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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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weißen Saal und der neu erbauten Schloßcapelle. Die ebenfalls von Ionischen
Säulen getragene, in einzelne gewölbte Felder getheilte Decke der Treppe wird
jetzt mit Malereien in leuchtender Farbenpracht reich geschmückt. Eine hölzerne
Wendeltreppe auf der gegenüberliegenden Seite bildet den Aufgang für die in
der Capelle beschäftigten Künstler, sowie sür diejenigen Personen, denen ein Besuch
gestattet ist.

Das Innere der Capelle bildet einen cylindersörmigen Raum, der durch seine
schlauke Höhe -- -108 Fuß im Perpendikel der Mitte -- imponirt. Vom Fu߬
boden steigen vier breite und flache Nischen und, in wechselnder Folge mit diesen,
vier schmälere und verhältnißmäßig tiefere Nnndnischen empor. Die erstem sind
durch hvchgeschwnngenc Halbkreisbögen, die letztern durch Halbkuppeln uach oben
abgeschlossen. In zweien der breitern Nischen liegen die beiden Eingangsthüren
einander gegenüber; in der nach dem Hose zu belegenen soll der Altar aufge¬
stellt werden.

Ueber jenen Rundbogen, welche hier mit ihren Pfeilern das eigentlich
tragende Element der Architektur ausmachen, springt ringsum ein. starker Sims
hervor, den der Baumeister zu einer Galerie benutzte. Von dieser aus erheben
sich die von den Fenstern unterbrochenen Pfeiler des achteckigen Tambours, welche
wieder durch Rundbögen verbunden werden. Die gegliederten Pfeiler tragen aus
dem am Meisten hervortretenden Pilaster jeder Gruppe eine Statue. Darüber
folgt ein zweiter Sims, und dann die aus achtzehn Rippen und eben so vielen
dreieckigen Abschnitten zusammenstrebcnde Knppelwölbung, deren Mitte durch
einen mit matt geschliffenem Glase ausgefüllten Kranz eingenommen wird.

Dies sind die einfach edlen und doch mannichfach gegliederten architektoni¬
schen Formen, in denen der Baumeister Schadow den Capellenban emporgerichtet.
Aber ihre Einfachheit wird verschwinden unter einem alle Flächen und Räume
an Pfeilern und Nischen, wie an den Wölbungen überziehenden Teppich von
Gold- und Farbeuprunk. Die Malerei der Kuppel, vou Daege, Hopfgarten und
Steinbrück in Wachsfarben ausgeführt,, ist bereits vollendet. In drei stufenweise
sich vereugerndeu Kreisen folgen einander zwei Reihen singender und muficirender
Engelsgestalten, und darüber eine Reihe vou paarweise gruppirten, doppelt beflü¬
gelter Köpfen der heiligem Engel. Der übrige Raum der Decke ist mit leuch-
tenden Noth und malerischem Ornamente ausgefüllt.

In den obern, halbrunden Theil der flachen Nischen kommen die zum Theil
schon begonnenen vier Hauptgemälde: die Geburt des Heilandes, die Ausgießung
des heiligen Geistes, das Abendmahl, die Auferstehung; in die Halbkuppeln der
Rundnischen je ein Evangelist. Ringsumher, an den Haupt- und Seitenfläche"
der Pfeiler, wird in doppelter Reihe über einander ein tirchengeschichtlichcs Pano¬
rama sich ausbreiten. Gestalten der Bibel eröffnen dasselbe: die Patriarchen,
die Richter, die Propheten, die Apostel. Dann folgen die christlichen Märtyrer


weißen Saal und der neu erbauten Schloßcapelle. Die ebenfalls von Ionischen
Säulen getragene, in einzelne gewölbte Felder getheilte Decke der Treppe wird
jetzt mit Malereien in leuchtender Farbenpracht reich geschmückt. Eine hölzerne
Wendeltreppe auf der gegenüberliegenden Seite bildet den Aufgang für die in
der Capelle beschäftigten Künstler, sowie sür diejenigen Personen, denen ein Besuch
gestattet ist.

Das Innere der Capelle bildet einen cylindersörmigen Raum, der durch seine
schlauke Höhe — -108 Fuß im Perpendikel der Mitte — imponirt. Vom Fu߬
boden steigen vier breite und flache Nischen und, in wechselnder Folge mit diesen,
vier schmälere und verhältnißmäßig tiefere Nnndnischen empor. Die erstem sind
durch hvchgeschwnngenc Halbkreisbögen, die letztern durch Halbkuppeln uach oben
abgeschlossen. In zweien der breitern Nischen liegen die beiden Eingangsthüren
einander gegenüber; in der nach dem Hose zu belegenen soll der Altar aufge¬
stellt werden.

Ueber jenen Rundbogen, welche hier mit ihren Pfeilern das eigentlich
tragende Element der Architektur ausmachen, springt ringsum ein. starker Sims
hervor, den der Baumeister zu einer Galerie benutzte. Von dieser aus erheben
sich die von den Fenstern unterbrochenen Pfeiler des achteckigen Tambours, welche
wieder durch Rundbögen verbunden werden. Die gegliederten Pfeiler tragen aus
dem am Meisten hervortretenden Pilaster jeder Gruppe eine Statue. Darüber
folgt ein zweiter Sims, und dann die aus achtzehn Rippen und eben so vielen
dreieckigen Abschnitten zusammenstrebcnde Knppelwölbung, deren Mitte durch
einen mit matt geschliffenem Glase ausgefüllten Kranz eingenommen wird.

