Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.Bemerken hingestellt, die wahre öffentliche Meinung könne keine Untersuch""",, Dies waren die äußern Sachlagen beim Beginne der Amtsführung des Mini¬ Seitdem hat man ihn in ganz Deutschland so oft und viel gesehen, daß eine Grenzboten. IV. 4 8L->. '13
Bemerken hingestellt, die wahre öffentliche Meinung könne keine Untersuch»»«,, Dies waren die äußern Sachlagen beim Beginne der Amtsführung des Mini¬ Seitdem hat man ihn in ganz Deutschland so oft und viel gesehen, daß eine Grenzboten. IV. 4 8L->. '13
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0101" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280718"/> <p xml:id="ID_318" prev="#ID_317"> Bemerken hingestellt, die wahre öffentliche Meinung könne keine Untersuch»»«,,<lb/> noch weniger eine Bestrafung solcher Vorfälle wünschen. — So stand es im<lb/> diesseitigen Bayern, seit dem Erlaß der Manifeste vom 2-'>. April und 3. Mai,<lb/> während in der Rheinpfalz ein fragloser Aufruhr ganz ungehindert weiter schritt.<lb/> Allgemein war die Ansicht verbreitet, die Regierung wünsche einen Vorwand zu<lb/> eineiu Staatsstreiche, und rüste sich zu dessen Vollführung, um die Kammern nicht<lb/> zusammentreten zu lassen, oder sofort deren Pfälzer Deputirte zu verhaften.</p><lb/> <p xml:id="ID_319"> Dies waren die äußern Sachlagen beim Beginne der Amtsführung des Mini¬<lb/> steriums Pfordten. Unter solchen Eindrücken eröffnete die Abgeordnetenkammer ihre<lb/> 1«. Sitzung am -17. Mai, die erste nach der am -u;. geendeter Vertagung, nachdem im<lb/> Reichsrathe vergeblich agitirt worden war, um ihr mit einer Sitzung zuvorzukommen,<lb/> damit das Gouvernement erkenne, wo der eigentliche und wahre Patriotismus zu<lb/> suchen sei. Heute fluchten die ultranioutanen Blätter über die Entweihung des<lb/> Himmelfahrtösestes. Das neue Ministerium trat ein, Hr. v. d. Pfordten zuletzt.<lb/> Die Mehrzahl der Abgeordneten und des Publicums kannte ihn persönlich nicht.<lb/> Ein wundersames Schweigen schlüpfte durch den Saal, ein Murmeln' folgte.<lb/> „Meine Herren, ich eröffne die Sitzung", klang's vom Präsidentenplatze, und die<lb/> Mittheilung des Miuisterprogramms ward verkündet. Abermaliges Erwartnngs-<lb/> schweigen;" jedoch Hr. v. Kleinschrod verlas es; Den hatte man nicht gemeint.<lb/> Hr v. d. Pfordten saß unterdessen unbefangen am Ministertische, und spielte mit<lb/> einer Feder. Unmittelbar hinter der ministeriellen Erklärung kam der stürmische<lb/> Antrag Kolb'S geflogen: „Die Kammer erklärt, daß sie die Reichsverfassung als<lb/> besetz für ganz Deutschland anerkenne; die Kammer behält sich vor, alle gesetz¬<lb/> lichen Maßregeln zu ihrer Durchführung anzuwenden, sofort aber eine Commission<lb/> ZU ernennen, die eine Adresse, welche die Kammer an die Krone erlassen soll, zu<lb/> entwerfen hat." Die Debatte über die Zulässigkeit dieses Antrags brach sturm-<lb/> Wig los. Da verlangte plötzlich Hr. v. d. Pfordten das Wort. Er trete vor<lb/> den Miuistertisch, jetzt erst sah man ihn recht.</p><lb/> <p xml:id="ID_320" next="#ID_321"> Seitdem hat man ihn in ganz Deutschland so oft und viel gesehen, daß eine<lb/> Schilderung seiner Persönlichkeit überflüssig sein würde. Ihr Eindruck, es ließ<lb/> sich nicht verkeimen, war damals entschiede» günstig; nnr i» den reservirten Logen<lb/> Werten herrliche Stimmen davon, der ganze Mann, seine Kleidung, seine Be¬<lb/> wegung erinnern an das boshafte Spottwort, welches ihm die Reise Wer die<lb/> Neichsmiuistcrpvrtefcuilles zugezogen. Aber dem Publicum imponirte die etwas<lb/> ".esnchte und in München nicht eben gewöhnliche Eleganz de5 Kleidung, wenn sie<lb/> «As) glitzernde Uhrkette, blitzende Ringe, goldene Brille, allznwvhlfrisirtes Haar,<lb/> etwas Ostentation der seinen Wäsche und des Nvckschnittes offenbar keineswegs'<lb/> ^schmäht. Es gebe eben Aeußerlichkeiten -- behaupten die Aristokraten — an<lb/> denen sich der geborene von dem gewordenen Vornehmen blitzschnell unterscheide»<lb/> i"sse. Aber nun sprach Hr. v. d. Pfordten, sprach, damals noch frisch, mit dem</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. IV. 4 8L->. '13</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0101]
Bemerken hingestellt, die wahre öffentliche Meinung könne keine Untersuch»»«,,
noch weniger eine Bestrafung solcher Vorfälle wünschen. — So stand es im
diesseitigen Bayern, seit dem Erlaß der Manifeste vom 2-'>. April und 3. Mai,
während in der Rheinpfalz ein fragloser Aufruhr ganz ungehindert weiter schritt.
