Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.Oestreich muß ein die Spitze Deutschlands komme", denn Wien ist die einzige Stadt in Ein Oestreicher, der Gelegenheit hatte, Jahre lang die östreichischen Zu¬ Oestreich muß ein die Spitze Deutschlands komme», denn Wien ist die einzige Stadt in Ein Oestreicher, der Gelegenheit hatte, Jahre lang die östreichischen Zu¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0184" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93007"/> <p xml:id="ID_574" prev="#ID_573"> Oestreich muß ein die Spitze Deutschlands komme», denn Wien ist die einzige Stadt in<lb/> Deutschland, die etwas ParistscheS hat, denn der Prater ist schöner als der Thiergar¬<lb/> ten, denn die Donau ist breiter als die Spree! — Bei seiner neulichen Lobjodelei<lb/> ans den Reichsverweser behauptete er: Im Sommer 48 habe Oestreich nur die<lb/> Hand auszustrecken gebraucht, um die deutsche Kaiserkrone zu erlangen. Ange¬<lb/> nommen, dies sei wahr, — ist eS nicht sehr naiv zu glauben, daß durch die<lb/> Wiederherstellung des heil. ron. östreichischen Reichskaisertitels etwas gethan ge¬<lb/> wesen wäre? —</p><lb/> <p xml:id="ID_575"> Ein Oestreicher, der Gelegenheit hatte, Jahre lang die östreichischen Zu¬<lb/> stände und Bedürfnisse durch Vergleichung mit denen Deutschlands gründlich ken¬<lb/> nen zu lernen, muß von einem sehr beschränkten und kindischen Patriotismus<lb/> gebläht sein, um dieses reconvalescente Oestreich an die Spitze Deutschlands<lb/> stellen zu wollen. Aber soll man das auch Patriotismus nennen? Kuranda<lb/> denkt weder an das Interesse der östreichischen noch der deutschen Völker, sondern<lb/> nur an seiue Antipathie gegen Berlin und seine Verehrung vor dem Prager Hrad-<lb/> schin und der Wiener Burg. Mit der Gestaltung Deutschlands wird er unter<lb/> allen Umständen zufrieden sein, vorausgesetzt nur, daß Oestreich in Deutschland<lb/> herrscht. Herr Kuranda hat leider viele Genossen seines Schlages in Wien, die<lb/> sich Deutsche nennen, sich selbst für Oestreicher halten und nicht einmal dies sind,<lb/> sondern blinde Habsburgianer.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0184]
Oestreich muß ein die Spitze Deutschlands komme», denn Wien ist die einzige Stadt in
Deutschland, die etwas ParistscheS hat, denn der Prater ist schöner als der Thiergar¬
ten, denn die Donau ist breiter als die Spree! — Bei seiner neulichen Lobjodelei
ans den Reichsverweser behauptete er: Im Sommer 48 habe Oestreich nur die
Hand auszustrecken gebraucht, um die deutsche Kaiserkrone zu erlangen. Ange¬
nommen, dies sei wahr, — ist eS nicht sehr naiv zu glauben, daß durch die
Wiederherstellung des heil. ron. östreichischen Reichskaisertitels etwas gethan ge¬
wesen wäre? —
Ein Oestreicher, der Gelegenheit hatte, Jahre lang die östreichischen Zu¬
stände und Bedürfnisse durch Vergleichung mit denen Deutschlands gründlich ken¬
nen zu lernen, muß von einem sehr beschränkten und kindischen Patriotismus
gebläht sein, um dieses reconvalescente Oestreich an die Spitze Deutschlands
stellen zu wollen. Aber soll man das auch Patriotismus nennen? Kuranda
denkt weder an das Interesse der östreichischen noch der deutschen Völker, sondern
nur an seiue Antipathie gegen Berlin und seine Verehrung vor dem Prager Hrad-
schin und der Wiener Burg. Mit der Gestaltung Deutschlands wird er unter
allen Umständen zufrieden sein, vorausgesetzt nur, daß Oestreich in Deutschland
herrscht. Herr Kuranda hat leider viele Genossen seines Schlages in Wien, die
sich Deutsche nennen, sich selbst für Oestreicher halten und nicht einmal dies sind,
sondern blinde Habsburgianer.
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