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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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bel haben unter ihnen aufgeräumt, und viele von ihnen erbeutete Pferde leisteten
uns später gute Dienste. Ritt ich doch selbst längere Zeit einen Rappen, der
einem Wachtmeister dieser Husaren abgenommen war, und der als Schlachtroß
seines Gleichen suchte. Auch die Infanterie und Artillerie, die ich in Kopen¬
hagen sah, hat in ihrer Erscheinung sich sehr vortheilhaft gegen sonst verändert.
Die unförmlich rothen Jacken, die sie früher trugen, legten die Dänen schon in
den Jahren 59 und SO ab, und nahmen blane und grüne Waffcnrvcke dafür an.
Aber auch der plumpe Schnitt, der uns im letzten Jahre noch so sehr auffiel,
scheint verbessert, denn ich sah Schildwachen in Kopenhagen, dn fast so adrett
und kleidsam angezogen waren, wie ihre preußischen Kameraden. Viele Schles¬
wiger, die früher in unsrem Heere dienten und nnn zwangsweise in die dänische
Armee eingereiht sind, befinden sich in Kopenhagen. Das Schicksal dieser ar¬
men Menschen ist sehr traurig, und sie müssen viel von der Rohheit einzelner
Dfficiere und Unterofstciere leiden. Auch der Pöbel in Kopenhagen deutet
diesen schleswigschen Soldaten durch Schimpfwörter, Koth und Steine bei passender
Gelegenheit an, daß er ihre Vergangenheit mißbillige. Bisweilen lassen die
gequälten Schleswiger sich solche unwürdige Behandlung nicht gefallen, und setzen sich,
wenn ihrer mehrere bei einander sind, zur Wehre. So haben denn schon
furchtbare Prügeleien, die selbst Menschenleben gekostet, hier stattgefunden.
Namentlich die sonst tüchtigen, aber überaus rohen und übermüthigen Matrosen
auf dem "Holm" sind die erbittertsten Feinde dieser Deutschen, die in beständiger
Fehde mit ihnen leben. Ich hatte die wehmüthige Freude, daß Einzelne dieser
Segen ihren Willen in dänische Uniform gesteckten Soldaten mich noch wiederer¬
kannten, sie grüßten mich ehrerbietiger, als ihnen nützlich war, ja sie kamen zu mir
auf der Straße heran, um mir ihr jetziges Leid zu klagen. Unter diesen war
"und ein früherer Dragoner, den ich lange als Ordonnanz gehabt hatte, ein
Züchtiger, redlicher Bauernsohn ans Angeln, den man hier unter die Fahrer der
Artillerie gesteckt hatte. Die Thränen traten diesem Burschen, der früher mit gro-
Muthe gegen die Dänen gefochten hatte, in die Augen, als er mir in dem
Zimmer meines Hotels, wohin ich ihn zu einem Frühstück eingeladen hatte, seine
^ige harte Lage schilderte, und dabei gedachte, wie wir noch vor einem Jahre so
^rdig zusammen gegen das weiße Dannebrogskrenz geritten waren.

Aber auch ein dänischer Unterofficier, der bei Jdstcdt schwer verwundet in
"ufte Gefangenschaft gerathen war, und dem ich zufällig in Rendsburg später einen
deinen Dienst erwiesen hatte, den er so gütig war, für eine Lebensrettung zu
halten, erkannte mich auf der Straße wieder. Mit aufrichtiger Freude in seinem
breiten Gesicht kam er auf mich zu, und bat mich, seine Familie zu besuchen, der
°r viel von mir erzählt habe. Ich trat bei ihm ein. Ungemein einfach, ja dürftig
waren die zwei kleinen Seni'eben, die er mit Fran und drei Kindern bewohnte,
^et) sah es ziemlich reinlich und ordentlich darin aus; die Frau, eine ganz hüb-


bel haben unter ihnen aufgeräumt, und viele von ihnen erbeutete Pferde leisteten
uns später gute Dienste. Ritt ich doch selbst längere Zeit einen Rappen, der
einem Wachtmeister dieser Husaren abgenommen war, und der als Schlachtroß
seines Gleichen suchte. Auch die Infanterie und Artillerie, die ich in Kopen¬
hagen sah, hat in ihrer Erscheinung sich sehr vortheilhaft gegen sonst verändert.
Die unförmlich rothen Jacken, die sie früher trugen, legten die Dänen schon in
den Jahren 59 und SO ab, und nahmen blane und grüne Waffcnrvcke dafür an.
Aber auch der plumpe Schnitt, der uns im letzten Jahre noch so sehr auffiel,
scheint verbessert, denn ich sah Schildwachen in Kopenhagen, dn fast so adrett
und kleidsam angezogen waren, wie ihre preußischen Kameraden. Viele Schles¬
wiger, die früher in unsrem Heere dienten und nnn zwangsweise in die dänische
Armee eingereiht sind, befinden sich in Kopenhagen. Das Schicksal dieser ar¬
men Menschen ist sehr traurig, und sie müssen viel von der Rohheit einzelner
Dfficiere und Unterofstciere leiden. Auch der Pöbel in Kopenhagen deutet
diesen schleswigschen Soldaten durch Schimpfwörter, Koth und Steine bei passender
Gelegenheit an, daß er ihre Vergangenheit mißbillige. Bisweilen lassen die
gequälten Schleswiger sich solche unwürdige Behandlung nicht gefallen, und setzen sich,
wenn ihrer mehrere bei einander sind, zur Wehre. So haben denn schon
furchtbare Prügeleien, die selbst Menschenleben gekostet, hier stattgefunden.
Namentlich die sonst tüchtigen, aber überaus rohen und übermüthigen Matrosen
auf dem „Holm" sind die erbittertsten Feinde dieser Deutschen, die in beständiger
Fehde mit ihnen leben. Ich hatte die wehmüthige Freude, daß Einzelne dieser
Segen ihren Willen in dänische Uniform gesteckten Soldaten mich noch wiederer¬
kannten, sie grüßten mich ehrerbietiger, als ihnen nützlich war, ja sie kamen zu mir
auf der Straße heran, um mir ihr jetziges Leid zu klagen. Unter diesen war
"und ein früherer Dragoner, den ich lange als Ordonnanz gehabt hatte, ein
Züchtiger, redlicher Bauernsohn ans Angeln, den man hier unter die Fahrer der
Artillerie gesteckt hatte. Die Thränen traten diesem Burschen, der früher mit gro-
Muthe gegen die Dänen gefochten hatte, in die Augen, als er mir in dem
Zimmer meines Hotels, wohin ich ihn zu einem Frühstück eingeladen hatte, seine
^ige harte Lage schilderte, und dabei gedachte, wie wir noch vor einem Jahre so
^rdig zusammen gegen das weiße Dannebrogskrenz geritten waren.

