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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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dem Munde hin und Herschweben, und nnr, indem er auf diese Weise in jedem
Augenblicke seine Ragouts kostet, kann er die rechte Mitte in ihrer Zusammen-
setzung treffen. Sein Gaumen muß daher von außerordentlicher Empfindlichkeit
und gewissermaßen jungfräulich sein, damit die geringste Kleinigkeit einen Ein¬
druck daraufmacht, und ihn noch zur rechten Zeit vor Fehlern warnt. Aber der
beständige Geruch der Oefen, die Nothwendigkeit, oft, und zuweilen schlechten Wein
zu trinken, welcher der Koch ausgesetzt ist, die Steinkohlendämpfe, die Ansamm¬
lung von Galle und viele andere Dinge tragen alle dazu bei, auf seine Sinnes¬
organe einzuwirken, und seinen Geschmackssinn sehr rasch zu zerstören. Sein Gau¬
men wird endlich ganz verhärtet. Das einzige Mittel, ihm die verlorene Blume
wiederzugeben (cette ilkur cMI a, p<zräae) und seine Kraft, seine Ge¬
schmeidigkeit und seine Delicatesse wieder herzustellen, ist, ihn zu purgiren,
trotz des Widerstandes, den er. vielleicht zu machen geneigt ist;
denn es giebt Köche, die gegen die Stimme des Ruhms taub sind, welche die
Nothwendigkeit, Arznei einzunehmen nicht einsehen, wenn sie gesund sind. O, so
laßt denn Ihr, die Ih.r auf Eurer Tafel täglich gutes und ausgesuchtes Essen zu
sehen wünscht, Euch bewegen, Eure Köche häufig purgiren zu lassen, denn es giebt
kein anderes Mittel, Euren Wunsch zu erfüllen. "

In einem andern Bande, dem von 180K, erzählt uns der Verfasser von
einem Gastwirth Simon in Rion in Auvergne, der ein besonderes Talent für die
Zubereitung der Frösche hatte. Liebhaber müssen wir leider ans Mangel an
Raum auf das Buch selbst verweisen, wo das Verfahren ausführlich und vor¬
trefflich beschrieben ist. "Die Vortrefflichkeit des Gerichts und die Unmöglichkeit
es nachzuahmen", sagt Grimod, ,,wird am besten durch die Thatsache bewiesen,
daß Simon sich dnrch seine Kunst ein Vermögen von 200,000 Fr. erschwungen hat,
> obgleich er eine Schüssel mit drei Dutzend Fröschen mit nnr Z4 .Sons be¬
rechnet."

Die drei "ü'er<Z8 provenhinix", welche heute uoch blühen, waren damals schon
wegen ihrer proveiuMschen Ragouts berühmt, noch mehr aber wegen ihrer Lrem-
cwäes ne Nerluelie; und die Kälber von Pontoise wurden damals wie jetzt mit
Rahm und Zwieback aufgefüttert, und in besonders für sie gebauten Wagen nach
Paris geschafft. Derselbe Jahrgang theilt auch das wichtige Geheimniß mit, daß
das Fleisch von Thieren, welche dnrch Elektricität getödtet worden sind, unendlich
zarter ist, als das Fleisch der auf gewöhnliche Weise geschlachteten Thiere. "Der
Entdecker dieser wichtigen Wahrheit", .sagt Grimod, "war ein Dr. Beyer in der
Rue de Clichy, der neben die Rechauds, die Morillou und Roberts gestellt zu
werden verdient, welche die culinarische Kunst gegen Ende des vorigen Jahrhun¬
derts so würdig zieren, und welche, wie die Raphael, die Michel Angelos und
die Rubens, die Stifter der drei großen Schulen der Kunst, gut zu essen, wa¬
ren." Ferner finden wir in diesem Bande eine Abhandlung über das Eselöfleisch,


dem Munde hin und Herschweben, und nnr, indem er auf diese Weise in jedem
Augenblicke seine Ragouts kostet, kann er die rechte Mitte in ihrer Zusammen-
setzung treffen. Sein Gaumen muß daher von außerordentlicher Empfindlichkeit
und gewissermaßen jungfräulich sein, damit die geringste Kleinigkeit einen Ein¬
druck daraufmacht, und ihn noch zur rechten Zeit vor Fehlern warnt. Aber der
beständige Geruch der Oefen, die Nothwendigkeit, oft, und zuweilen schlechten Wein
zu trinken, welcher der Koch ausgesetzt ist, die Steinkohlendämpfe, die Ansamm¬
lung von Galle und viele andere Dinge tragen alle dazu bei, auf seine Sinnes¬
organe einzuwirken, und seinen Geschmackssinn sehr rasch zu zerstören. Sein Gau¬
men wird endlich ganz verhärtet. Das einzige Mittel, ihm die verlorene Blume
wiederzugeben (cette ilkur cMI a, p<zräae) und seine Kraft, seine Ge¬
schmeidigkeit und seine Delicatesse wieder herzustellen, ist, ihn zu purgiren,
trotz des Widerstandes, den er. vielleicht zu machen geneigt ist;
denn es giebt Köche, die gegen die Stimme des Ruhms taub sind, welche die
Nothwendigkeit, Arznei einzunehmen nicht einsehen, wenn sie gesund sind. O, so
laßt denn Ihr, die Ih.r auf Eurer Tafel täglich gutes und ausgesuchtes Essen zu
sehen wünscht, Euch bewegen, Eure Köche häufig purgiren zu lassen, denn es giebt
kein anderes Mittel, Euren Wunsch zu erfüllen. "

In einem andern Bande, dem von 180K, erzählt uns der Verfasser von
einem Gastwirth Simon in Rion in Auvergne, der ein besonderes Talent für die
Zubereitung der Frösche hatte. Liebhaber müssen wir leider ans Mangel an
Raum auf das Buch selbst verweisen, wo das Verfahren ausführlich und vor¬
trefflich beschrieben ist. „Die Vortrefflichkeit des Gerichts und die Unmöglichkeit
es nachzuahmen", sagt Grimod, ,,wird am besten durch die Thatsache bewiesen,
daß Simon sich dnrch seine Kunst ein Vermögen von 200,000 Fr. erschwungen hat,
> obgleich er eine Schüssel mit drei Dutzend Fröschen mit nnr Z4 .Sons be¬
rechnet."

Die drei „ü'er<Z8 provenhinix", welche heute uoch blühen, waren damals schon
wegen ihrer proveiuMschen Ragouts berühmt, noch mehr aber wegen ihrer Lrem-
cwäes ne Nerluelie; und die Kälber von Pontoise wurden damals wie jetzt mit
Rahm und Zwieback aufgefüttert, und in besonders für sie gebauten Wagen nach
Paris geschafft. Derselbe Jahrgang theilt auch das wichtige Geheimniß mit, daß
das Fleisch von Thieren, welche dnrch Elektricität getödtet worden sind, unendlich
zarter ist, als das Fleisch der auf gewöhnliche Weise geschlachteten Thiere. „Der
Entdecker dieser wichtigen Wahrheit", .sagt Grimod, „war ein Dr. Beyer in der
Rue de Clichy, der neben die Rechauds, die Morillou und Roberts gestellt zu
werden verdient, welche die culinarische Kunst gegen Ende des vorigen Jahrhun¬
derts so würdig zieren, und welche, wie die Raphael, die Michel Angelos und
die Rubens, die Stifter der drei großen Schulen der Kunst, gut zu essen, wa¬
ren." Ferner finden wir in diesem Bande eine Abhandlung über das Eselöfleisch,


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[0162] dem Munde hin und Herschweben, und nnr, indem er auf diese Weise in jedem Augenblicke seine Ragouts kostet, kann er die rechte Mitte in ihrer Zusammen- setzung treffen. Sein Gaumen muß daher von außerordentlicher Empfindlichkeit und gewissermaßen jungfräulich sein, damit die geringste Kleinigkeit einen Ein¬ druck daraufmacht, und ihn noch zur rechten Zeit vor Fehlern warnt. Aber der beständige Geruch der Oefen, die Nothwendigkeit, oft, und zuweilen schlechten Wein zu trinken, welcher der Koch ausgesetzt ist, die Steinkohlendämpfe, die Ansamm¬ lung von Galle und viele andere Dinge tragen alle dazu bei, auf seine Sinnes¬ organe einzuwirken, und seinen Geschmackssinn sehr rasch zu zerstören. Sein Gau¬ men wird endlich ganz verhärtet. Das einzige Mittel, ihm die verlorene Blume wiederzugeben (cette ilkur cMI a, p<zräae) und seine Kraft, seine Ge¬ schmeidigkeit und seine Delicatesse wieder herzustellen, ist, ihn zu purgiren, trotz des Widerstandes, den er. vielleicht zu machen geneigt ist; denn es giebt Köche, die gegen die Stimme des Ruhms taub sind, welche die Nothwendigkeit, Arznei einzunehmen nicht einsehen, wenn sie gesund sind. O, so laßt denn Ihr, die Ih.r auf Eurer Tafel täglich gutes und ausgesuchtes Essen zu sehen wünscht, Euch bewegen, Eure Köche häufig purgiren zu lassen, denn es giebt kein anderes Mittel, Euren Wunsch zu erfüllen. " In einem andern Bande, dem von 180K, erzählt uns der Verfasser von einem Gastwirth Simon in Rion in Auvergne, der ein besonderes Talent für die Zubereitung der Frösche hatte. Liebhaber müssen wir leider ans Mangel an Raum auf das Buch selbst verweisen, wo das Verfahren ausführlich und vor¬ trefflich beschrieben ist. „Die Vortrefflichkeit des Gerichts und die Unmöglichkeit es nachzuahmen", sagt Grimod, ,,wird am besten durch die Thatsache bewiesen, daß Simon sich dnrch seine Kunst ein Vermögen von 200,000 Fr. erschwungen hat, > obgleich er eine Schüssel mit drei Dutzend Fröschen mit nnr Z4 .Sons be¬ rechnet." Die drei „ü'er<Z8 provenhinix", welche heute uoch blühen, waren damals schon wegen ihrer proveiuMschen Ragouts berühmt, noch mehr aber wegen ihrer Lrem- cwäes ne Nerluelie; und die Kälber von Pontoise wurden damals wie jetzt mit Rahm und Zwieback aufgefüttert, und in besonders für sie gebauten Wagen nach Paris geschafft. Derselbe Jahrgang theilt auch das wichtige Geheimniß mit, daß das Fleisch von Thieren, welche dnrch Elektricität getödtet worden sind, unendlich zarter ist, als das Fleisch der auf gewöhnliche Weise geschlachteten Thiere. „Der Entdecker dieser wichtigen Wahrheit", .sagt Grimod, „war ein Dr. Beyer in der Rue de Clichy, der neben die Rechauds, die Morillou und Roberts gestellt zu werden verdient, welche die culinarische Kunst gegen Ende des vorigen Jahrhun¬ derts so würdig zieren, und welche, wie die Raphael, die Michel Angelos und die Rubens, die Stifter der drei großen Schulen der Kunst, gut zu essen, wa¬ ren." Ferner finden wir in diesem Bande eine Abhandlung über das Eselöfleisch,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/162>, abgerufen am 22.07.2024.