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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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nahm mit seiner Ladung die Breite der engen Gassen so ein, daß man nur mit
Mühe bei ihnen vorbeikommen konnte. Häßliche widerliche Geschöpfe, diese nütz¬
lichen Thiere! nud besonders ihr Geschrei ist so unharmonischer Art, daß selbst
das- des Esels dagegen wohllautend erscheint. In Algerien bestreicht man die
Kameele zum Schutz gegen das Ungeziefer mit einer Mischung von Theer und
Braunroth an den besonders ausgesetzten Stellen, welche Bemalung gerade nicht
dazu beiträgt, ihr Ansehen zu verschönern. Den hohen Kameelen mit ihren langen
Hälsen folgte ein kleines mageres Eselein, so mit grünen Gewächsen bepackt, daß
es fast einem wandernden Gebüsche glich. Trotz dieser Last saß der Besitzer des¬
selben, ein alter Maure, noch auf einem breiten Packsattel zwischen den umgehan-
genen Körben, bedächtig dabei den Dampf ans einer langen Pfeife, deren Nohr
er über des geduldigen Thieres Kops hinweghiclt, einziehend und wieder fort¬
blasend. Ein vornehmer Türke,, der einen Spazierritt machen wollte, folgte bald
darauf. Die Mähnen und Schweifhaare seines milchweißen Hengstes waren rosen¬
roth angemalt, wa,s gar nicht so übel aussieht. Ein prächtiges Zaumzeug von
breiten purpurrothen Sammetstreifen, reich mit Gold gestickt, umschloß den feinen
Kopf des Thieres, das vor Ungeduld über den langsamen Schritt, zu dem es wegen
des Gedränges in den engen Gassen gezwungen war, sein goldenes Gebiß mit Schaum
bedeckte. In bunter, malerischer, noch echt Türkischer Kleidung' saß der Besitzer in dem
hohen Arabischen Sattel, der mit seiner Rücken- und Vordcrlehne fast einem Lehnstuhle
gleicht. Seine Füße, mit rothen Saffianschuhen bekleidet, ruhten in den breiten schau-
felähnlichcn Steigbügeln, die zugleich als Sporen dienen; rothe weite Pantalons
überdeckten die Beine, ein himmelblauer Kaftan mit kostbarem Pelz besetzt, von
einem schönen Shawl in der Mitte als Gürtel zusammengehalten, diente als
Obergewand. Ein Neiherbusch wehte ans dem weiß und rothen Turban, der tief
aus die Stirn des von einem langen, weißen, bis auf die Brust heruiederwallen-
den Bart umflossenen Gesichts gedrückt war. Zwei reich in Scharlach und Gold
gekleidete Negersclaven folgten aus kleinen feurigen Hengsten zur Bedienung. Lange
nicht so malerisch sahen die Maurischer Frauen höherer Stände aus, die so eben
nach einem Bade zu gehen schienen. Ganz in weite, weiße Gewänder, in denen
nur für die dunklen blitzenden Augen ein Paar kleine Oeffnungen gelassen sind,
gehüllt, glichen sie fast wandelnden Mumien. Mehrere schwarze Eunuchen und
andere Sclaven begleiteten dieselben, mit strenger Macht die Annäherung aller
Unberufenen verhindernd. Was die vornehmen Maurischer Damen zu viel an
Kleidung trugen, scheinen die zahlreich herumlaufenden Negerinnen dafür wieder
zu entbehren, denn nicht viel mehr wie zur Hälfte war ihr wohlgerundeter schwar¬
zer Körper bedeckt. So sah ich z. B. ein junges Negermädchen von 17--^
Jahren mit kohlschwarzer Sammethaut, dunkle", feurig blitzenden Augen, eine Reihe
Zähne wie aus Elfenbein in dem ton purpurrothen aufgeworfenen Lippen umsäum¬
ten Mund, und mit rund und voll geformten Umrissen des übrigen Körpers, welche


