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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Von der Gartenkunst der Griechen wissen wir welch. Die Landschaft
erscheint bei ihnen n"r als Hintergrund eines Gemäldes, vor dem menschliche
Gestalten sich bewegen. Ein bewegtes öffentliches Volksleben zog ab von der
schwärmerischen Versenkung in das stille Treiben der Natur (Alexander von Hum¬
boldt Kosmos II. Bd.). Dennoch würde die Gartenkunst in Griechenland wahr-
scheinlich mehr geschätzt und in Anwendung gebracht, als wir glauben, weil wir
keine Nachrichten und noch weniger Ueberreste davon haben. Da die Griechen
keine Landschaften malten, und Naturgemälde in den Dichtern nur selten und nur bei¬
läufig vorkamen, so ist es nicht auffallend, daß auch keine Beschreibungen von
Gärten auf uns gekommen sind. Bekannt ist, daß es in Griechenland viele Gar-
temvvhnungen gab, daß die Tempel, Grabmäler und öffentlichen Plätze durch
Baumpflanzungen verschönert waren, daß bei Festlichkeiten eine Menge von Blu¬
men verbraucht wurden, und daß die Blumenverkäufer ein besonderes Gewerbe
bildeten und in Athen einen bestimmten Markt hatten. Der öffentliche Garten
M Athen, von Cimon angelegt, enthielt fließendes und springendes Wasser, schat¬
tige Gänge (Philosophengängc), Lauben, Reit- und Fahrplätze, ein Gymnasium
(Turnplatz), kleine Tempel, Altäre, Grabmäler (des Theseus, Oedipus und Adra-
stes), Statuen und eine Menge der herrlichsten alten Bäume, worunter die Plä¬
rren und Ulmen wegen ihrer Größe berühmt waren. Die berühmte Hetäre
Phryne, welche ;!6i v. Chr. nach Athen kam, hatte einen Garten, der durch
Schönheit und orientalische Pracht berühmt war.

Erst bei den Römern bekommen wir eine hellere Ansicht von den Gärten
des Alterthums. Ihre tiefe, leidenschaftliche Neigung für das Landleben mußte
^ bald zur Einrichtung wirklicher, nur dem Naturgenuß gewidmeter Gärten
führen. Freilich waren die römischen Villen lange Zeit nur Ackergüter zum Be¬
triebe des Landbaues. Livius erwähut einen Garten des Tarquinius. In den
^ten hundert Jahren der Republik bildete sich in Rom Freude und Geschmack
tur kunstvolle Gärten, in denen sogar die Landschaft idealisirt wurde, ans. Der
Zarten des Lucullus bei Bajä war mit vriemalischer Pracht ausgestattet, hatte
^°ße Wasscrstücke und künstliche Hügel (wobei wir unwillkührlich an unsre neuen
P"rks denken müssen).

Matius, ein Zeitgenosse des Kaiser Augustus, führte zuerst die Sitte
Beschneidens der Bänme ein, um sie nach architektonischen und pla¬
nschen Regeln zu formen. Die Bäume sollte" also ihre Freiheit zu gleicher Zeit
">it dem römischen Volke verlieren. Die genauesten Nachrichten über die Gärten
^leer Zeit giebt uns der jüngere Plinius (62 n. Chr.) in der Beschreibung
^mer beiden' eigenen Villen Laurentium und Tuscum. Wir können um so siehe-
^r auf die Wahrheit dieser Schilderungen baue", als neuerdings in Pompeji und
^erculanum verschiedene Wandgemälde aufgefunden worden sind, welche ganz ahn-
"He Gartenscencn darstelle". Man sieht daraus zeltartige Garteugebäude, Spring-


Von der Gartenkunst der Griechen wissen wir welch. Die Landschaft
erscheint bei ihnen n»r als Hintergrund eines Gemäldes, vor dem menschliche
Gestalten sich bewegen. Ein bewegtes öffentliches Volksleben zog ab von der
schwärmerischen Versenkung in das stille Treiben der Natur (Alexander von Hum¬
boldt Kosmos II. Bd.). Dennoch würde die Gartenkunst in Griechenland wahr-
scheinlich mehr geschätzt und in Anwendung gebracht, als wir glauben, weil wir
keine Nachrichten und noch weniger Ueberreste davon haben. Da die Griechen
keine Landschaften malten, und Naturgemälde in den Dichtern nur selten und nur bei¬
läufig vorkamen, so ist es nicht auffallend, daß auch keine Beschreibungen von
Gärten auf uns gekommen sind. Bekannt ist, daß es in Griechenland viele Gar-
temvvhnungen gab, daß die Tempel, Grabmäler und öffentlichen Plätze durch
Baumpflanzungen verschönert waren, daß bei Festlichkeiten eine Menge von Blu¬
men verbraucht wurden, und daß die Blumenverkäufer ein besonderes Gewerbe
bildeten und in Athen einen bestimmten Markt hatten. Der öffentliche Garten
M Athen, von Cimon angelegt, enthielt fließendes und springendes Wasser, schat¬
tige Gänge (Philosophengängc), Lauben, Reit- und Fahrplätze, ein Gymnasium
(Turnplatz), kleine Tempel, Altäre, Grabmäler (des Theseus, Oedipus und Adra-
stes), Statuen und eine Menge der herrlichsten alten Bäume, worunter die Plä¬
rren und Ulmen wegen ihrer Größe berühmt waren. Die berühmte Hetäre
Phryne, welche ;!6i v. Chr. nach Athen kam, hatte einen Garten, der durch
Schönheit und orientalische Pracht berühmt war.