Allgemein war die Ansicht verbreitet, die Regierung wünsche einen Vorwand zu
eineiu Staatsstreiche, und rüste sich zu dessen Vollführung, um die Kammern nicht
zusammentreten zu lassen, oder sofort deren Pfälzer Deputirte zu verhaften.
Dies waren die äußern Sachlagen beim Beginne der Amtsführung des Mini¬
steriums Pfordten. Unter solchen Eindrücken eröffnete die Abgeordnetenkammer ihre
1«. Sitzung am -17. Mai, die erste nach der am -u;. geendeter Vertagung, nachdem im
Reichsrathe vergeblich agitirt worden war, um ihr mit einer Sitzung zuvorzukommen,
damit das Gouvernement erkenne, wo der eigentliche und wahre Patriotismus zu
suchen sei. Heute fluchten die ultranioutanen Blätter über die Entweihung des
Himmelfahrtösestes. Das neue Ministerium trat ein, Hr. v. d. Pfordten zuletzt.
Die Mehrzahl der Abgeordneten und des Publicums kannte ihn persönlich nicht.
Ein wundersames Schweigen schlüpfte durch den Saal, ein Murmeln' folgte.
„Meine Herren, ich eröffne die Sitzung", klang's vom Präsidentenplatze, und die
Mittheilung des Miuisterprogramms ward verkündet. Abermaliges Erwartnngs-
schweigen;" jedoch Hr. v. Kleinschrod verlas es; Den hatte man nicht gemeint.
Hr v. d. Pfordten saß unterdessen unbefangen am Ministertische, und spielte mit
einer Feder. Unmittelbar hinter der ministeriellen Erklärung kam der stürmische
Antrag Kolb'S geflogen: „Die Kammer erklärt, daß sie die Reichsverfassung als
besetz für ganz Deutschland anerkenne; die Kammer behält sich vor, alle gesetz¬
lichen Maßregeln zu ihrer Durchführung anzuwenden, sofort aber eine Commission
ZU ernennen, die eine Adresse, welche die Kammer an die Krone erlassen soll, zu
entwerfen hat." Die Debatte über die Zulässigkeit dieses Antrags brach sturm-
Wig los. Da verlangte plötzlich Hr. v. d. Pfordten das Wort. Er trete vor
den Miuistertisch, jetzt erst sah man ihn recht.
Seitdem hat man ihn in ganz Deutschland so oft und viel gesehen, daß eine
Schilderung seiner Persönlichkeit überflüssig sein würde. Ihr Eindruck, es ließ
sich nicht verkeimen, war damals entschiede» günstig; nnr i» den reservirten Logen
Werten herrliche Stimmen davon, der ganze Mann, seine Kleidung, seine Be¬
wegung erinnern an das boshafte Spottwort, welches ihm die Reise Wer die
Neichsmiuistcrpvrtefcuilles zugezogen. Aber dem Publicum imponirte die etwas
".esnchte und in München nicht eben gewöhnliche Eleganz de5 Kleidung, wenn sie
«As) glitzernde Uhrkette, blitzende Ringe, goldene Brille, allznwvhlfrisirtes Haar,
etwas Ostentation der seinen Wäsche und des Nvckschnittes offenbar keineswegs'
^schmäht. Es gebe eben Aeußerlichkeiten -- behaupten die Aristokraten — an
denen sich der geborene von dem gewordenen Vornehmen blitzschnell unterscheide»
i"sse. Aber nun sprach Hr. v. d. Pfordten, sprach, damals noch frisch, mit dem
Grenzboten. IV. 4 8L->. '13
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