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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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rathete nachher Oehleuschläger's Schwester.) Aber eben so wichtig war die Be¬
kanntschaft mit Werther, den Räubern, Götz, Fiesco n. s. w., die damals noch
als eine sehr schädliche Lecture galten. Oehlenschlägcr erzählt eine sehr komische
Geschichte, wie die Lectüre des Werther ans einen seiner Freunde beinahe den
Einfluß ausgeübt hätte, ihn zu einem zweiten Werther zu machen.") Im Jahre
1800 wurde an der Universität die Preisfrage aufgestellt: Wäre es nützlich für
die schöne Literatur des Nordens, wenn die alte nordische Mythologie eingeführt
und statt der Griechischen allgemein angenommen würde? Oehlenschlägcr machte
sich an diese Aufgabe, obgleich er eigentlich Jurisprudenz studirte, und erhielt
ein Accessit, was in sofern wichtig für ihn war, als es seinen spätern Eintritt
in die Universität vermittelte. Als damals Baggeseu nach dem Continent abreiste,
übergab er dem jungen Dichter, der ihn bei einem Festmahl angesungen hatte,
seine Dänische Lyra. Dieser hatte schon damals das Gefühl, daß er bestimmt
sei, die Dänische Poesie auf eine höhere Stufe zu erheben. Die Bekanntschaft
mit Jean Paul's Werken, so wie mit den spätern Dramen von Schiller, die da¬
mals im Manuscript uach Dänemark kamen, weil der Deutsche Dichter von dort



*) Ich theile die Geschichte mit, weil sie zu hübsch ist. "Eines Tages kam er finster
"ut bewegt zu mir hinauf, nahm eine Pistole, Pulver und Kugel' ans der Tasche, und erzählte
mir, daß er um auf den Assistenzkirchhof ginge und sich eine Kugel durch den Kopf schieße,
da er sich verliebt habe und seine Geliebte ihn nicht wieder liebe; dies wurde er nun zwar
ertragen haben, aber daß sie ihn verachte, das könne er nicht überleben. Mir blieb der Ver¬
stand stehen. "Bist Du toll?" rfcs ich, "das wird nie geschehen." -- ""Willst Dn mich daran
verhindern?"" fragte er erstaunt. ""Das hätte ich nie geglaubt. Ich glaubte gerade bei
Dir Untcrstüjznng zu finden, und deshalb bist Du der einzige Mensch, dem ich's anvertraue,
"ud von dem ich Abschied nehme, da ich doch ein Herz haben ausi.,vor dem ich mich aus¬
schütten kann."" Ich machte ihm alle möglichen Vorstellungen, um ihn von dem Verrückte"
in seinem Unternehmen zu überzeugen. "Werther", sagte ich, "schoß sich gerade todt, weil
Lotte ihn liebte und ihn nicht bekommen konnte. Wie kann mau sich tödten, weil man von
einem Mädchen verachtet wird? Wie die Liebe Gegenliebe weckt, muß ja unverdiente Ver¬
achtung wieder Verachtung i" einer hohen Seele wecken." -- Es half Alles Nichts; er wollte
sich erschießen, weil sie ihn verachtete. Nun nahm ich die Pistole, steckte sie in die Tasche
"ut sagte: "Wenn Du ein ehrlicher Kerl bist, so gehst Dn nicht, bis ich wiederkomme, darauf
wirst Du mir Dem Ehrenwort geben." Das gab er. -- "Es muß ein Mistvcrständuiß sein",
sagte ich. "Nun werde ich gleich zu dem Mädchen hinlaufein nud Dir ihre Achtung holen."
Damit ging ich. Ich kannte sie gar nicht, ließ mich melden, und bat, einen Augenblick allein
>">t ihr sprechen zu dürfen. Sie stützte, bat mich aber, ihr in ein anderes Zimmer zu folgen.
Hier nahm ich die Pistole aus der Tasche, hielt sie ihr hin nud sagte, indem ich mich tief
verbeugte: "Mit dieser Pistole wollte mein Freund sich eben erschießen, weil er glaubt, daß
Sie ihn verachten." Sie sank auf einen Stuhl, war einer Ohnmacht nahe, und wenn in
Diesem Angenblick Jemand ins Zimmer gekommen wäre, und hätte die Dame halb todt hingc-
I"nten und einen fremden Mann mit der Pistole in der Hand gesehen, so hätten sie mich ver-
""lthlich als einen Mörder gefaßt. Glücklicher Weise kam Niemand, sie kam wieder zur Basin-
"""N. dankte mir auf das Verbindlichste und versicherte, daß sie die größte Achtung vor meinem
Mcuude habe, obgleich sie gestand, das sie ihn nie lieben könne. "Ja, das ist schon gut",
tagte. ich. "mehr verlangt er nicht." Ich verbeugte mich, eilte nach Hause, und brachte dem
"nglücklichcu die Achtung seiner Schönen; er athmete wieder leicht, beschloß zu leben und
lebte noch viele Jahre."
