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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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hoch die zweite. Eine lange Reihe mächtiger Kanonen, meist 24Pfünder, wol einige
hundert an der Zahl, starrt mit ihren Schlünden hier ans den großen Schießscharten
heraus, Tod und Verderben jedem Feind drohend. Sehr hoch und so geräumig, daß
ein Reiter bequem hinter allen Geschützen reiten kann, dabei hinreichend hell, sind
alle diese Galerien. Bei anhaltendem Feuern muß aber der Pulverdampf fast er¬
stickend in ihnen werden, auch der Knall der Geschütze, durch den Wiederhall
verstärkt, soll den Ohren uicht wenig zumuthen. Außer diesen Galerien sind noch
mehrere andere Batterien und Bastionen ans dieser Seite des Felsens angelegt,
die überhaupt allein an 700 große Geschütze zu ihrer Vertheidigung enthält.
Eine der Galerien, welche die Ecke bildet, ist zugleich ein hohes, geräumiges
Zimmer, in dem die Schießscharten die Fenster bilden. Hier hat man eine sehr
schöne Aussicht, und die englischen Officiere haben wiederholt große Feste und
sogar Bälle darin gegeben. Ans dem Mittelpunkt des Berges steht ein weißes
Wachthaus, das zugleich als Telegraphenstatiou für die ansegelnden Kriegsschiffe
dient, da man es weit durch die ganze Meerenge und den Busen von Gibraltar
sehen kann. Ein alter Invalide, der als Telegraphenwärtcr angestellt ist, ließ uns
durch das große Fernrohr, das hier aufgestellt ist, sehen. Aus der gauzen Erde
giebt es wol keinen einzigen Punkt, von dem ans das Ange zu gleicher Zeit so
weite Strecken zweier verschiedenen Welttheile überblicken kann. Lange weilten
wir hier, und konnten.uns von dem großartigen Panorama, welches unser Blick
überschaute, kaum trennen. Da der Invalide von den Officieren kein Trinkgeld
nehmen durste, so ließen wir uns eine Flasche guten Portwein, den er zum Ver¬
kauf an etwaige Besucher führt, vou ihm geben. Auf einem ziemlich beschwer¬
lichen, steil ansteigenden Pfad gingen wir jetzt zu der höchsten Kuppe des Felsens,
die an 1100 Fuß gegen das Meer abfällt. Ein alter grauer Thurm aus der
Mauren Zeit ziert diesen Gipfel. So grau und verwittert sehen die Wände
desselben aus, daß man sie kaum vou dem Felsengestein, aus dem sie hervorzn-
wachsen scheinen, uuterscheidet. Schott die alten Mauren haben den Felsen von
Gibraltar mit mehreren Thürmen befestigt, da sie die Wichtigkeit desselben erkann¬
ten. Von dem würdigen, greisen Manrenthnrm ans sahen wir einige kleine
Affen aus der Ferne in den Felsenschluchteir herumklettern. Es sollen noch mehrere
hundert solcher Thiere -- unsre gewöhnlichen Jahrmarktsaffen, kleine Kerlchen mit
langen'Schwänzen -- in den theilweise unzugänglichen Schluchten des Calpe
Hausen, die eiuen gewissen gastfreundlichen Schutz von Seiten des Gouvernements
genießen, und von Unberechtigten nicht geschossen oder weggefangen werden dürfen.
Eine bestimmte Anzahl derselben wird jährlich gefangen und nach England ver¬
kauft, und der Erlös dafür zur Erhaltung von einigen Gartenpartien und auch
zur Aushilfe bei der Fütterung der übrigen Affen in besonders ungünstigen
Jahreszeiten verwandt.

Auf der Südseite des Berges sind wieder mehrere sehr stark befestigte Forts,


hoch die zweite. Eine lange Reihe mächtiger Kanonen, meist 24Pfünder, wol einige
hundert an der Zahl, starrt mit ihren Schlünden hier ans den großen Schießscharten
heraus, Tod und Verderben jedem Feind drohend. Sehr hoch und so geräumig, daß
ein Reiter bequem hinter allen Geschützen reiten kann, dabei hinreichend hell, sind
alle diese Galerien. Bei anhaltendem Feuern muß aber der Pulverdampf fast er¬
stickend in ihnen werden, auch der Knall der Geschütze, durch den Wiederhall
verstärkt, soll den Ohren uicht wenig zumuthen. Außer diesen Galerien sind noch
mehrere andere Batterien und Bastionen ans dieser Seite des Felsens angelegt,
die überhaupt allein an 700 große Geschütze zu ihrer Vertheidigung enthält.
Eine der Galerien, welche die Ecke bildet, ist zugleich ein hohes, geräumiges
Zimmer, in dem die Schießscharten die Fenster bilden. Hier hat man eine sehr
schöne Aussicht, und die englischen Officiere haben wiederholt große Feste und
sogar Bälle darin gegeben. Ans dem Mittelpunkt des Berges steht ein weißes
Wachthaus, das zugleich als Telegraphenstatiou für die ansegelnden Kriegsschiffe
dient, da man es weit durch die ganze Meerenge und den Busen von Gibraltar
sehen kann. Ein alter Invalide, der als Telegraphenwärtcr angestellt ist, ließ uns
durch das große Fernrohr, das hier aufgestellt ist, sehen. Aus der gauzen Erde
giebt es wol keinen einzigen Punkt, von dem ans das Ange zu gleicher Zeit so
weite Strecken zweier verschiedenen Welttheile überblicken kann. Lange weilten
wir hier, und konnten.uns von dem großartigen Panorama, welches unser Blick
überschaute, kaum trennen. Da der Invalide von den Officieren kein Trinkgeld
nehmen durste, so ließen wir uns eine Flasche guten Portwein, den er zum Ver¬
kauf an etwaige Besucher führt, vou ihm geben. Auf einem ziemlich beschwer¬
lichen, steil ansteigenden Pfad gingen wir jetzt zu der höchsten Kuppe des Felsens,
die an 1100 Fuß gegen das Meer abfällt. Ein alter grauer Thurm aus der
Mauren Zeit ziert diesen Gipfel. So grau und verwittert sehen die Wände
desselben aus, daß man sie kaum vou dem Felsengestein, aus dem sie hervorzn-
wachsen scheinen, uuterscheidet. Schott die alten Mauren haben den Felsen von
Gibraltar mit mehreren Thürmen befestigt, da sie die Wichtigkeit desselben erkann¬
ten. Von dem würdigen, greisen Manrenthnrm ans sahen wir einige kleine
Affen aus der Ferne in den Felsenschluchteir herumklettern. Es sollen noch mehrere
hundert solcher Thiere — unsre gewöhnlichen Jahrmarktsaffen, kleine Kerlchen mit
langen'Schwänzen — in den theilweise unzugänglichen Schluchten des Calpe
Hausen, die eiuen gewissen gastfreundlichen Schutz von Seiten des Gouvernements
genießen, und von Unberechtigten nicht geschossen oder weggefangen werden dürfen.
Eine bestimmte Anzahl derselben wird jährlich gefangen und nach England ver¬
kauft, und der Erlös dafür zur Erhaltung von einigen Gartenpartien und auch
zur Aushilfe bei der Fütterung der übrigen Affen in besonders ungünstigen
Jahreszeiten verwandt.

