Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.eine sehr schnelle, rasch in einander eingreifende Sprache verlangt, nicht das breite, Zweitens müßte darauf gesehen werden, daß sich eine Gesellschaft constituirt, die Wir glauben mit dieser Ansicht nicht eine Privatmeinung, sondern die Ueberzeugung Aus Jena. -- Die Stockung der politischen Organisation unsers Vater¬ Die Frage nach dem Fortbestehen der kleinen Universitäten kommt möglicher Weise eine sehr schnelle, rasch in einander eingreifende Sprache verlangt, nicht das breite, Zweitens müßte darauf gesehen werden, daß sich eine Gesellschaft constituirt, die Wir glauben mit dieser Ansicht nicht eine Privatmeinung, sondern die Ueberzeugung Aus Jena. — Die Stockung der politischen Organisation unsers Vater¬ Die Frage nach dem Fortbestehen der kleinen Universitäten kommt möglicher Weise <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0239" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280326"/> <p xml:id="ID_641" prev="#ID_640"> eine sehr schnelle, rasch in einander eingreifende Sprache verlangt, nicht das breite,<lb/> bedächtige, bequeme Reden dulden, und er würde den Schauspieler, der dessen nicht<lb/> sähig ist, entweder entfernen oder veranlassen, durch ernste Studien seine Mittel zu<lb/> ergänzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_642"> Zweitens müßte darauf gesehen werden, daß sich eine Gesellschaft constituirt, die<lb/> an ein Zusammenspiel gewöhnt ist, und die mit Liebe an dem Institut hängt, wie es<lb/> in den Zeiten Marr's der Fall war. Das ist aber nicht möglich, so lange alle<lb/> halbe Jahre das halbe Personal wechselt; in diesem Falle wird auch der tüchtigste Re¬<lb/> gisseur seine Aufgabe nicht erfüllen können. Einen solchen Zweck kann man aber nur<lb/> dann erreichen, wenn man die Schauspieler nicht drückt, wenn man sie nicht veranlaßt,<lb/> sich mit allen Kräsicn nach einer Aenderung ihrer Lage zu sehnen. Wir sind keines¬<lb/> wegs sür die unerhörten Gagen der sogenannten Virtuosen; einerseits könnte Leipzig<lb/> das nicht leisten, andererseits ist das Virtuosenthum auch kein großer Gewinn sür die<lb/> Kunst, — aber die nöthige Anzahl von soliden Künstlern kann Leipzig anständig er¬<lb/> halten, und es würde in diesem Fall von einem Wunsch nach Veränderung nicht die<lb/> Rede sein, da die Stadt in anderer Beziehung Vortheile bietet, die man sonst schwerlich<lb/> anderwärts finden möchte.</p><lb/> <p xml:id="ID_643"> Wir glauben mit dieser Ansicht nicht eine Privatmeinung, sondern die Ueberzeugung<lb/> des bei weitem größten Theils des gebildeten Publicums ausgesprochen zu haben. Wer,<lb/> wie wir, davon überzeugt ist, daß die Bühne eine der wichtigsten Bildungsanstalten sür<lb/> das Volk werden soll und kann, wird die Sache nicht ernst genug auffassen können,<lb/> und wir halten serner die Bemerkungen um so weniger sür überflüssig, da sich eine<lb/> gar nicht geringe Zahl respectabler Kräfte und strebsamer Talente erhalten hat, die nur<lb/> einer festen, consequenten und einsichtsvollen Leitung bedürfen, so wie einer passenden<lb/> Ergänzung, um etwas Gutes zu leisten. Wenn es aber in der alten Weise fortgeht,<lb/> so werden auch diese verkümmern, und, was noch schlimmer ist, es werden durch die<lb/> dadurch eintretende Verwilderung des Publicums auch dem künftigen Aufschwung des<lb/> Theaters die unüberstciglichsten Hindernisse in den Weg gelegt.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Aus Jena. </head> <p xml:id="ID_644"> — Die Stockung der politischen Organisation unsers Vater¬<lb/> landes hat unter allen Nachtheilen einer unnatürlich ausgesponnenen Krise auch die<lb/> Stockung aller besondern Bildungstriebe aus den einzelnen Lebensgcbictcn zur Folge.<lb/> Wir Deutsche — darin zu unserm Heil ganz verschieden von den Franzosen — sehen<lb/> im Staat mir das allgemeine Fundament, auf dem sich die individuellen Bildungen<lb/> frei entwickeln sollen. Der Staat ist das allgemeine Recht,, die allgemeine Ordnung,<lb/> die allgemeine Action, nach innen den besondern Kräften ihr Maß setzend, »ach außen<lb/> sie vereinigend; der Staat ist nicht das Alles unmittelbar hervorbringende Gouvernement.<lb/> Das Bedürfniß relativer Selbstorganisation innerhalb des allgemeinen Zwecks war<lb/> 48 selbst in den socialistisch umnebelten Kreisen. Außerdem regte sich der besondere Bil-<lb/> dungstrieb auf allen Lcbcnsgebieten: voreilig, weil er eine allgemeine Grundlage vor¬<lb/> aussetzte, die noch nicht sicher errungen war, aber doch zur rechten Zeit die'besten<lb/> Früchte verheißend. So hielten auch die Universitäten ihren Congreß. Jetzt hat<lb/> Niemand mehr den Muth, Fragen, wie die Zukunft der Universitäten, auch nur theoretisch<lb/> zu erörtern, weil der Zustand unsrer Politik fast keine Voraussetzung mehr zuläßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_645" next="#ID_646"> Die Frage nach dem Fortbestehen der kleinen Universitäten kommt möglicher Weise</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0239]
eine sehr schnelle, rasch in einander eingreifende Sprache verlangt, nicht das breite,
bedächtige, bequeme Reden dulden, und er würde den Schauspieler, der dessen nicht
sähig ist, entweder entfernen oder veranlassen, durch ernste Studien seine Mittel zu
ergänzen.
