Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.Walliser und Berner Berge bietend, eröffnet er zugleich dem Ange einen freund¬ Nachdem am frühen Margen des 10. August die nochmals ertönender Ka¬ Walliser und Berner Berge bietend, eröffnet er zugleich dem Ange einen freund¬ Nachdem am frühen Margen des 10. August die nochmals ertönender Ka¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0474" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280561"/> <p xml:id="ID_1275" prev="#ID_1274"> Walliser und Berner Berge bietend, eröffnet er zugleich dem Ange einen freund¬<lb/> lichen Blick über das diesseitige, weite Ufer des Sees, mit seinen unendlichen<lb/> reichen Weinbergen und vielen kleinen Städten und Dörfern, bis wo das Jura-<lb/> gebirge die Grenze des nachbarlichen Frankreichs bildet. Die unmittelbare Nähe<lb/> des lebhaften Lausanne's mit seineu ab- und zuströmenden Fremden läßt Einem<lb/> im gleichen Augenblicke den tiefen Frieden der herrlichsten Natur und das bewegte<lb/> Leben der bevölkerten Stadt überblicken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1276" next="#ID_1277"> Nachdem am frühen Margen des 10. August die nochmals ertönender Ka¬<lb/> nonen die Feier des Festes begonnen, beginnen die Zuzüge vou den umliegende»<lb/> Ortschaften, und unter Trommelschlag zieht Alles uach dem Moutbeuou, wo M<lb/> der Festzug ordnet, der in unabsehbarer Menge, bestehend aus Beamten, Bür¬<lb/> gern, Landleuten, Militair, Gendarmen, Knaben, Mädchen, Genossenschaften<lb/> ». f. w. mit Fahnen, Bändern und Blumen geziert, unter dem Vortritt der Mi-<lb/> litairmnsik und einer beträchtlichen Anzahl Trommler, sich langsam und feierlich,<lb/> während des Geläutes sämmtlicher Glocken der Stadt, nach der Hauptkirche Lau¬<lb/> sannes, der alten, ehemals bischöflichen Kathedrale, ziemlich auf dem höchsten<lb/> Punkte der Stadt gelegnen, bewegt. Nach Beendigung eines angeordneten Got¬<lb/> tesdienstes begiebt sich der Zug zurück aus den Festplatz, wo das eigentliche Volks¬<lb/> fest beginnt. Ich habe früher verschiedene Volksfeste und Volksversammlunge"<lb/> u. tgi. im Norden und Süden Deutschlands mit angesehen, nirgends aber noch<lb/> in meinem Leben ein solches Leben, ein solches Feuer, solche Begeisterung, zusam¬<lb/> mengedrängt auf einen verhältnißmäßig immer uoch kleinen Raum, zu beobachten<lb/> Gelegenheit gehabt. Nicht daß sich, wie anderwärts zu geschehen pflegt, Alles<lb/> nach einem gewissen, im Voraus bestimmten Plane abzuwickeln gehabt hätte; — alle<lb/> Berechnung und programmmäßige Durchführung war verschwunden. Bunt durch<lb/> einander, wie Gelegenheit, Raum und Geschmack es gestatteten, wogte die Menge,<lb/> und während hier die rauscheudste Musik die Tanzlustigen uach dem dazu be¬<lb/> stimmte» Platze rief, strömte auf der andern Seite die Menge bald nach diesem,<lb/> bald nach jenem Zelte, aus dem die gewaltige Stimme eines Tvastbringers den<lb/> Lärm der Tausende übertönte, sei es, um in das rauschende Hurrah oder das<lb/> hier übliche taktmäßige Händeklatschen mit einzustimmen, da eben von den Wor¬<lb/> ten selbst meist mir die ganz nahe Stehenden Etwas zu hören im Staude waren.<lb/> Es kauu mir natürlich nicht einfallen, mittheilen zu wollen, was gesprochen worden,<lb/> da dies Einem Menschen unmöglich ist, er müßte denn seine Ohre» z» gleich"<lb/> Zeit in den 20 bis 30 verschiedenen Wirthschaften ans dem Platze gehabt habe»,<lb/> — soviel steht aber sest, daß, wo nur immer Reden erschallten, und das war<lb/> eben immer zu gleicher Zeit an 30 verschiedenen Orten, der Herren Großräthe<lb/> nicht mit sonderlicher Ehrerbietung gedacht wurde. Der Wein spielte natürlich<lb/> bei alle Dem seine angemessene und nothwendige Rolle, und wenn auch dem<lb/> Bacchus uicht solche Opfer gebracht wurde», wie z. B. in Genf, wo während deS</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0474]
Walliser und Berner Berge bietend, eröffnet er zugleich dem Ange einen freund¬
lichen Blick über das diesseitige, weite Ufer des Sees, mit seinen unendlichen
reichen Weinbergen und vielen kleinen Städten und Dörfern, bis wo das Jura-
gebirge die Grenze des nachbarlichen Frankreichs bildet. Die unmittelbare Nähe
des lebhaften Lausanne's mit seineu ab- und zuströmenden Fremden läßt Einem
im gleichen Augenblicke den tiefen Frieden der herrlichsten Natur und das bewegte
Leben der bevölkerten Stadt überblicken.
