Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Begegnung beritten zu bleiben, rief er ihn an: "Steig' ab vom Klepper, Du
christlicher Eichenklotz! Hast Du die Prügel von neulich schon vergessen?" -- Da
Gergo noch nicht Miene machte, abzusteigen, rief Spaho, dem der Jähzorn die
Stirnabern schwellte, mit Donnerstimme: "Ich sag's zum letzten Mal: Herab vom
Klepper, wenn Dir Dein Leben lieb, Du Christenhnnd!" Bei diesen Worten
löste er den schweren stachligen Buzdvvau vom Sattelknopf. -- Gergo blieb ruhig
sitzen, berührte grüßend mit den Schwurfingern Mund und Stirn und sprach ge¬
lassen: "Wolle das nicht, ehrsamer Aga. Ich bitte Dich, Herr! Rene ruhig Dei¬
nes Weges und laß mich aus dem meinen; wenn ich reite, so ist es mein Pferd,
woraus ich sitze." -- Da geriet!) Spaho Spain außer sich vor Wort, wie ein
Rasender stürzte er herbei, den Buzdovan hoch über dem Haupt zum schmetternden
Schlag geschwungen. Gergo sprang schnell wie der Blitz vom Pferd und husch
hinter eine am Wege stehende alte Eiche! Spaho lachte, daß Gergo sich habe
einschüchtern lassen und war dabei, das ledige Pferd desselben für eine gute Prise
zu erkläre". Doch wer schildert sein Erstaunen und Erschrecken, als er Gergv's
Flinte ans sich gerichtet sah! Gergo war durch den mächtigen Eichenstamm völlig
gedeckt und hatte den übermüthigen Gegner sicher auf dem Korn und rief: "Her-
unter vom Pferd, Aga!" -- Dieser weigerte sich fest, wie vorhin Gergo. "Her¬
unter vom Pferd, Aga, sonst erschieße ich Dich!" rief Gergo wieder, und das
Knacken des Flintenschlosses zeigte, daß er seine Drohung wahr zu machen ge¬
denke. Der Türke sah keinen Ausweg; dem Gorancer war, weil ihn die Eiche
deckte, uicht beizukommen, ja es war nicht einmal Zeit für Spaho, die Pistolen
zur Gegenwehr vom Halfter zu nehmen, denn jede verdächtige Miene konnte ihm
das Leben kosten, Gergo zielte gut und war zum Losdrücken im Augenblick bereit.
Spaho Spain mußte absteigen, er that es schänmend vor Wuth und die Zähne
zusammenbeißend, daß die Lippen blutig wurden. Kaum war Spaho abgesessen,
so befahl Gergo.immer noch schußfertig: "Jetzt wieder hinauf, mein Aga!" Spaho
mußte folgen, wenn er nicht des Gorancers Kugel in den Nippen fühlen wollte.
Nun kommandirte Gergo wieder: "Herunter vom Pferde!", dann wieder "Hinaus
auf's Pferd!" dann wieder "Hinunter!" und so fort neunmal hinter einander.
Spaho Spain war dies zu viel, er war vor laugverhaltener Wuth eiuer Ohn¬
macht nahe und beschwor den Gergo mit den Worten: "Daß wir Beide Brüder
seien für beide Welten! Wenn Du einen Gott über Dir erkennst, so laß mich
gehen oder tödte mich auf der Stelle!" --

Gergo behielt das Korn der Flinte unverrückt und erwiederte: "Ich erkenne
einen Gott über mir und will Dich gehen lassen, aber früher mußt Du mir schwö¬
ren, daß Du die Christen nicht mehr plagen, sondern sie in Ruhe lassen wirst,
daß Du von nun an Niemand mehr zwingst, vor Dir herabzusteigen von seinem
Thier!"

