Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

genng läßt, uns an solchem gesunden Spaße zu freuen. Der neuere Nestroy mag
sich freuen, dieses Stück ist ein Treffer für ihn.

Das zweite prolongirte Vaudeville sah ich im VsiMvs-Theater, oder, wie ich un¬
längst einen purificirenden Deutschen Professor sagen hörte, im "Schauspielhause der Ver¬
schiedenheiten". Es heißt: I." Kotton av LörMAkr. Wenn unsren Vaudevillistcn der
Stoff ausgeht, gehen sie bei den beliebten Dichtern des Volkes um ein Almosen betteln,
und bei Bvranger findet sich immer was. Der König von Yvctot, die Lisette des
Vvranger u. s. w. kommen nicht mehr von der Bühne, und nun ist Gotton dramatisirt worden.

Gotton ist die Cousine von Frvtillvn, derselben Mentor, von der Bvranger singt:

Sie ist aber auch die Cousine von Lisette, der wirklichen, unsterblichen Lisette, und alle
drei sind Enkelinnen der Großmutter, von der es heißt:

Im ersten Acte wird auch jenes verhängnißvolle Geburtsfest gefeiert; die drei
Enkelinnen haben der alten Großmutter eine Freude machen wollen, und ihr einen freien
Schmaus mit Champagner bereitet. Die gute Großmutter plaudert die Geheimnisse
'hrer Jugend aus, und als sie nach diesen guten Lehren sanft einschläft, fliegen Lisette
U"d Frvtillon zur Thür hinaus, um mit ihren Anbetern, welche ihre Einladungen durch
den Kamin und zum Fenster hineinwerfen. ans den Ball der Eremitage zu fliegen.
Gotton. die häusliche Gotton, deren Leidenschaft die Küche ist, soll indeß daheim
wachen dei der alten Großmutter. Die Enkelin einer solchen Großmutter soll keinen
Anbeter haben? Ist das möglich? Nein, sie hat auch einen Anbeter, nein, sie hat
Zwei. Auch sie ist in Arkadien geboren, auch sie wurde in die Eremitage geladen, und
zwar von einem bildhübschen Husarcntrompeter. und von dem wildhäßlichcn Hauseigen-
thümer. Gottou, die inmitten ihrer Küchenbeschästigungcn Zeit hat, häusliche Be¬
trachtungen anzustellen, entscheidet sich für den Hausherrn, aber sie erfährt, daß die¬
ser Windbeutel verheiratet ist. und ihr Nachbar, der Trompeter, trägt in ihrem
Herzen den Sieg davon. Doch Gotton wirft einen Blick aus die Großmutter, sie
schwankt; da singt der Champagner in der schlummernden Großmama:

u"d Gotton verliert keine Zeit.


Krenzbvten. M, >8!ii. se>

genng läßt, uns an solchem gesunden Spaße zu freuen. Der neuere Nestroy mag
sich freuen, dieses Stück ist ein Treffer für ihn.

Das zweite prolongirte Vaudeville sah ich im VsiMvs-Theater, oder, wie ich un¬
längst einen purificirenden Deutschen Professor sagen hörte, im „Schauspielhause der Ver¬
schiedenheiten". Es heißt: I.» Kotton av LörMAkr. Wenn unsren Vaudevillistcn der
Stoff ausgeht, gehen sie bei den beliebten Dichtern des Volkes um ein Almosen betteln,
und bei Bvranger findet sich immer was. Der König von Yvctot, die Lisette des
Vvranger u. s. w. kommen nicht mehr von der Bühne, und nun ist Gotton dramatisirt worden.

