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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Später zog er sich fast ausschließlich auf sein Departement zurück; da stand er
in seiner herben Weise fest, wenn er anch nicht immer glänzend siegte.

Hr. v. Kleinschrod war während der Dauer des 18i8 gewählten Landtags, an-
ßer Hru> v. der Pfordten, der einzige Minister, welcher als entschiedener Vorfechter
des Systems auftrat. Eine Erklärung dieses Umstandes lag zum Theil in den Pfäl¬
zischen Zuständen, worüber er Bericht erstattete, und woran sich fortwährend De¬
batten knüpften, denen er sich nicht entziehen konnte. Dagegen saß der Minister
des Innern, Hr. v. Forster, augenscheinlich immer in der verlegenen Bangigkeit
vor möglicher Verlegenheit ans seinem Platze. Er ist übrigens, so viel wir "us
erinnern, nnr zweimal zum Brechen seines Schweigens genöthigt gewesen, n"d
noch dazu bei untergeordneten Fragen. Dies war für seine parlamentarische Rolle
jedenfalls vorteilhaft; denn es mangelte ihm an allem äußern Zeug zu ihrer
Durchführung. Der anerkannt treffliche Privatmann hatte schon das Malheur, wie
eine dürre DuodezauSgabe des StaatShämvrrhoidarius aus deu fliegenden Blättern
zu erscheine", nur von milderem Ausdruck im Antlitz, und von Sprechbegabuug, oder
gar vou rhetorischen Geschick konnte wirklich nie Etwas erspäht werde". Im Publi-
cum galt er, trotz und vielleicht wegen seiner Schweigsamkeit, für das einzige
Element des KrouralheS, welches den kategorischen Meinungen des Hrn. v. der
Pfordten eine selbstständige Ansicht entgegenzustellen wage. ' Dies genügte z"
jener Zeit vollkommen, um gegen ihn am Wenigsten die Pfeile des Mißtrauens
und Widerwillens zu schleudern. Selbst auf Hru. v. Zwehl, seinen baldigen
Nachfolger, einen zwar jüngern, aber kränklichen Mann, fiel dieselbe Erbschaft
der öffentlichen Gunst, wenn man es so nennen will, aus denselben Gründe".
Ja, nachdem von Hrn. v. Forster schon verlautet hatte, daß er deshalb aus dem
Ministerium geschieden sei, weil Hr. v. der Pfordten Maßregeln der innern
Verwaltung gefordert habe, die mit den Programmen seit 18i8 in Widerspruch
ständen, wiederholte sich das Gerücht von der nämlichen Absicht des Hrn. v.
Zwehl wegen derselben Gründe wenige Wochen nach dessen Amtsantritt. Später
freilich schien auch er sich, mehr aus allgemeinen Gründen und auf Andrängen von
außen her, als aus innerer Ueberzeugung, der miuisterpräsideutllchen Autorität
vollständig gefügt zu habe". Aber- noch bis in die neueste Zeit gingen bei ein¬
zelnen, vornämlich durch Hru. v. der Pfordten veranlaßten Maßregeln und Ma߬
regelungen verschiedene Erzählungen davon durch das Publicum, daß Hr.
Zwehl deren "gouvernementalen Ermessen und Bedenken" gegenüber einige",
wenn schon erfolglosen Kampf für das Gesetz versucht habe. Ju deu parlamenta¬
rischen Kampf ist er eigentlich niemals eingetreten; schon deshalb nicht, weil (1"^)
die Kammer wegen gewisser Maßregeln seines Departements keine Interpellationen
oder sonstigen Anträge mehr wagte, "ud außerdem nicht, weil von den ans das Mini-
sterium des Innern fallenden Neorganisativnöperheißuugen noch bis hente die wenigste"
anch nnr cutwursöwcisc erfüllt wurden. Und von der Vertretung des eigentliche"


Später zog er sich fast ausschließlich auf sein Departement zurück; da stand er
in seiner herben Weise fest, wenn er anch nicht immer glänzend siegte.

Hr. v. Kleinschrod war während der Dauer des 18i8 gewählten Landtags, an-
ßer Hru> v. der Pfordten, der einzige Minister, welcher als entschiedener Vorfechter
des Systems auftrat. Eine Erklärung dieses Umstandes lag zum Theil in den Pfäl¬
zischen Zuständen, worüber er Bericht erstattete, und woran sich fortwährend De¬
batten knüpften, denen er sich nicht entziehen konnte. Dagegen saß der Minister
des Innern, Hr. v. Forster, augenscheinlich immer in der verlegenen Bangigkeit
vor möglicher Verlegenheit ans seinem Platze. Er ist übrigens, so viel wir »us
erinnern, nnr zweimal zum Brechen seines Schweigens genöthigt gewesen, n»d
noch dazu bei untergeordneten Fragen. Dies war für seine parlamentarische Rolle
jedenfalls vorteilhaft; denn es mangelte ihm an allem äußern Zeug zu ihrer
Durchführung. Der anerkannt treffliche Privatmann hatte schon das Malheur, wie
eine dürre DuodezauSgabe des StaatShämvrrhoidarius aus deu fliegenden Blättern
zu erscheine», nur von milderem Ausdruck im Antlitz, und von Sprechbegabuug, oder
gar vou rhetorischen Geschick konnte wirklich nie Etwas erspäht werde». Im Publi-
cum galt er, trotz und vielleicht wegen seiner Schweigsamkeit, für das einzige
Element des KrouralheS, welches den kategorischen Meinungen des Hrn. v. der
Pfordten eine selbstständige Ansicht entgegenzustellen wage. ' Dies genügte z»
jener Zeit vollkommen, um gegen ihn am Wenigsten die Pfeile des Mißtrauens
und Widerwillens zu schleudern. Selbst auf Hru. v. Zwehl, seinen baldigen
Nachfolger, einen zwar jüngern, aber kränklichen Mann, fiel dieselbe Erbschaft
der öffentlichen Gunst, wenn man es so nennen will, aus denselben Gründe».
Ja, nachdem von Hrn. v. Forster schon verlautet hatte, daß er deshalb aus dem
Ministerium geschieden sei, weil Hr. v. der Pfordten Maßregeln der innern
Verwaltung gefordert habe, die mit den Programmen seit 18i8 in Widerspruch
ständen, wiederholte sich das Gerücht von der nämlichen Absicht des Hrn. v.
Zwehl wegen derselben Gründe wenige Wochen nach dessen Amtsantritt. Später
freilich schien auch er sich, mehr aus allgemeinen Gründen und auf Andrängen von
außen her, als aus innerer Ueberzeugung, der miuisterpräsideutllchen Autorität
vollständig gefügt zu habe». Aber- noch bis in die neueste Zeit gingen bei ein¬
zelnen, vornämlich durch Hru. v. der Pfordten veranlaßten Maßregeln und Ma߬
regelungen verschiedene Erzählungen davon durch das Publicum, daß Hr.
Zwehl deren „gouvernementalen Ermessen und Bedenken" gegenüber einige»,
wenn schon erfolglosen Kampf für das Gesetz versucht habe. Ju deu parlamenta¬
rischen Kampf ist er eigentlich niemals eingetreten; schon deshalb nicht, weil (1«^)
die Kammer wegen gewisser Maßregeln seines Departements keine Interpellationen
oder sonstigen Anträge mehr wagte, »ud außerdem nicht, weil von den ans das Mini-
sterium des Innern fallenden Neorganisativnöperheißuugen noch bis hente die wenigste"
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/64>, abgerufen am 26.08.2024.