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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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familie, besonders die Kronprinzessin, die man im Lande liebt und lobt, sehr
deutsch gesinnt und darin ganz das Gegentheil des jetzigen Königs sein. Das
Land wird dieser deutschen Richtung gewiß nachfolgen; jetzt trägt in der That eine
Art Schen vor dem alten König dazu bei, die Bevölkerung des Königreichs in
der deutschen Frage kühl zu erhalten. Der norddeutsche Charakter ergreift Alles
langsamer, aber auch viel nachhaltiger wie der süddeutsche, und der Gedanke eines
einigen Deutschlands, der nun einmal anch in der hannöverschen Landbevölkerung
aufgewacht ist, läßt sich nicht wieder unterdrücken, er wächst ruhig und nimmt zu,
bis er sich einmal in die That umsetzt, und erreicht gewiß auf ein oder die andere
Weise doch sein Ziel.

Besonders interessant ist in dieser Gegend das hannöversche Weserufer unter¬
halb Bremen. Hier lebt eine mehr See- als landgcwohnte Bevölkerung; vou diese"
Dörfern und Flecken ans erhält die Bremer Nhedcrci einen großen Theil ihrer
tüchtigsten Matrosen, auch viele Schiffskapitäne der großen Handelsfahrzenge woh¬
nen in kleinen freundlichen Häuschen, die unweit Vegesack in großer Menge von
dem hohen Weserufer herabschauen. Wackere, erfahrene Leute, bekannt in den
fernsten Winkeln der Erde, sind unter diesen Kapiiäucu, Männer, mit denen sich
manche Stunde angenehm und lehrreich verplaudern läßt. Gerade ihre Tüchtig¬
keit hat viel mit dazu beigetragen, den Bremer großen Handelsfahrzenge" einen
so günstigen Ruf in allen Häfen zu verschaffen. Ihr Leben ist anstrengend und
mühevoll genug, im Kreise der Familie sind sie nnr selten. Kaum ans Amerika
oder Australien zurückgekehrt, nur einige Wochen Rast im heimischen Hafen und
mit günstigem Winde geht es wieder hinaus in die See, nach Amerika oder Au¬
stralien zurück. Am Wenigste" sind die Führer jeuer großen Wallfischfänger da¬
heim., deren mehrere theils unter bremischer, theils hannöverscher Flagge von hier
auffahren, sie kreuzen oft über drei Jahre und nicht in den anmuthigsten Breite-
graden.

Z"r Bemannung unserer jungen Flotte haben diese hannöverschen Küstenlän¬
der sehr viele tüchtige Matrosen und jüngere Seeoffiziere beigesteuert. Hat mau
doch aus diesem Grunde und um dem greifen König zu schmeicheln, der so viel
thun kann, unsere Flotte zu fördern, aber anch zu hemmen, einer wunderschönen
neuen Dampjkorvette erster Klasse deu Name" "König Ernst August vou Hanno¬
ver" beigelegt. Die han"överschen Seeleute habe" sich hierüber gefreut und es
als eine Ehre für ihr Land angesehen, und die nächste große Fregatte, welche vom
Stapel läuft, soll den Ehrennamen "Preußen" erhalte". --




familie, besonders die Kronprinzessin, die man im Lande liebt und lobt, sehr
deutsch gesinnt und darin ganz das Gegentheil des jetzigen Königs sein. Das
Land wird dieser deutschen Richtung gewiß nachfolgen; jetzt trägt in der That eine
Art Schen vor dem alten König dazu bei, die Bevölkerung des Königreichs in
der deutschen Frage kühl zu erhalten. Der norddeutsche Charakter ergreift Alles
langsamer, aber auch viel nachhaltiger wie der süddeutsche, und der Gedanke eines
einigen Deutschlands, der nun einmal anch in der hannöverschen Landbevölkerung
aufgewacht ist, läßt sich nicht wieder unterdrücken, er wächst ruhig und nimmt zu,
bis er sich einmal in die That umsetzt, und erreicht gewiß auf ein oder die andere
Weise doch sein Ziel.

Besonders interessant ist in dieser Gegend das hannöversche Weserufer unter¬
halb Bremen. Hier lebt eine mehr See- als landgcwohnte Bevölkerung; vou diese»
Dörfern und Flecken ans erhält die Bremer Nhedcrci einen großen Theil ihrer
tüchtigsten Matrosen, auch viele Schiffskapitäne der großen Handelsfahrzenge woh¬
nen in kleinen freundlichen Häuschen, die unweit Vegesack in großer Menge von
dem hohen Weserufer herabschauen. Wackere, erfahrene Leute, bekannt in den
fernsten Winkeln der Erde, sind unter diesen Kapiiäucu, Männer, mit denen sich
manche Stunde angenehm und lehrreich verplaudern läßt. Gerade ihre Tüchtig¬
keit hat viel mit dazu beigetragen, den Bremer großen Handelsfahrzenge» einen
so günstigen Ruf in allen Häfen zu verschaffen. Ihr Leben ist anstrengend und
mühevoll genug, im Kreise der Familie sind sie nnr selten. Kaum ans Amerika
oder Australien zurückgekehrt, nur einige Wochen Rast im heimischen Hafen und
mit günstigem Winde geht es wieder hinaus in die See, nach Amerika oder Au¬
stralien zurück. Am Wenigste» sind die Führer jeuer großen Wallfischfänger da¬
heim., deren mehrere theils unter bremischer, theils hannöverscher Flagge von hier
auffahren, sie kreuzen oft über drei Jahre und nicht in den anmuthigsten Breite-
graden.

Z»r Bemannung unserer jungen Flotte haben diese hannöverschen Küstenlän¬
der sehr viele tüchtige Matrosen und jüngere Seeoffiziere beigesteuert. Hat mau
doch aus diesem Grunde und um dem greifen König zu schmeicheln, der so viel
thun kann, unsere Flotte zu fördern, aber anch zu hemmen, einer wunderschönen
neuen Dampjkorvette erster Klasse deu Name» „König Ernst August vou Hanno¬
ver" beigelegt. Die han»överschen Seeleute habe» sich hierüber gefreut und es
als eine Ehre für ihr Land angesehen, und die nächste große Fregatte, welche vom
Stapel läuft, soll den Ehrennamen „Preußen" erhalte». —




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/148>, abgerufen am 24.07.2024.