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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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der Kapitän Donner, der die Schleswig-holsteinsche Flottille anfänglich befehligte,
ist ein geborener Altonaer, der früher längere Zeit als Offizier der dänischen
Flotte gedient hatte. In dem Seekadetteninstitut in Kiel, wo junge Leute gebil¬
deter Stände theoretisch und praktisch für den Flottendienst ausgebildet werden,
befinden sich Kadetten aus allen Theilen Deutschlands, Sohne Preußens, Baierns,
Sachsens u. s. w. Der Zudrang hiezu ist so groß, daß kaum die Hälfte der sich
Meldenden aufgenommen werden kann. Ueberhaupt wenden sich seit 2 Jahren
eine Menge junger Leute oft aus den angesehensten Familien Deutschlands dem
Seedienst zu und dienen als Freiwillige auf den Hamburger und Bremer großen
Seeschiffen, um so den Dienst praktisch von Unten aus zu erlernen. Eine zwar
harte, aber tüchtige Schule.

Hoffentlich wird sich Preußen, das auch zu der deutschen Flotte am Meisten
beigetragen hat (Oestreich zahlte gar keinen Beitrag, Baiern kaum die Hälfte von
dem was es nach Bestimmung der Nationalversammlung sollte), der Flotte an¬
nehmen, was für diese von großer Wichtigkeit wäre. Sollte auch dieser Anfang
wieder verloren gehen, die kaum eingeübte Mannschaft wieder entlassen werden,
wahrlich die Schmach wäre zu groß für uns. Was helfen uns alle unsere Land¬
heere, wenn wenige feindliche Fregatten hinreichen, den gestimmten deutschen See¬
handel von Memel bis Emden zu sperren? Die kleinsten Staaten, die nur etwas
Seeküste besitze", Sardinien, Neapel, Holland, Schweden, Dänemark haben eine
Flotte, um wenigstens ihrer Flagge Schutz zu verleihen, ihre Küsten zu sichern
und die deutschen Bundesstaaten außer Oestreich, mit 50 Millionen Einwoh¬
nern, waren bisher so ohnmächtig auf dem Meere, daß selbst der Dei von Tunis
oder Tripolis, oder der Kaiser von Haiti, uns ungestraft beleidigen durfte. Und
doch haben wir an 50,000 Matrosen, so wacker und seeerfahren, wie nur ein Volk
der Welt sie besitzt und eine Handelsflotte, die nach der englischen den ersten
F. v. W. Rang in Europa einnimmt.




Politische Weihnachtsbilder aus Sachsen.



i.

Unsere Kammern haben Ferien gemacht; unsere Abgeordneten sind in ihre Hei¬
math, zu ihren Familien und Geschäften zurückgekehrt. Von ihren Thaten können
sie daheim noch wenig erzählen, denn der Landtag ist bisher kaum über den An¬
fang des Anfangs hinausgekommen. Die erste und größte Schuld dieser Verzö¬
gerung trägt die Regierung durch die unbegreiflich späte Ausschreibung der Wahlen,


der Kapitän Donner, der die Schleswig-holsteinsche Flottille anfänglich befehligte,
ist ein geborener Altonaer, der früher längere Zeit als Offizier der dänischen
Flotte gedient hatte. In dem Seekadetteninstitut in Kiel, wo junge Leute gebil¬
deter Stände theoretisch und praktisch für den Flottendienst ausgebildet werden,
befinden sich Kadetten aus allen Theilen Deutschlands, Sohne Preußens, Baierns,
Sachsens u. s. w. Der Zudrang hiezu ist so groß, daß kaum die Hälfte der sich
Meldenden aufgenommen werden kann. Ueberhaupt wenden sich seit 2 Jahren
eine Menge junger Leute oft aus den angesehensten Familien Deutschlands dem
Seedienst zu und dienen als Freiwillige auf den Hamburger und Bremer großen
Seeschiffen, um so den Dienst praktisch von Unten aus zu erlernen. Eine zwar
harte, aber tüchtige Schule.

