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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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scheinlich, daß durch die häufigen Unruhen und Kämpfe gegen das Eude der
Kaiserzeit der Genuß des Landlebens gestört und unsicher wurde, also auch die
Villen und Gärten verwilderten.

In dem rohen Zeitalter, welches der Zerstörung des römischen Reichs folgte, ver¬
schwanden die Gärten in Italien noch früher, als andere Werke der Kunst. Auch als
nach der Vermischung der nordischen Völker mit den Römern sich später das Ritter-
Wesen ausgebildet hatte, lag die Gartenkunst noch lange darnieder, und nur in
den Klöster" wurde sie hier und da neben den Wissenschaften kümmerlich gepflegt.
Diese Klostergarten hatten indeß nur wenig Spuren von Kunst, denn anßer
schattigen Baumgängen, welche einen kleinen vielleicht mit einem Springbrunnen
gezierten Raum einschlossen, sah man nur Nutzpflanzen, Arzneikräuter nud einige
Lieblingsblumen, wenn nicht botanische Studien die Mönche veranlaßten, größere
Pflanzensammluugeu anzulegen. Als mit der erneuter Cultur das Stu¬
dium der Klassiker allgemeiner wurde, und der Wohlstand zunahm, wurde
auch das Verlange" nach Gärten wieder rege, und es kaun nicht auffallen,
daß man in Ermangelung aller Vorbilder diejenigen nachzuahmen strebte,
von welchen Plinius in seinen berühmten Briefen eine Beschreibung hinterlassen
hatte. Die ersten Versuche, Gärten anzulegen, welche nur zum geistigen Genuß
^stimmt waren, fallen wahrscheinlich in das 13. Jahrhundert ; denn daß es im
^- Jahrhundert schon Ziergärten gegeben, beweist ein zu Anfang desselben ge¬
schriebenes Buch über den Landbau von Cresceuti, worin gesagt wird, daß die
Zarten ersten Ranges, welche den Fürsten gehören, anch einen Wildpark und
Vogelhäuser haben mußte", und das; die zweiten Ranges, den Patriciern gehörig,
Uebe" Blumen, Rasen nud Gebüsch die Wasserkünste nicht entbehren sollten,
^und aus den Erzählungen Boccaccio's läßt sich dies schließen, er beschreibt
Zarten mit Lauben, Springbrunnen, Statuen, Vasen und aufgestellten Blumen¬
töpfen. Die ersten Gärten, von denen bestimmte Nachrichten vorhanden sind,
^Wanden dnrch Lorenzo von Medicis (der Prächtige genannt) bei Florenz.
Diesem Beispiele folgten bald andere reiche Familien in Oberitalien, während in
^on noch ritterliche Barbarei ihr Wesen trieb. Noch mehr entfaltete sich die
Gartenkunst uuter dem Medicäer Cosmus >. von Florenz. Er ließ 1549 den
"och bestehenden Garten Boboli am Palast Pitti dnrch die Baumeister
^levia Braccini und Bernardo Buontalcnto in einem prachtvollen,
großartigen Style anlegen, der sich wenig von dem zwei Jahrhunderte später
^"geführten französischen unterscheidet; deun Boboli hatte lange Alleen, regel¬
mäßige Nasen- und Wasserstücke, Rasenrampen, regelmäßige Baumpflanzungen
"der Haine, Jrrgänge und andere Eigenthümlichkeiten der späteren sogenannten
^auzösischen Gärten. Ein solches Beispiel wirkte. Paul der Dritte legte am
Palast Farnese in Rom einen großen Garten an, der jedoch bald wieder zer¬
stört wurde; der prnnksnchtige und kunstliebende Herzog von Ferrara umgab seiue


scheinlich, daß durch die häufigen Unruhen und Kämpfe gegen das Eude der
Kaiserzeit der Genuß des Landlebens gestört und unsicher wurde, also auch die
Villen und Gärten verwilderten.

