Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

notabene, hinter ihm steht der Dudlei, der ein excellenter Bauchredner ist. Der
Dndlei also spricht mit eiuer anguommenen fremden Stimm, und der Kossuth
macht dazu die nöthigen Gsichter und Gberden, bis ihm der Schweiß auf der
Stirn steht; die 30,000 besoffner Engelländer auf dem Platz sein bald in die
abscheulichsten Kossuthiaucr verwandelt, und wälzen sich im Schlamm einer quasi¬
liberalen Gsiunung mit Frack und Glacehandschuhen. Der Andrä aber hat ans
London den französischen Wuudcrkoch Soyer kommen lassen, um durch ein leckeres
Niescnsouper dö Sympathien zu nähren. So ist der ungrische Banknotenfabri¬
kant ein britischer Löw worden. Ueberall, wo der Kossuth mit dem Dndlei seine
Komödie zum Besten geben hat, in Birmingham, Manchester, London und Win¬
chester, sein der Soher -- auf Andrä's Beutel -- voraus, und 6000 bis K000
Faß Barclay hinterdrein gfahrcn? Verstehens? So fabriciren die engellschen
Krämerseelen die Gsinnnung gegen die Religion und ein Allerhöchstes Kaiserhaus.

Aber mit dem Kossuth offen und persönlich anzubandeln, und ihn nach Car-
ton-house oder Dvwning-street einzuladen, dös hat sich der Lord Feuerbrand doch
nicht gtrant, weil er gwußt hat, daß der Jörgl ihn scharf bobachten thut. Dagegen
krieg ich ein Tag von Cardinal Weiseman sein Gheimschrciber die Notiz, daß am
selbigen Abend in Gore-House eine heimliche Verschwörung sein wird. Gorc-
house, dös ist die Weinwirthschaft von Monsieur Soyer, so ne Art Londoner
Elysium. Aha, denk ich, pfeift der Wind von da? Wer den Abend bei Soyer
eine Flasche Champagner trinkt für 6 Fi. 30 (ohne Agio) dös ist der Jörgl.
Und richtig, Punkt Mitternacht kommt die ganze Schwefelbande angerückt, setzt
sich still in eiuen Winkel, trinkt in einer schrecklichen Hast drei Booten Punsch,
und fangt ganz verdächtig mit nander zu wispern an. Drauf zieht Einer nachw
Andern eine blutrothe Cravat aus der Taschen und bird sie um; dös, mein ich,
ist das Signal g'wesen. Recht deutlich hab ich den Kossuth, den Norge, den
Dudlei, den Mazzini und den Nollinio Furioso gsehn. Nach einer Weil tritt
der Tausenan, dick und gspreizt, zur Thür herein, und Armin Arm mit ihm ^ wer
mciucus? -- der leibhaftige Herr v. Lord Palmerston! Alle Stehens natürlich
auf und machen Krcchfüß, bis Se. Lordschaft sich oben an gscht hat und ein
Zahnstocher rauözieht -- dös ist so seine Manier -- und damit vornehm ZU
stochern anfängt, derweil die Andern ihre höllischen Projecten vor ihm auskramen-
Dabei Habens immer noch Staat grebe, aber ans denen Gberden hat man
die lebensgefährlichen Ausdruck errathen können. Endlich nimmt der Tansena"
einige Document heraus; die werdeu unterschrieben und dem Lord greicht; der
liest selbige still für sich und nickt immer herablassend ans den Kossuth. Nu"
müssens wissen, dös Hauptdocumcnt ist ein Conttact gwesen, woraus der
Thatbestand den Kossuth seine schwarzen Seelen auf ewige Zeiten an den Pr""'
ger stellt. Darin macht sich der Erz-Palmerston verbindlich, den Kossuth 'M
Gewalt oder List als Dictator von Oestreich und König von Ungarn anzuerkennen'


notabene, hinter ihm steht der Dudlei, der ein excellenter Bauchredner ist. Der
Dndlei also spricht mit eiuer anguommenen fremden Stimm, und der Kossuth
macht dazu die nöthigen Gsichter und Gberden, bis ihm der Schweiß auf der
Stirn steht; die 30,000 besoffner Engelländer auf dem Platz sein bald in die
abscheulichsten Kossuthiaucr verwandelt, und wälzen sich im Schlamm einer quasi¬
liberalen Gsiunung mit Frack und Glacehandschuhen. Der Andrä aber hat ans
London den französischen Wuudcrkoch Soyer kommen lassen, um durch ein leckeres
Niescnsouper dö Sympathien zu nähren. So ist der ungrische Banknotenfabri¬
kant ein britischer Löw worden. Ueberall, wo der Kossuth mit dem Dndlei seine
Komödie zum Besten geben hat, in Birmingham, Manchester, London und Win¬
chester, sein der Soher — auf Andrä's Beutel — voraus, und 6000 bis K000
Faß Barclay hinterdrein gfahrcn? Verstehens? So fabriciren die engellschen
Krämerseelen die Gsinnnung gegen die Religion und ein Allerhöchstes Kaiserhaus.