Spaho versprach Alles und Gergo sagte ihm, immer noch schußfertig hinter


Begegnung beritten zu bleiben, rief er ihn an: „Steig' ab vom Klepper, Du
christlicher Eichenklotz! Hast Du die Prügel von neulich schon vergessen?" -- Da
Gergo noch nicht Miene machte, abzusteigen, rief Spaho, dem der Jähzorn die
Stirnabern schwellte, mit Donnerstimme: „Ich sag's zum letzten Mal: Herab vom
Klepper, wenn Dir Dein Leben lieb, Du Christenhnnd!" Bei diesen Worten
löste er den schweren stachligen Buzdvvau vom Sattelknopf. — Gergo blieb ruhig
sitzen, berührte grüßend mit den Schwurfingern Mund und Stirn und sprach ge¬
lassen: „Wolle das nicht, ehrsamer Aga. Ich bitte Dich, Herr! Rene ruhig Dei¬
nes Weges und laß mich aus dem meinen; wenn ich reite, so ist es mein Pferd,
woraus ich sitze." — Da geriet!) Spaho Spain außer sich vor Wort, wie ein
Rasender stürzte er herbei, den Buzdovan hoch über dem Haupt zum schmetternden
Schlag geschwungen. Gergo sprang schnell wie der Blitz vom Pferd und husch
hinter eine am Wege stehende alte Eiche! Spaho lachte, daß Gergo sich habe
einschüchtern lassen und war dabei, das ledige Pferd desselben für eine gute Prise
zu erkläre». Doch wer schildert sein Erstaunen und Erschrecken, als er Gergv's
Flinte ans sich gerichtet sah! Gergo war durch den mächtigen Eichenstamm völlig
gedeckt und hatte den übermüthigen Gegner sicher auf dem Korn und rief: „Her-
unter vom Pferd, Aga!" — Dieser weigerte sich fest, wie vorhin Gergo. „Her¬
unter vom Pferd, Aga, sonst erschieße ich Dich!" rief Gergo wieder, und das
Knacken des Flintenschlosses zeigte, daß er seine Drohung wahr zu machen ge¬
denke. Der Türke sah keinen Ausweg; dem Gorancer war, weil ihn die Eiche
deckte, uicht beizukommen, ja es war nicht einmal Zeit für Spaho, die Pistolen
zur Gegenwehr vom Halfter zu nehmen, denn jede verdächtige Miene konnte ihm
das Leben kosten, Gergo zielte gut und war zum Losdrücken im Augenblick bereit.
Spaho Spain mußte absteigen, er that es schänmend vor Wuth und die Zähne
zusammenbeißend, daß die Lippen blutig wurden. Kaum war Spaho abgesessen,
so befahl Gergo.immer noch schußfertig: „Jetzt wieder hinauf, mein Aga!" Spaho
mußte folgen, wenn er nicht des Gorancers Kugel in den Nippen fühlen wollte.
Nun kommandirte Gergo wieder: „Herunter vom Pferde!", dann wieder „Hinaus
auf's Pferd!" dann wieder „Hinunter!" und so fort neunmal hinter einander.
Spaho Spain war dies zu viel, er war vor laugverhaltener Wuth eiuer Ohn¬
macht nahe und beschwor den Gergo mit den Worten: „Daß wir Beide Brüder
seien für beide Welten! Wenn Du einen Gott über Dir erkennst, so laß mich
gehen oder tödte mich auf der Stelle!" —

Gergo behielt das Korn der Flinte unverrückt und erwiederte: „Ich erkenne
einen Gott über mir und will Dich gehen lassen, aber früher mußt Du mir schwö¬
ren, daß Du die Christen nicht mehr plagen, sondern sie in Ruhe lassen wirst,
daß Du von nun an Niemand mehr zwingst, vor Dir herabzusteigen von seinem
Thier!"

Spaho versprach Alles und Gergo sagte ihm, immer noch schußfertig hinter


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0224" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93047"/>
          <p xml:id="ID_693" prev="#ID_692"> Begegnung beritten zu bleiben, rief er ihn an: &#x201E;Steig' ab vom Klepper, Du<lb/>
christlicher Eichenklotz! Hast Du die Prügel von neulich schon vergessen?" -- Da<lb/>
Gergo noch nicht Miene machte, abzusteigen, rief Spaho, dem der Jähzorn die<lb/>
Stirnabern schwellte, mit Donnerstimme: &#x201E;Ich sag's zum letzten Mal: Herab vom<lb/>
Klepper, wenn Dir Dein Leben lieb, Du Christenhnnd!" Bei diesen Worten<lb/>
löste er den schweren stachligen Buzdvvau vom Sattelknopf. &#x2014; Gergo blieb ruhig<lb/>
sitzen, berührte grüßend mit den Schwurfingern Mund und Stirn und sprach ge¬<lb/>
lassen: &#x201E;Wolle das nicht, ehrsamer Aga. Ich bitte Dich, Herr! Rene ruhig Dei¬<lb/>
nes Weges und laß mich aus dem meinen; wenn ich reite, so ist es mein Pferd,<lb/>
woraus ich sitze." &#x2014; Da geriet!) Spaho Spain außer sich vor Wort, wie ein<lb/>
Rasender stürzte er herbei, den Buzdovan hoch über dem Haupt zum schmetternden<lb/>
Schlag geschwungen. Gergo sprang schnell wie der Blitz vom Pferd und husch<lb/>
hinter eine am Wege stehende alte Eiche! Spaho lachte, daß Gergo sich habe<lb/>
einschüchtern lassen und war dabei, das ledige Pferd desselben für eine gute Prise<lb/>
zu erkläre». Doch wer schildert sein Erstaunen und Erschrecken, als er Gergv's<lb/>
Flinte ans sich gerichtet sah! Gergo war durch den mächtigen Eichenstamm völlig<lb/>
gedeckt und hatte den übermüthigen Gegner sicher auf dem Korn und rief: &#x201E;Her-<lb/>
unter vom Pferd, Aga!" &#x2014; Dieser weigerte sich fest, wie vorhin Gergo. &#x201E;Her¬<lb/>
unter vom Pferd, Aga, sonst erschieße ich Dich!" rief Gergo wieder, und das<lb/>
Knacken des Flintenschlosses zeigte, daß er seine Drohung wahr zu machen ge¬<lb/>
denke. Der Türke sah keinen Ausweg; dem Gorancer war, weil ihn die Eiche<lb/>
deckte, uicht beizukommen, ja es war nicht einmal Zeit für Spaho, die Pistolen<lb/>
zur Gegenwehr vom Halfter zu nehmen, denn jede verdächtige Miene konnte ihm<lb/>
das Leben kosten, Gergo zielte gut und war zum Losdrücken im Augenblick bereit.<lb/>
Spaho Spain mußte absteigen, er that es schänmend vor Wuth und die Zähne<lb/>
zusammenbeißend, daß die Lippen blutig wurden. Kaum war Spaho abgesessen,<lb/>
so befahl Gergo.immer noch schußfertig: &#x201E;Jetzt wieder hinauf, mein Aga!" Spaho<lb/>
mußte folgen, wenn er nicht des Gorancers Kugel in den Nippen fühlen wollte.<lb/>
Nun kommandirte Gergo wieder: &#x201E;Herunter vom Pferde!", dann wieder &#x201E;Hinaus<lb/>
auf's Pferd!" dann wieder &#x201E;Hinunter!" und so fort neunmal hinter einander.<lb/>
Spaho Spain war dies zu viel, er war vor laugverhaltener Wuth eiuer Ohn¬<lb/>
macht nahe und beschwor den Gergo mit den Worten: &#x201E;Daß wir Beide Brüder<lb/>
seien für beide Welten! Wenn Du einen Gott über Dir erkennst, so laß mich<lb/>
gehen oder tödte mich auf der Stelle!" &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_694"> Gergo behielt das Korn der Flinte unverrückt und erwiederte: &#x201E;Ich erkenne<lb/>
einen Gott über mir und will Dich gehen lassen, aber früher mußt Du mir schwö¬<lb/>
ren, daß Du die Christen nicht mehr plagen, sondern sie in Ruhe lassen wirst,<lb/>