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rathete nachher Oehleuschläger's Schwester.) Aber eben so wichtig war die Be¬
kanntschaft mit Werther, den Räubern, Götz, Fiesco n. s. w., die damals noch
als eine sehr schädliche Lecture galten. Oehlenschlägcr erzählt eine sehr komische
Geschichte, wie die Lectüre des Werther ans einen seiner Freunde beinahe den
Einfluß ausgeübt hätte, ihn zu einem zweiten Werther zu machen.") Im Jahre
1800 wurde an der Universität die Preisfrage aufgestellt: Wäre es nützlich für
die schöne Literatur des Nordens, wenn die alte nordische Mythologie eingeführt
und statt der Griechischen allgemein angenommen würde? Oehlenschlägcr machte
sich an diese Aufgabe, obgleich er eigentlich Jurisprudenz studirte, und erhielt
ein Accessit, was in sofern wichtig für ihn war, als es seinen spätern Eintritt
in die Universität vermittelte. Als damals Baggeseu nach dem Continent abreiste,
übergab er dem jungen Dichter, der ihn bei einem Festmahl angesungen hatte,
seine Dänische Lyra. Dieser hatte schon damals das Gefühl, daß er bestimmt
sei, die Dänische Poesie auf eine höhere Stufe zu erheben. Die Bekanntschaft
mit Jean Paul's Werken, so wie mit den spätern Dramen von Schiller, die da¬
mals im Manuscript uach Dänemark kamen, weil der Deutsche Dichter von dort



*) Ich theile die Geschichte mit, weil sie zu hübsch ist. „Eines Tages kam er finster
»ut bewegt zu mir hinauf, nahm eine Pistole, Pulver und Kugel' ans der Tasche, und erzählte
mir, daß er um auf den Assistenzkirchhof ginge und sich eine Kugel durch den Kopf schieße,
da er sich verliebt habe und seine Geliebte ihn nicht wieder liebe; dies wurde er nun zwar
ertragen haben, aber daß sie ihn verachte, das könne er nicht überleben. Mir blieb der Ver¬
stand stehen. „Bist Du toll?" rfcs ich, „das wird nie geschehen." — „„Willst Dn mich daran
verhindern?"" fragte er erstaunt. „„Das hätte ich nie geglaubt. Ich glaubte gerade bei
Dir Untcrstüjznng zu finden, und deshalb bist Du der einzige Mensch, dem ich's anvertraue,
»ud von dem ich Abschied nehme, da ich doch ein Herz haben ausi.,vor dem ich mich aus¬
schütten kann."" Ich machte ihm alle möglichen Vorstellungen, um ihn von dem Verrückte»
in seinem Unternehmen zu überzeugen. „Werther", sagte ich, „schoß sich gerade todt, weil
Lotte ihn liebte und ihn nicht bekommen konnte. Wie kann mau sich tödten, weil man von
einem Mädchen verachtet wird? Wie die Liebe Gegenliebe weckt, muß ja unverdiente Ver¬
achtung wieder Verachtung i» einer hohen Seele wecken." — Es half Alles Nichts; er wollte
sich erschießen, weil sie ihn verachtete. Nun nahm ich die Pistole, steckte sie in die Tasche
"ut sagte: „Wenn Du ein ehrlicher Kerl bist, so gehst Dn nicht, bis ich wiederkomme, darauf
wirst Du mir Dem Ehrenwort geben." Das gab er. — „Es muß ein Mistvcrständuiß sein",
sagte ich. „Nun werde ich gleich zu dem Mädchen hinlaufein nud Dir ihre Achtung holen."
Damit ging ich. Ich kannte sie gar nicht, ließ mich melden, und bat, einen Augenblick allein
>">t ihr sprechen zu dürfen. Sie stützte, bat mich aber, ihr in ein anderes Zimmer zu folgen.
Hier nahm ich die Pistole aus der Tasche, hielt sie ihr hin nud sagte, indem ich mich tief
verbeugte: „Mit dieser Pistole wollte mein Freund sich eben erschießen, weil er glaubt, daß
Sie ihn verachten." Sie sank auf einen Stuhl, war einer Ohnmacht nahe, und wenn in
Diesem Angenblick Jemand ins Zimmer gekommen wäre, und hätte die Dame halb todt hingc-
I"nten und einen fremden Mann mit der Pistole in der Hand gesehen, so hätten sie mich ver-
»"lthlich als einen Mörder gefaßt. Glücklicher Weise kam Niemand, sie kam wieder zur Basin-
"""N. dankte mir auf das Verbindlichste und versicherte, daß sie die größte Achtung vor meinem
Mcuude habe, obgleich sie gestand, das sie ihn nie lieben könne. „Ja, das ist schon gut",
tagte. ich. „mehr verlangt er nicht." Ich verbeugte mich, eilte nach Hause, und brachte dem
"nglücklichcu die Achtung seiner Schönen; er athmete wieder leicht, beschloß zu leben und
lebte noch viele Jahre."
