät merkten, so mit Schlamm und Zweigen überschüttet
und verwickelt, daß wir in derselben Zeit, in welcher wir vielleicht sechs frische,
kräftige Bäume hätten fällen können, nnr vier von diesen herausgruben. Mit
vieler Noth und Mühe brachten wir sie endlich an das Ufer, und von da wurden
sie in der oben angegebenen Weise üver den Bach gelegt, so daß eine dem An¬
schein nach ziemlich feste Brücke entstand.

Am Morgen des folgenden Tages zogen wir nun aus, um das vorn zu
holen, und zugleich das Werk des vorigen Tages in Anwendung zu bringen.
Der leere, mit zwei Ochsen bespannte Wagen passirte leicht über die Brücke; das
t'om war richtig über den Mill-Creek geliefert, und wurde ausgeladen; vor die
beiden Ochsen wurde noch ein Pferd und ein Maulthier gespannt, und so fuhr
der Wagen ohne besondere Schwierigkeiten durch den ausgehauenen Waldweg hin¬
durch. Vor der Brücke stellten wir uns nun mit Stöcken bewaffnet auf, und
trieben Pferde und Ochsen durch Schläge und Zuruf an, mit möglichster Ge¬
schwindigkeit über dieselbe hinwegzufahren, damit der Wagen, wenn ja einer der
Balken brechen sollte, keine Zeit zum Sinken haben möchte. Unsre Vorsicht war
nicht ohne Nutzen. Schon waren die Pferde am jenseitigen User, und eben
wollten die Ochsen festen Boden fassen, da krachte es an den Hinterrädern; in
aller Eile sprangen wir in den Bach, und ließen unsre Stöcke ans den Rücken
der Thiere so kräftig arbeiten, daß nach wenigen Secunden Pferde, Ochsen,
Wagen und Meuschen aus dem jenseitigen Ufer standen. Die Besichtigung der
Brücke ergab, daß eiuer von denjenigen Balken, welche wir von den Ueberresten
der alten Brücke genommen hatten, zu Mürbe war, als daß er die Last des Wagens
hätte ertragen können.

Reich beladen und ohne andere Unannehmlichkeiten gelangten wir in der -
Farm an, mit der süßen Aussicht, daß wir nun wiederum ohne Zagen so viel
Maiöbrot essen konnten, als unsre hungrigen Magen verlangen würden. Neben
dem Maisbrode beanspruchten sie noch Speck, und neben Maisbrod und Speck noch
Kaffee. Die beiden letzten Artikel waren noch vorräthig, und außerdem war auch


Fällung des erstern verwandt hatte; aber meine Hände zeigten jetzt anch dop¬
pelt so viel Blasen als Finger, und schmerzten gerade hinreichend, daß mich in
Deutschland sicherlich Jeder herzlich bedauert und mir versichert hätte, ich
könnte meine Hände nicht mehr rühren; aber mein deutsch-texanisches Farmer-
Bewußtsein sprach: frisch darauf! und so ging es zum dritten und dann wol
auch zu einem vierten Baume. Unterdessen hatten wir auskundschaftet, daß von
dem Bache nicht alle Balken der vorigen Brücke hinweggerissen, daß vielmehr
noch einige in der Nähe zwischen Baumwurzeln und Gesträuch hängen geblieben
waren; auch mein Schwager war müde geworden, und so machten wir uns
daran, diese Neste hervorzuholen; sie schienen noch gesund und dauerhaft zu sein,
waren aber, wie wir zu spät merkten, so mit Schlamm und Zweigen überschüttet
und verwickelt, daß wir in derselben Zeit, in welcher wir vielleicht sechs frische,
kräftige Bäume hätten fällen können, nnr vier von diesen herausgruben. Mit
vieler Noth und Mühe brachten wir sie endlich an das Ufer, und von da wurden
sie in der oben angegebenen Weise üver den Bach gelegt, so daß eine dem An¬
schein nach ziemlich feste Brücke entstand.

