Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.herausarbeitet, nicht das Recht, den Kern unseres neuen deutschen Staates zu Dagegen ist es von der größten Wichtigkeit, daß unsere Partei sich durch Zum Schluß noch ein Wort an unsere Brüder in Oestreich. Die Wiener herausarbeitet, nicht das Recht, den Kern unseres neuen deutschen Staates zu Dagegen ist es von der größten Wichtigkeit, daß unsere Partei sich durch Zum Schluß noch ein Wort an unsere Brüder in Oestreich. Die Wiener <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0216" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93039"/> <p xml:id="ID_661" prev="#ID_660"> herausarbeitet, nicht das Recht, den Kern unseres neuen deutschen Staates zu<lb/> bilden. Wird die Verfassung en bloc angenommen, so schickt man uns nach Hause;<lb/> wird sie nicht angenommen, so haben wir nichts Eiligeres zu thun, als von selber<lb/> nach Hause zu gehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_662"> Dagegen ist es von der größten Wichtigkeit, daß unsere Partei sich durch<lb/> ganz Deutschland organisirt. Da die Kreise, in welchen sie vorzugsweise zu Hause<lb/> ist, sich ohnehin geistig nahe stehen, so hat die Sache keine Schwierigkeit. Durch<lb/> diese Organisation heben wir die schädliche Wirkung auf, welche die so eben vor<lb/> sich gehende Reorganisation der einzelnen kleinen Staaten auf, die kräftige<lb/> Einigung Deutschlands ausüben muß. Haben wir uns aber, in sämmtlichen<lb/> Kammern festgesetzt und stehen in dauerndem Verkehr, ans Grundlage des<lb/> Programms von Gotha, so sind wir im Stande, was sich auch ereignet, zu<lb/> Gunsten unserer Zwecke auszubeuten. Wir werden dann nicht mehr die deutsch-<lb/> thümelnden Phantasten sein, den Bundestag, d. h. die eherne Klammer, welche<lb/> zwei heterogene Bestandtheile gewaltsam aneinander kettet, durch einen populären<lb/> Schmuck aufzuputzen, sondern wir werden ihn sprengen. Die „Errungenschaften"<lb/> des Jahres 48 sind uns verloren, seine Geschichte soll es nicht sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_663"> Zum Schluß noch ein Wort an unsere Brüder in Oestreich. Die Wiener<lb/> Presse hat die Gelegenheit der Propositionen eilig benutzt, ihre eigene Verächt¬<lb/> lichkeit, was kaum möglich schien, noch zu überbieten. Seit dem November be¬<lb/> standen ihre Errungenschaften darin, die Freisinnigkeit ihrer Regierung loben, und<lb/> Preußen, damals den Gegner des Kaiserhauses, schelten zu dürfen. Sie hat das<lb/> auch jetzt tapfer gethan. Sie hat die preußische Reaktion gelästert und dagegen<lb/> die Hochherzigkeit des Militärregiments hoch gepriesen; sie hat in zudringlicher<lb/> Demuth die Ruthe geküßt, die sie eben züchtigte. Jetzt ist Oestreich wieder oben<lb/> drauf, Hallelujah dem alten Melden und den Wiener Knödeln! Die guten Jour¬<lb/> nalisten übersehen doch Eines. Die preußische Reaktion ist nicht ohne Rückwirkung<lb/> auf Oestreich. In Kurzem wird Vater Melden die sämmtlichen schönen Geister<lb/> Wiens zu sich kommen lassen und also zu ihnen sprechen: „Ihr kosmopolitischen<lb/> Lumpe! Ihr unterfange euch, noch immer aus Seine Preußische Majestät zu<lb/> schimpfen, die jetzt mit uns gut Freund ist? unsere Maßregeln zu entschuldigen<lb/> oder zu rechtfertigen, ihr mit euerm dummen Verstände? Euere Zeit ist vorbei!<lb/> Wer uoch etwas Anderes schreibt, als Theaterrecensionen, erhält öffentlich den<lb/> Staupbesen." Und in Demuth schreibt dieJonrnalistik des siegreichen Hauses Oest¬<lb/> reich Kritiken u, I-r Bäuerle, bis sie es sich einmal herausnimmt, eine Grisette zu<lb/> verunglimpfen, der Adjutant — einmal unter's Kinn gegriffen hat. Da wird<lb/> sie per Schub in's Ghetto abgeführt, und kann nachher in Talmndsprüchen die<lb/> Weltherrschaft Oestreichs feiern. Der ganze Geist der östreichischen Literatur wird,<lb/> aber durch ein kaiserliches Privilegium an Bäuerle übertragen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0216]
herausarbeitet, nicht das Recht, den Kern unseres neuen deutschen Staates zu
bilden. Wird die Verfassung en bloc angenommen, so schickt man uns nach Hause;
wird sie nicht angenommen, so haben wir nichts Eiligeres zu thun, als von selber
nach Hause zu gehen.