Erst bei den Römern bekommen wir eine hellere Ansicht von den Gärten
des Alterthums. Ihre tiefe, leidenschaftliche Neigung für das Landleben mußte
^ bald zur Einrichtung wirklicher, nur dem Naturgenuß gewidmeter Gärten
führen. Freilich waren die römischen Villen lange Zeit nur Ackergüter zum Be¬
triebe des Landbaues. Livius erwähut einen Garten des Tarquinius. In den
^ten hundert Jahren der Republik bildete sich in Rom Freude und Geschmack
tur kunstvolle Gärten, in denen sogar die Landschaft idealisirt wurde, ans. Der
Zarten des Lucullus bei Bajä war mit vriemalischer Pracht ausgestattet, hatte
^°ße Wasscrstücke und künstliche Hügel (wobei wir unwillkührlich an unsre neuen
P»rks denken müssen).

Matius, ein Zeitgenosse des Kaiser Augustus, führte zuerst die Sitte
Beschneidens der Bänme ein, um sie nach architektonischen und pla¬
nschen Regeln zu formen. Die Bäume sollte» also ihre Freiheit zu gleicher Zeit
">it dem römischen Volke verlieren. Die genauesten Nachrichten über die Gärten
^leer Zeit giebt uns der jüngere Plinius (62 n. Chr.) in der Beschreibung
^mer beiden' eigenen Villen Laurentium und Tuscum. Wir können um so siehe-
^r auf die Wahrheit dieser Schilderungen baue», als neuerdings in Pompeji und
^erculanum verschiedene Wandgemälde aufgefunden worden sind, welche ganz ahn-
"He Gartenscencn darstelle». Man sieht daraus zeltartige Garteugebäude, Spring-


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[0313] Von der Gartenkunst der Griechen wissen wir welch. Die Landschaft erscheint bei ihnen n»r als Hintergrund eines Gemäldes, vor dem menschliche Gestalten sich bewegen. Ein bewegtes öffentliches Volksleben zog ab von der schwärmerischen Versenkung in das stille Treiben der Natur (Alexander von Hum¬ boldt Kosmos II. Bd.). Dennoch würde die Gartenkunst in Griechenland wahr- scheinlich mehr geschätzt und in Anwendung gebracht, als wir glauben, weil wir keine Nachrichten und noch weniger Ueberreste davon haben. Da die Griechen keine Landschaften malten, und Naturgemälde in den Dichtern nur selten und nur bei¬ läufig vorkamen, so ist es nicht auffallend, daß auch keine Beschreibungen von Gärten auf uns gekommen sind. Bekannt ist, daß es in Griechenland viele Gar- temvvhnungen gab, daß die Tempel, Grabmäler und öffentlichen Plätze durch Baumpflanzungen verschönert waren, daß bei Festlichkeiten eine Menge von Blu¬ men verbraucht wurden, und daß die Blumenverkäufer ein besonderes Gewerbe bildeten und in Athen einen bestimmten Markt hatten. Der öffentliche Garten M Athen, von Cimon angelegt, enthielt fließendes und springendes Wasser, schat¬ tige Gänge (Philosophengängc), Lauben, Reit- und Fahrplätze, ein Gymnasium (Turnplatz), kleine Tempel, Altäre, Grabmäler (des Theseus, Oedipus und Adra- stes), Statuen und eine Menge der herrlichsten alten Bäume, worunter die Plä¬ rren und Ulmen wegen ihrer Größe berühmt waren. Die berühmte Hetäre Phryne, welche ;!6i v. Chr. nach Athen kam, hatte einen Garten, der durch Schönheit und orientalische Pracht berühmt war. Erst bei den Römern bekommen wir eine hellere Ansicht von den Gärten des Alterthums. Ihre tiefe, leidenschaftliche Neigung für das Landleben mußte ^ bald zur Einrichtung wirklicher, nur dem Naturgenuß gewidmeter Gärten führen. Freilich waren die römischen Villen lange Zeit nur Ackergüter zum Be¬ triebe des Landbaues. Livius erwähut einen Garten des Tarquinius. In den ^ten hundert Jahren der Republik bildete sich in Rom Freude und Geschmack tur kunstvolle Gärten, in denen sogar die Landschaft idealisirt wurde, ans. Der Zarten des Lucullus bei Bajä war mit vriemalischer Pracht ausgestattet, hatte ^°ße Wasscrstücke und künstliche Hügel (wobei wir unwillkührlich an unsre neuen P»rks denken müssen). Matius, ein Zeitgenosse des Kaiser Augustus, führte zuerst die Sitte Beschneidens der Bänme ein, um sie nach architektonischen und pla¬ nschen Regeln zu formen. Die Bäume sollte» also ihre Freiheit zu gleicher Zeit ">it dem römischen Volke verlieren. Die genauesten Nachrichten über die Gärten ^leer Zeit giebt uns der jüngere Plinius (62 n. Chr.) in der Beschreibung ^mer beiden' eigenen Villen Laurentium und Tuscum. Wir können um so siehe- ^r auf die Wahrheit dieser Schilderungen baue», als neuerdings in Pompeji und ^erculanum verschiedene Wandgemälde aufgefunden worden sind, welche ganz ahn- "He Gartenscencn darstelle». Man sieht daraus zeltartige Garteugebäude, Spring-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/313>, abgerufen am 23.07.2024.