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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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Metalls an Schärfe verlieren wird, wogegen durch eben diesen Einfluß der Lust
die Sculptur an Ruhe des Eindrucks noch gewinnen muß.

Erlauben Sie mir, an dieser Stelle eine kleine Berichtigung und Ergänzung
meiner frühern Schilderung einzuschieben. Von den Reliefs, welche zwischen den
allegorischen Eckfignren die Wände der obern Abtheilung des Postaments be¬
decken, ließ ich eines unerwähnt, und brachte ein anderes, die Verklärung des
abgeschiedenen Friedrich, an eine falsche Stelle. Das Letztere befindet sich nicht
an der Vorderseite, sondern an der Rückseite. Vorn sehen wir den König auf
einer Brnnnenröhre sitzen und mit seinem Krückstock Schlachtpläne in den Sand
zeichnen. Das Motiv zu dieser Darstellung ist von einer Situation nach der
unglücklichen Schlacht bei Kollin hergenommen, die Benutzung appellirt an eine
allgemeinere Deutung, und will die dornenvolle Bahn überhaupt bezeichnen, welche
der gekrönte Feldherr unter zahllosen Mühen und Anstrengungen zu durchmessen
hatte. Möge dies kleine Relief der Gegenwart die große Lehre geben, daß dauernde
Erfolge in der Geschichte nur durch beharrlichen und unermüdlichen Kampf, uur
durch harte Entbehrungen und Opfer vom Genuß des Lebens errungen werden!
Im flachen Hintergründe zieht, wie eine Prophetin des endlichen Sieges, als
Viston gedacht, die Neitergestalt Friedrichs im Costum eines antiken Helden vor¬
über. Pallas geht gewappnet vor ihm her und Nike folgt mit dem Lorbeerkranz,
den sie ans das Haupt des Siegers drückt, und mit der Friedenspalme.

Das Friedrichs-Denkmal hat eine siebzigjährige Geschichte. Verschiedene Um¬
stände und Zufälle aller Art mußten mitwirken, um es in seiner jetzigen Gestalt
entstehen zu lassen, um für den Würdigsten das Würdigste zu bilden.

Bereits im Jahre 1779, gleich nach Beendigung des Bairischen Erbfolge¬
krieges, regte sich in der Berliner Garnison der Wunsch, ihrem königlichen Feld¬
herrn ein Denkmal zu errichten, ähnlich dem des großen Kurfürsten ans der langen
Brücke. Der Bildhauer Tassart fertigte ein Modell und entwarf die Kosten¬
anschläge. Das Modell stellte den König zu Pferde dar, wenig portraitartig. An
den vier Ecken des Piedestals waren die Figuren des Mars, der Minerva, des
Herkules und der Thenus angebracht, auf der vordem Fläche das Preußische Wappen,
unter welchem die Worte standen: nardi et Nusis äileelus. Der damalige Gouverneur
von Berlin, General Möllendorf, hielt es für angemessen, dem Könige im Namen der
Armee das Vorhaben zu melden. Friedrich aber erwiderte, es sei eine schickliche
Sitte, dein Feldherrn nicht während seines Lebens, sondern nach seinem Tode
ein Denkmal zu errichten.

Als der große König gestorben war, ging zuerst die Provinz Pommern mit
ehrenvollen Beispiel voran. Der Minister von Herzberg, ein geborner Pommer,
erließ an seine Landsleute einen Aufruf zur Errichtung eines Friedrichs-Deuünals,
und die allgemeine Zustimmung der Provinz bethätigte sich in zahlreichen und
bedeutenden Beiträgen. Die Ausführung wurde Gottfried Schadow übertragen,


Metalls an Schärfe verlieren wird, wogegen durch eben diesen Einfluß der Lust
die Sculptur an Ruhe des Eindrucks noch gewinnen muß.

Erlauben Sie mir, an dieser Stelle eine kleine Berichtigung und Ergänzung
meiner frühern Schilderung einzuschieben. Von den Reliefs, welche zwischen den
allegorischen Eckfignren die Wände der obern Abtheilung des Postaments be¬
decken, ließ ich eines unerwähnt, und brachte ein anderes, die Verklärung des
abgeschiedenen Friedrich, an eine falsche Stelle. Das Letztere befindet sich nicht
an der Vorderseite, sondern an der Rückseite. Vorn sehen wir den König auf
einer Brnnnenröhre sitzen und mit seinem Krückstock Schlachtpläne in den Sand
zeichnen. Das Motiv zu dieser Darstellung ist von einer Situation nach der
unglücklichen Schlacht bei Kollin hergenommen, die Benutzung appellirt an eine
allgemeinere Deutung, und will die dornenvolle Bahn überhaupt bezeichnen, welche
der gekrönte Feldherr unter zahllosen Mühen und Anstrengungen zu durchmessen
hatte. Möge dies kleine Relief der Gegenwart die große Lehre geben, daß dauernde
Erfolge in der Geschichte nur durch beharrlichen und unermüdlichen Kampf, uur
durch harte Entbehrungen und Opfer vom Genuß des Lebens errungen werden!
Im flachen Hintergründe zieht, wie eine Prophetin des endlichen Sieges, als
Viston gedacht, die Neitergestalt Friedrichs im Costum eines antiken Helden vor¬
über. Pallas geht gewappnet vor ihm her und Nike folgt mit dem Lorbeerkranz,
den sie ans das Haupt des Siegers drückt, und mit der Friedenspalme.

