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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Nächst dem Marschiren sucht man die Soldaten auch im Bayonnetfechten und
in anderen körperlichen Uebungen möglichst auszubilden. In wenigen deutschen
Heercstheilen werden Soldaten und Officiere fortwährend so beschäftigt. Da
die Dienstzeit aller Soldaten 6 Jahre beträgt, von denen sie mindestens
i--i'/2 fortwährend unter den Waffen sind, so kann man freilich eine sehr tüch¬
tige Ausbildung von ihnen erhalten.

Hoher noch, als die so tüchtige Infanterie, steht im französischen Heere die Ar¬
tillerie. Man befolgt gerade das Gegentheil vieler deutschen Contingente,
in denen die Artillerie noch immer nicht recht für voll angesehen wird, da in dein
Officiercorps derselben die meisten Bürgerlichen dienen. Ein Gardeeavalcric-
Officier glaubt vielfach bei uns in Deutschland, weit höher zu stehen, als
ein bürgerlicher Artillericvfficier, da er mehr Ahnen, dieser nur mehr
Kenntnisse besitzt. Selbst das Jahr 48 hat in dieser Hinsicht in den meisten
deutschen Staaten noch nicht viel geändert. In Frankreich ist das Gegentheil
der Fall, und man merkt es der Artillerie in ihrem ganzen Auftreten noch jetzt
an, daß sie das Nest ist, aus welchem Napoleon zur Sonne flog. Auch muß
der Officier, der Unterofficier und Soldat bei der Artillerie ungleich mehr Kennt¬
nisse besitzen, als bei der Infanterie und Cavalerie unumgänglich nothwendig sind,
und dies schon giebt ihm bei den Franzosen, die Geist und Kenntnisse in allen
Lebensweisen zu schätzen wissen, ein Uebergewicht. Die Artillerie hat unter den
Conseribirten zuerst das Aussuchen, und sucht sich stets große, starke und dabei
gewandte Leute aus, besonders viele Handwerker: Tischler, Schlosser, Schmiede,
Eisenarbeiter aller Art, auch Markthelfer, Fuhrleute, Canalschiffcr, welche rasch
und gewandt mit großen Lasten umzugehen wissen. Die Officiere derselben sind
gebildete Leute, die größteutheils auch sonst gute Erziehung genossen haben, viele
Zöglinge der "(-auto miNimr-z" oder des polytechnischen Instituts in Paris. Die
französische Artillerie ist formirt in 10 Regimenter zu 12 Fuß- und 3 reitenden
Batterien, und i Regimenter zu 12 Fuß- und 2 reitenden Batterien, zählt also
4 68 Fuß- und 38 .reitende Batterien, die Batterie zu 8 Geschützen. Außer die¬
ser Feldartillerie ist eine zahlreiche FestnngSartillcrie vorhanden; die Pontonnicrs
bilden in -12 Compagnien das -Is. Artilleriercgimcnt, und sind ganz gleich den
übrigen Artilleristen uuiformirt. Für den Traiupark bestehen 6 Schwadronen, jede
M 8 Compagnien getheilt.

Das Caliber der Mehrzahl der französischen Feldgeschütze ist -I2pfüudig, und
giebt ihnen diese Schwere ein Uebergewicht gegen die vielen (Minder, die man
in den meisten deutschen Contingenten noch hat. Die Geschütze selbst sind von
Bronze und trefflich gegossen, auch die grau angestrichene Lafettirnng derselben
ist tüchtig, wenn auch nicht sonderlich elegant. Die Bespannung der Geschütze
besteht in 6 starken gedrungenen Pferden der Landesrace, die von 3 Fahrartillc-
ristcn geführt werden. So elegant und werthvoll, wie die Zug- und Reitpferde


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Nächst dem Marschiren sucht man die Soldaten auch im Bayonnetfechten und
in anderen körperlichen Uebungen möglichst auszubilden. In wenigen deutschen
Heercstheilen werden Soldaten und Officiere fortwährend so beschäftigt. Da
die Dienstzeit aller Soldaten 6 Jahre beträgt, von denen sie mindestens
i—i'/2 fortwährend unter den Waffen sind, so kann man freilich eine sehr tüch¬
tige Ausbildung von ihnen erhalten.

Hoher noch, als die so tüchtige Infanterie, steht im französischen Heere die Ar¬
tillerie. Man befolgt gerade das Gegentheil vieler deutschen Contingente,
in denen die Artillerie noch immer nicht recht für voll angesehen wird, da in dein
Officiercorps derselben die meisten Bürgerlichen dienen. Ein Gardeeavalcric-
Officier glaubt vielfach bei uns in Deutschland, weit höher zu stehen, als
ein bürgerlicher Artillericvfficier, da er mehr Ahnen, dieser nur mehr
Kenntnisse besitzt. Selbst das Jahr 48 hat in dieser Hinsicht in den meisten
deutschen Staaten noch nicht viel geändert. In Frankreich ist das Gegentheil
der Fall, und man merkt es der Artillerie in ihrem ganzen Auftreten noch jetzt
an, daß sie das Nest ist, aus welchem Napoleon zur Sonne flog. Auch muß
der Officier, der Unterofficier und Soldat bei der Artillerie ungleich mehr Kennt¬
nisse besitzen, als bei der Infanterie und Cavalerie unumgänglich nothwendig sind,
und dies schon giebt ihm bei den Franzosen, die Geist und Kenntnisse in allen
Lebensweisen zu schätzen wissen, ein Uebergewicht. Die Artillerie hat unter den
Conseribirten zuerst das Aussuchen, und sucht sich stets große, starke und dabei
gewandte Leute aus, besonders viele Handwerker: Tischler, Schlosser, Schmiede,
Eisenarbeiter aller Art, auch Markthelfer, Fuhrleute, Canalschiffcr, welche rasch
und gewandt mit großen Lasten umzugehen wissen. Die Officiere derselben sind
gebildete Leute, die größteutheils auch sonst gute Erziehung genossen haben, viele
Zöglinge der „(-auto miNimr-z" oder des polytechnischen Instituts in Paris. Die
französische Artillerie ist formirt in 10 Regimenter zu 12 Fuß- und 3 reitenden
Batterien, und i Regimenter zu 12 Fuß- und 2 reitenden Batterien, zählt also
4 68 Fuß- und 38 .reitende Batterien, die Batterie zu 8 Geschützen. Außer die¬
ser Feldartillerie ist eine zahlreiche FestnngSartillcrie vorhanden; die Pontonnicrs
bilden in -12 Compagnien das -Is. Artilleriercgimcnt, und sind ganz gleich den
übrigen Artilleristen uuiformirt. Für den Traiupark bestehen 6 Schwadronen, jede
M 8 Compagnien getheilt.

