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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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der hannöverschen Artillerie, die hierin am besten in ganz Deutschland ausge¬
stattet ist, dann der preußischen Gardcartillerie und der mecklenburgischen, sind sie
freilich nicht. Für längere Marsche im Kriege dürsten K Pferde vor dem 12-
Pfünder auch zu wenig sein. Die Reitpferde dcrUntervsstciere, Officiere und Trom¬
peter bei sämmtlichen Batterien, so wie der Mannschaft der reitenden Artillerie
sind kleine, nicht sehr gewandte, aber doch starke Thiere, ungefähr von dem Schlage,
wie sie die Chasseurs-Regimenter erhalten. Das Geschirr und Sattelzeug ist
sehr gut, nnr fällt es deutschen Angen ans, daß die Handpferde keine Sättel tra¬
gen, um, wie in Deutschland der Fall, bei schnellen Bewegungen einen Artille¬
risten mit aufnehmen zu können. Zweckmäßig ist dagegen die Einrichtung, daß
die Pferde der Unterofficiere, Trompeter und berittenen Artilleristen größtentheils
Sielenblätter an den Sätteln tragen, um sie nöthigenfalls an die. Stelle erschos¬
sener Zugpferde mir einspannen zu können. Solch Manöver wird beim Exer-
ciren bisweilen geübt, auch werden zerbrochene Räder aufgesteckt, die rasch durch
die Reserveräder ersetzt werden müsse"; oder man fährt absichtlich in sumpfigen
Stellen, oder aus stellen Abhängen, oder ähnlichen schwer passirbaren Plätzen, um
die Mannschaft darin zu üben, den Geschützen bei derartigen Gelegenheiten die
nöthige Hilfe schnell und sicher zu leisten. Auch bei der Artillerie herrscht das
Bestreben, alles Praktische über das blos Glänzende, den eigentlichen Dienst im
Felde über das Parademäßigc zu stellen. Aus diesem Grunde wird viel auf
schnelles und dabei sicheres Schießen gesehen, und die theoretische Unterweisung
der Mannschaft in den ihnen nothwendigen Kenntnissen nicht versäumt. Für die
Ofsteiere sind Gelegenheiten zur weitern Ausbildung in den verschiedenen Fächern
des höhern Artilleriedienstcs genug vorhanden, und wird das Streben derselben
nach Erlangung derartiger Kenntnisse auf jede Weise begünstigt. Wie viel Mit¬
tel einem großen Staate wie Frankreich in seinen Arsenälen, Geschützgießcreicn,
Laboratorien, Militairschuleu u. s. w. im Verhältniß zu denen unsrer meisten
deutschen Contingente zu Gebote stehen, zeigt sich gerade hierbei recht dentlich.

Die Uniform der Artilleristen besteht in kurzen dunkelblauen Collets mit rothen
Aufschläge", Passepoils und Epauletts mit Franzen, wie die Grenadiere der In¬
fanterie tragen, und dunkelblauen weiten Pantalons mit handbreiten rothem Streif.
Die Kopfbedeckung ist ein Käppis, fast dem bei der Infanterie gleich, bei der Pa¬
rade mit rothen Fangschnüren, sonst aber mit einem Ueberzug von schwarzem
Wachstaffet versehen. Die reitenden Artilleristen tragen einen langen Schlepp-
säbel an weißem Ledergurt, die Fußartilleristen eben so einen kurzen geraden Hirsch¬
fänger in einer Stahlschcide. Letztere führen auch uoch eiuen kurzen Carabiner,
den sie bei der Bedienung der Geschütze über den Rücken hängen. Diese Ein¬
richtung, die Fnßartilleristen zu ihrer speciellen Vertheidigung auch noch mit Ka¬
rabinern zu bewaffnen, findet man, so weit uus bekannt, bei keiner deutschen Ar¬
tillerie mehr. Ueber die Zweckmäßigkeit derselben ist schon viel gestritten worden.


