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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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wendig ist, leuchtete ein Negcrbnbe mich dnrch das Labyrinth der engsten Gänge
zu meinem Hotel. Als ich den Laden des Fensters meiner Schlafstube öffnete,
schimmerte, vom hellen Licht des Mondes beleuchtet, die weiße abgestufte Häuser¬
masse der Stadt mir entgegen, während das mattglänzende Meer den Horizont
begrenzte. Noch eine ganze Weile genoß ich diesen eigenthümlichen Anblick, bis
ich endlich mein breites Bett, das zum nothwendigen Schutz gegen die Mücken
mit einem dichten Mnskitouetz umgeben war, aufsuchte, mich zu neuen Anstren¬
gungen, aber auch zu neuen Genüssen des folgenden Tages durch sanften Schlaf
zu stärken.




Italien drei Winter nach der Revolution.
II. Rom.

Die steigende Unsicherheit der Landstraße von Neapel über Capua und Terra-
cina nach Rom, und der geringere Zeitaufwand lassen den Reisenden häufig die
Seefahrt nach Civitavecchia vorziehe", auf welchem Wege man, wenn nicht beson¬
dere Störungen vorfallen, in ungefähr 15 Stunden die alte Hauptstadt der
Christenheit erreicht. Wir verließen Neapel am Bord des "Vulcano" in den
Abendstunden, trafen aber dermaßen ungünstiges Wetter, daß wir erst am Nach¬
mittag des darauf folgenden Tages in Civitavecchia landeten. Hier wiederholte
sich das unerquickliche Schauspiel der Neapolitanischen Mauthiuquisitivu, und wahr¬
scheinlich ärgerlich darüber, daß ich es vorzog, meinen Koffer offnen und durch-
suchen zu lassen, als mich mit einem blanken Silberstück abzufinden, confiscirte man
mir zwei kleine Hefte, die ich mir in Paris zur Neiselectnre gekauft hatte. Jedoch
erhielt ich die Zusicherung, dieselben ans Anfrage vom Ministerium des Innern
ni Rom wieder zurückerstattet zu erhalten. In Folge dieser Verzögerungen er¬
reichten wir in einer schlechten Postkutsche, mit zerschlagenen Gliedern, erst nach
Mitternacht, unter dem fürchterlichsten Platzregen das Ziel unsrer Reise. Obschon
das Gepäck in Civitavecchia amtlich ploinbirt worden war, machte man bei der An¬
kunft am Stadthor dennoch Miene, uns, trotz der späten Nachtstunde, nach der
Dogana zu schicken, -- allein es scheint dies nur ein wohlberechneter Kniff ge¬
wesen zu sein, uns zu einer Geldabfindnng bereitwilliger zu stimmen. Denn nach¬
dem wir nach zähem Unterhandeln dem Zollbeamten 1 Piaster (2 si. C.-M.) und
deu habgierig geschäftigen Fachini, für das bloße Abschneiden der plombirten
Stricke an unsren Koffern, außerdem ein Paar Franken bezahlt hatten, ließ man
n"ö ungehindert uach dem Hotel de l'Allemagne fahren. Das Volk der Fachini
^se hier wo möglich noch unausstehlicher, als in Neapel, und wenn man nicht Alles
"u Voraus abhandelt, so endet jeder Verkehr mit ihnen in einem ärgerlichen


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wendig ist, leuchtete ein Negcrbnbe mich dnrch das Labyrinth der engsten Gänge
zu meinem Hotel. Als ich den Laden des Fensters meiner Schlafstube öffnete,
schimmerte, vom hellen Licht des Mondes beleuchtet, die weiße abgestufte Häuser¬
masse der Stadt mir entgegen, während das mattglänzende Meer den Horizont
begrenzte. Noch eine ganze Weile genoß ich diesen eigenthümlichen Anblick, bis
ich endlich mein breites Bett, das zum nothwendigen Schutz gegen die Mücken
mit einem dichten Mnskitouetz umgeben war, aufsuchte, mich zu neuen Anstren¬
gungen, aber auch zu neuen Genüssen des folgenden Tages durch sanften Schlaf
zu stärken.




Italien drei Winter nach der Revolution.
II. Rom.

Die steigende Unsicherheit der Landstraße von Neapel über Capua und Terra-
cina nach Rom, und der geringere Zeitaufwand lassen den Reisenden häufig die
Seefahrt nach Civitavecchia vorziehe», auf welchem Wege man, wenn nicht beson¬
dere Störungen vorfallen, in ungefähr 15 Stunden die alte Hauptstadt der
Christenheit erreicht. Wir verließen Neapel am Bord des „Vulcano" in den
Abendstunden, trafen aber dermaßen ungünstiges Wetter, daß wir erst am Nach¬
mittag des darauf folgenden Tages in Civitavecchia landeten. Hier wiederholte
sich das unerquickliche Schauspiel der Neapolitanischen Mauthiuquisitivu, und wahr¬
scheinlich ärgerlich darüber, daß ich es vorzog, meinen Koffer offnen und durch-
suchen zu lassen, als mich mit einem blanken Silberstück abzufinden, confiscirte man
mir zwei kleine Hefte, die ich mir in Paris zur Neiselectnre gekauft hatte. Jedoch
erhielt ich die Zusicherung, dieselben ans Anfrage vom Ministerium des Innern
ni Rom wieder zurückerstattet zu erhalten. In Folge dieser Verzögerungen er¬
reichten wir in einer schlechten Postkutsche, mit zerschlagenen Gliedern, erst nach
Mitternacht, unter dem fürchterlichsten Platzregen das Ziel unsrer Reise. Obschon
das Gepäck in Civitavecchia amtlich ploinbirt worden war, machte man bei der An¬
kunft am Stadthor dennoch Miene, uns, trotz der späten Nachtstunde, nach der
Dogana zu schicken, — allein es scheint dies nur ein wohlberechneter Kniff ge¬
wesen zu sein, uns zu einer Geldabfindnng bereitwilliger zu stimmen. Denn nach¬
dem wir nach zähem Unterhandeln dem Zollbeamten 1 Piaster (2 si. C.-M.) und
deu habgierig geschäftigen Fachini, für das bloße Abschneiden der plombirten
Stricke an unsren Koffern, außerdem ein Paar Franken bezahlt hatten, ließ man
n»ö ungehindert uach dem Hotel de l'Allemagne fahren. Das Volk der Fachini
^se hier wo möglich noch unausstehlicher, als in Neapel, und wenn man nicht Alles
"u Voraus abhandelt, so endet jeder Verkehr mit ihnen in einem ärgerlichen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/379>, abgerufen am 04.07.2024.