Aber mit dem Kossuth offen und persönlich anzubandeln, und ihn nach Car-
ton-house oder Dvwning-street einzuladen, dös hat sich der Lord Feuerbrand doch
nicht gtrant, weil er gwußt hat, daß der Jörgl ihn scharf bobachten thut. Dagegen
krieg ich ein Tag von Cardinal Weiseman sein Gheimschrciber die Notiz, daß am
selbigen Abend in Gore-House eine heimliche Verschwörung sein wird. Gorc-
house, dös ist die Weinwirthschaft von Monsieur Soyer, so ne Art Londoner
Elysium. Aha, denk ich, pfeift der Wind von da? Wer den Abend bei Soyer
eine Flasche Champagner trinkt für 6 Fi. 30 (ohne Agio) dös ist der Jörgl.
Und richtig, Punkt Mitternacht kommt die ganze Schwefelbande angerückt, setzt
sich still in eiuen Winkel, trinkt in einer schrecklichen Hast drei Booten Punsch,
und fangt ganz verdächtig mit nander zu wispern an. Drauf zieht Einer nachw
Andern eine blutrothe Cravat aus der Taschen und bird sie um; dös, mein ich,
ist das Signal g'wesen. Recht deutlich hab ich den Kossuth, den Norge, den
Dudlei, den Mazzini und den Nollinio Furioso gsehn. Nach einer Weil tritt
der Tausenan, dick und gspreizt, zur Thür herein, und Armin Arm mit ihm ^ wer
mciucus? — der leibhaftige Herr v. Lord Palmerston! Alle Stehens natürlich
auf und machen Krcchfüß, bis Se. Lordschaft sich oben an gscht hat und ein
Zahnstocher rauözieht — dös ist so seine Manier — und damit vornehm ZU
stochern anfängt, derweil die Andern ihre höllischen Projecten vor ihm auskramen-
Dabei Habens immer noch Staat grebe, aber ans denen Gberden hat man
die lebensgefährlichen Ausdruck errathen können. Endlich nimmt der Tansena»
einige Document heraus; die werdeu unterschrieben und dem Lord greicht; der
liest selbige still für sich und nickt immer herablassend ans den Kossuth. Nu"
müssens wissen, dös Hauptdocumcnt ist ein Conttact gwesen, woraus der
Thatbestand den Kossuth seine schwarzen Seelen auf ewige Zeiten an den Pr"»'
ger stellt. Darin macht sich der Erz-Palmerston verbindlich, den Kossuth 'M
Gewalt oder List als Dictator von Oestreich und König von Ungarn anzuerkennen'


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0478" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281095"/>
          <p xml:id="ID_1356" prev="#ID_1355"> notabene, hinter ihm steht der Dudlei, der ein excellenter Bauchredner ist. Der<lb/>
Dndlei also spricht mit eiuer anguommenen fremden Stimm, und der Kossuth<lb/>
macht dazu die nöthigen Gsichter und Gberden, bis ihm der Schweiß auf der<lb/>
Stirn steht; die 30,000 besoffner Engelländer auf dem Platz sein bald in die<lb/>
abscheulichsten Kossuthiaucr verwandelt, und wälzen sich im Schlamm einer quasi¬<lb/>
liberalen Gsiunung mit Frack und Glacehandschuhen. Der Andrä aber hat ans<lb/>
London den französischen Wuudcrkoch Soyer kommen lassen, um durch ein leckeres<lb/>
Niescnsouper dö Sympathien zu nähren. So ist der ungrische Banknotenfabri¬<lb/>
kant ein britischer Löw worden. Ueberall, wo der Kossuth mit dem Dndlei seine<lb/>
