Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.sich die Adeligen sonst im östreichischen Heere zu erfreuen hatten; aber der Ca- Hierdurch erklärt sich, weshalb der junge Edelmann nirgends im ganzen Kai¬ Wofür man ihn hielt, kann man aus seiner Erzählung entnehmen, daß man Dieser Mann kam zu Ende der dreißiger Jahre nach Ungarn; jede Herr¬ Um die Existenz zu fristen, heirathete Hr. v. Adlerstein, und durch die von Dieses hochpreisliche Subject schreibt eine Geschichte Ungarns unter Aegide Mit dem Belagerungszustand begann die Schandpresse. sich die Adeligen sonst im östreichischen Heere zu erfreuen hatten; aber der Ca- Hierdurch erklärt sich, weshalb der junge Edelmann nirgends im ganzen Kai¬ Wofür man ihn hielt, kann man aus seiner Erzählung entnehmen, daß man Dieser Mann kam zu Ende der dreißiger Jahre nach Ungarn; jede Herr¬ Um die Existenz zu fristen, heirathete Hr. v. Adlerstein, und durch die von Dieses hochpreisliche Subject schreibt eine Geschichte Ungarns unter Aegide Mit dem Belagerungszustand begann die Schandpresse. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0357" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93180"/> <p xml:id="ID_1247" prev="#ID_1246"> sich die Adeligen sonst im östreichischen Heere zu erfreuen hatten; aber der Ca-<lb/> dett Janotyckh von Adlerstein avancirte nicht vorwärts, sondern rückwärts.<lb/> Er war schon Corporal, aber wiederholter Vergehungen wegen verlor er die Charge<lb/> und sogar die Cadettenvorzüge. Die böse Welt behauptet, Hr. Janotyckh v. Ad¬<lb/> lerstein habe sogar die bekannte Bank hin- und hertragen müssen, auf welcher uach<lb/> ihm das Schicksal seine Schläge in der östreichischen Armee austheilt. Gewiß<lb/> aber ist, daß der Genannte, noch nicht 26 Jahre alt, mit Laufpaß entlassen<lb/> wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1248"> Hierdurch erklärt sich, weshalb der junge Edelmann nirgends im ganzen Kai¬<lb/> serstaate ein Unterkommen erlangen konnte, und die eigene Familie ihn nicht bei<lb/> sich aufnehmen wollte. Er ging sogar zu Fuß zu einer Tante nach Frankreich,<lb/> die aber den Herrn Vetter alsbald wieder per pvclvL heimreisen ließ. Hr. v. Ad-<lb/> lerstein wurde Practikant, Amtschreiber u. tgi., überall aber wurde er alsobald<lb/> wieder entlassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1249"> Wofür man ihn hielt, kann man aus seiner Erzählung entnehmen, daß man<lb/> ihm vorschlug, ein Mädchen zu heirathen, die das Malheur hatte, Mutter einiger<lb/> Offizierskinder geworden zu sein (S. 20).</p><lb/> <p xml:id="ID_1250"> Dieser Mann kam zu Ende der dreißiger Jahre nach Ungarn; jede Herr¬<lb/> schaft wies ihn ins Bedientenzimmer (eigene Erzählung) und endlich aus dem<lb/> Hause. Er gab Unterricht im Pianofortespiel. Später etablirte er sich tu Pesth<lb/> als Musiklehrer und — Thcaterrecensent. Er schrieb Berichte für die Wiener<lb/> Theaterzeitung, und daher gründet sich sein Schriststellerruf, der ihm Anfangs^ Aehn-<lb/> liches als Honorar zu Theil werden ließ, wozu man in der Kaserne die Bank<lb/> braucht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1251"> Um die Existenz zu fristen, heirathete Hr. v. Adlerstein, und durch die von<lb/> der Frau erworbene Protection erlangte der Gatte die Rolle — eines Diurnisten<lb/> in der Militärkanzlei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1252"> Dieses hochpreisliche Subject schreibt eine Geschichte Ungarns unter Aegide<lb/> der Wiener Militärgewalt; von solchem Manne läßt man eine Nation beschmutzen,<lb/> die man pacifizireu und gewinnen will. Die Ansichten des Hrn. v. Adlerstein,<lb/> seine Geschichten und Urtheile-kümmern keinen Spatz auf deutscheu oder östreichi¬<lb/> schen Dächern; Min der besondere Umstand, daß ein Militär von der Militär¬<lb/> behörde die Bewilligung erhält, solche Bücher zu ediren, zeigt dahin, wo das<lb/> Uebel wurzelt. . '</p><lb/> <p xml:id="ID_1253"> Mit dem Belagerungszustand begann die Schandpresse.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0357]
sich die Adeligen sonst im östreichischen Heere zu erfreuen hatten; aber der Ca-
dett Janotyckh von Adlerstein avancirte nicht vorwärts, sondern rückwärts.
Er war schon Corporal, aber wiederholter Vergehungen wegen verlor er die Charge
und sogar die Cadettenvorzüge. Die böse Welt behauptet, Hr. Janotyckh v. Ad¬
lerstein habe sogar die bekannte Bank hin- und hertragen müssen, auf welcher uach
ihm das Schicksal seine Schläge in der östreichischen Armee austheilt. Gewiß
aber ist, daß der Genannte, noch nicht 26 Jahre alt, mit Laufpaß entlassen
wurde.
Hierdurch erklärt sich, weshalb der junge Edelmann nirgends im ganzen Kai¬
serstaate ein Unterkommen erlangen konnte, und die eigene Familie ihn nicht bei
sich aufnehmen wollte. Er ging sogar zu Fuß zu einer Tante nach Frankreich,
die aber den Herrn Vetter alsbald wieder per pvclvL heimreisen ließ. Hr. v. Ad-
lerstein wurde Practikant, Amtschreiber u. tgi., überall aber wurde er alsobald
wieder entlassen.
Wofür man ihn hielt, kann man aus seiner Erzählung entnehmen, daß man
ihm vorschlug, ein Mädchen zu heirathen, die das Malheur hatte, Mutter einiger
Offizierskinder geworden zu sein (S. 20).
Dieser Mann kam zu Ende der dreißiger Jahre nach Ungarn; jede Herr¬
schaft wies ihn ins Bedientenzimmer (eigene Erzählung) und endlich aus dem
Hause. Er gab Unterricht im Pianofortespiel. Später etablirte er sich tu Pesth
als Musiklehrer und — Thcaterrecensent. Er schrieb Berichte für die Wiener
Theaterzeitung, und daher gründet sich sein Schriststellerruf, der ihm Anfangs^ Aehn-
liches als Honorar zu Theil werden ließ, wozu man in der Kaserne die Bank
braucht.
Um die Existenz zu fristen, heirathete Hr. v. Adlerstein, und durch die von
der Frau erworbene Protection erlangte der Gatte die Rolle — eines Diurnisten
in der Militärkanzlei.
Dieses hochpreisliche Subject schreibt eine Geschichte Ungarns unter Aegide
der Wiener Militärgewalt; von solchem Manne läßt man eine Nation beschmutzen,
die man pacifizireu und gewinnen will. Die Ansichten des Hrn. v. Adlerstein,
seine Geschichten und Urtheile-kümmern keinen Spatz auf deutscheu oder östreichi¬
schen Dächern; Min der besondere Umstand, daß ein Militär von der Militär¬
behörde die Bewilligung erhält, solche Bücher zu ediren, zeigt dahin, wo das
Uebel wurzelt. . '
Mit dem Belagerungszustand begann die Schandpresse.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |