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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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Krieges von der des große" auszusondern; "der Zumpt" gestaltete sich zum
"großen Zumpt", seitdem 1824 neben ihm "der kleine Zumpt" auftrat: zum
zehnten Male schon hat jener, zum sechsten Male dieser das Licht der Welt er¬
blickt -- und "der Erbe des großen Namens" hat schon dafür gesorgt und wird
serner dafür sorgen, daß "der Zumpt" nicht so bald verschwinde aus den Händen
der gegen die Bollwerke der lateinischen Sprache kämpfenden Knabenschaar. --
Von nun an beginnt der Proceß der Verflüchtigung und Neutralisirung Zuinpts
durch "den Zumpt", den wir oben bereits dargestellt haben; ein umgekehrter
Schlemihl war er nur noch seines Buches Schatten. So für die Welt. Die
Berliner freilich wußten, daß der riesige Koloß eine sehr wesenhaste Existenz besitze,
und die Philologen begegneten ihm ans dem literarischen Markte mit Werken, die
bewiesen, daß auch seiue geistige Kraft durch die Erzeugung "des Zumpt" sich
nicht erschöpft hatte.

Als Pädagog wußte er sich in seiner Vaterstadt große Achtung und Liebe
zu erwerben, auf dem Werderschen Gymnasium sowol> als später auf dem
Joachimsthalscheu, an welches er 1820 übergetreten war; als aber hier seine, wie
es schien, sichere Hoffnung auf das Directorat gescheitert war, verließ er die
Laufbahn eines Gymnasiallehrers, in der er auf das Rühmlichste gewirkt hatte,
grollend für immer. Eine akademische Wirksamkeit öffnete sich ihm in Kiel, aber
er konnte sich nicht recht entschließen, die Heimath zu verlassen; der Biograph
vergleicht ihn bei dieser Gelegenheit, Gott weiß warum, mit Sokrates, dem seine
Freunde zur Flucht riethen, der er aber ohne Bedenken selbst den ungerechtesten
Tod vorziehen zu müssen glaubte. Aber wie sollte er uicht seinen Schwiegervater
bei einer unpassenden Gelegenheit mit Sokrates vergleichen, da er unsere Lieute¬
nants für Staatsmänner ansteht? Bis dahin war nämlich Zumpt Feldherr der
Schüler gewesen, jetzt wurde er Lehrer an der Kriegsschule, Bildner künftiger
Feldherren -- denen Hr. Zumpt jun. im Vorbeigehen nicht unterläßt das Com-
pliment politischer Reife zu machen, die sich durch scheinbare, aber der Wahr¬
heit und der Natur fremde Meinungen uicht fangen lassen, in die Diejenigen
leicht verfallen, die ihre Wissenschaft ans Büchern schöpfen, aber sich nicht
praktisch am Staatswesen, wie diese jugendlichen Krieger, betheiligen; --
an dieser Stelle wenigstens scheint uns der Weihrauch gegen das tapfere Kriegs¬
heer verschwendet, da wol nicht Viele sich, Dank sei es der weisen Einrichtung
des Herrn Z,, finden werden, die ihn sich hier aufsuchen -- haben sie dessen ja auch
schou so viel erhalten, daß es ihnen nach gerade selbst zum Ueberdrusse geworden
sein muß. Zuerst zeigte er sich trotz dieser angeblichen politischen Reife der Herren
Kriegsschüler, an die 1826 gewiß noch kein Mensch gedacht hat, und trotz der aller¬
dings nicht zu verkennenden Schwierigkeit, die die militärischen Kenntnisse seiner Zög¬
linge ihm beim Vortrage der Geschichte darboten, der bis dahin nnr gegen gramma¬
tische Windmühlen gekämpft, auch dieser Stellung gewachsen. Bald fügte er ihr auch


Krieges von der des große» auszusondern; „der Zumpt" gestaltete sich zum
„großen Zumpt", seitdem 1824 neben ihm „der kleine Zumpt" auftrat: zum
zehnten Male schon hat jener, zum sechsten Male dieser das Licht der Welt er¬
blickt — und „der Erbe des großen Namens" hat schon dafür gesorgt und wird
serner dafür sorgen, daß „der Zumpt" nicht so bald verschwinde aus den Händen
der gegen die Bollwerke der lateinischen Sprache kämpfenden Knabenschaar. —
Von nun an beginnt der Proceß der Verflüchtigung und Neutralisirung Zuinpts
durch „den Zumpt", den wir oben bereits dargestellt haben; ein umgekehrter
Schlemihl war er nur noch seines Buches Schatten. So für die Welt. Die
Berliner freilich wußten, daß der riesige Koloß eine sehr wesenhaste Existenz besitze,
und die Philologen begegneten ihm ans dem literarischen Markte mit Werken, die
bewiesen, daß auch seiue geistige Kraft durch die Erzeugung „des Zumpt" sich
nicht erschöpft hatte.