Dagegen ist es von der größten Wichtigkeit, daß unsere Partei sich durch
ganz Deutschland organisirt. Da die Kreise, in welchen sie vorzugsweise zu Hause
ist, sich ohnehin geistig nahe stehen, so hat die Sache keine Schwierigkeit. Durch
diese Organisation heben wir die schädliche Wirkung auf, welche die so eben vor
sich gehende Reorganisation der einzelnen kleinen Staaten auf, die kräftige
Einigung Deutschlands ausüben muß. Haben wir uns aber, in sämmtlichen
Kammern festgesetzt und stehen in dauerndem Verkehr, ans Grundlage des
Programms von Gotha, so sind wir im Stande, was sich auch ereignet, zu
Gunsten unserer Zwecke auszubeuten. Wir werden dann nicht mehr die deutsch-
thümelnden Phantasten sein, den Bundestag, d. h. die eherne Klammer, welche
zwei heterogene Bestandtheile gewaltsam aneinander kettet, durch einen populären
Schmuck aufzuputzen, sondern wir werden ihn sprengen. Die „Errungenschaften"
des Jahres 48 sind uns verloren, seine Geschichte soll es nicht sein.
Zum Schluß noch ein Wort an unsere Brüder in Oestreich. Die Wiener
Presse hat die Gelegenheit der Propositionen eilig benutzt, ihre eigene Verächt¬
lichkeit, was kaum möglich schien, noch zu überbieten. Seit dem November be¬
standen ihre Errungenschaften darin, die Freisinnigkeit ihrer Regierung loben, und
Preußen, damals den Gegner des Kaiserhauses, schelten zu dürfen. Sie hat das
auch jetzt tapfer gethan. Sie hat die preußische Reaktion gelästert und dagegen
die Hochherzigkeit des Militärregiments hoch gepriesen; sie hat in zudringlicher
Demuth die Ruthe geküßt, die sie eben züchtigte. Jetzt ist Oestreich wieder oben
drauf, Hallelujah dem alten Melden und den Wiener Knödeln! Die guten Jour¬
nalisten übersehen doch Eines. Die preußische Reaktion ist nicht ohne Rückwirkung
auf Oestreich. In Kurzem wird Vater Melden die sämmtlichen schönen Geister
Wiens zu sich kommen lassen und also zu ihnen sprechen: „Ihr kosmopolitischen
Lumpe! Ihr unterfange euch, noch immer aus Seine Preußische Majestät zu
schimpfen, die jetzt mit uns gut Freund ist? unsere Maßregeln zu entschuldigen
oder zu rechtfertigen, ihr mit euerm dummen Verstände? Euere Zeit ist vorbei!
Wer uoch etwas Anderes schreibt, als Theaterrecensionen, erhält öffentlich den
Staupbesen." Und in Demuth schreibt dieJonrnalistik des siegreichen Hauses Oest¬
reich Kritiken u, I-r Bäuerle, bis sie es sich einmal herausnimmt, eine Grisette zu
verunglimpfen, der Adjutant — einmal unter's Kinn gegriffen hat. Da wird
sie per Schub in's Ghetto abgeführt, und kann nachher in Talmndsprüchen die
Weltherrschaft Oestreichs feiern. Der ganze Geist der östreichischen Literatur wird,
aber durch ein kaiserliches Privilegium an Bäuerle übertragen.
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