Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.Sitzung, die der Director vertagen wollte, mit Andern durchgesetzt; die Facultät Sitzung, die der Director vertagen wollte, mit Andern durchgesetzt; die Facultät <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0360" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93183"/> <p xml:id="ID_1262" prev="#ID_1261" next="#ID_1263"> Sitzung, die der Director vertagen wollte, mit Andern durchgesetzt; die Facultät<lb/> schickte ihre Deputation, worunter Endlicher, die letzte an diesem Abend, in die<lb/> Burg. — Ein Rückfall von Bluthusten hinderte ihn, sich an den folgenden Mo¬<lb/> naten ernstlich zu betheiligen. Er war Adjutant Endlicher's, später Lieutnant einer<lb/> Mediciner-Compagnie, nahm aber schon 6 Tage vor dem 15. Mai Urlaub; nach<lb/> dem 15. trat er aus der Legion in die Nationalgarde. Als am 26. Mai das<lb/> Proletariat sich in die Bewegung mischte, sah er ein, wohin das führen müsse,<lb/> und ging nach Linz, um dort eine früher von Salzburg und Linz ausgegangene<lb/> Idee zu betreiben, den Zusammentritt eines Vorparlaments für die deutscheu Theile<lb/> Oestreichs. Er hatte in der Zwischenzeit das Präsidium des deutscheu Vereins<lb/> in Wien übernommen, der allmälig seine Zweigvereine bis auf 74 vermehrt hatte.<lb/> Als dessen Deputirter begleitete er die Moustredepntation nach Innsbruck, und<lb/> sprach dort im deutscheu Interesse laut und entschieden für die Rückkehr des Kai¬<lb/> sers uach Wien. Im Juni wurde er in Numburg (Deutschböhmen) für Frank¬<lb/> furt, zu Saaz für den Wiener Reichstag gewählt. Am 15. Juli trat er in den<lb/> letztern ein. Einen Antrag, den ihm Bach machte, das Unterrichtsministerium zu<lb/> übernehmen, lehnte er ab, da er zwar von Dobblhof's Ehrlichkeit die beste, aber<lb/> von seinem Ministerberuf die schlechteste Meinung hatte. Jetzt ist Dobblhof der<lb/> Pensionär des Ministeriums der Contrerevolution, und Bach geht Hand in Hand<lb/> mit Schwarzenberg, besonnen aber entschieden rückwärts. Im Reichstag trat Löh¬<lb/> ner an die Spitze der deutschen Partei gegen die slavischen Uebergriffe; als er<lb/> aber das Gefährliche dieses nationalen Zwistes erkannte, beschwor er den Reichs¬<lb/> tag, alle selbst die lästigsten Sprachprätensiouen zu gewähre». — Im Allgemeinen<lb/> sprach er sich im Sinn der Centralisation gegen das damals sehr coulante Stich-<lb/> wort des Föderalismus aus, bei dem man sich ziemlich wenig dachte. Bei der<lb/> Frage über die feudalen Lasten wies er aus die doppelte Nothwendigkeit hiu —<lb/> die '.politische der Aufhebung, die juridische und staatsökonomische der Ablösung<lb/> für alle nicht rein persönlichen Leistungen. Deu Adel schlug er vor, uicht aufzu¬<lb/> heben, sondern nnr nicht mehr anzuerkennen. — Er trat aus dem linken Centrum<lb/> in die eigentliche Linke, als Bach im Widerspruch mit dem constituirenden Cha¬<lb/> rakter des Reichstags dem Kaiser die Sanction der Verfassung vorbehielt, somit<lb/> die Befugniß der Verweigerung: nicht der Sache wegen, denn offenbar ist jede<lb/> Konstitution ein zweiseitiger Vertrag, sondern der persönlichen Apostasie wegen,<lb/> die darin -lag. — In der ungarischen Frage sprach er für eine Intervention des-<lb/> Reichstags zwischen den streitenden Nationen. Diese Rede gilt für seine beste, er<lb/> hat darin bis auf Einzelheiten vorausgesagt, was seitdem eingetroffen ist. — In¬<lb/> dessen hatte sich seit August das Gerücht beständig erneuert, es sei in Folge ge¬<lb/> heimer Konferenzen zu Schönbrunn ein Schlag in Wien gegen die Aula und den<lb/> Reichstag beschlösse!!. Am 13. September hatte ein solcher Versuch auch wirklich<lb/> stattgefunden, damals hatte auf Löhuer's Antrag der Reichstag sich permanent</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0360]