Komödie zum Besten geben hat, in Birmingham, Manchester, London und Win¬<lb/>
chester, sein der Soher &#x2014; auf Andrä's Beutel &#x2014; voraus, und 6000 bis K000<lb/>
Faß Barclay hinterdrein gfahrcn? Verstehens? So fabriciren die engellschen<lb/>
Krämerseelen die Gsinnnung gegen die Religion und ein Allerhöchstes Kaiserhaus.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1357" next="#ID_1358"> Aber mit dem Kossuth offen und persönlich anzubandeln, und ihn nach Car-<lb/>
ton-house oder Dvwning-street einzuladen, dös hat sich der Lord Feuerbrand doch<lb/>
nicht gtrant, weil er gwußt hat, daß der Jörgl ihn scharf bobachten thut. Dagegen<lb/>
krieg ich ein Tag von Cardinal Weiseman sein Gheimschrciber die Notiz, daß am<lb/>
selbigen Abend in Gore-House eine heimliche Verschwörung sein wird. Gorc-<lb/>
house, dös ist die Weinwirthschaft von Monsieur Soyer, so ne Art Londoner<lb/>
Elysium. Aha, denk ich, pfeift der Wind von da? Wer den Abend bei Soyer<lb/>
eine Flasche Champagner trinkt für 6 Fi. 30 (ohne Agio) dös ist der Jörgl.<lb/>
Und richtig, Punkt Mitternacht kommt die ganze Schwefelbande angerückt, setzt<lb/>
sich still in eiuen Winkel, trinkt in einer schrecklichen Hast drei Booten Punsch,<lb/>
und fangt ganz verdächtig mit nander zu wispern an. Drauf zieht Einer nachw<lb/>
Andern eine blutrothe Cravat aus der Taschen und bird sie um; dös, mein ich,<lb/>
ist das Signal g'wesen. Recht deutlich hab ich den Kossuth, den Norge, den<lb/>
Dudlei, den Mazzini und den Nollinio Furioso gsehn. Nach einer Weil tritt<lb/>
der Tausenan, dick und gspreizt, zur Thür herein, und Armin Arm mit ihm ^ wer<lb/>
mciucus? &#x2014; der leibhaftige Herr v. Lord Palmerston! Alle Stehens natürlich<lb/>
auf und machen Krcchfüß, bis Se. Lordschaft sich oben an gscht hat und ein<lb/>
Zahnstocher rauözieht &#x2014; dös ist so seine Manier &#x2014; und damit vornehm ZU<lb/>
stochern anfängt, derweil die Andern ihre höllischen Projecten vor ihm auskramen-<lb/>
Dabei Habens immer noch Staat grebe, aber ans denen Gberden hat man<lb/>
die lebensgefährlichen Ausdruck errathen können. Endlich nimmt der Tansena»<lb/>
einige Document heraus; die werdeu unterschrieben und dem Lord greicht; der<lb/>
liest selbige still für sich und nickt immer herablassend ans den Kossuth. Nu"<lb/>
müssens wissen, dös Hauptdocumcnt ist ein Conttact gwesen, woraus der<lb/>
Thatbestand den Kossuth seine schwarzen Seelen auf ewige Zeiten an den Pr"»'<lb/>
ger stellt. Darin macht sich der Erz-Palmerston verbindlich, den Kossuth 'M<lb/>
