Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.steuerten die Classensteuer ausgeschlossen ist. Da nnn diese Steuer vorzugs¬ steuerten die Classensteuer ausgeschlossen ist. Da nnn diese Steuer vorzugs¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0509" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/92798"/> <p xml:id="ID_1614" prev="#ID_1613" next="#ID_1615"> steuerten die Classensteuer ausgeschlossen ist. Da nnn diese Steuer vorzugs¬<lb/> weise vou Staatsdienern gezahlt wird, so hat jene gesetzliche Bestimmung die<lb/> Folge, daß die hochbesteuerteu Staatsdiener an den Wahlhandlungen der<lb/> Höchstbestenerten nicht Theil nehmen können, daß die Wahlcollegien der Höchst¬<lb/> besteuerten fast uur aus s. g. großen Bauern bestehen, und daß grade von<lb/> denjenigen Wahlen, bei denen am ersten eine gemeinsame Verständigung der<lb/> Wähler möglich ist, die s. g. Vertreter der Intelligenz ausgeschlossen sind. Dem<lb/> Deputirten Prof. Berge von Marburg gebührt übrigens die Anerkennung, daß<lb/> er die Gefahren des neuen Wahlgesetzes schon bei der Berathung vorhergesehen<lb/> und vorhergesagt hat. Aber bei der großen Schwierigkeit, für eine andere Fassung<lb/> desselben Stimmeneinhelligkeit oder zweimalige Major tat von drei Viertel aller<lb/> Stimmen auf zwei nach einander folgenden Landtagen zu gewinnen, vermochte er<lb/> mit seinen Anträgen, die wenigstens zum Theil unzweifelhafte Verbesserungsvor¬<lb/> schläge waren, in der Kammer nicht durchzudringen. Von den übrigen, größten«<lb/> theils heilsamen Gesetzen, dnrch welche sich das Märzministerinm ein ehrenvolles<lb/> Denkmal gesetzthat, erwähne ich nur folgende: die revidirte ständische Ge-<lb/> schäftsordnung, wodurch der Kammer eine freiere Bewegung, namentlich die<lb/> selbstständige Entscheidung über die Legitimationsfragen und das unbeschränkte<lb/> Recht der Präsidentenwahl gesichert worden ist, welches Recht freilich der bevor¬<lb/> mundungssüchtige Stüve mit dem monarchischen Princip unvereinbar findet; das<lb/> treffliche Gesetz lnder Beseitigung der Anzeigegebühren, welche nun-<lb/> mehr vom Staat erhoben werden und in einen Fonds fließen, ans welchem die<lb/> zur Anzeige verpflichteten Diener für Vers ütuug der Vergehen belohnt werden;<lb/> das Gesetz über die Uebertragung der Polizeiverwaltnng an die Orts¬<lb/> behörden, welches zwar der Handhabung der Polizei nicht förderlich gewesen<lb/> ist, aber doch dem Publicum eine große Wohlthat erzeigt hat durch Aufhebung<lb/> der lästigen Polizeicommissionen und ihrer „kleinen Gesetzgebung". Diese Zwitter-<lb/> bchördeu waren keine unabhängigen Gerichte, und doch konnte man von ihren Er¬<lb/> kenntnissen erst bei einer Strafe von 20 Thlrn. oder 14 Tagen Gefängniß appelliren.<lb/> Uebrigens ist eine strengere Beaufsichtigung der Localpolizei von Seiten des Mi¬<lb/> nisteriums wünschenswerth, damit nicht etwa Reaction von Unten eintrete. Das<lb/> Gesetz über die Lehrs- und Meierverhältuisse hilft trotz mancher radicalen<lb/> Bestimmung im Wesentlichen einem längst gefühlten Bedürfnisse ab. Das Gesetz,<lb/> die freie Wahl der Staatsdiener zu Landtagsabgeordneten betreffend,<lb/> könnte den Staat mit empfindlichen Nachtheil bedrohen, wenn man nicht auf das<lb/> Pflichtgefühl der Staatsdiener beim Gebrauch dieser Freiheit getrost rechnen dürfte.<lb/> Das neue Necrutiruugögesetz, veranlaßt dnrch die bekannten Beschlüsse der<lb/> Nationalversammlung, mildert das Drückende der aufgehobenen Stellvertretung<lb/> weislich dnrch die Bestimmung, daß die Stellvertretung nur im zweiten Aufgebot</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0509]