Das Friedrichs-Denkmal hat eine siebzigjährige Geschichte. Verschiedene Um¬
stände und Zufälle aller Art mußten mitwirken, um es in seiner jetzigen Gestalt
entstehen zu lassen, um für den Würdigsten das Würdigste zu bilden.

Bereits im Jahre 1779, gleich nach Beendigung des Bairischen Erbfolge¬
krieges, regte sich in der Berliner Garnison der Wunsch, ihrem königlichen Feld¬
herrn ein Denkmal zu errichten, ähnlich dem des großen Kurfürsten ans der langen
Brücke. Der Bildhauer Tassart fertigte ein Modell und entwarf die Kosten¬
anschläge. Das Modell stellte den König zu Pferde dar, wenig portraitartig. An
den vier Ecken des Piedestals waren die Figuren des Mars, der Minerva, des
Herkules und der Thenus angebracht, auf der vordem Fläche das Preußische Wappen,
unter welchem die Worte standen: nardi et Nusis äileelus. Der damalige Gouverneur
von Berlin, General Möllendorf, hielt es für angemessen, dem Könige im Namen der
Armee das Vorhaben zu melden. Friedrich aber erwiderte, es sei eine schickliche
Sitte, dein Feldherrn nicht während seines Lebens, sondern nach seinem Tode
ein Denkmal zu errichten.

Als der große König gestorben war, ging zuerst die Provinz Pommern mit
ehrenvollen Beispiel voran. Der Minister von Herzberg, ein geborner Pommer,
erließ an seine Landsleute einen Aufruf zur Errichtung eines Friedrichs-Deuünals,
und die allgemeine Zustimmung der Provinz bethätigte sich in zahlreichen und
bedeutenden Beiträgen. Die Ausführung wurde Gottfried Schadow übertragen,


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[0435] Metalls an Schärfe verlieren wird, wogegen durch eben diesen Einfluß der Lust die Sculptur an Ruhe des Eindrucks noch gewinnen muß. Erlauben Sie mir, an dieser Stelle eine kleine Berichtigung und Ergänzung meiner frühern Schilderung einzuschieben. Von den Reliefs, welche zwischen den allegorischen Eckfignren die Wände der obern Abtheilung des Postaments be¬ decken, ließ ich eines unerwähnt, und brachte ein anderes, die Verklärung des abgeschiedenen Friedrich, an eine falsche Stelle. Das Letztere befindet sich nicht an der Vorderseite, sondern an der Rückseite. Vorn sehen wir den König auf einer Brnnnenröhre sitzen und mit seinem Krückstock Schlachtpläne in den Sand zeichnen. Das Motiv zu dieser Darstellung ist von einer Situation nach der unglücklichen Schlacht bei Kollin hergenommen, die Benutzung appellirt an eine allgemeinere Deutung, und will die dornenvolle Bahn überhaupt bezeichnen, welche der gekrönte Feldherr unter zahllosen Mühen und Anstrengungen zu durchmessen hatte. Möge dies kleine Relief der Gegenwart die große Lehre geben, daß dauernde Erfolge in der Geschichte nur durch beharrlichen und unermüdlichen Kampf, uur durch harte Entbehrungen und Opfer vom Genuß des Lebens errungen werden! Im flachen Hintergründe zieht, wie eine Prophetin des endlichen Sieges, als Viston gedacht, die Neitergestalt Friedrichs im Costum eines antiken Helden vor¬ über. Pallas geht gewappnet vor ihm her und Nike folgt mit dem Lorbeerkranz, den sie ans das Haupt des Siegers drückt, und mit der Friedenspalme. Das Friedrichs-Denkmal hat eine siebzigjährige Geschichte. Verschiedene Um¬ stände und Zufälle aller Art mußten mitwirken, um es in seiner jetzigen Gestalt entstehen zu lassen, um für den Würdigsten das Würdigste zu bilden. Bereits im Jahre 1779, gleich nach Beendigung des Bairischen Erbfolge¬ krieges, regte sich in der Berliner Garnison der Wunsch, ihrem königlichen Feld¬ herrn ein Denkmal zu errichten, ähnlich dem des großen Kurfürsten ans der langen Brücke. Der Bildhauer Tassart fertigte ein Modell und entwarf die Kosten¬ anschläge. Das Modell stellte den König zu Pferde dar, wenig portraitartig. An den vier Ecken des Piedestals waren die Figuren des Mars, der Minerva, des Herkules und der Thenus angebracht, auf der vordem Fläche das Preußische Wappen, unter welchem die Worte standen: nardi et Nusis äileelus. Der damalige Gouverneur von Berlin, General Möllendorf, hielt es für angemessen, dem Könige im Namen der Armee das Vorhaben zu melden. Friedrich aber erwiderte, es sei eine schickliche Sitte, dein Feldherrn nicht während seines Lebens, sondern nach seinem Tode ein Denkmal zu errichten. Als der große König gestorben war, ging zuerst die Provinz Pommern mit ehrenvollen Beispiel voran. Der Minister von Herzberg, ein geborner Pommer, erließ an seine Landsleute einen Aufruf zur Errichtung eines Friedrichs-Deuünals, und die allgemeine Zustimmung der Provinz bethätigte sich in zahlreichen und bedeutenden Beiträgen. Die Ausführung wurde Gottfried Schadow übertragen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/435>, abgerufen am 27.07.2024.