daß Du von nun an Niemand mehr zwingst, vor Dir herabzusteigen von seinem<lb/>
Thier!"</p><lb/>
          <p xml:id="ID_695" next="#ID_696"> Spaho versprach Alles und Gergo sagte ihm, immer noch schußfertig hinter</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0224] Begegnung beritten zu bleiben, rief er ihn an: „Steig' ab vom Klepper, Du christlicher Eichenklotz! Hast Du die Prügel von neulich schon vergessen?" -- Da Gergo noch nicht Miene machte, abzusteigen, rief Spaho, dem der Jähzorn die Stirnabern schwellte, mit Donnerstimme: „Ich sag's zum letzten Mal: Herab vom Klepper, wenn Dir Dein Leben lieb, Du Christenhnnd!" Bei diesen Worten löste er den schweren stachligen Buzdvvau vom Sattelknopf. — Gergo blieb ruhig sitzen, berührte grüßend mit den Schwurfingern Mund und Stirn und sprach ge¬ lassen: „Wolle das nicht, ehrsamer Aga. Ich bitte Dich, Herr! Rene ruhig Dei¬ nes Weges und laß mich aus dem meinen; wenn ich reite, so ist es mein Pferd, woraus ich sitze." — Da geriet!) Spaho Spain außer sich vor Wort, wie ein Rasender stürzte er herbei, den Buzdovan hoch über dem Haupt zum schmetternden Schlag geschwungen. Gergo sprang schnell wie der Blitz vom Pferd und husch hinter eine am Wege stehende alte Eiche! Spaho lachte, daß Gergo sich habe einschüchtern lassen und war dabei, das ledige Pferd desselben für eine gute Prise zu erkläre». Doch wer schildert sein Erstaunen und Erschrecken, als er Gergv's Flinte ans sich gerichtet sah! Gergo war durch den mächtigen Eichenstamm völlig gedeckt und hatte den übermüthigen Gegner sicher auf dem Korn und rief: „Her- unter vom Pferd, Aga!" — Dieser weigerte sich fest, wie vorhin Gergo. „Her¬ unter vom Pferd, Aga, sonst erschieße ich Dich!" rief Gergo wieder, und das Knacken des Flintenschlosses zeigte, daß er seine Drohung wahr zu machen ge¬ denke. Der Türke sah keinen Ausweg; dem Gorancer war, weil ihn die Eiche deckte, uicht beizukommen, ja es war nicht einmal Zeit für Spaho, die Pistolen zur Gegenwehr vom Halfter zu nehmen, denn jede verdächtige Miene konnte ihm das Leben kosten, Gergo zielte gut und war zum Losdrücken im Augenblick bereit. Spaho Spain mußte absteigen, er that es schänmend vor Wuth und die Zähne zusammenbeißend, daß die Lippen blutig wurden. Kaum war Spaho abgesessen, so befahl Gergo.immer noch schußfertig: „Jetzt wieder hinauf, mein Aga!" Spaho mußte folgen, wenn er nicht des Gorancers Kugel in den Nippen fühlen wollte. Nun kommandirte Gergo wieder: „Herunter vom Pferde!", dann wieder „Hinaus auf's Pferd!" dann wieder „Hinunter!" und so fort neunmal hinter einander. Spaho Spain war dies zu viel, er war vor laugverhaltener Wuth eiuer Ohn¬ macht nahe und beschwor den Gergo mit den Worten: „Daß wir Beide Brüder seien für beide Welten! Wenn Du einen Gott über Dir erkennst, so laß mich gehen oder tödte mich auf der Stelle!" — Gergo behielt das Korn der Flinte unverrückt und erwiederte: „Ich erkenne einen Gott über mir und will Dich gehen lassen, aber früher mußt Du mir schwö¬ ren, daß Du die Christen nicht mehr plagen, sondern sie in Ruhe lassen wirst, daß Du von nun an Niemand mehr zwingst, vor Dir herabzusteigen von seinem Thier!" Spaho versprach Alles und Gergo sagte ihm, immer noch schußfertig hinter

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/224
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/224>, abgerufen am 24.07.2024.