Das Caliber der Mehrzahl der französischen Feldgeschütze ist -I2pfüudig, und
giebt ihnen diese Schwere ein Uebergewicht gegen die vielen (Minder, die man
in den meisten deutschen Contingenten noch hat. Die Geschütze selbst sind von
Bronze und trefflich gegossen, auch die grau angestrichene Lafettirnng derselben
ist tüchtig, wenn auch nicht sonderlich elegant. Die Bespannung der Geschütze
besteht in 6 starken gedrungenen Pferden der Landesrace, die von 3 Fahrartillc-
ristcn geführt werden. So elegant und werthvoll, wie die Zug- und Reitpferde


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[0455] Nächst dem Marschiren sucht man die Soldaten auch im Bayonnetfechten und in anderen körperlichen Uebungen möglichst auszubilden. In wenigen deutschen Heercstheilen werden Soldaten und Officiere fortwährend so beschäftigt. Da die Dienstzeit aller Soldaten 6 Jahre beträgt, von denen sie mindestens i—i'/2 fortwährend unter den Waffen sind, so kann man freilich eine sehr tüch¬ tige Ausbildung von ihnen erhalten. Hoher noch, als die so tüchtige Infanterie, steht im französischen Heere die Ar¬ tillerie. Man befolgt gerade das Gegentheil vieler deutschen Contingente, in denen die Artillerie noch immer nicht recht für voll angesehen wird, da in dein Officiercorps derselben die meisten Bürgerlichen dienen. Ein Gardeeavalcric- Officier glaubt vielfach bei uns in Deutschland, weit höher zu stehen, als ein bürgerlicher Artillericvfficier, da er mehr Ahnen, dieser nur mehr Kenntnisse besitzt. Selbst das Jahr 48 hat in dieser Hinsicht in den meisten deutschen Staaten noch nicht viel geändert. In Frankreich ist das Gegentheil der Fall, und man merkt es der Artillerie in ihrem ganzen Auftreten noch jetzt an, daß sie das Nest ist, aus welchem Napoleon zur Sonne flog. Auch muß der Officier, der Unterofficier und Soldat bei der Artillerie ungleich mehr Kennt¬ nisse besitzen, als bei der Infanterie und Cavalerie unumgänglich nothwendig sind, und dies schon giebt ihm bei den Franzosen, die Geist und Kenntnisse in allen Lebensweisen zu schätzen wissen, ein Uebergewicht. Die Artillerie hat unter den Conseribirten zuerst das Aussuchen, und sucht sich stets große, starke und dabei gewandte Leute aus, besonders viele Handwerker: Tischler, Schlosser, Schmiede, Eisenarbeiter aller Art, auch Markthelfer, Fuhrleute, Canalschiffcr, welche rasch und gewandt mit großen Lasten umzugehen wissen. Die Officiere derselben sind gebildete Leute, die größteutheils auch sonst gute Erziehung genossen haben, viele Zöglinge der „(-auto miNimr-z" oder des polytechnischen Instituts in Paris. Die französische Artillerie ist formirt in 10 Regimenter zu 12 Fuß- und 3 reitenden Batterien, und i Regimenter zu 12 Fuß- und 2 reitenden Batterien, zählt also 4 68 Fuß- und 38 .reitende Batterien, die Batterie zu 8 Geschützen. Außer die¬ ser Feldartillerie ist eine zahlreiche FestnngSartillcrie vorhanden; die Pontonnicrs bilden in -12 Compagnien das -Is. Artilleriercgimcnt, und sind ganz gleich den übrigen Artilleristen uuiformirt. Für den Traiupark bestehen 6 Schwadronen, jede M 8 Compagnien getheilt. Das Caliber der Mehrzahl der französischen Feldgeschütze ist -I2pfüudig, und giebt ihnen diese Schwere ein Uebergewicht gegen die vielen (Minder, die man in den meisten deutschen Contingenten noch hat. Die Geschütze selbst sind von Bronze und trefflich gegossen, auch die grau angestrichene Lafettirnng derselben ist tüchtig, wenn auch nicht sonderlich elegant. Die Bespannung der Geschütze besteht in 6 starken gedrungenen Pferden der Landesrace, die von 3 Fahrartillc- ristcn geführt werden. So elegant und werthvoll, wie die Zug- und Reitpferde !>7*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/455>, abgerufen am 23.07.2024.