der hannöverschen Artillerie, die hierin am besten in ganz Deutschland ausge¬
stattet ist, dann der preußischen Gardcartillerie und der mecklenburgischen, sind sie
freilich nicht. Für längere Marsche im Kriege dürsten K Pferde vor dem 12-
Pfünder auch zu wenig sein. Die Reitpferde dcrUntervsstciere, Officiere und Trom¬
peter bei sämmtlichen Batterien, so wie der Mannschaft der reitenden Artillerie
sind kleine, nicht sehr gewandte, aber doch starke Thiere, ungefähr von dem Schlage,
wie sie die Chasseurs-Regimenter erhalten. Das Geschirr und Sattelzeug ist
sehr gut, nnr fällt es deutschen Angen ans, daß die Handpferde keine Sättel tra¬
gen, um, wie in Deutschland der Fall, bei schnellen Bewegungen einen Artille¬
risten mit aufnehmen zu können. Zweckmäßig ist dagegen die Einrichtung, daß
die Pferde der Unterofficiere, Trompeter und berittenen Artilleristen größtentheils
Sielenblätter an den Sätteln tragen, um sie nöthigenfalls an die. Stelle erschos¬
sener Zugpferde mir einspannen zu können. Solch Manöver wird beim Exer-
ciren bisweilen geübt, auch werden zerbrochene Räder aufgesteckt, die rasch durch
die Reserveräder ersetzt werden müsse»; oder man fährt absichtlich in sumpfigen
Stellen, oder aus stellen Abhängen, oder ähnlichen schwer passirbaren Plätzen, um
die Mannschaft darin zu üben, den Geschützen bei derartigen Gelegenheiten die
nöthige Hilfe schnell und sicher zu leisten. Auch bei der Artillerie herrscht das
Bestreben, alles Praktische über das blos Glänzende, den eigentlichen Dienst im
Felde über das Parademäßigc zu stellen. Aus diesem Grunde wird viel auf
schnelles und dabei sicheres Schießen gesehen, und die theoretische Unterweisung
der Mannschaft in den ihnen nothwendigen Kenntnissen nicht versäumt. Für die
Ofsteiere sind Gelegenheiten zur weitern Ausbildung in den verschiedenen Fächern
des höhern Artilleriedienstcs genug vorhanden, und wird das Streben derselben
nach Erlangung derartiger Kenntnisse auf jede Weise begünstigt. Wie viel Mit¬
tel einem großen Staate wie Frankreich in seinen Arsenälen, Geschützgießcreicn,
Laboratorien, Militairschuleu u. s. w. im Verhältniß zu denen unsrer meisten
deutschen Contingente zu Gebote stehen, zeigt sich gerade hierbei recht dentlich.

Die Uniform der Artilleristen besteht in kurzen dunkelblauen Collets mit rothen
Aufschläge», Passepoils und Epauletts mit Franzen, wie die Grenadiere der In¬
fanterie tragen, und dunkelblauen weiten Pantalons mit handbreiten rothem Streif.
Die Kopfbedeckung ist ein Käppis, fast dem bei der Infanterie gleich, bei der Pa¬
rade mit rothen Fangschnüren, sonst aber mit einem Ueberzug von schwarzem
Wachstaffet versehen. Die reitenden Artilleristen tragen einen langen Schlepp-
säbel an weißem Ledergurt, die Fußartilleristen eben so einen kurzen geraden Hirsch¬
fänger in einer Stahlschcide. Letztere führen auch uoch eiuen kurzen Carabiner,
den sie bei der Bedienung der Geschütze über den Rücken hängen. Diese Ein¬
richtung, die Fnßartilleristen zu ihrer speciellen Vertheidigung auch noch mit Ka¬
rabinern zu bewaffnen, findet man, so weit uus bekannt, bei keiner deutschen Ar¬
tillerie mehr. Ueber die Zweckmäßigkeit derselben ist schon viel gestritten worden.