Dies sind die einfach edlen und doch mannichfach gegliederten architektoni¬
schen Formen, in denen der Baumeister Schadow den Capellenban emporgerichtet.
Aber ihre Einfachheit wird verschwinden unter einem alle Flächen und Räume
an Pfeilern und Nischen, wie an den Wölbungen überziehenden Teppich von
Gold- und Farbeuprunk. Die Malerei der Kuppel, vou Daege, Hopfgarten und
Steinbrück in Wachsfarben ausgeführt,, ist bereits vollendet. In drei stufenweise
sich vereugerndeu Kreisen folgen einander zwei Reihen singender und muficirender
Engelsgestalten, und darüber eine Reihe vou paarweise gruppirten, doppelt beflü¬
gelter Köpfen der heiligem Engel. Der übrige Raum der Decke ist mit leuch-
tenden Noth und malerischem Ornamente ausgefüllt.

In den obern, halbrunden Theil der flachen Nischen kommen die zum Theil
schon begonnenen vier Hauptgemälde: die Geburt des Heilandes, die Ausgießung
des heiligen Geistes, das Abendmahl, die Auferstehung; in die Halbkuppeln der
Rundnischen je ein Evangelist. Ringsumher, an den Haupt- und Seitenfläche»
der Pfeiler, wird in doppelter Reihe über einander ein tirchengeschichtlichcs Pano¬
rama sich ausbreiten. Gestalten der Bibel eröffnen dasselbe: die Patriarchen,
die Richter, die Propheten, die Apostel. Dann folgen die christlichen Märtyrer


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[0392] weißen Saal und der neu erbauten Schloßcapelle. Die ebenfalls von Ionischen Säulen getragene, in einzelne gewölbte Felder getheilte Decke der Treppe wird jetzt mit Malereien in leuchtender Farbenpracht reich geschmückt. Eine hölzerne Wendeltreppe auf der gegenüberliegenden Seite bildet den Aufgang für die in der Capelle beschäftigten Künstler, sowie sür diejenigen Personen, denen ein Besuch gestattet ist. Das Innere der Capelle bildet einen cylindersörmigen Raum, der durch seine schlauke Höhe — -108 Fuß im Perpendikel der Mitte — imponirt. Vom Fu߬ boden steigen vier breite und flache Nischen und, in wechselnder Folge mit diesen, vier schmälere und verhältnißmäßig tiefere Nnndnischen empor. Die erstem sind durch hvchgeschwnngenc Halbkreisbögen, die letztern durch Halbkuppeln uach oben abgeschlossen. In zweien der breitern Nischen liegen die beiden Eingangsthüren einander gegenüber; in der nach dem Hose zu belegenen soll der Altar aufge¬ stellt werden. Ueber jenen Rundbogen, welche hier mit ihren Pfeilern das eigentlich tragende Element der Architektur ausmachen, springt ringsum ein. starker Sims hervor, den der Baumeister zu einer Galerie benutzte. Von dieser aus erheben sich die von den Fenstern unterbrochenen Pfeiler des achteckigen Tambours, welche wieder durch Rundbögen verbunden werden. Die gegliederten Pfeiler tragen aus dem am Meisten hervortretenden Pilaster jeder Gruppe eine Statue. Darüber folgt ein zweiter Sims, und dann die aus achtzehn Rippen und eben so vielen dreieckigen Abschnitten zusammenstrebcnde Knppelwölbung, deren Mitte durch einen mit matt geschliffenem Glase ausgefüllten Kranz eingenommen wird. Dies sind die einfach edlen und doch mannichfach gegliederten architektoni¬ schen Formen, in denen der Baumeister Schadow den Capellenban emporgerichtet. Aber ihre Einfachheit wird verschwinden unter einem alle Flächen und Räume an Pfeilern und Nischen, wie an den Wölbungen überziehenden Teppich von Gold- und Farbeuprunk. Die Malerei der Kuppel, vou Daege, Hopfgarten und Steinbrück in Wachsfarben ausgeführt,, ist bereits vollendet. In drei stufenweise sich vereugerndeu Kreisen folgen einander zwei Reihen singender und muficirender Engelsgestalten, und darüber eine Reihe vou paarweise gruppirten, doppelt beflü¬ gelter Köpfen der heiligem Engel. Der übrige Raum der Decke ist mit leuch- tenden Noth und malerischem Ornamente ausgefüllt. In den obern, halbrunden Theil der flachen Nischen kommen die zum Theil schon begonnenen vier Hauptgemälde: die Geburt des Heilandes, die Ausgießung des heiligen Geistes, das Abendmahl, die Auferstehung; in die Halbkuppeln der Rundnischen je ein Evangelist. Ringsumher, an den Haupt- und Seitenfläche» der Pfeiler, wird in doppelter Reihe über einander ein tirchengeschichtlichcs Pano¬ rama sich ausbreiten. Gestalten der Bibel eröffnen dasselbe: die Patriarchen, die Richter, die Propheten, die Apostel. Dann folgen die christlichen Märtyrer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/392>, abgerufen am 04.07.2024.