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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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vier bis sechs Mal gemäht, öfter gewälzt, bei trockener Witterung fleißig begossen,
von Unkraut und Maulwurfshügeln gereinigt, im Winter durch eine feine Lage
von aufgestreuter Humuserde gedüngt und jährlich einige Mal an seinen Con-
touren mit dem Spaten in senkrechter Richtung abgestochen werden.

Der größte Schmuck des landschaftlichen HausgartenS ist der Baumschlag.
Der Genuß aller Schönheiten eines solchen Gartens wird nur dann vollkommen,
wenn das Ange über die engen Grenzen desselben getäuscht wird, und der Phantasie
freier Flug gestattet ist, hinter dem schönen Sichtbaren eine unendliche Mannich-
faltigkeit und Ausdehnung zu ahnen. Der Baum aber verbirgt die Grenzen. Durch
glückliche Aufstellung des Baumwerks können wir ferner heitere, großartige und melan¬
cholische Eindrücke hervorrufen, und was die Göttin Natur über verschiedene Gegen¬
den verbreitet, in kleinem Raume vereinigen. Das können wir dadurch erreichen, wenn
wir die herrliche" Urbilder, welche in der wilden Natur sich hier und da zerstreut
finden, genau beobachte", und die Mittel, durch welche sie wirkt, zu erkennen suchen.
Als erstes Gesetz gelte hier, daß in der Natur, bei großer Mannichfaltigkeit in
den Formen, hauptsächlich das Zusammenwohnen vieler Baum- und Straucharten
einer Gattung den Eindruck der Erhabenheit und ruhigen Größe hervorbringt-
Durch das kräftige Auftreten eines Farbentvns und deu allmählichen Uebergang
in einen andern werden auch' ohne besonders auffallende Wirkungen des Sonnen¬
lichts jene Schlagschatten erzeugt, die selbst über eine Waldpartic, die durch keine
lichten Stellen getrennt und durch keine malerischen Umrisse ausgezeichnet ist, so
große Abwechselung verbreiten. Sind freilich die Massen desselben Grüns z"
groß, so bekommt die Gegend ein einförmiges Aussehen. Besonders gilt dies
von den Nadelhölzern, welche im kleinen Garten immer mit Vorsicht und sparsam
anzuwenden siud; sie sind monotoner, haben, mit Ansnahme des Lärchenbaums/
ein düsteres Aussehen, und mich das seltsame Rauschen ihrer Zweige bringt Ein¬
drücke hervor, welche zu dem heitern Charakter deö Hansgartens häufig nicht
stimmen. Dagegen siud sie vorzüglich geeignet, Gebände, Mauern, Zäune und
andere mißfällige Gegenstände zu verstecken.

Die Uebergänge von Dunkel zu Licht, welche wir an den Wäldern bewundern,
ahmen wir in den Gärten mit Sorgfalt nach, indem wir zuerst das willkürliche
Durcheinandersetzcn der Bäume von verschiedenem Charakter sorgfältig vermeiden.
Da wir aber gezwungen sind, auf dein kleinern Raum eine schnellere Abwechselung
von Hell und Dunkel, Licht und Schatten, von Massenwirkungen und einzelnen
schönen Gestalten hervorzubringen, so sind wir genöthigt, das obige große Natur¬
gesetz nach Schönheirsregeln zu modificiren. Die Wirkungen des Baumschlages
bestehen nun aber 1) in der verschiedenen Farbe seiner Blätter und Stämme; s) "i
der unendlichen Abwechselung des Wuchses und der Blätterform; !y in den Umrissen
der Baumgruppen und der dadurch bewirkten Verbindung mir offenen Theilen
deö Gartens, mit Nasen "ud Blumenbeeten.


vier bis sechs Mal gemäht, öfter gewälzt, bei trockener Witterung fleißig begossen,
von Unkraut und Maulwurfshügeln gereinigt, im Winter durch eine feine Lage
von aufgestreuter Humuserde gedüngt und jährlich einige Mal an seinen Con-
touren mit dem Spaten in senkrechter Richtung abgestochen werden.

Der größte Schmuck des landschaftlichen HausgartenS ist der Baumschlag.
Der Genuß aller Schönheiten eines solchen Gartens wird nur dann vollkommen,
wenn das Ange über die engen Grenzen desselben getäuscht wird, und der Phantasie
freier Flug gestattet ist, hinter dem schönen Sichtbaren eine unendliche Mannich-
faltigkeit und Ausdehnung zu ahnen. Der Baum aber verbirgt die Grenzen. Durch
glückliche Aufstellung des Baumwerks können wir ferner heitere, großartige und melan¬
cholische Eindrücke hervorrufen, und was die Göttin Natur über verschiedene Gegen¬
den verbreitet, in kleinem Raume vereinigen. Das können wir dadurch erreichen, wenn
wir die herrliche» Urbilder, welche in der wilden Natur sich hier und da zerstreut
finden, genau beobachte», und die Mittel, durch welche sie wirkt, zu erkennen suchen.
Als erstes Gesetz gelte hier, daß in der Natur, bei großer Mannichfaltigkeit in
den Formen, hauptsächlich das Zusammenwohnen vieler Baum- und Straucharten
einer Gattung den Eindruck der Erhabenheit und ruhigen Größe hervorbringt-
Durch das kräftige Auftreten eines Farbentvns und deu allmählichen Uebergang
in einen andern werden auch' ohne besonders auffallende Wirkungen des Sonnen¬
lichts jene Schlagschatten erzeugt, die selbst über eine Waldpartic, die durch keine
lichten Stellen getrennt und durch keine malerischen Umrisse ausgezeichnet ist, so
große Abwechselung verbreiten. Sind freilich die Massen desselben Grüns z»
groß, so bekommt die Gegend ein einförmiges Aussehen. Besonders gilt dies
von den Nadelhölzern, welche im kleinen Garten immer mit Vorsicht und sparsam
anzuwenden siud; sie sind monotoner, haben, mit Ansnahme des Lärchenbaums/
ein düsteres Aussehen, und mich das seltsame Rauschen ihrer Zweige bringt Ein¬
drücke hervor, welche zu dem heitern Charakter deö Hansgartens häufig nicht
stimmen. Dagegen siud sie vorzüglich geeignet, Gebände, Mauern, Zäune und
andere mißfällige Gegenstände zu verstecken.

Die Uebergänge von Dunkel zu Licht, welche wir an den Wäldern bewundern,
ahmen wir in den Gärten mit Sorgfalt nach, indem wir zuerst das willkürliche
Durcheinandersetzcn der Bäume von verschiedenem Charakter sorgfältig vermeiden.
Da wir aber gezwungen sind, auf dein kleinern Raum eine schnellere Abwechselung
von Hell und Dunkel, Licht und Schatten, von Massenwirkungen und einzelnen
schönen Gestalten hervorzubringen, so sind wir genöthigt, das obige große Natur¬
gesetz nach Schönheirsregeln zu modificiren. Die Wirkungen des Baumschlages
bestehen nun aber 1) in der verschiedenen Farbe seiner Blätter und Stämme; s) "i
der unendlichen Abwechselung des Wuchses und der Blätterform; !y in den Umrissen
der Baumgruppen und der dadurch bewirkten Verbindung mir offenen Theilen
deö Gartens, mit Nasen »ud Blumenbeeten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/140>, abgerufen am 23.07.2024.