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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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gab, trotz des Hrn. Kolb aus Speier im Finanzausschusse, ihre finanziellen Be¬
denken vollends der anerkannten Geschäftstüchtigkeit des Finanzministers vertrauens¬
voll anheim. Es ist auch genugsam bekannt, mit welcher Geschicklichkeit Hr.
Aschenbrenner die bedenklichen Zustände deö Bayerschen Aiuauzwescns seit 1849
geleitet hat. Ob man seinem System beistimmen mag, das freilich ist eine andere
Frage. Allein, wenn man dieses System billigt, so kann man ihm sicherlich die
größte Anerkennung nicht versagen.

Auch der Minister des Krieges, Herr Lüders, ist eigentlich ein ganz gemüth¬
licher Mann, obgleich es ihm selbst die Kammer der Wahl von 1849 einiger¬
maßen übel nahm, daß er immer in voller Generalsuniform seinen Platz am
Ministertisch einnahm. Man hatte zu jener Zeit noch einen gewissen Widerwillen
gegen Epanlettenglanz und Säbelgeklirr in berathenden Versammlungen. Unter¬
dessen hat sich jedoch mit den Begcisterungsrestm jener Zeit auch diese nebst
""deren Abneigungen gründlich verlieren müssen, und'so bemerkt man's heute kaum
mehr. Herr Lüders war bekanntlich Stadtcommandant von München, von jeher
hoch geschätzt als Jngenienrosficier, in den Militairvcrwaltungsbnreaus geachtet
wegen der Klarheit seiner schriftlichen Arbeiten. Als Herr v. Lesnire, sein Vor¬
gänger, dem Aerger gewisser Kreise über die Versäumnisse in der Pfalz zum
Opfer fallen mußte, da behauptete man, die Erwählung des Herrn Lüders sei
dadurch begründet worden, daß er gegen die rein geistige, durchaus von keinem
""Kern Exceß begleitete Aufregung der Residenz fortwährend alle Vorkehrungen
des Barncadenkriegs getroffen hatte. Bekanntlich mußten diese nebst einem facti-
schen, wenn anch nur in der Pfalz ausgesprochenen Knegsznstande des Landes
(anßer in Altbayern) über die Gebühr lange fortgesetzt werden. Die verheißenen
Reductionen deö Personalbestandes der Armee, natürlich anch der Armecanögaben,
blieben aus, und selbst die Kammer vou 1849 wagte gegen das übermäßige
Kriegsbudget eine zähe Opposition. Dies bot parlamentarische Kämpfe. Allein,
so ruhmvoll auch die Armee des Reiches in Hessen ihre Fahnen gegen Preußen
entfaltete, so triumphirend auch die Bulletins von Brvnnzcll erklangen -- in der
Kanuner siegte der Chef des Kriegswesens niemals durch parlamentarische Ueber-
legenheit. Herr Lüders schrieb sich stets gewissenhaft die trockenen Antworten auf
etwaige Interpellationen auf, und las sie ebeu so gewissenhaft in vollkommen ver¬
ständlichen, urbayerischcm Dialekt herunter. Aber selbst die wenigen Emleitnngs-
und Schlußworte las er, denn frei zu sprechen ist ihm nnn einmal nicht gegeben.
Wahrscheinlich wäre das Kriegsdepartemeut uicht ein einziges Mal zu einem
parlamentarischen Siege oder nnr zu dessen Präliminarien gekommen, wenn nicht
sprachfertigere Ministerialräthe hier und da eine Vermittelung gefunden, und die
""gSunl fortschreitende Uebermacht deö Militairabsvlutiömns überhaupt jede parla¬
mentarisch^ Einehe in das Kriegswesen illusorisch gemacht hätte. Bekanntlich"klärte ja anch der Landtagsabschied von 18L0 kurz und rund, über den Ver-


gab, trotz des Hrn. Kolb aus Speier im Finanzausschusse, ihre finanziellen Be¬
denken vollends der anerkannten Geschäftstüchtigkeit des Finanzministers vertrauens¬
voll anheim. Es ist auch genugsam bekannt, mit welcher Geschicklichkeit Hr.
Aschenbrenner die bedenklichen Zustände deö Bayerschen Aiuauzwescns seit 1849
geleitet hat. Ob man seinem System beistimmen mag, das freilich ist eine andere
Frage. Allein, wenn man dieses System billigt, so kann man ihm sicherlich die
größte Anerkennung nicht versagen.

Auch der Minister des Krieges, Herr Lüders, ist eigentlich ein ganz gemüth¬
licher Mann, obgleich es ihm selbst die Kammer der Wahl von 1849 einiger¬
maßen übel nahm, daß er immer in voller Generalsuniform seinen Platz am
Ministertisch einnahm. Man hatte zu jener Zeit noch einen gewissen Widerwillen
gegen Epanlettenglanz und Säbelgeklirr in berathenden Versammlungen. Unter¬
dessen hat sich jedoch mit den Begcisterungsrestm jener Zeit auch diese nebst
«"deren Abneigungen gründlich verlieren müssen, und'so bemerkt man's heute kaum
mehr. Herr Lüders war bekanntlich Stadtcommandant von München, von jeher
hoch geschätzt als Jngenienrosficier, in den Militairvcrwaltungsbnreaus geachtet
wegen der Klarheit seiner schriftlichen Arbeiten. Als Herr v. Lesnire, sein Vor¬
gänger, dem Aerger gewisser Kreise über die Versäumnisse in der Pfalz zum
Opfer fallen mußte, da behauptete man, die Erwählung des Herrn Lüders sei
dadurch begründet worden, daß er gegen die rein geistige, durchaus von keinem
«»Kern Exceß begleitete Aufregung der Residenz fortwährend alle Vorkehrungen
des Barncadenkriegs getroffen hatte. Bekanntlich mußten diese nebst einem facti-
schen, wenn anch nur in der Pfalz ausgesprochenen Knegsznstande des Landes
(anßer in Altbayern) über die Gebühr lange fortgesetzt werden. Die verheißenen
Reductionen deö Personalbestandes der Armee, natürlich anch der Armecanögaben,
blieben aus, und selbst die Kammer vou 1849 wagte gegen das übermäßige
Kriegsbudget eine zähe Opposition. Dies bot parlamentarische Kämpfe. Allein,
so ruhmvoll auch die Armee des Reiches in Hessen ihre Fahnen gegen Preußen
entfaltete, so triumphirend auch die Bulletins von Brvnnzcll erklangen — in der
Kanuner siegte der Chef des Kriegswesens niemals durch parlamentarische Ueber-
legenheit. Herr Lüders schrieb sich stets gewissenhaft die trockenen Antworten auf
etwaige Interpellationen auf, und las sie ebeu so gewissenhaft in vollkommen ver¬
ständlichen, urbayerischcm Dialekt herunter. Aber selbst die wenigen Emleitnngs-
und Schlußworte las er, denn frei zu sprechen ist ihm nnn einmal nicht gegeben.
Wahrscheinlich wäre das Kriegsdepartemeut uicht ein einziges Mal zu einem
parlamentarischen Siege oder nnr zu dessen Präliminarien gekommen, wenn nicht
sprachfertigere Ministerialräthe hier und da eine Vermittelung gefunden, und die
"»gSunl fortschreitende Uebermacht deö Militairabsvlutiömns überhaupt jede parla¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/67>, abgerufen am 23.07.2024.