Sitzung, die der Director vertagen wollte, mit Andern durchgesetzt; die Facultät
schickte ihre Deputation, worunter Endlicher, die letzte an diesem Abend, in die
Burg. — Ein Rückfall von Bluthusten hinderte ihn, sich an den folgenden Mo¬
naten ernstlich zu betheiligen. Er war Adjutant Endlicher's, später Lieutnant einer
Mediciner-Compagnie, nahm aber schon 6 Tage vor dem 15. Mai Urlaub; nach
dem 15. trat er aus der Legion in die Nationalgarde. Als am 26. Mai das
Proletariat sich in die Bewegung mischte, sah er ein, wohin das führen müsse,
und ging nach Linz, um dort eine früher von Salzburg und Linz ausgegangene
Idee zu betreiben, den Zusammentritt eines Vorparlaments für die deutscheu Theile
Oestreichs. Er hatte in der Zwischenzeit das Präsidium des deutscheu Vereins
in Wien übernommen, der allmälig seine Zweigvereine bis auf 74 vermehrt hatte.
Als dessen Deputirter begleitete er die Moustredepntation nach Innsbruck, und
sprach dort im deutscheu Interesse laut und entschieden für die Rückkehr des Kai¬
sers uach Wien. Im Juni wurde er in Numburg (Deutschböhmen) für Frank¬
furt, zu Saaz für den Wiener Reichstag gewählt. Am 15. Juli trat er in den
letztern ein. Einen Antrag, den ihm Bach machte, das Unterrichtsministerium zu
übernehmen, lehnte er ab, da er zwar von Dobblhof's Ehrlichkeit die beste, aber
von seinem Ministerberuf die schlechteste Meinung hatte. Jetzt ist Dobblhof der
Pensionär des Ministeriums der Contrerevolution, und Bach geht Hand in Hand
mit Schwarzenberg, besonnen aber entschieden rückwärts. Im Reichstag trat Löh¬
ner an die Spitze der deutschen Partei gegen die slavischen Uebergriffe; als er
aber das Gefährliche dieses nationalen Zwistes erkannte, beschwor er den Reichs¬
tag, alle selbst die lästigsten Sprachprätensiouen zu gewähre». — Im Allgemeinen
sprach er sich im Sinn der Centralisation gegen das damals sehr coulante Stich-
wort des Föderalismus aus, bei dem man sich ziemlich wenig dachte. Bei der
Frage über die feudalen Lasten wies er aus die doppelte Nothwendigkeit hiu —
die '.politische der Aufhebung, die juridische und staatsökonomische der Ablösung
für alle nicht rein persönlichen Leistungen. Deu Adel schlug er vor, uicht aufzu¬
heben, sondern nnr nicht mehr anzuerkennen. — Er trat aus dem linken Centrum
in die eigentliche Linke, als Bach im Widerspruch mit dem constituirenden Cha¬
rakter des Reichstags dem Kaiser die Sanction der Verfassung vorbehielt, somit
die Befugniß der Verweigerung: nicht der Sache wegen, denn offenbar ist jede
Konstitution ein zweiseitiger Vertrag, sondern der persönlichen Apostasie wegen,
die darin -lag. — In der ungarischen Frage sprach er für eine Intervention des-
Reichstags zwischen den streitenden Nationen. Diese Rede gilt für seine beste, er
hat darin bis auf Einzelheiten vorausgesagt, was seitdem eingetroffen ist. — In¬
dessen hatte sich seit August das Gerücht beständig erneuert, es sei in Folge ge¬
heimer Konferenzen zu Schönbrunn ein Schlag in Wien gegen die Aula und den
Reichstag beschlösse!!. Am 13. September hatte ein solcher Versuch auch wirklich
stattgefunden, damals hatte auf Löhuer's Antrag der Reichstag sich permanent
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