Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.Haus Habsburg, natürlich unter obligater Flöten- und Harfenbegleitung. Nach Im November 1809 reiste Werner nach Rom, und trat den 19. April 1811 Haus Habsburg, natürlich unter obligater Flöten- und Harfenbegleitung. Nach Im November 1809 reiste Werner nach Rom, und trat den 19. April 1811 <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/91707"/> <p xml:id="ID_1383" prev="#ID_1382"> Haus Habsburg, natürlich unter obligater Flöten- und Harfenbegleitung. Nach<lb/> Motiven in diesem Stück zu suchen, wäre vergebene Mühe. Die Sprache ist<lb/> diesmal ganz in Knittelversen gehalten, und wechselt zwischen altfränkischer Einfach¬<lb/> heit und modernem Schwulst, z. B. Kunigunde schließt eine Rede: „Im Mai<lb/> wir fundirten den Bamberger Dom, und ziehen im Mai jetzt zur Krönung nach<lb/> Rom." Darauf kommt der Truchseß: „Hier sind die Speisen, die zu bereiten<lb/> Eure Gnaden gebot für das Spital." — „Dank Euch, ob aller Eitelkeiten ver¬<lb/> gaß ich meiner Brüder Qual" u. s. w. Der Sohn des Thals ist diesmal ein<lb/> berühmter Büßer, NomualduS, der aber nur durch offene Briefe auftritt. Die<lb/> Entzückung der heiligen Kunigunde und ihr Schauen Gottes werden auf der<lb/> Bühne vorgestellt. Einmal fängt sie an: „O Sonuenoceau, Dreieinigkeit, hält<lb/> ein, zu groß ist deine Herrlichkeit." Dieser Zustand, in welchem sie sich schließlich<lb/> in der Regel, wie der Papst Leo, auf die Zehen erhebt, wird unter Anderm anf<lb/> einer Seite in den Parenthesen folgendermaßen geschildert: „schmerzhaft und er¬<lb/> mattet; in einem etwas gedämpften, geheimnißvollen, wie eine ansehende Gemüths-<lb/> verwirruug bezeichnenden Tone; verfällt in starres Nachdenken; wie sich etwas<lb/> ermunternd, aber sehr verwirrt; wieder starr nachdenkend vor sich hinblickend; wie<lb/> ganz mit ihren Gedanken abwesend, wie sich besinnend, aber immer sehr erschöpft<lb/> und zerstreut in immer gespannter Ekstase; ihr starrer Blick und ihre Bewegung<lb/> geht in eine stille, aber wie wilde Freudigkeit über; mit entzückten Blick und<lb/> freudiger Angst; in immer steigender schwärmerischer Begeisterung; in süßesten<lb/> Entzücken, aber mit ganz verwirrten Blicken und Mienen; im höchsten Grade des<lb/> süßen Wahnsinnes" u. s. w. — Wenn man diese Hnndstagsrasereien zusammen¬<lb/> nimmt, so hat der spätere Uebergang zum Katholicismus nicht viel Wunderbares<lb/> mehr.</p><lb/> <p xml:id="ID_1384" next="#ID_1385"> Im November 1809 reiste Werner nach Rom, und trat den 19. April 1811<lb/> zur alleinseligmachenden Kirche über. Ueber die Gemüthsbeschaffenheit, in wel¬<lb/> cher er diesen Schritt that, giebt uns unter Anderm ein Bruchstück shines Tage¬<lb/> buchs aus dem Jahre 1810 Auskunft. Er ist in Neapel, und es soll gerade das<lb/> Blut des heiligen Januarius zum Fluß gebracht werden. Schlosser hat ihn eben<lb/> durch seine Zweifel in seinem Glauben verwirrt, „Alles drang ans mich ein, und<lb/> ich betete in der unbeschreiblichsten Angst meines Herzens, daß das Wunder ge¬<lb/> schehen möge; umsonst. Endlich, fast einer Ohnmacht nahe, betete ich mit noch<lb/> tieferer Inbrunst: Gott, wenn ich durch Deinen Geist getrieben an diesem grünen<lb/> Donnerstag den größten und entscheidendsten Schritt meines Lebens that, wenn<lb/> wirklich dieser Glaube der einzige alleinseligmachende ist, so gieb mir dnrch Flüsstg-<lb/> werdnng des Blutes Deines Heiligen davon ein untrügliches Zeichen, und ende<lb/> die Angst und Zweifel meiner Seele; gieb mir ein Zeichen, daß ich recht gethan<lb/> habe! Kaum hatte ich das gebetet, so — Dank sei Dir, ewig allwaltende, mit<lb/> unsern kindlichen Unarten barmherzige Gnade — so in demselben Augenblicke</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0514]
Haus Habsburg, natürlich unter obligater Flöten- und Harfenbegleitung. Nach
Motiven in diesem Stück zu suchen, wäre vergebene Mühe. Die Sprache ist
diesmal ganz in Knittelversen gehalten, und wechselt zwischen altfränkischer Einfach¬
heit und modernem Schwulst, z. B. Kunigunde schließt eine Rede: „Im Mai
wir fundirten den Bamberger Dom, und ziehen im Mai jetzt zur Krönung nach
Rom." Darauf kommt der Truchseß: „Hier sind die Speisen, die zu bereiten
Eure Gnaden gebot für das Spital." — „Dank Euch, ob aller Eitelkeiten ver¬
gaß ich meiner Brüder Qual" u. s. w. Der Sohn des Thals ist diesmal ein
berühmter Büßer, NomualduS, der aber nur durch offene Briefe auftritt. Die
Entzückung der heiligen Kunigunde und ihr Schauen Gottes werden auf der
Bühne vorgestellt. Einmal fängt sie an: „O Sonuenoceau, Dreieinigkeit, hält
ein, zu groß ist deine Herrlichkeit." Dieser Zustand, in welchem sie sich schließlich
in der Regel, wie der Papst Leo, auf die Zehen erhebt, wird unter Anderm anf
einer Seite in den Parenthesen folgendermaßen geschildert: „schmerzhaft und er¬
mattet; in einem etwas gedämpften, geheimnißvollen, wie eine ansehende Gemüths-
verwirruug bezeichnenden Tone; verfällt in starres Nachdenken; wie sich etwas
ermunternd, aber sehr verwirrt; wieder starr nachdenkend vor sich hinblickend; wie
ganz mit ihren Gedanken abwesend, wie sich besinnend, aber immer sehr erschöpft
und zerstreut in immer gespannter Ekstase; ihr starrer Blick und ihre Bewegung
geht in eine stille, aber wie wilde Freudigkeit über; mit entzückten Blick und
freudiger Angst; in immer steigender schwärmerischer Begeisterung; in süßesten
Entzücken, aber mit ganz verwirrten Blicken und Mienen; im höchsten Grade des
süßen Wahnsinnes" u. s. w. — Wenn man diese Hnndstagsrasereien zusammen¬
nimmt, so hat der spätere Uebergang zum Katholicismus nicht viel Wunderbares
mehr.
Im November 1809 reiste Werner nach Rom, und trat den 19. April 1811
zur alleinseligmachenden Kirche über. Ueber die Gemüthsbeschaffenheit, in wel¬
cher er diesen Schritt that, giebt uns unter Anderm ein Bruchstück shines Tage¬
buchs aus dem Jahre 1810 Auskunft. Er ist in Neapel, und es soll gerade das
Blut des heiligen Januarius zum Fluß gebracht werden. Schlosser hat ihn eben
durch seine Zweifel in seinem Glauben verwirrt, „Alles drang ans mich ein, und
ich betete in der unbeschreiblichsten Angst meines Herzens, daß das Wunder ge¬
schehen möge; umsonst. Endlich, fast einer Ohnmacht nahe, betete ich mit noch
tieferer Inbrunst: Gott, wenn ich durch Deinen Geist getrieben an diesem grünen
Donnerstag den größten und entscheidendsten Schritt meines Lebens that, wenn
wirklich dieser Glaube der einzige alleinseligmachende ist, so gieb mir dnrch Flüsstg-
werdnng des Blutes Deines Heiligen davon ein untrügliches Zeichen, und ende
die Angst und Zweifel meiner Seele; gieb mir ein Zeichen, daß ich recht gethan
habe! Kaum hatte ich das gebetet, so — Dank sei Dir, ewig allwaltende, mit
unsern kindlichen Unarten barmherzige Gnade — so in demselben Augenblicke
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |