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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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können, wie sie diesen Punkt erreicht hat. Dieses Kochbuch ist in Rouen 1692 ge¬
druckt, also zu einer Zeit, wo Ludwigs XlV. Negierung auf dem Höhepunkt
ihres Ruhmes angelangt war. Der Verfasser ist Sieur de la Varanne, Ecnver
der Küche des Marquis d'UxelleS, dem auch das Buch gewidmet ist. Schon der
erste Satz dee Zueignung ist ein Curiosum in seiner Art, und zeigt, welche un-
endliche Entfernung damals auf der socialen Stufenleiter den Ecuyer der Küche
von dem Grandseigneur trennte. ,.lVlonKeiKneur", sagt das Buch, "bien c>ne
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cleliealemeul. les vianäeg " Ju der Vorrede beklagt der Versasser bei den vie¬
len Büchern mit Recepten, um den kranken Körper gesund zu machen, den Mangel
eines Werkes, welches sich zum Zweck macht, ,,den Körper in Gesundheit und
guter Stimmung zu erhalten", und welches lehrt, die weniger gesunden Nah¬
rungsmittel von den zuträglicheren zu unterscheiden, und die guten Eigenschaften
der letzteren durch einsichtsvolle Zubereitung und Wnrznng noch zu verbessern, so
daß Magen und Gaumen gleich befriedigt sind." Herr de la Varanne verbreitet
sich alsdann über die tausenderlei Gemüse und anderen Nahrungsmittel, welche
die Leute nicht mit Ehre und Befriedigung savee Konneur e>> eontenwmen! ) zu
bereiten wissen, und wünscht zum Schluß, daß Frankreich, welches alle anderen
Länder in Höflichkeit und guter Lebensart übertreffe, nicht weniger geachtet wer¬
den möge wegen seiner feinen und delicaten Tafel. Von den zahlreichen Recep¬
ten können wir leider ans Mangel an Raum keins mittheilen, obgleich manche
heute noch zu gebrauchen wären. Von weit größerer Wichtigkeit als dieses
Werkchen find "I^os von" Ah Louius", gegen <7L0 in Paris erschienen. Das Buch
ist von Marin, dem Koch der Herzogin von ChaulneS, die sehr gelehrte und geist¬
reiche Vorrede aber ist vom Pater Brumoy, dem Jesuiten, und Uebersetzer des
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Sauce eines Buchs (la 8a1s-r ciel librn) und schwerlich dürfte eine würzigere und
pikantere Sauce als die des gelehrten Paters auszuweisen sein. Die alte und die
neue Literatur müssen ihre auserlesensten Schätze Herleihen, um sein Sujet zu er¬
läutern und zu verschönern. Er begnügt sich nicht mit Citaten ans Rednern,
Dichtern und Geschichtschreibern, anch die Arzneiwissenschaft muß für ihn sprechen.
Sein Vergleich zwischen der Kochkunst der Alten und der Modernen zeigt von
Geist. "Die moderne Kochkunst", sagt er, "aufgebaut auf den Grundlagen der
classische", besitzt mehr Abwechselung, Einfachheit und Reinlichkeit bei unendlich
größerer Leichtigkeit und geringerer Künstelei in der Znsammensetzung, und ist
außerdem wissenschaftlicher. Die Küche der Allen war complicirt und mit Details
überladen. Aber die moderne Küche ist ein vollständiges System der Chemie.
Die Wissenschaft des Kochs lehrt ihn die Nahrungsmittel zersetzen, leicht vertan-


können, wie sie diesen Punkt erreicht hat. Dieses Kochbuch ist in Rouen 1692 ge¬
druckt, also zu einer Zeit, wo Ludwigs XlV. Negierung auf dem Höhepunkt
ihres Ruhmes angelangt war. Der Verfasser ist Sieur de la Varanne, Ecnver
der Küche des Marquis d'UxelleS, dem auch das Buch gewidmet ist. Schon der
erste Satz dee Zueignung ist ein Curiosum in seiner Art, und zeigt, welche un-
endliche Entfernung damals auf der socialen Stufenleiter den Ecuyer der Küche
von dem Grandseigneur trennte. ,.lVlonKeiKneur", sagt das Buch, „bien c>ne
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len Büchern mit Recepten, um den kranken Körper gesund zu machen, den Mangel
eines Werkes, welches sich zum Zweck macht, ,,den Körper in Gesundheit und
guter Stimmung zu erhalten", und welches lehrt, die weniger gesunden Nah¬
rungsmittel von den zuträglicheren zu unterscheiden, und die guten Eigenschaften
der letzteren durch einsichtsvolle Zubereitung und Wnrznng noch zu verbessern, so
daß Magen und Gaumen gleich befriedigt sind." Herr de la Varanne verbreitet
sich alsdann über die tausenderlei Gemüse und anderen Nahrungsmittel, welche
die Leute nicht mit Ehre und Befriedigung savee Konneur e>> eontenwmen! ) zu
bereiten wissen, und wünscht zum Schluß, daß Frankreich, welches alle anderen
Länder in Höflichkeit und guter Lebensart übertreffe, nicht weniger geachtet wer¬
den möge wegen seiner feinen und delicaten Tafel. Von den zahlreichen Recep¬
ten können wir leider ans Mangel an Raum keins mittheilen, obgleich manche
heute noch zu gebrauchen wären. Von weit größerer Wichtigkeit als dieses
Werkchen find „I^os von« Ah Louius", gegen <7L0 in Paris erschienen. Das Buch
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pikantere Sauce als die des gelehrten Paters auszuweisen sein. Die alte und die
neue Literatur müssen ihre auserlesensten Schätze Herleihen, um sein Sujet zu er¬
läutern und zu verschönern. Er begnügt sich nicht mit Citaten ans Rednern,
Dichtern und Geschichtschreibern, anch die Arzneiwissenschaft muß für ihn sprechen.
Sein Vergleich zwischen der Kochkunst der Alten und der Modernen zeigt von
Geist. „Die moderne Kochkunst", sagt er, „aufgebaut auf den Grundlagen der
classische», besitzt mehr Abwechselung, Einfachheit und Reinlichkeit bei unendlich
größerer Leichtigkeit und geringerer Künstelei in der Znsammensetzung, und ist
außerdem wissenschaftlicher. Die Küche der Allen war complicirt und mit Details
überladen. Aber die moderne Küche ist ein vollständiges System der Chemie.
Die Wissenschaft des Kochs lehrt ihn die Nahrungsmittel zersetzen, leicht vertan-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/153>, abgerufen am 22.07.2024.