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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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PejauischeS Noth bedeckt die Wände, die reizenden Thürsimse werden von je zwei
Karyatiden getragen. Hier soll die Gruppe der Niobiden aufgestellt werden,
während der folgende Saal zur Aufnahme bacchischer Denkmäler bestimmt ist. Er
hat drei Fenster und ist durch zwei Säulen, welche das darüber steheude Pan-
droseion im Treppenhause tragen müssen, nicht eben sehr ästhetisch der Länge nach
gespalten. Die innere Hälfte bildet eine Gallerie, die nach Art einer Veranda
mit einem gemalten Weinrebengitter überdeckt und mit symbolischen, ans die
Baechosmythe bezüglichen Gestatte" gleich deu anderen Wandseiten des Saales
verziert ist. Die Malereien in diesem Raume gehören zu den schwächsten Arbei¬
ten im ganzen Museum und sind der Bestimmung desselben nicht würdig. Die
rothstreifige Haut des Flötenbläsers und das dicke Fleisch der ruhenden Ariadua
siud gewiß nichts weniger als schön.

Bei dem Eintritt in den nächsten Saal überrascht uns der Anblick vollstän¬
diger Mosaiksäulen zur Seite der Thüre. Aber diese Säulen siud nicht etwa an¬
tike Arbeit, auch nicht etwa wirklich mit Stein belegt, souderu mosaikartig be¬
malt, gleich dem Friese am Sims der Thüre. Es ist ein artiges Kunststück, das,
obwohl trefflich ausgeführt, immer nur ein Kunststück bleibt, wie etwa in der Ge-
sangskunst das Nachahmen von Vogelstimmen durch deu Ton der menschlichen
Kehle, sei es auch uoch so zart und lieblich. Die antike Eberjagd aus der einen
Säule, die Gruppe aus einem Bacchoszuge auf der andern, und oben nnter dem
Sims der Zug des Poseidon sind in dieser mosaikartigen Spielerei ganz aller¬
liebst gemalt; aber es ist doch ein wunderlicher Einfall, in einem Tempel der Kunst
die Erscheinung eiuer unvollkommeneren Kunstgattung dnrch die entwickelten tech¬
nischen Mittel einer ungleich vollkommeneren Kunstgattuug nachahmen zu lassen.
Von schöner Wirkung sind die in grüner Erzfarbe mit goldigem Schimmer relief¬
artig ausgeführten Deckengemälde.

Der null folgende zweite Kuppelsaal schließt gegen Süden die inneren Räume
der Fa^abe ab. Vier hochgeschwungene Bögen verbinden die Eckpfeiler desselben.
Von ihnen empor erhebt sich flach, aber edel, sterugeziert in rothem Grnnde, die
Knppelwölbung, durch welche das Oberlicht heruiederfällt. Unter einem der vier
Bögen führen einige Stufen aufwärts in die wunderschöne Halle, welche den
neuen Ball mit dem älteren Museum in Verbindung setzt. Es ist ein erquickender
Blick aus dem mächtigen Knppelranm in diese Halle, welche einen kleinen grie¬
chischen Tempel ni den edelsten Verhältnissen bildet. Die korinthischen Säulen
desselben, deren Zwischenräume dnrch Glasscheiben allsgefüllt siud, bestehen ans
weißem italienischem Marmor, und die je zwei Mittelsänlen der beiden Schmal¬
seiten sind wundervoll schwarz geädert. Statuen von Bronceguß füllen den Raum.
Eine Mitteltreppe führt jenseits hinab in die ältere Sculpturengallerie, zwei
schmälere zu Seiten derselben aufwärts in die Gemäldegalerie.

Den Bogen rechter Hand im Knppelsaal theilt eine Säule ni zwei kleinere


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PejauischeS Noth bedeckt die Wände, die reizenden Thürsimse werden von je zwei
Karyatiden getragen. Hier soll die Gruppe der Niobiden aufgestellt werden,
während der folgende Saal zur Aufnahme bacchischer Denkmäler bestimmt ist. Er
hat drei Fenster und ist durch zwei Säulen, welche das darüber steheude Pan-
droseion im Treppenhause tragen müssen, nicht eben sehr ästhetisch der Länge nach
gespalten. Die innere Hälfte bildet eine Gallerie, die nach Art einer Veranda
mit einem gemalten Weinrebengitter überdeckt und mit symbolischen, ans die
Baechosmythe bezüglichen Gestatte« gleich deu anderen Wandseiten des Saales
verziert ist. Die Malereien in diesem Raume gehören zu den schwächsten Arbei¬
ten im ganzen Museum und sind der Bestimmung desselben nicht würdig. Die
rothstreifige Haut des Flötenbläsers und das dicke Fleisch der ruhenden Ariadua
siud gewiß nichts weniger als schön.

Bei dem Eintritt in den nächsten Saal überrascht uns der Anblick vollstän¬
diger Mosaiksäulen zur Seite der Thüre. Aber diese Säulen siud nicht etwa an¬
tike Arbeit, auch nicht etwa wirklich mit Stein belegt, souderu mosaikartig be¬
malt, gleich dem Friese am Sims der Thüre. Es ist ein artiges Kunststück, das,
obwohl trefflich ausgeführt, immer nur ein Kunststück bleibt, wie etwa in der Ge-
sangskunst das Nachahmen von Vogelstimmen durch deu Ton der menschlichen
Kehle, sei es auch uoch so zart und lieblich. Die antike Eberjagd aus der einen
Säule, die Gruppe aus einem Bacchoszuge auf der andern, und oben nnter dem
Sims der Zug des Poseidon sind in dieser mosaikartigen Spielerei ganz aller¬
liebst gemalt; aber es ist doch ein wunderlicher Einfall, in einem Tempel der Kunst
die Erscheinung eiuer unvollkommeneren Kunstgattung dnrch die entwickelten tech¬
nischen Mittel einer ungleich vollkommeneren Kunstgattuug nachahmen zu lassen.
Von schöner Wirkung sind die in grüner Erzfarbe mit goldigem Schimmer relief¬
artig ausgeführten Deckengemälde.

