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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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geschildert habe; es war auch meine Absicht, ihn mit "Geißel," "Courier" und
"Zuschauer" an Einen Katzentisch zu setzen. Mangel an Raum nöthigte damals,
ihn wegzulassen, und nur diesem Umstand verdankt er die Ehre, jetzt in anstän¬
digerer Gesellschaft erwähut zu werden.

Sie kennen ihn wahrscheinlich nur durch die Citate deutscher Blätter aus seinen
Artikeln über die Paulskirche und über Preußen, -- folglich kennen Sie ihn uur
halb, denn der Oestreichische Korrespondent hat die Schlauheit der altöstreichischen
Polizei, die sich wohl hütete, gegen Ausländer das rauhe Fell herauszukehren,
vielmehr so höflich, als ihr möglich, war, um in der Fremde die östreichische Ge¬
müthlichkeit in gutem Ruf zu erhalten. Ja, gemüthlich ist Alles, was der Oeser.
Corresp. gegen das deutsche Ausland schrieb, verglichen mit seiner Büttelberedt-
samkeit gegen, die "Schlechtgefiunten" zu Hause.

Gegründet wurde er Ende November 48, erschien anfangs in Olmütz, später
in Wien und hätschelte, gleich dem Lloyd und andern Eingeweihten, so lange die
slavische Rejchölagsrechte, bis das Ministerium auch den Cze'chen mit einem dank¬
baren Nasenstüber für ihre eigennützige Anhänglichkeit die Thüre wies. In kaum
acht Wochen bewerkstelligte er seinen Uebergang vom streng constitutionellen Con-
servatismus zum streng militärischen Despotismus. "Rechtsum kehrt! Marsch!"
Solche Commandosprache wäre ihm am geläufigsten, aber die böse Welt und der
leidige Anstand verlangen zuweilen Gründe, und Gründe sind bei ihm so rar wie
Silberzwanziger. Wird er daher durch die Raisonnements der suborbinations-
widrigcn Menschheit gereizt, sich in die Jrrgewinde der Zeitungspvlemik zu stür¬
zen, so tölpelt er aus einem Mißverstand in den andern und ist in diesem Zu¬
stande kaum von Bäuerle oder Galimathias Koch zu unterscheiden.

Der Oeser. Corresp. ist stark in Enthüllungen l-r Ohm und Gödsche. Siehe
Batthyani; diesen überführte er als Mörder Latour's durch angebliche 17 Zeugen,
von denen selbst das Hahnau'sche Kriegsgericht nichts gewußt hat. Dafür schil¬
derte er Batthyaui's Gang zum Tode mit Witzeleien über die Kleidung und
Haltung des Sterbenden! Wenn ihm, wie bei seiner Denunziation Rieger's, Ver¬
leumdung und Fälschung nachgewiesen wird, zieht er sich ohne Entschuldigung zu¬
rück und ruft, wie ein Polizeimann, dem ein frecher Gassenjunge entwischt: Wart',
ich krieg' dich doch einmal!

Seine Mitarbeiter und Redactoren ziehn es vor, anonym zu bleiben. Schwar¬
zenberg selbst soll die Bornirtheit des Blattes und den Maugel an geschickten Fe¬
dern beklagt haben. Es ist tröstlich, daß gute Federn sich heutzutage für Olmützer
Tendenzen so schwer gewinnen lassen. Freilich, wie der Herr, so der Diener.
Mr. Warrens und Herr Anton Beck stehn so tief unter Genz, wie Schwarzenberg
unter Metternich. __^




Verlag von F. L. Hcrbig. -- Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Druck von Friedrich Andrü.

geschildert habe; es war auch meine Absicht, ihn mit „Geißel," „Courier" und
„Zuschauer" an Einen Katzentisch zu setzen. Mangel an Raum nöthigte damals,
ihn wegzulassen, und nur diesem Umstand verdankt er die Ehre, jetzt in anstän¬
digerer Gesellschaft erwähut zu werden.

Sie kennen ihn wahrscheinlich nur durch die Citate deutscher Blätter aus seinen
Artikeln über die Paulskirche und über Preußen, — folglich kennen Sie ihn uur
halb, denn der Oestreichische Korrespondent hat die Schlauheit der altöstreichischen
Polizei, die sich wohl hütete, gegen Ausländer das rauhe Fell herauszukehren,
vielmehr so höflich, als ihr möglich, war, um in der Fremde die östreichische Ge¬
müthlichkeit in gutem Ruf zu erhalten. Ja, gemüthlich ist Alles, was der Oeser.
Corresp. gegen das deutsche Ausland schrieb, verglichen mit seiner Büttelberedt-
samkeit gegen, die „Schlechtgefiunten" zu Hause.

Gegründet wurde er Ende November 48, erschien anfangs in Olmütz, später
in Wien und hätschelte, gleich dem Lloyd und andern Eingeweihten, so lange die
slavische Rejchölagsrechte, bis das Ministerium auch den Cze'chen mit einem dank¬
baren Nasenstüber für ihre eigennützige Anhänglichkeit die Thüre wies. In kaum
acht Wochen bewerkstelligte er seinen Uebergang vom streng constitutionellen Con-
servatismus zum streng militärischen Despotismus. „Rechtsum kehrt! Marsch!"
Solche Commandosprache wäre ihm am geläufigsten, aber die böse Welt und der
leidige Anstand verlangen zuweilen Gründe, und Gründe sind bei ihm so rar wie
Silberzwanziger. Wird er daher durch die Raisonnements der suborbinations-
widrigcn Menschheit gereizt, sich in die Jrrgewinde der Zeitungspvlemik zu stür¬
zen, so tölpelt er aus einem Mißverstand in den andern und ist in diesem Zu¬
stande kaum von Bäuerle oder Galimathias Koch zu unterscheiden.