Gotton ist die Cousine von Frvtillvn, derselben Mentor, von der Bvranger singt:

Sie ist aber auch die Cousine von Lisette, der wirklichen, unsterblichen Lisette, und alle
drei sind Enkelinnen der Großmutter, von der es heißt:

Im ersten Acte wird auch jenes verhängnißvolle Geburtsfest gefeiert; die drei
Enkelinnen haben der alten Großmutter eine Freude machen wollen, und ihr einen freien
Schmaus mit Champagner bereitet. Die gute Großmutter plaudert die Geheimnisse
'hrer Jugend aus, und als sie nach diesen guten Lehren sanft einschläft, fliegen Lisette
U"d Frvtillon zur Thür hinaus, um mit ihren Anbetern, welche ihre Einladungen durch
den Kamin und zum Fenster hineinwerfen. ans den Ball der Eremitage zu fliegen.
Gotton. die häusliche Gotton, deren Leidenschaft die Küche ist, soll indeß daheim
wachen dei der alten Großmutter. Die Enkelin einer solchen Großmutter soll keinen
Anbeter haben? Ist das möglich? Nein, sie hat auch einen Anbeter, nein, sie hat
Zwei. Auch sie ist in Arkadien geboren, auch sie wurde in die Eremitage geladen, und
zwar von einem bildhübschen Husarcntrompeter. und von dem wildhäßlichcn Hauseigen-
thümer. Gottou, die inmitten ihrer Küchenbeschästigungcn Zeit hat, häusliche Be¬
trachtungen anzustellen, entscheidet sich für den Hausherrn, aber sie erfährt, daß die¬
ser Windbeutel verheiratet ist. und ihr Nachbar, der Trompeter, trägt in ihrem
Herzen den Sieg davon. Doch Gotton wirft einen Blick aus die Großmutter, sie
schwankt; da singt der Champagner in der schlummernden Großmama:

u»d Gotton verliert keine Zeit.