Zweitens müßte darauf gesehen werden, daß sich eine Gesellschaft constituirt, die
an ein Zusammenspiel gewöhnt ist, und die mit Liebe an dem Institut hängt, wie es
in den Zeiten Marr's der Fall war. Das ist aber nicht möglich, so lange alle
halbe Jahre das halbe Personal wechselt; in diesem Falle wird auch der tüchtigste Re¬
gisseur seine Aufgabe nicht erfüllen können. Einen solchen Zweck kann man aber nur
dann erreichen, wenn man die Schauspieler nicht drückt, wenn man sie nicht veranlaßt,
sich mit allen Kräsicn nach einer Aenderung ihrer Lage zu sehnen. Wir sind keines¬
wegs sür die unerhörten Gagen der sogenannten Virtuosen; einerseits könnte Leipzig
das nicht leisten, andererseits ist das Virtuosenthum auch kein großer Gewinn sür die
Kunst, — aber die nöthige Anzahl von soliden Künstlern kann Leipzig anständig er¬
halten, und es würde in diesem Fall von einem Wunsch nach Veränderung nicht die
Rede sein, da die Stadt in anderer Beziehung Vortheile bietet, die man sonst schwerlich
anderwärts finden möchte.
Wir glauben mit dieser Ansicht nicht eine Privatmeinung, sondern die Ueberzeugung
des bei weitem größten Theils des gebildeten Publicums ausgesprochen zu haben. Wer,
wie wir, davon überzeugt ist, daß die Bühne eine der wichtigsten Bildungsanstalten sür
das Volk werden soll und kann, wird die Sache nicht ernst genug auffassen können,
und wir halten serner die Bemerkungen um so weniger sür überflüssig, da sich eine
gar nicht geringe Zahl respectabler Kräfte und strebsamer Talente erhalten hat, die nur
einer festen, consequenten und einsichtsvollen Leitung bedürfen, so wie einer passenden
Ergänzung, um etwas Gutes zu leisten. Wenn es aber in der alten Weise fortgeht,
so werden auch diese verkümmern, und, was noch schlimmer ist, es werden durch die
dadurch eintretende Verwilderung des Publicums auch dem künftigen Aufschwung des
Theaters die unüberstciglichsten Hindernisse in den Weg gelegt.
Aus Jena. — Die Stockung der politischen Organisation unsers Vater¬
landes hat unter allen Nachtheilen einer unnatürlich ausgesponnenen Krise auch die
Stockung aller besondern Bildungstriebe aus den einzelnen Lebensgcbictcn zur Folge.
Wir Deutsche — darin zu unserm Heil ganz verschieden von den Franzosen — sehen
im Staat mir das allgemeine Fundament, auf dem sich die individuellen Bildungen
frei entwickeln sollen. Der Staat ist das allgemeine Recht,, die allgemeine Ordnung,
die allgemeine Action, nach innen den besondern Kräften ihr Maß setzend, »ach außen
sie vereinigend; der Staat ist nicht das Alles unmittelbar hervorbringende Gouvernement.
Das Bedürfniß relativer Selbstorganisation innerhalb des allgemeinen Zwecks war
48 selbst in den socialistisch umnebelten Kreisen. Außerdem regte sich der besondere Bil-
dungstrieb auf allen Lcbcnsgebieten: voreilig, weil er eine allgemeine Grundlage vor¬
aussetzte, die noch nicht sicher errungen war, aber doch zur rechten Zeit die'besten
Früchte verheißend. So hielten auch die Universitäten ihren Congreß. Jetzt hat
Niemand mehr den Muth, Fragen, wie die Zukunft der Universitäten, auch nur theoretisch
zu erörtern, weil der Zustand unsrer Politik fast keine Voraussetzung mehr zuläßt.
Die Frage nach dem Fortbestehen der kleinen Universitäten kommt möglicher Weise
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