Als Pädagog wußte er sich in seiner Vaterstadt große Achtung und Liebe
zu erwerben, auf dem Werderschen Gymnasium sowol> als später auf dem
Joachimsthalscheu, an welches er 1820 übergetreten war; als aber hier seine, wie
es schien, sichere Hoffnung auf das Directorat gescheitert war, verließ er die
Laufbahn eines Gymnasiallehrers, in der er auf das Rühmlichste gewirkt hatte,
grollend für immer. Eine akademische Wirksamkeit öffnete sich ihm in Kiel, aber
er konnte sich nicht recht entschließen, die Heimath zu verlassen; der Biograph
vergleicht ihn bei dieser Gelegenheit, Gott weiß warum, mit Sokrates, dem seine
Freunde zur Flucht riethen, der er aber ohne Bedenken selbst den ungerechtesten
Tod vorziehen zu müssen glaubte. Aber wie sollte er uicht seinen Schwiegervater
bei einer unpassenden Gelegenheit mit Sokrates vergleichen, da er unsere Lieute¬
nants für Staatsmänner ansteht? Bis dahin war nämlich Zumpt Feldherr der
Schüler gewesen, jetzt wurde er Lehrer an der Kriegsschule, Bildner künftiger
Feldherren — denen Hr. Zumpt jun. im Vorbeigehen nicht unterläßt das Com-
pliment politischer Reife zu machen, die sich durch scheinbare, aber der Wahr¬
heit und der Natur fremde Meinungen uicht fangen lassen, in die Diejenigen
leicht verfallen, die ihre Wissenschaft ans Büchern schöpfen, aber sich nicht
praktisch am Staatswesen, wie diese jugendlichen Krieger, betheiligen; —
an dieser Stelle wenigstens scheint uns der Weihrauch gegen das tapfere Kriegs¬
heer verschwendet, da wol nicht Viele sich, Dank sei es der weisen Einrichtung
des Herrn Z,, finden werden, die ihn sich hier aufsuchen — haben sie dessen ja auch
schou so viel erhalten, daß es ihnen nach gerade selbst zum Ueberdrusse geworden
sein muß. Zuerst zeigte er sich trotz dieser angeblichen politischen Reife der Herren
Kriegsschüler, an die 1826 gewiß noch kein Mensch gedacht hat, und trotz der aller¬
dings nicht zu verkennenden Schwierigkeit, die die militärischen Kenntnisse seiner Zög¬
linge ihm beim Vortrage der Geschichte darboten, der bis dahin nnr gegen gramma¬
tische Windmühlen gekämpft, auch dieser Stellung gewachsen. Bald fügte er ihr auch


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[0467] Krieges von der des große» auszusondern; „der Zumpt" gestaltete sich zum „großen Zumpt", seitdem 1824 neben ihm „der kleine Zumpt" auftrat: zum zehnten Male schon hat jener, zum sechsten Male dieser das Licht der Welt er¬ blickt — und „der Erbe des großen Namens" hat schon dafür gesorgt und wird serner dafür sorgen, daß „der Zumpt" nicht so bald verschwinde aus den Händen der gegen die Bollwerke der lateinischen Sprache kämpfenden Knabenschaar. — Von nun an beginnt der Proceß der Verflüchtigung und Neutralisirung Zuinpts durch „den Zumpt", den wir oben bereits dargestellt haben; ein umgekehrter Schlemihl war er nur noch seines Buches Schatten. So für die Welt. Die Berliner freilich wußten, daß der riesige Koloß eine sehr wesenhaste Existenz besitze, und die Philologen begegneten ihm ans dem literarischen Markte mit Werken, die bewiesen, daß auch seiue geistige Kraft durch die Erzeugung „des Zumpt" sich nicht erschöpft hatte. Als Pädagog wußte er sich in seiner Vaterstadt große Achtung und Liebe zu erwerben, auf dem Werderschen Gymnasium sowol> als später auf dem Joachimsthalscheu, an welches er 1820 übergetreten war; als aber hier seine, wie es schien, sichere Hoffnung auf das Directorat gescheitert war, verließ er die Laufbahn eines Gymnasiallehrers, in der er auf das Rühmlichste gewirkt hatte, grollend für immer. Eine akademische Wirksamkeit öffnete sich ihm in Kiel, aber er konnte sich nicht recht entschließen, die Heimath zu verlassen; der Biograph vergleicht ihn bei dieser Gelegenheit, Gott weiß warum, mit Sokrates, dem seine Freunde zur Flucht riethen, der er aber ohne Bedenken selbst den ungerechtesten Tod vorziehen zu müssen glaubte. Aber wie sollte er uicht seinen Schwiegervater bei einer unpassenden Gelegenheit mit Sokrates vergleichen, da er unsere Lieute¬ nants für Staatsmänner ansteht? Bis dahin war nämlich Zumpt Feldherr der Schüler gewesen, jetzt wurde er Lehrer an der Kriegsschule, Bildner künftiger Feldherren — denen Hr. Zumpt jun. im Vorbeigehen nicht unterläßt das Com- pliment politischer Reife zu machen, die sich durch scheinbare, aber der Wahr¬ heit und der Natur fremde Meinungen uicht fangen lassen, in die Diejenigen leicht verfallen, die ihre Wissenschaft ans Büchern schöpfen, aber sich nicht praktisch am Staatswesen, wie diese jugendlichen Krieger, betheiligen; — an dieser Stelle wenigstens scheint uns der Weihrauch gegen das tapfere Kriegs¬ heer verschwendet, da wol nicht Viele sich, Dank sei es der weisen Einrichtung des Herrn Z,, finden werden, die ihn sich hier aufsuchen — haben sie dessen ja auch schou so viel erhalten, daß es ihnen nach gerade selbst zum Ueberdrusse geworden sein muß. Zuerst zeigte er sich trotz dieser angeblichen politischen Reife der Herren Kriegsschüler, an die 1826 gewiß noch kein Mensch gedacht hat, und trotz der aller¬ dings nicht zu verkennenden Schwierigkeit, die die militärischen Kenntnisse seiner Zög¬ linge ihm beim Vortrage der Geschichte darboten, der bis dahin nnr gegen gramma¬ tische Windmühlen gekämpft, auch dieser Stellung gewachsen. Bald fügte er ihr auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/467>, abgerufen am 27.07.2024.