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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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bäumte Gejage uphüürt." Sein Wunsch sollte bald erfüllt werden, wenige Augen¬
blicke darauf war die Batterie im heftigsten Feuer den Dänen gegenüber. Wie
immer hat Hans-Peter mit der größten Ruhe nud Pünktlichkeit, gleich als
stände er auf dem Exercierplatz, sein Geschütz bedient.

Bei dem Ausfall der Dänen aus Friedericia hat Hans-Peter die Schanze,
in der die Geschütze standen, bis zuletzt vertheidigt. Als dieselbe endlich vor der
zu großen feindlichen Uebermacht von den Schleswig-Holsteinern geräumt werden
mußte, hat er im letzten Augenblick noch Kanonen unbrauchbar machen helfen,
und dann langsamen Schrittes, einen mächtigen Wischer in der Hand, seinen
Rückzug angetreten. Kaum ist er aus der Schanze gewesen, so hat er zu seinem
Schrecken bemerkt, daß er seinen Brodbentel, in dem auch die Butterdose war,
vergessen habe. Diesen Schatz im Stich zu lassen, konnte Hans-Peter nicht über
das Herz bringen, er lief in die Schanze zurück, das erste und letzte Mal, daß
seine Kameraden ihn aus freien Stücken in einer andern Gangart als dem ge¬
messensten Schritt gesehen haben, schlug eiuen Dänen, der mit dem Bajonnet auf
ihn eindrang, mit dem Wischer nieder, nahm seinen Brodsack und trabte damit
zu den Seinen wieder zurück. Obgleich die Dänen ihm mehrere Kugeln nach¬
schickten, von denen eine ihm die Spitze seiner Pickelhaube abgerissen hat, so war
es ihm doch geglückt seinen Willen zu erreichen.

Wie ich "Hans-Peter" darauf wieder sah , war es bei dem Einzuge, den im
Herbst seine Batterie in eine kleine wohlhabende Schleswig-Holsteinische Stadt
hielt, in der sie den Winter über garnisvniren sollte. Mit Freuden und Ehren¬
bezeugungen aller Art, bei denen sich besonders das schöne Geschlecht auszeich¬
nete, wurden die tapfern Krieger empfangen. Kränze, von zarten Händen ge¬
wunden, schmückten die Helme derselben, und selbst die Zugpferde der Batterie
waren mit Blumen aufgeputzt worden. Hans-Peter, von dem man erfahren
hatte, daß er mit bei Eckernförde gefochten, war der Gegenstand allgemeiner
Huldigung gewesen. Ein Lorbeerkranz schmückte seine Pickelhaube, ein sinnig
gewundener großer Blumenkranz mit wehenden Bändern hing ihm um die Brust.
Der Undankbare wußte alle diese Aufmerksamkeiten nicht im Mindesten zu wür¬
digen; mit einem so brummigen Gesicht, wie es ungefähr der Fastnachtsochse,
wenn man ihn blmnengeschnuickt in Paris zum letzten Gang herumführt, machen
muß, schritt er mürrisch daher. "Das ist ja ein schöner Putz, Hans-Peter, den
Ihr habt," redete ich ihn an.

"Wat sall ick mit dat oll Dreck, rieth wie luuter Blomentüüch, wenn da4
noch cuc Roulle Toback wier, denn harr man doch noch wat davon" antwortete
er verdrießlich.

Den Winter über hat Hans-Peter daheim seinen friedlichen Beschäftigungen,
die im Arbeiten an den Deichen der Dithmarsischen Marschgegenden bestanden,
obgelegen, beim Ausbruch des Krieges im Sommer 50 war er aber wieder


bäumte Gejage uphüürt." Sein Wunsch sollte bald erfüllt werden, wenige Augen¬
blicke darauf war die Batterie im heftigsten Feuer den Dänen gegenüber. Wie
immer hat Hans-Peter mit der größten Ruhe nud Pünktlichkeit, gleich als
stände er auf dem Exercierplatz, sein Geschütz bedient.

Bei dem Ausfall der Dänen aus Friedericia hat Hans-Peter die Schanze,
in der die Geschütze standen, bis zuletzt vertheidigt. Als dieselbe endlich vor der
zu großen feindlichen Uebermacht von den Schleswig-Holsteinern geräumt werden
mußte, hat er im letzten Augenblick noch Kanonen unbrauchbar machen helfen,
und dann langsamen Schrittes, einen mächtigen Wischer in der Hand, seinen
Rückzug angetreten. Kaum ist er aus der Schanze gewesen, so hat er zu seinem
Schrecken bemerkt, daß er seinen Brodbentel, in dem auch die Butterdose war,
vergessen habe. Diesen Schatz im Stich zu lassen, konnte Hans-Peter nicht über
das Herz bringen, er lief in die Schanze zurück, das erste und letzte Mal, daß
seine Kameraden ihn aus freien Stücken in einer andern Gangart als dem ge¬
messensten Schritt gesehen haben, schlug eiuen Dänen, der mit dem Bajonnet auf
ihn eindrang, mit dem Wischer nieder, nahm seinen Brodsack und trabte damit
zu den Seinen wieder zurück. Obgleich die Dänen ihm mehrere Kugeln nach¬
schickten, von denen eine ihm die Spitze seiner Pickelhaube abgerissen hat, so war
es ihm doch geglückt seinen Willen zu erreichen.

Wie ich „Hans-Peter" darauf wieder sah , war es bei dem Einzuge, den im
Herbst seine Batterie in eine kleine wohlhabende Schleswig-Holsteinische Stadt
hielt, in der sie den Winter über garnisvniren sollte. Mit Freuden und Ehren¬
bezeugungen aller Art, bei denen sich besonders das schöne Geschlecht auszeich¬
nete, wurden die tapfern Krieger empfangen. Kränze, von zarten Händen ge¬
wunden, schmückten die Helme derselben, und selbst die Zugpferde der Batterie
waren mit Blumen aufgeputzt worden. Hans-Peter, von dem man erfahren
hatte, daß er mit bei Eckernförde gefochten, war der Gegenstand allgemeiner
Huldigung gewesen. Ein Lorbeerkranz schmückte seine Pickelhaube, ein sinnig
gewundener großer Blumenkranz mit wehenden Bändern hing ihm um die Brust.
Der Undankbare wußte alle diese Aufmerksamkeiten nicht im Mindesten zu wür¬
digen; mit einem so brummigen Gesicht, wie es ungefähr der Fastnachtsochse,
wenn man ihn blmnengeschnuickt in Paris zum letzten Gang herumführt, machen
muß, schritt er mürrisch daher. „Das ist ja ein schöner Putz, Hans-Peter, den
Ihr habt," redete ich ihn an.

„Wat sall ick mit dat oll Dreck, rieth wie luuter Blomentüüch, wenn da4
noch cuc Roulle Toback wier, denn harr man doch noch wat davon" antwortete
er verdrießlich.

Den Winter über hat Hans-Peter daheim seinen friedlichen Beschäftigungen,
die im Arbeiten an den Deichen der Dithmarsischen Marschgegenden bestanden,
obgelegen, beim Ausbruch des Krieges im Sommer 50 war er aber wieder


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/241>, abgerufen am 27.07.2024.