nahm mit seiner Ladung die Breite der engen Gassen so ein, daß man nur mit
Mühe bei ihnen vorbeikommen konnte. Häßliche widerliche Geschöpfe, diese nütz¬
lichen Thiere! nud besonders ihr Geschrei ist so unharmonischer Art, daß selbst
das- des Esels dagegen wohllautend erscheint. In Algerien bestreicht man die
Kameele zum Schutz gegen das Ungeziefer mit einer Mischung von Theer und
Braunroth an den besonders ausgesetzten Stellen, welche Bemalung gerade nicht
dazu beiträgt, ihr Ansehen zu verschönern. Den hohen Kameelen mit ihren langen
Hälsen folgte ein kleines mageres Eselein, so mit grünen Gewächsen bepackt, daß
es fast einem wandernden Gebüsche glich. Trotz dieser Last saß der Besitzer des¬
selben, ein alter Maure, noch auf einem breiten Packsattel zwischen den umgehan-
genen Körben, bedächtig dabei den Dampf ans einer langen Pfeife, deren Nohr
er über des geduldigen Thieres Kops hinweghiclt, einziehend und wieder fort¬
blasend. Ein vornehmer Türke,, der einen Spazierritt machen wollte, folgte bald
darauf. Die Mähnen und Schweifhaare seines milchweißen Hengstes waren rosen¬
roth angemalt, wa,s gar nicht so übel aussieht. Ein prächtiges Zaumzeug von
breiten purpurrothen Sammetstreifen, reich mit Gold gestickt, umschloß den feinen
Kopf des Thieres, das vor Ungeduld über den langsamen Schritt, zu dem es wegen
des Gedränges in den engen Gassen gezwungen war, sein goldenes Gebiß mit Schaum
bedeckte. In bunter, malerischer, noch echt Türkischer Kleidung' saß der Besitzer in dem
hohen Arabischen Sattel, der mit seiner Rücken- und Vordcrlehne fast einem Lehnstuhle
gleicht. Seine Füße, mit rothen Saffianschuhen bekleidet, ruhten in den breiten schau-
felähnlichcn Steigbügeln, die zugleich als Sporen dienen; rothe weite Pantalons
überdeckten die Beine, ein himmelblauer Kaftan mit kostbarem Pelz besetzt, von
einem schönen Shawl in der Mitte als Gürtel zusammengehalten, diente als
Obergewand. Ein Neiherbusch wehte ans dem weiß und rothen Turban, der tief
aus die Stirn des von einem langen, weißen, bis auf die Brust heruiederwallen-
den Bart umflossenen Gesichts gedrückt war. Zwei reich in Scharlach und Gold
gekleidete Negersclaven folgten aus kleinen feurigen Hengsten zur Bedienung. Lange
nicht so malerisch sahen die Maurischer Frauen höherer Stände aus, die so eben
nach einem Bade zu gehen schienen. Ganz in weite, weiße Gewänder, in denen
nur für die dunklen blitzenden Augen ein Paar kleine Oeffnungen gelassen sind,
gehüllt, glichen sie fast wandelnden Mumien. Mehrere schwarze Eunuchen und
andere Sclaven begleiteten dieselben, mit strenger Macht die Annäherung aller
Unberufenen verhindernd. Was die vornehmen Maurischer Damen zu viel an
Kleidung trugen, scheinen die zahlreich herumlaufenden Negerinnen dafür wieder
zu entbehren, denn nicht viel mehr wie zur Hälfte war ihr wohlgerundeter schwar¬
zer Körper bedeckt. So sah ich z. B. ein junges Negermädchen von 17—^
Jahren mit kohlschwarzer Sammethaut, dunkle», feurig blitzenden Augen, eine Reihe
Zähne wie aus Elfenbein in dem ton purpurrothen aufgeworfenen Lippen umsäum¬
ten Mund, und mit rund und voll geformten Umrissen des übrigen Körpers, welche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/372>, abgerufen am 04.07.2024.