Hoffentlich wird sich Preußen, das auch zu der deutschen Flotte am Meisten
beigetragen hat (Oestreich zahlte gar keinen Beitrag, Baiern kaum die Hälfte von
dem was es nach Bestimmung der Nationalversammlung sollte), der Flotte an¬
nehmen, was für diese von großer Wichtigkeit wäre. Sollte auch dieser Anfang
wieder verloren gehen, die kaum eingeübte Mannschaft wieder entlassen werden,
wahrlich die Schmach wäre zu groß für uns. Was helfen uns alle unsere Land¬
heere, wenn wenige feindliche Fregatten hinreichen, den gestimmten deutschen See¬
handel von Memel bis Emden zu sperren? Die kleinsten Staaten, die nur etwas
Seeküste besitze», Sardinien, Neapel, Holland, Schweden, Dänemark haben eine
Flotte, um wenigstens ihrer Flagge Schutz zu verleihen, ihre Küsten zu sichern
und die deutschen Bundesstaaten außer Oestreich, mit 50 Millionen Einwoh¬
nern, waren bisher so ohnmächtig auf dem Meere, daß selbst der Dei von Tunis
oder Tripolis, oder der Kaiser von Haiti, uns ungestraft beleidigen durfte. Und
doch haben wir an 50,000 Matrosen, so wacker und seeerfahren, wie nur ein Volk
der Welt sie besitzt und eine Handelsflotte, die nach der englischen den ersten
F. v. W. Rang in Europa einnimmt.




Politische Weihnachtsbilder aus Sachsen.



i.

Unsere Kammern haben Ferien gemacht; unsere Abgeordneten sind in ihre Hei¬
math, zu ihren Familien und Geschäften zurückgekehrt. Von ihren Thaten können
sie daheim noch wenig erzählen, denn der Landtag ist bisher kaum über den An¬
fang des Anfangs hinausgekommen. Die erste und größte Schuld dieser Verzö¬
gerung trägt die Regierung durch die unbegreiflich späte Ausschreibung der Wahlen,


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[0069] der Kapitän Donner, der die Schleswig-holsteinsche Flottille anfänglich befehligte, ist ein geborener Altonaer, der früher längere Zeit als Offizier der dänischen Flotte gedient hatte. In dem Seekadetteninstitut in Kiel, wo junge Leute gebil¬ deter Stände theoretisch und praktisch für den Flottendienst ausgebildet werden, befinden sich Kadetten aus allen Theilen Deutschlands, Sohne Preußens, Baierns, Sachsens u. s. w. Der Zudrang hiezu ist so groß, daß kaum die Hälfte der sich Meldenden aufgenommen werden kann. Ueberhaupt wenden sich seit 2 Jahren eine Menge junger Leute oft aus den angesehensten Familien Deutschlands dem Seedienst zu und dienen als Freiwillige auf den Hamburger und Bremer großen Seeschiffen, um so den Dienst praktisch von Unten aus zu erlernen. Eine zwar harte, aber tüchtige Schule. Hoffentlich wird sich Preußen, das auch zu der deutschen Flotte am Meisten beigetragen hat (Oestreich zahlte gar keinen Beitrag, Baiern kaum die Hälfte von dem was es nach Bestimmung der Nationalversammlung sollte), der Flotte an¬ nehmen, was für diese von großer Wichtigkeit wäre. Sollte auch dieser Anfang wieder verloren gehen, die kaum eingeübte Mannschaft wieder entlassen werden, wahrlich die Schmach wäre zu groß für uns. Was helfen uns alle unsere Land¬ heere, wenn wenige feindliche Fregatten hinreichen, den gestimmten deutschen See¬ handel von Memel bis Emden zu sperren? Die kleinsten Staaten, die nur etwas Seeküste besitze», Sardinien, Neapel, Holland, Schweden, Dänemark haben eine Flotte, um wenigstens ihrer Flagge Schutz zu verleihen, ihre Küsten zu sichern und die deutschen Bundesstaaten außer Oestreich, mit 50 Millionen Einwoh¬ nern, waren bisher so ohnmächtig auf dem Meere, daß selbst der Dei von Tunis oder Tripolis, oder der Kaiser von Haiti, uns ungestraft beleidigen durfte. Und doch haben wir an 50,000 Matrosen, so wacker und seeerfahren, wie nur ein Volk der Welt sie besitzt und eine Handelsflotte, die nach der englischen den ersten F. v. W. Rang in Europa einnimmt. Politische Weihnachtsbilder aus Sachsen. i. Unsere Kammern haben Ferien gemacht; unsere Abgeordneten sind in ihre Hei¬ math, zu ihren Familien und Geschäften zurückgekehrt. Von ihren Thaten können sie daheim noch wenig erzählen, denn der Landtag ist bisher kaum über den An¬ fang des Anfangs hinausgekommen. Die erste und größte Schuld dieser Verzö¬ gerung trägt die Regierung durch die unbegreiflich späte Ausschreibung der Wahlen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/69>, abgerufen am 24.07.2024.