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[0331] rathete nachher Oehleuschläger's Schwester.) Aber eben so wichtig war die Be¬ kanntschaft mit Werther, den Räubern, Götz, Fiesco n. s. w., die damals noch als eine sehr schädliche Lecture galten. Oehlenschlägcr erzählt eine sehr komische Geschichte, wie die Lectüre des Werther ans einen seiner Freunde beinahe den Einfluß ausgeübt hätte, ihn zu einem zweiten Werther zu machen.") Im Jahre 1800 wurde an der Universität die Preisfrage aufgestellt: Wäre es nützlich für die schöne Literatur des Nordens, wenn die alte nordische Mythologie eingeführt und statt der Griechischen allgemein angenommen würde? Oehlenschlägcr machte sich an diese Aufgabe, obgleich er eigentlich Jurisprudenz studirte, und erhielt ein Accessit, was in sofern wichtig für ihn war, als es seinen spätern Eintritt in die Universität vermittelte. Als damals Baggeseu nach dem Continent abreiste, übergab er dem jungen Dichter, der ihn bei einem Festmahl angesungen hatte, seine Dänische Lyra. Dieser hatte schon damals das Gefühl, daß er bestimmt sei, die Dänische Poesie auf eine höhere Stufe zu erheben. Die Bekanntschaft mit Jean Paul's Werken, so wie mit den spätern Dramen von Schiller, die da¬ mals im Manuscript uach Dänemark kamen, weil der Deutsche Dichter von dort *) Ich theile die Geschichte mit, weil sie zu hübsch ist. „Eines Tages kam er finster »ut bewegt zu mir hinauf, nahm eine Pistole, Pulver und Kugel' ans der Tasche, und erzählte mir, daß er um auf den Assistenzkirchhof ginge und sich eine Kugel durch den Kopf schieße, da er sich verliebt habe und seine Geliebte ihn nicht wieder liebe; dies wurde er nun zwar ertragen haben, aber daß sie ihn verachte, das könne er nicht überleben. Mir blieb der Ver¬ stand stehen. „Bist Du toll?" rfcs ich, „das wird nie geschehen." — „„Willst Dn mich daran verhindern?"" fragte er erstaunt. „„Das hätte ich nie geglaubt. Ich glaubte gerade bei Dir Untcrstüjznng zu finden, und deshalb bist Du der einzige Mensch, dem ich's anvertraue, »ud von dem ich Abschied nehme, da ich doch ein Herz haben ausi.,vor dem ich mich aus¬ schütten kann."" Ich machte ihm alle möglichen Vorstellungen, um ihn von dem Verrückte» in seinem Unternehmen zu überzeugen. „Werther", sagte ich, „schoß sich gerade todt, weil Lotte ihn liebte und ihn nicht bekommen konnte. Wie kann mau sich tödten, weil man von einem Mädchen verachtet wird? Wie die Liebe Gegenliebe weckt, muß ja unverdiente Ver¬ achtung wieder Verachtung i» einer hohen Seele wecken." — Es half Alles Nichts; er wollte sich erschießen, weil sie ihn verachtete. Nun nahm ich die Pistole, steckte sie in die Tasche "ut sagte: „Wenn Du ein ehrlicher Kerl bist, so gehst Dn nicht, bis ich wiederkomme, darauf wirst Du mir Dem Ehrenwort geben." Das gab er. — „Es muß ein Mistvcrständuiß sein", sagte ich. „Nun werde ich gleich zu dem Mädchen hinlaufein nud Dir ihre Achtung holen." Damit ging ich. Ich kannte sie gar nicht, ließ mich melden, und bat, einen Augenblick allein >">t ihr sprechen zu dürfen. Sie stützte, bat mich aber, ihr in ein anderes Zimmer zu folgen. Hier nahm ich die Pistole aus der Tasche, hielt sie ihr hin nud sagte, indem ich mich tief verbeugte: „Mit dieser Pistole wollte mein Freund sich eben erschießen, weil er glaubt, daß Sie ihn verachten." Sie sank auf einen Stuhl, war einer Ohnmacht nahe, und wenn in Diesem Angenblick Jemand ins Zimmer gekommen wäre, und hätte die Dame halb todt hingc- I"nten und einen fremden Mann mit der Pistole in der Hand gesehen, so hätten sie mich ver- »"lthlich als einen Mörder gefaßt. Glücklicher Weise kam Niemand, sie kam wieder zur Basin- """N. dankte mir auf das Verbindlichste und versicherte, daß sie die größte Achtung vor meinem Mcuude habe, obgleich sie gestand, das sie ihn nie lieben könne. „Ja, das ist schon gut", tagte. ich. „mehr verlangt er nicht." Ich verbeugte mich, eilte nach Hause, und brachte dem "nglücklichcu die Achtung seiner Schönen; er athmete wieder leicht, beschloß zu leben und lebte noch viele Jahre." 41 *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/331>, abgerufen am 04.07.2024.