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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Werke. Da aber die Gärten ihrem Wesen nach lange dauernde Ueberreste nicht
haben können, so fehlt ihrer ältern Geschichte ganz und gar diese sichere Grund¬
lage.

Die Sage von dem Paradis und den Gärten der Hesperiden läßt we¬
nigstens ans eine durch tiefes Naturgefühl angeregte Sehnsucht nach schönen, glücklichen
Gegenden schließen; aber in dem Erwachen dieses Gefühls lag auch schon der Keim
zur Schöpfung von Gärten und zur Nachahmung glücklicher Gefilde. Die ersten
Angaben vou wirklichen Gärten erhalten wir durch Homer. Er schildert in
der Odyssee die Gärten des Alkinous und Laertes als anmuthige, in
einer gewissen Ordnung angelegte Fruchtgärten, und wenn auch diese Beschrei¬
bung nnr Dichtung ist, so ist es doch nothwendig, daß ihm dabei wirklich be¬
stehende Gärten seiner Zeit vorgeschwebt haben. Die berühmten hängenden
Gärten der Semiramis in Babylon, welche zu den Wunderwerken der alten
Welt gezählt wurden, hat keiner der Schriftsteller, welche sie schildern (Diodorus,
Strabo, Berosus, Curtius), gesehen; Herodot aber erwähnt nichts davon. Ganz
aus der Lust gegriffen mag indeß die Sage nicht sein, wenn auch nicht gerade
Semiramis Erbauerin derselben war. Diese Gärten waren nach der Beschreibung
terrassenartig auf einem ungeheuren, mit Erde bedeckten hohlen Steinbau angelegt,
mit Bäumen und Blumen bepflanzt und durch eine künstliche Vorrichtung bewässert.
Das Ganze hatte die Form einer kolossalen Pyramide und der Beschreibung nach
einige Aehnlichkeit mit der Isola Bella auf dem Lago maggiore. Der ebenfalls
berühmte Garten zu Charon am Fuße des Berges Bagistanos in Medien,
welcher einen mit Lnsthäusern besetzten Felsberg einschloß, hat vielleicht um einige
Jahrhunderte später noch bestanden, denn es wird erzählt, daß er Alexander den
Großen ans seinem Siegeszuge zu einem Abwege veranlaßte. -- Sicherer sind
die Mittheilungen über die Garten der Perser durch griechische Geschichtschrei'
ber, welche ihre geschmackvolle Anordnung und Unterhaltung rühmen. Wahr¬
scheinlich waren sie, wie alle Gärten des Alterthums, regelmäßig angelegt, und
zum Anbau von Früchten, wohlriechenden Kräutern und einigen Lieblingsblnwen
bestimmt. Sie waren reich an Wasser und zierlichen Gebäuden, und hatten an
Blumen besonders Rosen, Lilien, Zwiebelgewächse und Veilchen; von Zierbäumen
aber waren vorzüglich Platanen, Ulmen und Cypressen geschätzt, letztere besonders
in der Nähe der Tempel. Doch beschreibt Strabo auch einen sogenannten Gar¬
ten am Jlnsse OronteS in Syrien, welcher unregelmäßig war, und natürliche
Bäche, Wiesen und Haine einhielt, -- eine Beschreibung, die indeß anch ans eine
freie Landschaft bezogen werden kann. -- Von den Gärten der übrigen Völker
des Orients ist so gut wie nichts bekannt. Daß aber die Blumenliebhaberei
sehr verbreitet war, beweist schon der Umstand, daß Cleopatra den Fußboden
ihres Spcisesaalcs ganz mit Rosen bedecken ließ, eine Mode, die wahrscheinlich
durch Griechenland oder Rom nach Aegypten verpflanzt wurde.


Werke. Da aber die Gärten ihrem Wesen nach lange dauernde Ueberreste nicht
haben können, so fehlt ihrer ältern Geschichte ganz und gar diese sichere Grund¬
lage.