Am Morgen des folgenden Tages zogen wir nun aus, um das vorn zu
holen, und zugleich das Werk des vorigen Tages in Anwendung zu bringen.
Der leere, mit zwei Ochsen bespannte Wagen passirte leicht über die Brücke; das
t'om war richtig über den Mill-Creek geliefert, und wurde ausgeladen; vor die
beiden Ochsen wurde noch ein Pferd und ein Maulthier gespannt, und so fuhr
der Wagen ohne besondere Schwierigkeiten durch den ausgehauenen Waldweg hin¬
durch. Vor der Brücke stellten wir uns nun mit Stöcken bewaffnet auf, und
trieben Pferde und Ochsen durch Schläge und Zuruf an, mit möglichster Ge¬
schwindigkeit über dieselbe hinwegzufahren, damit der Wagen, wenn ja einer der
Balken brechen sollte, keine Zeit zum Sinken haben möchte. Unsre Vorsicht war
nicht ohne Nutzen. Schon waren die Pferde am jenseitigen User, und eben
wollten die Ochsen festen Boden fassen, da krachte es an den Hinterrädern; in
aller Eile sprangen wir in den Bach, und ließen unsre Stöcke ans den Rücken
der Thiere so kräftig arbeiten, daß nach wenigen Secunden Pferde, Ochsen,
Wagen und Meuschen aus dem jenseitigen Ufer standen. Die Besichtigung der
Brücke ergab, daß eiuer von denjenigen Balken, welche wir von den Ueberresten
der alten Brücke genommen hatten, zu Mürbe war, als daß er die Last des Wagens
hätte ertragen können.

Reich beladen und ohne andere Unannehmlichkeiten gelangten wir in der -
Farm an, mit der süßen Aussicht, daß wir nun wiederum ohne Zagen so viel
Maiöbrot essen konnten, als unsre hungrigen Magen verlangen würden. Neben
dem Maisbrode beanspruchten sie noch Speck, und neben Maisbrod und Speck noch
Kaffee. Die beiden letzten Artikel waren noch vorräthig, und außerdem war auch


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[0034] Fällung des erstern verwandt hatte; aber meine Hände zeigten jetzt anch dop¬ pelt so viel Blasen als Finger, und schmerzten gerade hinreichend, daß mich in Deutschland sicherlich Jeder herzlich bedauert und mir versichert hätte, ich könnte meine Hände nicht mehr rühren; aber mein deutsch-texanisches Farmer- Bewußtsein sprach: frisch darauf! und so ging es zum dritten und dann wol auch zu einem vierten Baume. Unterdessen hatten wir auskundschaftet, daß von dem Bache nicht alle Balken der vorigen Brücke hinweggerissen, daß vielmehr noch einige in der Nähe zwischen Baumwurzeln und Gesträuch hängen geblieben waren; auch mein Schwager war müde geworden, und so machten wir uns daran, diese Neste hervorzuholen; sie schienen noch gesund und dauerhaft zu sein, waren aber, wie wir zu spät merkten, so mit Schlamm und Zweigen überschüttet und verwickelt, daß wir in derselben Zeit, in welcher wir vielleicht sechs frische, kräftige Bäume hätten fällen können, nnr vier von diesen herausgruben. Mit vieler Noth und Mühe brachten wir sie endlich an das Ufer, und von da wurden sie in der oben angegebenen Weise üver den Bach gelegt, so daß eine dem An¬ schein nach ziemlich feste Brücke entstand. Am Morgen des folgenden Tages zogen wir nun aus, um das vorn zu holen, und zugleich das Werk des vorigen Tages in Anwendung zu bringen. Der leere, mit zwei Ochsen bespannte Wagen passirte leicht über die Brücke; das t'om war richtig über den Mill-Creek geliefert, und wurde ausgeladen; vor die beiden Ochsen wurde noch ein Pferd und ein Maulthier gespannt, und so fuhr der Wagen ohne besondere Schwierigkeiten durch den ausgehauenen Waldweg hin¬ durch. Vor der Brücke stellten wir uns nun mit Stöcken bewaffnet auf, und trieben Pferde und Ochsen durch Schläge und Zuruf an, mit möglichster Ge¬ schwindigkeit über dieselbe hinwegzufahren, damit der Wagen, wenn ja einer der Balken brechen sollte, keine Zeit zum Sinken haben möchte. Unsre Vorsicht war nicht ohne Nutzen. Schon waren die Pferde am jenseitigen User, und eben wollten die Ochsen festen Boden fassen, da krachte es an den Hinterrädern; in aller Eile sprangen wir in den Bach, und ließen unsre Stöcke ans den Rücken der Thiere so kräftig arbeiten, daß nach wenigen Secunden Pferde, Ochsen, Wagen und Meuschen aus dem jenseitigen Ufer standen. Die Besichtigung der Brücke ergab, daß eiuer von denjenigen Balken, welche wir von den Ueberresten der alten Brücke genommen hatten, zu Mürbe war, als daß er die Last des Wagens hätte ertragen können. Reich beladen und ohne andere Unannehmlichkeiten gelangten wir in der - Farm an, mit der süßen Aussicht, daß wir nun wiederum ohne Zagen so viel Maiöbrot essen konnten, als unsre hungrigen Magen verlangen würden. Neben dem Maisbrode beanspruchten sie noch Speck, und neben Maisbrod und Speck noch Kaffee. Die beiden letzten Artikel waren noch vorräthig, und außerdem war auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/34>, abgerufen am 25.08.2024.