Krenzbvten. M, >8!ii. se>
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0401" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280488"/>
            <p xml:id="ID_1057" prev="#ID_1056"> genng läßt, uns an solchem gesunden Spaße zu freuen.  Der neuere Nestroy mag<lb/>
sich freuen, dieses Stück ist ein Treffer für ihn.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1058"> Das zweite prolongirte Vaudeville sah ich im VsiMvs-Theater, oder, wie ich un¬<lb/>
längst einen purificirenden Deutschen Professor sagen hörte, im &#x201E;Schauspielhause der Ver¬<lb/>
schiedenheiten".  Es heißt: I.» Kotton av LörMAkr.  Wenn unsren Vaudevillistcn der<lb/>
Stoff ausgeht, gehen sie bei den beliebten Dichtern des Volkes um ein Almosen betteln,<lb/>
und bei Bvranger findet sich immer was.  Der König von Yvctot, die Lisette des<lb/>
Vvranger u. s. w. kommen nicht mehr von der Bühne, und nun ist Gotton dramatisirt worden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1059"> Gotton ist die Cousine von Frvtillvn, derselben Mentor, von der Bvranger singt:</p><lb/>
            <lg xml:id="POEMID_18" type="poem">
              <l/>
            </lg><lb/>
            <p xml:id="ID_1060"> Sie ist aber auch die Cousine von Lisette, der wirklichen, unsterblichen Lisette, und alle<lb/>
drei sind Enkelinnen der Großmutter, von der es heißt:</p><lb/>
            <lg xml:id="POEMID_19" type="poem">
              <l/>
            </lg><lb/>
            <p xml:id="ID_1061"> Im ersten Acte wird auch jenes verhängnißvolle Geburtsfest gefeiert; die drei<lb/>
Enkelinnen haben der alten Großmutter eine Freude machen wollen, und ihr einen freien<lb/>
Schmaus mit Champagner bereitet. Die gute Großmutter plaudert die Geheimnisse<lb/>
'hrer Jugend aus, und als sie nach diesen guten Lehren sanft einschläft, fliegen Lisette<lb/>
U"d Frvtillon zur Thür hinaus, um mit ihren Anbetern, welche ihre Einladungen durch<lb/>
den Kamin und zum Fenster hineinwerfen. ans den Ball der Eremitage zu fliegen.<lb/>
Gotton. die häusliche Gotton, deren Leidenschaft die Küche ist, soll indeß daheim<lb/>
wachen dei der alten Großmutter. Die Enkelin einer solchen Großmutter soll keinen<lb/>
Anbeter haben? Ist das möglich? Nein, sie hat auch einen Anbeter, nein, sie hat<lb/>
Zwei. Auch sie ist in Arkadien geboren, auch sie wurde in die Eremitage geladen, und<lb/>
zwar von einem bildhübschen Husarcntrompeter. und von dem wildhäßlichcn Hauseigen-<lb/>
thümer. Gottou, die inmitten ihrer Küchenbeschästigungcn Zeit hat, häusliche Be¬<lb/>
trachtungen anzustellen, entscheidet sich für den Hausherrn, aber sie erfährt, daß die¬<lb/>
ser Windbeutel verheiratet ist. und ihr Nachbar, der Trompeter, trägt in ihrem<lb/>
Herzen den Sieg davon. Doch Gotton wirft einen Blick aus die Großmutter, sie<lb/>
schwankt; da singt der Champagner in der schlummernden Großmama:</p><lb/>
            <lg xml:id="POEMID_20" type="poem">
              <l/>
            </lg><lb/>
            <p xml:id="ID_1062"> u»d Gotton verliert keine Zeit.</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Krenzbvten. M, &gt;8!ii. se&gt;</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0401] genng läßt, uns an solchem gesunden Spaße zu freuen. Der neuere Nestroy mag sich freuen, dieses Stück ist ein Treffer für ihn. Das zweite prolongirte Vaudeville sah ich im VsiMvs-Theater, oder, wie ich un¬ längst einen purificirenden Deutschen Professor sagen hörte, im „Schauspielhause der Ver¬ schiedenheiten". Es heißt: I.» Kotton av LörMAkr. Wenn unsren Vaudevillistcn der Stoff ausgeht, gehen sie bei den beliebten Dichtern des Volkes um ein Almosen betteln, und bei Bvranger findet sich immer was. Der König von Yvctot, die Lisette des Vvranger u. s. w. kommen nicht mehr von der Bühne, und nun ist Gotton dramatisirt worden. Gotton ist die Cousine von Frvtillvn, derselben Mentor, von der Bvranger singt: Sie ist aber auch die Cousine von Lisette, der wirklichen, unsterblichen Lisette, und alle drei sind Enkelinnen der Großmutter, von der es heißt: Im ersten Acte wird auch jenes verhängnißvolle Geburtsfest gefeiert; die drei Enkelinnen haben der alten Großmutter eine Freude machen wollen, und ihr einen freien Schmaus mit Champagner bereitet. Die gute Großmutter plaudert die Geheimnisse 'hrer Jugend aus, und als sie nach diesen guten Lehren sanft einschläft, fliegen Lisette U"d Frvtillon zur Thür hinaus, um mit ihren Anbetern, welche ihre Einladungen durch den Kamin und zum Fenster hineinwerfen. ans den Ball der Eremitage zu fliegen. Gotton. die häusliche Gotton, deren Leidenschaft die Küche ist, soll indeß daheim wachen dei der alten Großmutter. Die Enkelin einer solchen Großmutter soll keinen Anbeter haben? Ist das möglich? Nein, sie hat auch einen Anbeter, nein, sie hat Zwei. Auch sie ist in Arkadien geboren, auch sie wurde in die Eremitage geladen, und zwar von einem bildhübschen Husarcntrompeter. und von dem wildhäßlichcn Hauseigen- thümer. Gottou, die inmitten ihrer Küchenbeschästigungcn Zeit hat, häusliche Be¬ trachtungen anzustellen, entscheidet sich für den Hausherrn, aber sie erfährt, daß die¬ ser Windbeutel verheiratet ist. und ihr Nachbar, der Trompeter, trägt in ihrem Herzen den Sieg davon. Doch Gotton wirft einen Blick aus die Großmutter, sie schwankt; da singt der Champagner in der schlummernden Großmama: u»d Gotton verliert keine Zeit. Krenzbvten. M, >8!ii. se>

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/401
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/401>, abgerufen am 04.07.2024.