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[0456] der hannöverschen Artillerie, die hierin am besten in ganz Deutschland ausge¬ stattet ist, dann der preußischen Gardcartillerie und der mecklenburgischen, sind sie freilich nicht. Für längere Marsche im Kriege dürsten K Pferde vor dem 12- Pfünder auch zu wenig sein. Die Reitpferde dcrUntervsstciere, Officiere und Trom¬ peter bei sämmtlichen Batterien, so wie der Mannschaft der reitenden Artillerie sind kleine, nicht sehr gewandte, aber doch starke Thiere, ungefähr von dem Schlage, wie sie die Chasseurs-Regimenter erhalten. Das Geschirr und Sattelzeug ist sehr gut, nnr fällt es deutschen Angen ans, daß die Handpferde keine Sättel tra¬ gen, um, wie in Deutschland der Fall, bei schnellen Bewegungen einen Artille¬ risten mit aufnehmen zu können. Zweckmäßig ist dagegen die Einrichtung, daß die Pferde der Unterofficiere, Trompeter und berittenen Artilleristen größtentheils Sielenblätter an den Sätteln tragen, um sie nöthigenfalls an die. Stelle erschos¬ sener Zugpferde mir einspannen zu können. Solch Manöver wird beim Exer- ciren bisweilen geübt, auch werden zerbrochene Räder aufgesteckt, die rasch durch die Reserveräder ersetzt werden müsse»; oder man fährt absichtlich in sumpfigen Stellen, oder aus stellen Abhängen, oder ähnlichen schwer passirbaren Plätzen, um die Mannschaft darin zu üben, den Geschützen bei derartigen Gelegenheiten die nöthige Hilfe schnell und sicher zu leisten. Auch bei der Artillerie herrscht das Bestreben, alles Praktische über das blos Glänzende, den eigentlichen Dienst im Felde über das Parademäßigc zu stellen. Aus diesem Grunde wird viel auf schnelles und dabei sicheres Schießen gesehen, und die theoretische Unterweisung der Mannschaft in den ihnen nothwendigen Kenntnissen nicht versäumt. Für die Ofsteiere sind Gelegenheiten zur weitern Ausbildung in den verschiedenen Fächern des höhern Artilleriedienstcs genug vorhanden, und wird das Streben derselben nach Erlangung derartiger Kenntnisse auf jede Weise begünstigt. Wie viel Mit¬ tel einem großen Staate wie Frankreich in seinen Arsenälen, Geschützgießcreicn, Laboratorien, Militairschuleu u. s. w. im Verhältniß zu denen unsrer meisten deutschen Contingente zu Gebote stehen, zeigt sich gerade hierbei recht dentlich. Die Uniform der Artilleristen besteht in kurzen dunkelblauen Collets mit rothen Aufschläge», Passepoils und Epauletts mit Franzen, wie die Grenadiere der In¬ fanterie tragen, und dunkelblauen weiten Pantalons mit handbreiten rothem Streif. Die Kopfbedeckung ist ein Käppis, fast dem bei der Infanterie gleich, bei der Pa¬ rade mit rothen Fangschnüren, sonst aber mit einem Ueberzug von schwarzem Wachstaffet versehen. Die reitenden Artilleristen tragen einen langen Schlepp- säbel an weißem Ledergurt, die Fußartilleristen eben so einen kurzen geraden Hirsch¬ fänger in einer Stahlschcide. Letztere führen auch uoch eiuen kurzen Carabiner, den sie bei der Bedienung der Geschütze über den Rücken hängen. Diese Ein¬ richtung, die Fnßartilleristen zu ihrer speciellen Vertheidigung auch noch mit Ka¬ rabinern zu bewaffnen, findet man, so weit uus bekannt, bei keiner deutschen Ar¬ tillerie mehr. Ueber die Zweckmäßigkeit derselben ist schon viel gestritten worden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/456>, abgerufen am 23.07.2024.