Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.lich macheu, die leichten und nahrhaften Säfte herausziehen, und sie so mit ein¬ Die damalige französische Küche, wie überhaupt von der Zeit Ludwig XIV. lich macheu, die leichten und nahrhaften Säfte herausziehen, und sie so mit ein¬ Die damalige französische Küche, wie überhaupt von der Zeit Ludwig XIV. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0154" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93519"/> <p xml:id="ID_435" prev="#ID_434"> lich macheu, die leichten und nahrhaften Säfte herausziehen, und sie so mit ein¬<lb/> ander vermischen, daß kein Geschmack vorherrscht, so daß Alles harmonisch mit<lb/> einander verwoben ist. Das ist das hohe Ziel, das ewige Bestreben der Kunst.<lb/> Die Harmonie, welche dem Auge an einem Gemälde gefällt, sollte in einer<lb/> Sauce auf deu Gaumen eine gleich angenehme Empfindung erregen." — Fol¬<lb/> gende Forderungen stellt Pater Brumoy an einen perfecteu Koch: „Ein guter<lb/> Koch muß die Eigenschaften der von ihm verwendeten Substanzen genau kennen,<lb/> damit er die Nahrungsmittel, welche uns die Natur in einem rohen Zustande<lb/> liefert, berichtigen und vervollkommnen kann. Er muß mit einem gesunden Ur¬<lb/> theil, einem sichern Geschmack und einem zarten Gaumen ausgestattet sein, damit<lb/> er die Ingredienzien sinnreich combiniren kann. Das Würzen ist die Klippe mit¬<lb/> telmäßiger Köche. Ein Koch muß eine sichere, entschlossene und rasche Hand<lb/> haben, und den Gaumen seines Herrn auf das Sorgsamste studiren, um seinen<lb/> eigenen ganz darnach zu bilde«." Das ist gewiß gut gedacht und gut gesagt.<lb/> Gelee» findet man die gründlichen Kenntnisse eines Gelehrten, den Ton eines<lb/> Mannes von Welt, den Geschmack eines Kenners der Classiker, und das Talent<lb/> eines wirklich guten Kochs — denn aus Pater Brumoy's Buch stammen noch<lb/> viele der besten Recepte her — in so glücklichem Vereine.</p><lb/> <p xml:id="ID_436" next="#ID_437"> Die damalige französische Küche, wie überhaupt von der Zeit Ludwig XIV.<lb/> an, zeichnete sich durch Luxus und Reichthum ans, es fehlte ihr aber, nach Careme's<lb/> unübersetzbarem Urtheil „Nonsualism clellcaw". Sie aßen allerdings gut an sei¬<lb/> nem Hofe, sagt der Professor der culinarischer Kunst, aber die reichen Bürger,<lb/> die Schriftsteller, die Künstler fingen erst an zu lernen, wie man mit Anstand<lb/> ißt, trinkt und lacht. „Der so berühmte Valet," fährt Careme fort, „besaß nur<lb/> einen in seinen Gegenstand vertieften Geist, aber wir sehen in ihm den gewissen¬<lb/> haften Mann der Pflicht und der Etikette. Sein Tod setzt in Erstaunen, aber<lb/> rührt nicht, denn er hatte nicht den höchsten Gipfel seiner Kunst erreicht." Wer<lb/> diese Zeilen liest, kann den Gedanken nicht fassen, daß ein Koch der Gegenwart,<lb/> der die Wohlthat von Caröme's Unterricht genossen hat, jemals in feine Fehler<lb/> verfallen könnte. Ein Koch muß für alle Fälle, selbst für die unerwartetsten,<lb/> gleich einem gewiegten Feldherrn, und nach dem vorleuchtenden Beispiel der größten<lb/> Meister der Kunst, Laguipiöre und Carnac, „stets glänzende und imponirende<lb/> Reserven" im Rückhalt haben. Im Ganzen ist dieses Urtheil Caröme's über den<lb/> Zustand der damaligen französischen Kochkunst zu unterschreiben, denn erst unter<lb/> dem Regenten Orleans erreicht sie die Stufe der Ausbildung, welche, sie zur<lb/> alleinherrschenden in der gebildeten Welt gemacht hat. Das p-im ü 1a ä'Orleans<lb/> ist von dem Regenten selbst erfunden; die Meth cle lapereim, ä 1a l;>>.r>> ver¬<lb/> danken wir seiner liederlichen Tochter, der Herzogin von Berry, welche sich sinn¬<lb/> lichen Ausschweifungen jeder Art schrankenlos hingab, und deren Motto: „(^rde<lb/> et hommo" war. Ihre Soupers waren die besten, aber auch die sittenlosesten</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0154]
lich macheu, die leichten und nahrhaften Säfte herausziehen, und sie so mit ein¬
ander vermischen, daß kein Geschmack vorherrscht, so daß Alles harmonisch mit
einander verwoben ist. Das ist das hohe Ziel, das ewige Bestreben der Kunst.
Die Harmonie, welche dem Auge an einem Gemälde gefällt, sollte in einer
Sauce auf deu Gaumen eine gleich angenehme Empfindung erregen." — Fol¬
gende Forderungen stellt Pater Brumoy an einen perfecteu Koch: „Ein guter
Koch muß die Eigenschaften der von ihm verwendeten Substanzen genau kennen,
damit er die Nahrungsmittel, welche uns die Natur in einem rohen Zustande
liefert, berichtigen und vervollkommnen kann. Er muß mit einem gesunden Ur¬
theil, einem sichern Geschmack und einem zarten Gaumen ausgestattet sein, damit
er die Ingredienzien sinnreich combiniren kann. Das Würzen ist die Klippe mit¬
telmäßiger Köche. Ein Koch muß eine sichere, entschlossene und rasche Hand
haben, und den Gaumen seines Herrn auf das Sorgsamste studiren, um seinen
eigenen ganz darnach zu bilde«." Das ist gewiß gut gedacht und gut gesagt.
Gelee» findet man die gründlichen Kenntnisse eines Gelehrten, den Ton eines
Mannes von Welt, den Geschmack eines Kenners der Classiker, und das Talent
eines wirklich guten Kochs — denn aus Pater Brumoy's Buch stammen noch
viele der besten Recepte her — in so glücklichem Vereine.
Die damalige französische Küche, wie überhaupt von der Zeit Ludwig XIV.
an, zeichnete sich durch Luxus und Reichthum ans, es fehlte ihr aber, nach Careme's
unübersetzbarem Urtheil „Nonsualism clellcaw". Sie aßen allerdings gut an sei¬
nem Hofe, sagt der Professor der culinarischer Kunst, aber die reichen Bürger,
die Schriftsteller, die Künstler fingen erst an zu lernen, wie man mit Anstand
ißt, trinkt und lacht. „Der so berühmte Valet," fährt Careme fort, „besaß nur
einen in seinen Gegenstand vertieften Geist, aber wir sehen in ihm den gewissen¬
haften Mann der Pflicht und der Etikette. Sein Tod setzt in Erstaunen, aber
rührt nicht, denn er hatte nicht den höchsten Gipfel seiner Kunst erreicht." Wer
diese Zeilen liest, kann den Gedanken nicht fassen, daß ein Koch der Gegenwart,
der die Wohlthat von Caröme's Unterricht genossen hat, jemals in feine Fehler
verfallen könnte. Ein Koch muß für alle Fälle, selbst für die unerwartetsten,
gleich einem gewiegten Feldherrn, und nach dem vorleuchtenden Beispiel der größten
Meister der Kunst, Laguipiöre und Carnac, „stets glänzende und imponirende
Reserven" im Rückhalt haben. Im Ganzen ist dieses Urtheil Caröme's über den
Zustand der damaligen französischen Kochkunst zu unterschreiben, denn erst unter
dem Regenten Orleans erreicht sie die Stufe der Ausbildung, welche, sie zur
alleinherrschenden in der gebildeten Welt gemacht hat. Das p-im ü 1a ä'Orleans
ist von dem Regenten selbst erfunden; die Meth cle lapereim, ä 1a l;>>.r>> ver¬
danken wir seiner liederlichen Tochter, der Herzogin von Berry, welche sich sinn¬
lichen Ausschweifungen jeder Art schrankenlos hingab, und deren Motto: „(^rde
et hommo" war. Ihre Soupers waren die besten, aber auch die sittenlosesten
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