Auf der Südseite des Berges sind wieder mehrere sehr stark befestigte Forts,


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[0193] hoch die zweite. Eine lange Reihe mächtiger Kanonen, meist 24Pfünder, wol einige hundert an der Zahl, starrt mit ihren Schlünden hier ans den großen Schießscharten heraus, Tod und Verderben jedem Feind drohend. Sehr hoch und so geräumig, daß ein Reiter bequem hinter allen Geschützen reiten kann, dabei hinreichend hell, sind alle diese Galerien. Bei anhaltendem Feuern muß aber der Pulverdampf fast er¬ stickend in ihnen werden, auch der Knall der Geschütze, durch den Wiederhall verstärkt, soll den Ohren uicht wenig zumuthen. Außer diesen Galerien sind noch mehrere andere Batterien und Bastionen ans dieser Seite des Felsens angelegt, die überhaupt allein an 700 große Geschütze zu ihrer Vertheidigung enthält. Eine der Galerien, welche die Ecke bildet, ist zugleich ein hohes, geräumiges Zimmer, in dem die Schießscharten die Fenster bilden. Hier hat man eine sehr schöne Aussicht, und die englischen Officiere haben wiederholt große Feste und sogar Bälle darin gegeben. Ans dem Mittelpunkt des Berges steht ein weißes Wachthaus, das zugleich als Telegraphenstatiou für die ansegelnden Kriegsschiffe dient, da man es weit durch die ganze Meerenge und den Busen von Gibraltar sehen kann. Ein alter Invalide, der als Telegraphenwärtcr angestellt ist, ließ uns durch das große Fernrohr, das hier aufgestellt ist, sehen. Aus der gauzen Erde giebt es wol keinen einzigen Punkt, von dem ans das Ange zu gleicher Zeit so weite Strecken zweier verschiedenen Welttheile überblicken kann. Lange weilten wir hier, und konnten.uns von dem großartigen Panorama, welches unser Blick überschaute, kaum trennen. Da der Invalide von den Officieren kein Trinkgeld nehmen durste, so ließen wir uns eine Flasche guten Portwein, den er zum Ver¬ kauf an etwaige Besucher führt, vou ihm geben. Auf einem ziemlich beschwer¬ lichen, steil ansteigenden Pfad gingen wir jetzt zu der höchsten Kuppe des Felsens, die an 1100 Fuß gegen das Meer abfällt. Ein alter grauer Thurm aus der Mauren Zeit ziert diesen Gipfel. So grau und verwittert sehen die Wände desselben aus, daß man sie kaum vou dem Felsengestein, aus dem sie hervorzn- wachsen scheinen, uuterscheidet. Schott die alten Mauren haben den Felsen von Gibraltar mit mehreren Thürmen befestigt, da sie die Wichtigkeit desselben erkann¬ ten. Von dem würdigen, greisen Manrenthnrm ans sahen wir einige kleine Affen aus der Ferne in den Felsenschluchteir herumklettern. Es sollen noch mehrere hundert solcher Thiere — unsre gewöhnlichen Jahrmarktsaffen, kleine Kerlchen mit langen'Schwänzen — in den theilweise unzugänglichen Schluchten des Calpe Hausen, die eiuen gewissen gastfreundlichen Schutz von Seiten des Gouvernements genießen, und von Unberechtigten nicht geschossen oder weggefangen werden dürfen. Eine bestimmte Anzahl derselben wird jährlich gefangen und nach England ver¬ kauft, und der Erlös dafür zur Erhaltung von einigen Gartenpartien und auch zur Aushilfe bei der Fütterung der übrigen Affen in besonders ungünstigen Jahreszeiten verwandt. Auf der Südseite des Berges sind wieder mehrere sehr stark befestigte Forts,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/193>, abgerufen am 22.07.2024.