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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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stehen, wenn nur die Intervalle der einzelnen Züge und Compagnien richtig ein¬
gehalten werden, und beim Einschwenken derselben auch nicht die kleinste Zöge-
rung oder Irrung entsteht. nascht sehr rasch muß'bei den Franzosen Alles ge¬
hen, gezögert, gefehlt darf nie werden, und der Ofstcier wie Soldat, der auch
nur um eine Secunde zu spät, selbst bei dem verwickeltsten Manöver, an seineu
Platz käme, oder gar denselben nicht zu finden wüßte, würde eine schwere Strafe
erhalten. Ob der Anblick parademäßig ist, das nimmt uur den zweiten Rang,
bei der Beurtheilung ein. Sehr viel wird bei der französischen Infanterie tirail-
lirt, und man sieht streng darauf, daß alle Soldaten zu, raschen und gewandte"
Tirailleuren ausgebildet werden. Die natürlichen Anlagen der Franzosen kommen
hierbei sehr gut zu Statten, und wir glauben, daß keine Infanterie des Kontinents die
französische Infanterie in raschem und gewandtem Tirailliren erreicht, zumal in
Benutzung der natürlichen Deckungen und im raschen geordneten Sammeln im
Gliede. Ich sah bei Uebungen und vor dem Feind verschiedene französische Re¬
gimenter tiraillireu, aber nie kam ein wirres Umherlaufen einzelner Soldaten vor.
Nicht so sicher ist der Gebrauch der Feuerwaffe bei den Jnfanteristen, und die
meisten preußischen Regimenter werden hierin den Vorzug haben. Die Leute
sind zu lebhaft und hitzig, um ruhig und sicher zu zielen, und knallen vielfach vor¬
bei. Viel besser treffen die (!1u^8an-8 ^ Ma, die auch mehr im Schießen nach
der Scheibe geübt werden, mit ihren gezogenen Büchsen. Doch mochten die preu¬
ßischen, östreichischen und hannoverschen Jäger es in sicherm Treffen mit ihnen
sehr gut aufnehmen. Im raschen. Manövriren sind aber diese Chasseurs, die
durchgängig ans kleinen gewandten Leuten bestehen, bewundernswürdig ausgebildet,
und gewöhnt, ihre meisten Manöver in einem eigenthümlichen Laufschritt, der sehr
schnell fördert, auszuführen; sie können ihn lange aushalten, ohne zu ermüden.
Alle französische Infanterie wird beständig im schnellen und starken Marschiren
geübt, und anstrengende Uebnngsmärsche über Berg und Thal, bei Regen und
Sturm nehmen einen wichtigen Platz in dem ganzen militärischen Exercitium der¬
selben ein. Der gepackte Tornister wird stets bei diesen Märschen, wie beim Exer-
ciren und beim Beziehen der Wache, mitgenommen, und schon als Recrut gewöhnt
man den Soldaten daran, denselben immer zu tragen. Die zahlreichen und wei¬
ten Märsche, welche die französische Infanterie bei dem häufigen Garnisonwcchsel
der Regimenter machen muß, gewöhnen ebenfalls die Soldaten an die Strapaze"
und Beschwerden derselben. Diese große Marschgeübtheit halte ich sür eine"
sehr große" Vorzug, den die französische Infanterie z. B. vor der preußische"
und noch mehrerer kleinerer Staaten hat, deren Soldaten, die leichte Infanterie des
Königreichs Sachsen etwa ausgenommen, gerade hier viel zu wenig leisten könne",
wie in Baden und Holstein zu sehen war. Nur die östreichische Infanterie kau"
sich in diesem größten Erforderniß der modernen Kriegführung vollkommen der
französischen an die Seite stellen.


stehen, wenn nur die Intervalle der einzelnen Züge und Compagnien richtig ein¬
gehalten werden, und beim Einschwenken derselben auch nicht die kleinste Zöge-
rung oder Irrung entsteht. nascht sehr rasch muß'bei den Franzosen Alles ge¬
hen, gezögert, gefehlt darf nie werden, und der Ofstcier wie Soldat, der auch
nur um eine Secunde zu spät, selbst bei dem verwickeltsten Manöver, an seineu
Platz käme, oder gar denselben nicht zu finden wüßte, würde eine schwere Strafe
erhalten. Ob der Anblick parademäßig ist, das nimmt uur den zweiten Rang,
bei der Beurtheilung ein. Sehr viel wird bei der französischen Infanterie tirail-
lirt, und man sieht streng darauf, daß alle Soldaten zu, raschen und gewandte»
Tirailleuren ausgebildet werden. Die natürlichen Anlagen der Franzosen kommen
hierbei sehr gut zu Statten, und wir glauben, daß keine Infanterie des Kontinents die
französische Infanterie in raschem und gewandtem Tirailliren erreicht, zumal in
Benutzung der natürlichen Deckungen und im raschen geordneten Sammeln im
Gliede. Ich sah bei Uebungen und vor dem Feind verschiedene französische Re¬
gimenter tiraillireu, aber nie kam ein wirres Umherlaufen einzelner Soldaten vor.
Nicht so sicher ist der Gebrauch der Feuerwaffe bei den Jnfanteristen, und die
meisten preußischen Regimenter werden hierin den Vorzug haben. Die Leute
sind zu lebhaft und hitzig, um ruhig und sicher zu zielen, und knallen vielfach vor¬
bei. Viel besser treffen die (!1u^8an-8 ^ Ma, die auch mehr im Schießen nach
der Scheibe geübt werden, mit ihren gezogenen Büchsen. Doch mochten die preu¬
ßischen, östreichischen und hannoverschen Jäger es in sicherm Treffen mit ihnen
sehr gut aufnehmen. Im raschen. Manövriren sind aber diese Chasseurs, die
durchgängig ans kleinen gewandten Leuten bestehen, bewundernswürdig ausgebildet,
und gewöhnt, ihre meisten Manöver in einem eigenthümlichen Laufschritt, der sehr
schnell fördert, auszuführen; sie können ihn lange aushalten, ohne zu ermüden.
Alle französische Infanterie wird beständig im schnellen und starken Marschiren
geübt, und anstrengende Uebnngsmärsche über Berg und Thal, bei Regen und
Sturm nehmen einen wichtigen Platz in dem ganzen militärischen Exercitium der¬
selben ein. Der gepackte Tornister wird stets bei diesen Märschen, wie beim Exer-
ciren und beim Beziehen der Wache, mitgenommen, und schon als Recrut gewöhnt
man den Soldaten daran, denselben immer zu tragen. Die zahlreichen und wei¬
ten Märsche, welche die französische Infanterie bei dem häufigen Garnisonwcchsel
der Regimenter machen muß, gewöhnen ebenfalls die Soldaten an die Strapaze»
und Beschwerden derselben. Diese große Marschgeübtheit halte ich sür eine»
sehr große» Vorzug, den die französische Infanterie z. B. vor der preußische»
und noch mehrerer kleinerer Staaten hat, deren Soldaten, die leichte Infanterie des
Königreichs Sachsen etwa ausgenommen, gerade hier viel zu wenig leisten könne»,
wie in Baden und Holstein zu sehen war. Nur die östreichische Infanterie kau»
sich in diesem größten Erforderniß der modernen Kriegführung vollkommen der
französischen an die Seite stellen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/454>, abgerufen am 23.07.2024.