Die Sage von dem Paradis und den Gärten der Hesperiden läßt we¬
nigstens ans eine durch tiefes Naturgefühl angeregte Sehnsucht nach schönen, glücklichen
Gegenden schließen; aber in dem Erwachen dieses Gefühls lag auch schon der Keim
zur Schöpfung von Gärten und zur Nachahmung glücklicher Gefilde. Die ersten
Angaben vou wirklichen Gärten erhalten wir durch Homer. Er schildert in
der Odyssee die Gärten des Alkinous und Laertes als anmuthige, in
einer gewissen Ordnung angelegte Fruchtgärten, und wenn auch diese Beschrei¬
bung nnr Dichtung ist, so ist es doch nothwendig, daß ihm dabei wirklich be¬
stehende Gärten seiner Zeit vorgeschwebt haben. Die berühmten hängenden
Gärten der Semiramis in Babylon, welche zu den Wunderwerken der alten
Welt gezählt wurden, hat keiner der Schriftsteller, welche sie schildern (Diodorus,
Strabo, Berosus, Curtius), gesehen; Herodot aber erwähnt nichts davon. Ganz
aus der Lust gegriffen mag indeß die Sage nicht sein, wenn auch nicht gerade
Semiramis Erbauerin derselben war. Diese Gärten waren nach der Beschreibung
terrassenartig auf einem ungeheuren, mit Erde bedeckten hohlen Steinbau angelegt,
mit Bäumen und Blumen bepflanzt und durch eine künstliche Vorrichtung bewässert.
Das Ganze hatte die Form einer kolossalen Pyramide und der Beschreibung nach
einige Aehnlichkeit mit der Isola Bella auf dem Lago maggiore. Der ebenfalls
berühmte Garten zu Charon am Fuße des Berges Bagistanos in Medien,
welcher einen mit Lnsthäusern besetzten Felsberg einschloß, hat vielleicht um einige
Jahrhunderte später noch bestanden, denn es wird erzählt, daß er Alexander den
Großen ans seinem Siegeszuge zu einem Abwege veranlaßte. — Sicherer sind
die Mittheilungen über die Garten der Perser durch griechische Geschichtschrei'
ber, welche ihre geschmackvolle Anordnung und Unterhaltung rühmen. Wahr¬
scheinlich waren sie, wie alle Gärten des Alterthums, regelmäßig angelegt, und
zum Anbau von Früchten, wohlriechenden Kräutern und einigen Lieblingsblnwen
bestimmt. Sie waren reich an Wasser und zierlichen Gebäuden, und hatten an
Blumen besonders Rosen, Lilien, Zwiebelgewächse und Veilchen; von Zierbäumen
aber waren vorzüglich Platanen, Ulmen und Cypressen geschätzt, letztere besonders
in der Nähe der Tempel. Doch beschreibt Strabo auch einen sogenannten Gar¬
ten am Jlnsse OronteS in Syrien, welcher unregelmäßig war, und natürliche
Bäche, Wiesen und Haine einhielt, — eine Beschreibung, die indeß anch ans eine
freie Landschaft bezogen werden kann. -- Von den Gärten der übrigen Völker
des Orients ist so gut wie nichts bekannt. Daß aber die Blumenliebhaberei
sehr verbreitet war, beweist schon der Umstand, daß Cleopatra den Fußboden
ihres Spcisesaalcs ganz mit Rosen bedecken ließ, eine Mode, die wahrscheinlich
durch Griechenland oder Rom nach Aegypten verpflanzt wurde.


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[0312] Werke. Da aber die Gärten ihrem Wesen nach lange dauernde Ueberreste nicht haben können, so fehlt ihrer ältern Geschichte ganz und gar diese sichere Grund¬ lage. Die Sage von dem Paradis und den Gärten der Hesperiden läßt we¬ nigstens ans eine durch tiefes Naturgefühl angeregte Sehnsucht nach schönen, glücklichen Gegenden schließen; aber in dem Erwachen dieses Gefühls lag auch schon der Keim zur Schöpfung von Gärten und zur Nachahmung glücklicher Gefilde. Die ersten Angaben vou wirklichen Gärten erhalten wir durch Homer. Er schildert in der Odyssee die Gärten des Alkinous und Laertes als anmuthige, in einer gewissen Ordnung angelegte Fruchtgärten, und wenn auch diese Beschrei¬ bung nnr Dichtung ist, so ist es doch nothwendig, daß ihm dabei wirklich be¬ stehende Gärten seiner Zeit vorgeschwebt haben. Die berühmten hängenden Gärten der Semiramis in Babylon, welche zu den Wunderwerken der alten Welt gezählt wurden, hat keiner der Schriftsteller, welche sie schildern (Diodorus, Strabo, Berosus, Curtius), gesehen; Herodot aber erwähnt nichts davon. Ganz aus der Lust gegriffen mag indeß die Sage nicht sein, wenn auch nicht gerade Semiramis Erbauerin derselben war. Diese Gärten waren nach der Beschreibung terrassenartig auf einem ungeheuren, mit Erde bedeckten hohlen Steinbau angelegt, mit Bäumen und Blumen bepflanzt und durch eine künstliche Vorrichtung bewässert. Das Ganze hatte die Form einer kolossalen Pyramide und der Beschreibung nach einige Aehnlichkeit mit der Isola Bella auf dem Lago maggiore. Der ebenfalls berühmte Garten zu Charon am Fuße des Berges Bagistanos in Medien, welcher einen mit Lnsthäusern besetzten Felsberg einschloß, hat vielleicht um einige Jahrhunderte später noch bestanden, denn es wird erzählt, daß er Alexander den Großen ans seinem Siegeszuge zu einem Abwege veranlaßte. — Sicherer sind die Mittheilungen über die Garten der Perser durch griechische Geschichtschrei' ber, welche ihre geschmackvolle Anordnung und Unterhaltung rühmen. Wahr¬ scheinlich waren sie, wie alle Gärten des Alterthums, regelmäßig angelegt, und zum Anbau von Früchten, wohlriechenden Kräutern und einigen Lieblingsblnwen bestimmt. Sie waren reich an Wasser und zierlichen Gebäuden, und hatten an Blumen besonders Rosen, Lilien, Zwiebelgewächse und Veilchen; von Zierbäumen aber waren vorzüglich Platanen, Ulmen und Cypressen geschätzt, letztere besonders in der Nähe der Tempel. Doch beschreibt Strabo auch einen sogenannten Gar¬ ten am Jlnsse OronteS in Syrien, welcher unregelmäßig war, und natürliche Bäche, Wiesen und Haine einhielt, — eine Beschreibung, die indeß anch ans eine freie Landschaft bezogen werden kann. -- Von den Gärten der übrigen Völker des Orients ist so gut wie nichts bekannt. Daß aber die Blumenliebhaberei sehr verbreitet war, beweist schon der Umstand, daß Cleopatra den Fußboden ihres Spcisesaalcs ganz mit Rosen bedecken ließ, eine Mode, die wahrscheinlich durch Griechenland oder Rom nach Aegypten verpflanzt wurde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/312>, abgerufen am 23.07.2024.