Der null folgende zweite Kuppelsaal schließt gegen Süden die inneren Räume
der Fa^abe ab. Vier hochgeschwungene Bögen verbinden die Eckpfeiler desselben.
Von ihnen empor erhebt sich flach, aber edel, sterugeziert in rothem Grnnde, die
Knppelwölbung, durch welche das Oberlicht heruiederfällt. Unter einem der vier
Bögen führen einige Stufen aufwärts in die wunderschöne Halle, welche den
neuen Ball mit dem älteren Museum in Verbindung setzt. Es ist ein erquickender
Blick aus dem mächtigen Knppelranm in diese Halle, welche einen kleinen grie¬
chischen Tempel ni den edelsten Verhältnissen bildet. Die korinthischen Säulen
desselben, deren Zwischenräume dnrch Glasscheiben allsgefüllt siud, bestehen ans
weißem italienischem Marmor, und die je zwei Mittelsänlen der beiden Schmal¬
seiten sind wundervoll schwarz geädert. Statuen von Bronceguß füllen den Raum.
Eine Mitteltreppe führt jenseits hinab in die ältere Sculpturengallerie, zwei
schmälere zu Seiten derselben aufwärts in die Gemäldegalerie.

Den Bogen rechter Hand im Knppelsaal theilt eine Säule ni zwei kleinere


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[0303] PejauischeS Noth bedeckt die Wände, die reizenden Thürsimse werden von je zwei Karyatiden getragen. Hier soll die Gruppe der Niobiden aufgestellt werden, während der folgende Saal zur Aufnahme bacchischer Denkmäler bestimmt ist. Er hat drei Fenster und ist durch zwei Säulen, welche das darüber steheude Pan- droseion im Treppenhause tragen müssen, nicht eben sehr ästhetisch der Länge nach gespalten. Die innere Hälfte bildet eine Gallerie, die nach Art einer Veranda mit einem gemalten Weinrebengitter überdeckt und mit symbolischen, ans die Baechosmythe bezüglichen Gestatte« gleich deu anderen Wandseiten des Saales verziert ist. Die Malereien in diesem Raume gehören zu den schwächsten Arbei¬ ten im ganzen Museum und sind der Bestimmung desselben nicht würdig. Die rothstreifige Haut des Flötenbläsers und das dicke Fleisch der ruhenden Ariadua siud gewiß nichts weniger als schön. Bei dem Eintritt in den nächsten Saal überrascht uns der Anblick vollstän¬ diger Mosaiksäulen zur Seite der Thüre. Aber diese Säulen siud nicht etwa an¬ tike Arbeit, auch nicht etwa wirklich mit Stein belegt, souderu mosaikartig be¬ malt, gleich dem Friese am Sims der Thüre. Es ist ein artiges Kunststück, das, obwohl trefflich ausgeführt, immer nur ein Kunststück bleibt, wie etwa in der Ge- sangskunst das Nachahmen von Vogelstimmen durch deu Ton der menschlichen Kehle, sei es auch uoch so zart und lieblich. Die antike Eberjagd aus der einen Säule, die Gruppe aus einem Bacchoszuge auf der andern, und oben nnter dem Sims der Zug des Poseidon sind in dieser mosaikartigen Spielerei ganz aller¬ liebst gemalt; aber es ist doch ein wunderlicher Einfall, in einem Tempel der Kunst die Erscheinung eiuer unvollkommeneren Kunstgattung dnrch die entwickelten tech¬ nischen Mittel einer ungleich vollkommeneren Kunstgattuug nachahmen zu lassen. Von schöner Wirkung sind die in grüner Erzfarbe mit goldigem Schimmer relief¬ artig ausgeführten Deckengemälde. Der null folgende zweite Kuppelsaal schließt gegen Süden die inneren Räume der Fa^abe ab. Vier hochgeschwungene Bögen verbinden die Eckpfeiler desselben. Von ihnen empor erhebt sich flach, aber edel, sterugeziert in rothem Grnnde, die Knppelwölbung, durch welche das Oberlicht heruiederfällt. Unter einem der vier Bögen führen einige Stufen aufwärts in die wunderschöne Halle, welche den neuen Ball mit dem älteren Museum in Verbindung setzt. Es ist ein erquickender Blick aus dem mächtigen Knppelranm in diese Halle, welche einen kleinen grie¬ chischen Tempel ni den edelsten Verhältnissen bildet. Die korinthischen Säulen desselben, deren Zwischenräume dnrch Glasscheiben allsgefüllt siud, bestehen ans weißem italienischem Marmor, und die je zwei Mittelsänlen der beiden Schmal¬ seiten sind wundervoll schwarz geädert. Statuen von Bronceguß füllen den Raum. Eine Mitteltreppe führt jenseits hinab in die ältere Sculpturengallerie, zwei schmälere zu Seiten derselben aufwärts in die Gemäldegalerie. Den Bogen rechter Hand im Knppelsaal theilt eine Säule ni zwei kleinere 37"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/303>, abgerufen am 24.07.2024.