In dem rohen Zeitalter, welches der Zerstörung des römischen Reichs folgte, ver¬
schwanden die Gärten in Italien noch früher, als andere Werke der Kunst. Auch als
nach der Vermischung der nordischen Völker mit den Römern sich später das Ritter-
Wesen ausgebildet hatte, lag die Gartenkunst noch lange darnieder, und nur in
den Klöster» wurde sie hier und da neben den Wissenschaften kümmerlich gepflegt.
Diese Klostergarten hatten indeß nur wenig Spuren von Kunst, denn anßer
schattigen Baumgängen, welche einen kleinen vielleicht mit einem Springbrunnen
gezierten Raum einschlossen, sah man nur Nutzpflanzen, Arzneikräuter nud einige
Lieblingsblumen, wenn nicht botanische Studien die Mönche veranlaßten, größere
Pflanzensammluugeu anzulegen. Als mit der erneuter Cultur das Stu¬
dium der Klassiker allgemeiner wurde, und der Wohlstand zunahm, wurde
auch das Verlange» nach Gärten wieder rege, und es kaun nicht auffallen,
daß man in Ermangelung aller Vorbilder diejenigen nachzuahmen strebte,
von welchen Plinius in seinen berühmten Briefen eine Beschreibung hinterlassen
hatte. Die ersten Versuche, Gärten anzulegen, welche nur zum geistigen Genuß
^stimmt waren, fallen wahrscheinlich in das 13. Jahrhundert ; denn daß es im
^- Jahrhundert schon Ziergärten gegeben, beweist ein zu Anfang desselben ge¬
schriebenes Buch über den Landbau von Cresceuti, worin gesagt wird, daß die
Zarten ersten Ranges, welche den Fürsten gehören, anch einen Wildpark und
Vogelhäuser haben mußte», und das; die zweiten Ranges, den Patriciern gehörig,
Uebe» Blumen, Rasen nud Gebüsch die Wasserkünste nicht entbehren sollten,
^und aus den Erzählungen Boccaccio's läßt sich dies schließen, er beschreibt
Zarten mit Lauben, Springbrunnen, Statuen, Vasen und aufgestellten Blumen¬
töpfen. Die ersten Gärten, von denen bestimmte Nachrichten vorhanden sind,
^Wanden dnrch Lorenzo von Medicis (der Prächtige genannt) bei Florenz.
Diesem Beispiele folgten bald andere reiche Familien in Oberitalien, während in
^on noch ritterliche Barbarei ihr Wesen trieb. Noch mehr entfaltete sich die
Gartenkunst uuter dem Medicäer Cosmus >. von Florenz. Er ließ 1549 den
"och bestehenden Garten Boboli am Palast Pitti dnrch die Baumeister
^levia Braccini und Bernardo Buontalcnto in einem prachtvollen,
großartigen Style anlegen, der sich wenig von dem zwei Jahrhunderte später
^»geführten französischen unterscheidet; deun Boboli hatte lange Alleen, regel¬
mäßige Nasen- und Wasserstücke, Rasenrampen, regelmäßige Baumpflanzungen
"der Haine, Jrrgänge und andere Eigenthümlichkeiten der späteren sogenannten
^auzösischen Gärten. Ein solches Beispiel wirkte. Paul der Dritte legte am
Palast Farnese in Rom einen großen Garten an, der jedoch bald wieder zer¬
stört wurde; der prnnksnchtige und kunstliebende Herzog von Ferrara umgab seiue


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[0315] scheinlich, daß durch die häufigen Unruhen und Kämpfe gegen das Eude der Kaiserzeit der Genuß des Landlebens gestört und unsicher wurde, also auch die Villen und Gärten verwilderten. In dem rohen Zeitalter, welches der Zerstörung des römischen Reichs folgte, ver¬ schwanden die Gärten in Italien noch früher, als andere Werke der Kunst. Auch als nach der Vermischung der nordischen Völker mit den Römern sich später das Ritter- Wesen ausgebildet hatte, lag die Gartenkunst noch lange darnieder, und nur in den Klöster» wurde sie hier und da neben den Wissenschaften kümmerlich gepflegt. Diese Klostergarten hatten indeß nur wenig Spuren von Kunst, denn anßer schattigen Baumgängen, welche einen kleinen vielleicht mit einem Springbrunnen gezierten Raum einschlossen, sah man nur Nutzpflanzen, Arzneikräuter nud einige Lieblingsblumen, wenn nicht botanische Studien die Mönche veranlaßten, größere Pflanzensammluugeu anzulegen. Als mit der erneuter Cultur das Stu¬ dium der Klassiker allgemeiner wurde, und der Wohlstand zunahm, wurde auch das Verlange» nach Gärten wieder rege, und es kaun nicht auffallen, daß man in Ermangelung aller Vorbilder diejenigen nachzuahmen strebte, von welchen Plinius in seinen berühmten Briefen eine Beschreibung hinterlassen hatte. Die ersten Versuche, Gärten anzulegen, welche nur zum geistigen Genuß ^stimmt waren, fallen wahrscheinlich in das 13. Jahrhundert ; denn daß es im ^- Jahrhundert schon Ziergärten gegeben, beweist ein zu Anfang desselben ge¬ schriebenes Buch über den Landbau von Cresceuti, worin gesagt wird, daß die Zarten ersten Ranges, welche den Fürsten gehören, anch einen Wildpark und Vogelhäuser haben mußte», und das; die zweiten Ranges, den Patriciern gehörig, Uebe» Blumen, Rasen nud Gebüsch die Wasserkünste nicht entbehren sollten, ^und aus den Erzählungen Boccaccio's läßt sich dies schließen, er beschreibt Zarten mit Lauben, Springbrunnen, Statuen, Vasen und aufgestellten Blumen¬ töpfen. Die ersten Gärten, von denen bestimmte Nachrichten vorhanden sind, ^Wanden dnrch Lorenzo von Medicis (der Prächtige genannt) bei Florenz. Diesem Beispiele folgten bald andere reiche Familien in Oberitalien, während in ^on noch ritterliche Barbarei ihr Wesen trieb. Noch mehr entfaltete sich die Gartenkunst uuter dem Medicäer Cosmus >. von Florenz. Er ließ 1549 den "och bestehenden Garten Boboli am Palast Pitti dnrch die Baumeister ^levia Braccini und Bernardo Buontalcnto in einem prachtvollen, großartigen Style anlegen, der sich wenig von dem zwei Jahrhunderte später ^»geführten französischen unterscheidet; deun Boboli hatte lange Alleen, regel¬ mäßige Nasen- und Wasserstücke, Rasenrampen, regelmäßige Baumpflanzungen "der Haine, Jrrgänge und andere Eigenthümlichkeiten der späteren sogenannten ^auzösischen Gärten. Ein solches Beispiel wirkte. Paul der Dritte legte am Palast Farnese in Rom einen großen Garten an, der jedoch bald wieder zer¬ stört wurde; der prnnksnchtige und kunstliebende Herzog von Ferrara umgab seiue

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/315>, abgerufen am 23.07.2024.