Der Oeser. Corresp. ist stark in Enthüllungen l-r Ohm und Gödsche. Siehe
Batthyani; diesen überführte er als Mörder Latour's durch angebliche 17 Zeugen,
von denen selbst das Hahnau'sche Kriegsgericht nichts gewußt hat. Dafür schil¬
derte er Batthyaui's Gang zum Tode mit Witzeleien über die Kleidung und
Haltung des Sterbenden! Wenn ihm, wie bei seiner Denunziation Rieger's, Ver¬
leumdung und Fälschung nachgewiesen wird, zieht er sich ohne Entschuldigung zu¬
rück und ruft, wie ein Polizeimann, dem ein frecher Gassenjunge entwischt: Wart',
ich krieg' dich doch einmal!

Seine Mitarbeiter und Redactoren ziehn es vor, anonym zu bleiben. Schwar¬
zenberg selbst soll die Bornirtheit des Blattes und den Maugel an geschickten Fe¬
dern beklagt haben. Es ist tröstlich, daß gute Federn sich heutzutage für Olmützer
Tendenzen so schwer gewinnen lassen. Freilich, wie der Herr, so der Diener.
Mr. Warrens und Herr Anton Beck stehn so tief unter Genz, wie Schwarzenberg
unter Metternich. __^




Verlag von F. L. Hcrbig. — Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Druck von Friedrich Andrü.
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[0168] geschildert habe; es war auch meine Absicht, ihn mit „Geißel," „Courier" und „Zuschauer" an Einen Katzentisch zu setzen. Mangel an Raum nöthigte damals, ihn wegzulassen, und nur diesem Umstand verdankt er die Ehre, jetzt in anstän¬ digerer Gesellschaft erwähut zu werden. Sie kennen ihn wahrscheinlich nur durch die Citate deutscher Blätter aus seinen Artikeln über die Paulskirche und über Preußen, — folglich kennen Sie ihn uur halb, denn der Oestreichische Korrespondent hat die Schlauheit der altöstreichischen Polizei, die sich wohl hütete, gegen Ausländer das rauhe Fell herauszukehren, vielmehr so höflich, als ihr möglich, war, um in der Fremde die östreichische Ge¬ müthlichkeit in gutem Ruf zu erhalten. Ja, gemüthlich ist Alles, was der Oeser. Corresp. gegen das deutsche Ausland schrieb, verglichen mit seiner Büttelberedt- samkeit gegen, die „Schlechtgefiunten" zu Hause. Gegründet wurde er Ende November 48, erschien anfangs in Olmütz, später in Wien und hätschelte, gleich dem Lloyd und andern Eingeweihten, so lange die slavische Rejchölagsrechte, bis das Ministerium auch den Cze'chen mit einem dank¬ baren Nasenstüber für ihre eigennützige Anhänglichkeit die Thüre wies. In kaum acht Wochen bewerkstelligte er seinen Uebergang vom streng constitutionellen Con- servatismus zum streng militärischen Despotismus. „Rechtsum kehrt! Marsch!" Solche Commandosprache wäre ihm am geläufigsten, aber die böse Welt und der leidige Anstand verlangen zuweilen Gründe, und Gründe sind bei ihm so rar wie Silberzwanziger. Wird er daher durch die Raisonnements der suborbinations- widrigcn Menschheit gereizt, sich in die Jrrgewinde der Zeitungspvlemik zu stür¬ zen, so tölpelt er aus einem Mißverstand in den andern und ist in diesem Zu¬ stande kaum von Bäuerle oder Galimathias Koch zu unterscheiden. Der Oeser. Corresp. ist stark in Enthüllungen l-r Ohm und Gödsche. Siehe Batthyani; diesen überführte er als Mörder Latour's durch angebliche 17 Zeugen, von denen selbst das Hahnau'sche Kriegsgericht nichts gewußt hat. Dafür schil¬ derte er Batthyaui's Gang zum Tode mit Witzeleien über die Kleidung und Haltung des Sterbenden! Wenn ihm, wie bei seiner Denunziation Rieger's, Ver¬ leumdung und Fälschung nachgewiesen wird, zieht er sich ohne Entschuldigung zu¬ rück und ruft, wie ein Polizeimann, dem ein frecher Gassenjunge entwischt: Wart', ich krieg' dich doch einmal! Seine Mitarbeiter und Redactoren ziehn es vor, anonym zu bleiben. Schwar¬ zenberg selbst soll die Bornirtheit des Blattes und den Maugel an geschickten Fe¬ dern beklagt haben. Es ist tröstlich, daß gute Federn sich heutzutage für Olmützer Tendenzen so schwer gewinnen lassen. Freilich, wie der Herr, so der Diener. Mr. Warrens und Herr Anton Beck stehn so tief unter Genz, wie Schwarzenberg unter Metternich. __^ Verlag von F. L. Hcrbig. — Redacteure: Gustav Freytag und Julian Schmidt. Druck von Friedrich Andrü.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/168>, abgerufen am 24.07.2024.