Nachdem am frühen Margen des 10. August die nochmals ertönender Ka¬
nonen die Feier des Festes begonnen, beginnen die Zuzüge vou den umliegende»
Ortschaften, und unter Trommelschlag zieht Alles uach dem Moutbeuou, wo M
der Festzug ordnet, der in unabsehbarer Menge, bestehend aus Beamten, Bür¬
gern, Landleuten, Militair, Gendarmen, Knaben, Mädchen, Genossenschaften
». f. w. mit Fahnen, Bändern und Blumen geziert, unter dem Vortritt der Mi-
litairmnsik und einer beträchtlichen Anzahl Trommler, sich langsam und feierlich,
während des Geläutes sämmtlicher Glocken der Stadt, nach der Hauptkirche Lau¬
sannes, der alten, ehemals bischöflichen Kathedrale, ziemlich auf dem höchsten
Punkte der Stadt gelegnen, bewegt. Nach Beendigung eines angeordneten Got¬
tesdienstes begiebt sich der Zug zurück aus den Festplatz, wo das eigentliche Volks¬
fest beginnt. Ich habe früher verschiedene Volksfeste und Volksversammlunge"
u. tgi. im Norden und Süden Deutschlands mit angesehen, nirgends aber noch
in meinem Leben ein solches Leben, ein solches Feuer, solche Begeisterung, zusam¬
mengedrängt auf einen verhältnißmäßig immer uoch kleinen Raum, zu beobachten
Gelegenheit gehabt. Nicht daß sich, wie anderwärts zu geschehen pflegt, Alles
nach einem gewissen, im Voraus bestimmten Plane abzuwickeln gehabt hätte; — alle
Berechnung und programmmäßige Durchführung war verschwunden. Bunt durch
einander, wie Gelegenheit, Raum und Geschmack es gestatteten, wogte die Menge,
und während hier die rauscheudste Musik die Tanzlustigen uach dem dazu be¬
stimmte» Platze rief, strömte auf der andern Seite die Menge bald nach diesem,
bald nach jenem Zelte, aus dem die gewaltige Stimme eines Tvastbringers den
Lärm der Tausende übertönte, sei es, um in das rauschende Hurrah oder das
hier übliche taktmäßige Händeklatschen mit einzustimmen, da eben von den Wor¬
ten selbst meist mir die ganz nahe Stehenden Etwas zu hören im Staude waren.
Es kauu mir natürlich nicht einfallen, mittheilen zu wollen, was gesprochen worden,
da dies Einem Menschen unmöglich ist, er müßte denn seine Ohre» z» gleich"
Zeit in den 20 bis 30 verschiedenen Wirthschaften ans dem Platze gehabt habe»,
— soviel steht aber sest, daß, wo nur immer Reden erschallten, und das war
eben immer zu gleicher Zeit an 30 verschiedenen Orten, der Herren Großräthe
nicht mit sonderlicher Ehrerbietung gedacht wurde. Der Wein spielte natürlich
bei alle Dem seine angemessene und nothwendige Rolle, und wenn auch dem
Bacchus uicht solche Opfer gebracht wurde», wie z. B. in Genf, wo während deS
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