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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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trübsinnig, nachdenklich; ich fing an, Mittel und Wege zu suchen, die mich in
den Stand setzen würden, mein Geschäft aufzugeben, und, vielleicht auf immer,
Texas verlassen zu dürfen. Ein mächtiger Hebel wurde jetzt in Bewegung gesetzt,
um mich all Texas und an meine Cigarrenmacherei zu fesseln. Ein junger Mann,
der früher als Officier in herzogl. Anhalt-Bernburgischen Diensten gestanden hatte,
und mit seiner Schwester, einem jungen Mädchen von etwa 18 Jahren, das
bescheidene Landleben von Texas gegen die Stellung eines Herzvglich Anhalt-
Bernburgischen Militairs eingetauscht hatte, frug an, ob ich mit ihm in Compagnie
eine Cigarrenfabrik etabliren wolle; sein Vermögen, bestehend in 23 Cent (circa
II Sgr.) sei nicht hinreichend, selbständig ein größeres Geschäft in Schwung
zu setzen; er suche daher einen Compagnon, der neben eigenhändiger Arbeit ein
Capital von 8 Dollars zur gemeinschaftlichen Verfügung stellen könnte. Das
Anerbieten war glänzend, und ganz wie für mich geschaffen; denn ich konnte
Cigarren machen, und konnte anch das verlangte Capital mobil machen; aber --
Thor, der ich war -- ich schlug es aus, und wies so mein texanisches Glück von
der Thür. ,

Einige Tage später eröffnete sich vom Staate Louisiana her eine heitere
Aussicht. Ein in Batou-Rouge ausässiger Freund schrieb mir, daß in dieser Stadt
eine Stelle als Gehilfe in einer Apotheke vacant sei, daß er mit dem Besitzer
dieser Apotheke in Bezug aus mich unterhandelt habe, und daß dieser sehnsüchtig
meine Ankunft erwarte. Wer war glücklicher als ich! Ich lief auf die Prairie,
um das Pferd zu suchen, fand es nach Verlauf von mehreren Stunden, sattelte es,
und ritt ab, um meine Cigarren und den noch übrigen Tabak zu verhandeln.
Lange war das Glück mir nicht recht günstig; endlich fand ich einen Käufer, der
mir sämmtlichen Vorrath abnahm; ein halber Dollar Einbuße war die Belohnung
für meine gestimmte Arbeit als Cigarrenfabrikant; die Entschädigung für die ge¬
nannte Einbuße bestand in denjenigen Cigarren, die ich während der Zeit der
Arbeit in die Luft geblasen hatte, und in einem halben Hundert, welches ich mir
zur Erinnerung an den Betrieb meines so einträglichen Geschäfts reservirte; nach
Verlauf von 1 i Tagen waren auch diese ihren Brüdern in die luftigen Regionen
nachgefolgt.

Meinem Schwager hatte ich einige Dollars baar geliehen; es waren aller¬
dings nur einige Dollars, aber ich brauchte sie nothwendig. Baares Geld war
in der Behausung meines Schwagers jetzt nicht zu finden; und doch mußte ich
das Geld haben. Ein amerikanischer Kochofen von höchst zweckmäßiger Einrich-
tllng, wie ich sie in Deutschland nie angetroffen habe, mußte aushelfen. Da
dieser Ofen nie in Thätigkeit gesetzt war, so war die Trennung von demselben
kunst schwer. Wiederum setzte ich mich zu Pferde, um eiuen Käufer für diesen
Ofen zu finden. Ich fand einen Farmer, der gern einen Ofen haben wollte,
der aber kein Geld, dagegen aber Schweine in seinem Vermögen besaß, und fand


trübsinnig, nachdenklich; ich fing an, Mittel und Wege zu suchen, die mich in
den Stand setzen würden, mein Geschäft aufzugeben, und, vielleicht auf immer,
Texas verlassen zu dürfen. Ein mächtiger Hebel wurde jetzt in Bewegung gesetzt,
um mich all Texas und an meine Cigarrenmacherei zu fesseln. Ein junger Mann,
der früher als Officier in herzogl. Anhalt-Bernburgischen Diensten gestanden hatte,
und mit seiner Schwester, einem jungen Mädchen von etwa 18 Jahren, das
bescheidene Landleben von Texas gegen die Stellung eines Herzvglich Anhalt-
Bernburgischen Militairs eingetauscht hatte, frug an, ob ich mit ihm in Compagnie
eine Cigarrenfabrik etabliren wolle; sein Vermögen, bestehend in 23 Cent (circa
II Sgr.) sei nicht hinreichend, selbständig ein größeres Geschäft in Schwung
zu setzen; er suche daher einen Compagnon, der neben eigenhändiger Arbeit ein
Capital von 8 Dollars zur gemeinschaftlichen Verfügung stellen könnte. Das
Anerbieten war glänzend, und ganz wie für mich geschaffen; denn ich konnte
Cigarren machen, und konnte anch das verlangte Capital mobil machen; aber —
Thor, der ich war — ich schlug es aus, und wies so mein texanisches Glück von
der Thür. ,

Einige Tage später eröffnete sich vom Staate Louisiana her eine heitere
Aussicht. Ein in Batou-Rouge ausässiger Freund schrieb mir, daß in dieser Stadt
eine Stelle als Gehilfe in einer Apotheke vacant sei, daß er mit dem Besitzer
dieser Apotheke in Bezug aus mich unterhandelt habe, und daß dieser sehnsüchtig
meine Ankunft erwarte. Wer war glücklicher als ich! Ich lief auf die Prairie,
um das Pferd zu suchen, fand es nach Verlauf von mehreren Stunden, sattelte es,
und ritt ab, um meine Cigarren und den noch übrigen Tabak zu verhandeln.
Lange war das Glück mir nicht recht günstig; endlich fand ich einen Käufer, der
mir sämmtlichen Vorrath abnahm; ein halber Dollar Einbuße war die Belohnung
für meine gestimmte Arbeit als Cigarrenfabrikant; die Entschädigung für die ge¬
nannte Einbuße bestand in denjenigen Cigarren, die ich während der Zeit der
Arbeit in die Luft geblasen hatte, und in einem halben Hundert, welches ich mir
zur Erinnerung an den Betrieb meines so einträglichen Geschäfts reservirte; nach
Verlauf von 1 i Tagen waren auch diese ihren Brüdern in die luftigen Regionen
nachgefolgt.

Meinem Schwager hatte ich einige Dollars baar geliehen; es waren aller¬
dings nur einige Dollars, aber ich brauchte sie nothwendig. Baares Geld war
in der Behausung meines Schwagers jetzt nicht zu finden; und doch mußte ich
das Geld haben. Ein amerikanischer Kochofen von höchst zweckmäßiger Einrich-
tllng, wie ich sie in Deutschland nie angetroffen habe, mußte aushelfen. Da
dieser Ofen nie in Thätigkeit gesetzt war, so war die Trennung von demselben
kunst schwer. Wiederum setzte ich mich zu Pferde, um eiuen Käufer für diesen
Ofen zu finden. Ich fand einen Farmer, der gern einen Ofen haben wollte,
der aber kein Geld, dagegen aber Schweine in seinem Vermögen besaß, und fand


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/145>, abgerufen am 25.08.2024.