Gewalt oder List als Dictator von Oestreich und König von Ungarn anzuerkennen'</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0478] notabene, hinter ihm steht der Dudlei, der ein excellenter Bauchredner ist. Der Dndlei also spricht mit eiuer anguommenen fremden Stimm, und der Kossuth macht dazu die nöthigen Gsichter und Gberden, bis ihm der Schweiß auf der Stirn steht; die 30,000 besoffner Engelländer auf dem Platz sein bald in die abscheulichsten Kossuthiaucr verwandelt, und wälzen sich im Schlamm einer quasi¬ liberalen Gsiunung mit Frack und Glacehandschuhen. Der Andrä aber hat ans London den französischen Wuudcrkoch Soyer kommen lassen, um durch ein leckeres Niescnsouper dö Sympathien zu nähren. So ist der ungrische Banknotenfabri¬ kant ein britischer Löw worden. Ueberall, wo der Kossuth mit dem Dndlei seine Komödie zum Besten geben hat, in Birmingham, Manchester, London und Win¬ chester, sein der Soher — auf Andrä's Beutel — voraus, und 6000 bis K000 Faß Barclay hinterdrein gfahrcn? Verstehens? So fabriciren die engellschen Krämerseelen die Gsinnnung gegen die Religion und ein Allerhöchstes Kaiserhaus. Aber mit dem Kossuth offen und persönlich anzubandeln, und ihn nach Car- ton-house oder Dvwning-street einzuladen, dös hat sich der Lord Feuerbrand doch nicht gtrant, weil er gwußt hat, daß der Jörgl ihn scharf bobachten thut. Dagegen krieg ich ein Tag von Cardinal Weiseman sein Gheimschrciber die Notiz, daß am selbigen Abend in Gore-House eine heimliche Verschwörung sein wird. Gorc- house, dös ist die Weinwirthschaft von Monsieur Soyer, so ne Art Londoner Elysium. Aha, denk ich, pfeift der Wind von da? Wer den Abend bei Soyer eine Flasche Champagner trinkt für 6 Fi. 30 (ohne Agio) dös ist der Jörgl. Und richtig, Punkt Mitternacht kommt die ganze Schwefelbande angerückt, setzt sich still in eiuen Winkel, trinkt in einer schrecklichen Hast drei Booten Punsch, und fangt ganz verdächtig mit nander zu wispern an. Drauf zieht Einer nachw Andern eine blutrothe Cravat aus der Taschen und bird sie um; dös, mein ich, ist das Signal g'wesen. Recht deutlich hab ich den Kossuth, den Norge, den Dudlei, den Mazzini und den Nollinio Furioso gsehn. Nach einer Weil tritt der Tausenan, dick und gspreizt, zur Thür herein, und Armin Arm mit ihm ^ wer mciucus? — der leibhaftige Herr v. Lord Palmerston! Alle Stehens natürlich auf und machen Krcchfüß, bis Se. Lordschaft sich oben an gscht hat und ein Zahnstocher rauözieht — dös ist so seine Manier — und damit vornehm ZU stochern anfängt, derweil die Andern ihre höllischen Projecten vor ihm auskramen- Dabei Habens immer noch Staat grebe, aber ans denen Gberden hat man die lebensgefährlichen Ausdruck errathen können. Endlich nimmt der Tansena» einige Document heraus; die werdeu unterschrieben und dem Lord greicht; der liest selbige still für sich und nickt immer herablassend ans den Kossuth. Nu" müssens wissen, dös Hauptdocumcnt ist ein Conttact gwesen, woraus der Thatbestand den Kossuth seine schwarzen Seelen auf ewige Zeiten an den Pr"»' ger stellt. Darin macht sich der Erz-Palmerston verbindlich, den Kossuth 'M Gewalt oder List als Dictator von Oestreich und König von Ungarn anzuerkennen'

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/478
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/478>, abgerufen am 23.07.2024.