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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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Porters, womit England die Wächter seiner Felsenburg ernährt. Die blühenden
Gesichter dieser nordischen Männer, wol durchgängig mit blauen Augen und hell¬
blonden, flachsartigem Haar, stachen vortheilhaft ab gegen die vielen hageren dunkel-
gebrannten Spanier, Italiener, Prooem</,aler und Malteser mit den dunklen
Augen und schwarzem Haar, die sich in großen Haufen am Hasen herumtrieben.
Während ich den Schotten noch längere Zeit folgte, deren Marsch eine National¬
weise von sehr eintöniger Melodie zu sein schien, hatte der englische Seeosstcier
nach einem Kameraden, der in Gibraltar stationirt war, geschickt. Unter der
Leitung dieses angenehmen Mannes traten wir unsre Wanderung an.

Drei verschiedene Felskuppen bilden zusammen den Felsen, auf dem Gibraltar
liegt; sie stehen durch einen nicht sehr breiten, niedern Landrücken mit dem spa¬
nischen Festlande in Verbindung. Ein Theil der Stadt liegt am Fuße dieses
Felsens, da, wo auf der einen Seite, nach Spanien hin, ein breiter Landvorspruug
ist, von dem der Felsen steil aufsteigt. Es sind größtentheils elegante, große
Gebäude, flache Dächer und Balcone mit zierlichen Eisengeländcrn, in dem Ge¬
schmack der Gartenhäuser vor den Thoren unsrer größern deutschen Städte. Hohe
Fenster mit großen Spiegelscheiben und schneeweißen Gardinen, hellgrün ange¬
strichene Fensterladen und Hausthüren mit blanken Messingschildern; Alles vom
Großen bis auf das Kleinste herab echt englisch. Englisch sind auch die Schilder
an den vielen Kaufmannöläden aller Art mit oft sehr großen Waarenlagern, an
Restaurationen, Hotels u. s. w. Ein anderer Theil der Stadt zieht sich steil an
dem Felsen hinauf, ja ist in die Klüfte und Spalten desselben hinein geklebt.
Die Straßen sind hier so enge, daß kein Wagen darin fahren könnte, und laufen
oft unter überhängenden Felsen, welche ans den Dächern der Häuser zu ruhen
scheinen, fort. Steile, enge Felsentreppen verbinden diese einzelnen Gassen mit
einander; das Ganze bildet ein wundersames Labyrinth von Gängen und Treppen
und Felsenschluchten. Wir traten z. B. in ein Kaffeehaus wie gewöhnlich dnrch eine
Parterrethür von einer Gasse ein. Als wir aber aus den Fenstern des Parterre¬
saales auf die entgegengesetzte Seite blickten, fanden wir, daß der Saal sich auf
dieser Seite schon in der dritten Etage befand. Einzelne Partien des Felsens
sind ganz kahl und entblößt, andere mit reizenden Holzungen von Orangen und
Citronenbäumen, oder grünen sorgfältig gepflegten Grasplätzen bekleidet.
Auch einzelne große, weiß angestrichene Casernen und Magazine findet man hier,
obschon die meisten Soldaten in den hohen Kasematten wohnen, die im Felsen
selbst eingehauen sind. Unzählig sind die Bastionen, Wälle, Galerien und die
großen, ganz in den Felsen eingesprengten Gänge und Kasematten, die Befestigun¬
gen dieser unbezwinglichen Felsenburg. Am stärksten ist die jäh in das Meer
schießende Seite des Felsens befestigt, die dem spanischen Festlande zugewandt
ist, da man von hier ans wol den Hanptangriff erwarten müßte. 400 Fuß hoch über
dem Meeresspiegel ist hier die erste Galerie in den Felsen eingesprengt, 700 Fuß


Porters, womit England die Wächter seiner Felsenburg ernährt. Die blühenden
Gesichter dieser nordischen Männer, wol durchgängig mit blauen Augen und hell¬
blonden, flachsartigem Haar, stachen vortheilhaft ab gegen die vielen hageren dunkel-
gebrannten Spanier, Italiener, Prooem</,aler und Malteser mit den dunklen
Augen und schwarzem Haar, die sich in großen Haufen am Hasen herumtrieben.
Während ich den Schotten noch längere Zeit folgte, deren Marsch eine National¬
weise von sehr eintöniger Melodie zu sein schien, hatte der englische Seeosstcier
nach einem Kameraden, der in Gibraltar stationirt war, geschickt. Unter der
Leitung dieses angenehmen Mannes traten wir unsre Wanderung an.

Drei verschiedene Felskuppen bilden zusammen den Felsen, auf dem Gibraltar
liegt; sie stehen durch einen nicht sehr breiten, niedern Landrücken mit dem spa¬
nischen Festlande in Verbindung. Ein Theil der Stadt liegt am Fuße dieses
Felsens, da, wo auf der einen Seite, nach Spanien hin, ein breiter Landvorspruug
ist, von dem der Felsen steil aufsteigt. Es sind größtentheils elegante, große
Gebäude, flache Dächer und Balcone mit zierlichen Eisengeländcrn, in dem Ge¬
schmack der Gartenhäuser vor den Thoren unsrer größern deutschen Städte. Hohe
Fenster mit großen Spiegelscheiben und schneeweißen Gardinen, hellgrün ange¬
strichene Fensterladen und Hausthüren mit blanken Messingschildern; Alles vom
Großen bis auf das Kleinste herab echt englisch. Englisch sind auch die Schilder
an den vielen Kaufmannöläden aller Art mit oft sehr großen Waarenlagern, an
Restaurationen, Hotels u. s. w. Ein anderer Theil der Stadt zieht sich steil an
dem Felsen hinauf, ja ist in die Klüfte und Spalten desselben hinein geklebt.
Die Straßen sind hier so enge, daß kein Wagen darin fahren könnte, und laufen
oft unter überhängenden Felsen, welche ans den Dächern der Häuser zu ruhen
scheinen, fort. Steile, enge Felsentreppen verbinden diese einzelnen Gassen mit
einander; das Ganze bildet ein wundersames Labyrinth von Gängen und Treppen
und Felsenschluchten. Wir traten z. B. in ein Kaffeehaus wie gewöhnlich dnrch eine
Parterrethür von einer Gasse ein. Als wir aber aus den Fenstern des Parterre¬
saales auf die entgegengesetzte Seite blickten, fanden wir, daß der Saal sich auf
dieser Seite schon in der dritten Etage befand. Einzelne Partien des Felsens
sind ganz kahl und entblößt, andere mit reizenden Holzungen von Orangen und
Citronenbäumen, oder grünen sorgfältig gepflegten Grasplätzen bekleidet.
Auch einzelne große, weiß angestrichene Casernen und Magazine findet man hier,
obschon die meisten Soldaten in den hohen Kasematten wohnen, die im Felsen
selbst eingehauen sind. Unzählig sind die Bastionen, Wälle, Galerien und die
großen, ganz in den Felsen eingesprengten Gänge und Kasematten, die Befestigun¬
gen dieser unbezwinglichen Felsenburg. Am stärksten ist die jäh in das Meer
schießende Seite des Felsens befestigt, die dem spanischen Festlande zugewandt
ist, da man von hier ans wol den Hanptangriff erwarten müßte. 400 Fuß hoch über
dem Meeresspiegel ist hier die erste Galerie in den Felsen eingesprengt, 700 Fuß


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/192>, abgerufen am 22.07.2024.