Aber auch ein dänischer Unterofficier, der bei Jdstcdt schwer verwundet in
"ufte Gefangenschaft gerathen war, und dem ich zufällig in Rendsburg später einen
deinen Dienst erwiesen hatte, den er so gütig war, für eine Lebensrettung zu
halten, erkannte mich auf der Straße wieder. Mit aufrichtiger Freude in seinem
breiten Gesicht kam er auf mich zu, und bat mich, seine Familie zu besuchen, der
°r viel von mir erzählt habe. Ich trat bei ihm ein. Ungemein einfach, ja dürftig
waren die zwei kleinen Seni'eben, die er mit Fran und drei Kindern bewohnte,
^et) sah es ziemlich reinlich und ordentlich darin aus; die Frau, eine ganz hüb-


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[0265] bel haben unter ihnen aufgeräumt, und viele von ihnen erbeutete Pferde leisteten uns später gute Dienste. Ritt ich doch selbst längere Zeit einen Rappen, der einem Wachtmeister dieser Husaren abgenommen war, und der als Schlachtroß seines Gleichen suchte. Auch die Infanterie und Artillerie, die ich in Kopen¬ hagen sah, hat in ihrer Erscheinung sich sehr vortheilhaft gegen sonst verändert. Die unförmlich rothen Jacken, die sie früher trugen, legten die Dänen schon in den Jahren 59 und SO ab, und nahmen blane und grüne Waffcnrvcke dafür an. Aber auch der plumpe Schnitt, der uns im letzten Jahre noch so sehr auffiel, scheint verbessert, denn ich sah Schildwachen in Kopenhagen, dn fast so adrett und kleidsam angezogen waren, wie ihre preußischen Kameraden. Viele Schles¬ wiger, die früher in unsrem Heere dienten und nnn zwangsweise in die dänische Armee eingereiht sind, befinden sich in Kopenhagen. Das Schicksal dieser ar¬ men Menschen ist sehr traurig, und sie müssen viel von der Rohheit einzelner Dfficiere und Unterofstciere leiden. Auch der Pöbel in Kopenhagen deutet diesen schleswigschen Soldaten durch Schimpfwörter, Koth und Steine bei passender Gelegenheit an, daß er ihre Vergangenheit mißbillige. Bisweilen lassen die gequälten Schleswiger sich solche unwürdige Behandlung nicht gefallen, und setzen sich, wenn ihrer mehrere bei einander sind, zur Wehre. So haben denn schon furchtbare Prügeleien, die selbst Menschenleben gekostet, hier stattgefunden. Namentlich die sonst tüchtigen, aber überaus rohen und übermüthigen Matrosen auf dem „Holm" sind die erbittertsten Feinde dieser Deutschen, die in beständiger Fehde mit ihnen leben. Ich hatte die wehmüthige Freude, daß Einzelne dieser Segen ihren Willen in dänische Uniform gesteckten Soldaten mich noch wiederer¬ kannten, sie grüßten mich ehrerbietiger, als ihnen nützlich war, ja sie kamen zu mir auf der Straße heran, um mir ihr jetziges Leid zu klagen. Unter diesen war "und ein früherer Dragoner, den ich lange als Ordonnanz gehabt hatte, ein Züchtiger, redlicher Bauernsohn ans Angeln, den man hier unter die Fahrer der Artillerie gesteckt hatte. Die Thränen traten diesem Burschen, der früher mit gro- Muthe gegen die Dänen gefochten hatte, in die Augen, als er mir in dem Zimmer meines Hotels, wohin ich ihn zu einem Frühstück eingeladen hatte, seine ^ige harte Lage schilderte, und dabei gedachte, wie wir noch vor einem Jahre so ^rdig zusammen gegen das weiße Dannebrogskrenz geritten waren. Aber auch ein dänischer Unterofficier, der bei Jdstcdt schwer verwundet in "ufte Gefangenschaft gerathen war, und dem ich zufällig in Rendsburg später einen deinen Dienst erwiesen hatte, den er so gütig war, für eine Lebensrettung zu halten, erkannte mich auf der Straße wieder. Mit aufrichtiger Freude in seinem breiten Gesicht kam er auf mich zu, und bat mich, seine Familie zu besuchen, der °r viel von mir erzählt habe. Ich trat bei ihm ein. Ungemein einfach, ja dürftig waren die zwei kleinen Seni'eben, die er mit Fran und drei Kindern bewohnte, ^et) sah es ziemlich reinlich und ordentlich darin aus; die Frau, eine ganz hüb-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/265>, abgerufen am 23.07.2024.