steuerten die Classensteuer ausgeschlossen ist. Da nnn diese Steuer vorzugs¬
weise vou Staatsdienern gezahlt wird, so hat jene gesetzliche Bestimmung die
Folge, daß die hochbesteuerteu Staatsdiener an den Wahlhandlungen der
Höchstbestenerten nicht Theil nehmen können, daß die Wahlcollegien der Höchst¬
besteuerten fast uur aus s. g. großen Bauern bestehen, und daß grade von
denjenigen Wahlen, bei denen am ersten eine gemeinsame Verständigung der
Wähler möglich ist, die s. g. Vertreter der Intelligenz ausgeschlossen sind. Dem
Deputirten Prof. Berge von Marburg gebührt übrigens die Anerkennung, daß
er die Gefahren des neuen Wahlgesetzes schon bei der Berathung vorhergesehen
und vorhergesagt hat. Aber bei der großen Schwierigkeit, für eine andere Fassung
desselben Stimmeneinhelligkeit oder zweimalige Major tat von drei Viertel aller
Stimmen auf zwei nach einander folgenden Landtagen zu gewinnen, vermochte er
mit seinen Anträgen, die wenigstens zum Theil unzweifelhafte Verbesserungsvor¬
schläge waren, in der Kammer nicht durchzudringen. Von den übrigen, größten«
theils heilsamen Gesetzen, dnrch welche sich das Märzministerinm ein ehrenvolles
Denkmal gesetzthat, erwähne ich nur folgende: die revidirte ständische Ge-
schäftsordnung, wodurch der Kammer eine freiere Bewegung, namentlich die
selbstständige Entscheidung über die Legitimationsfragen und das unbeschränkte
Recht der Präsidentenwahl gesichert worden ist, welches Recht freilich der bevor¬
mundungssüchtige Stüve mit dem monarchischen Princip unvereinbar findet; das
treffliche Gesetz lnder Beseitigung der Anzeigegebühren, welche nun-
mehr vom Staat erhoben werden und in einen Fonds fließen, ans welchem die
zur Anzeige verpflichteten Diener für Vers ütuug der Vergehen belohnt werden;
das Gesetz über die Uebertragung der Polizeiverwaltnng an die Orts¬
behörden, welches zwar der Handhabung der Polizei nicht förderlich gewesen
ist, aber doch dem Publicum eine große Wohlthat erzeigt hat durch Aufhebung
der lästigen Polizeicommissionen und ihrer „kleinen Gesetzgebung". Diese Zwitter-
bchördeu waren keine unabhängigen Gerichte, und doch konnte man von ihren Er¬
kenntnissen erst bei einer Strafe von 20 Thlrn. oder 14 Tagen Gefängniß appelliren.
Uebrigens ist eine strengere Beaufsichtigung der Localpolizei von Seiten des Mi¬
nisteriums wünschenswerth, damit nicht etwa Reaction von Unten eintrete. Das
Gesetz über die Lehrs- und Meierverhältuisse hilft trotz mancher radicalen
Bestimmung im Wesentlichen einem längst gefühlten Bedürfnisse ab. Das Gesetz,
die freie Wahl der Staatsdiener zu Landtagsabgeordneten betreffend,
könnte den Staat mit empfindlichen Nachtheil bedrohen, wenn man nicht auf das
Pflichtgefühl der Staatsdiener beim Gebrauch dieser Freiheit getrost rechnen dürfte.
Das neue Necrutiruugögesetz, veranlaßt dnrch die bekannten Beschlüsse der
Nationalversammlung, mildert das Drückende der aufgehobenen Stellvertretung
weislich dnrch die Bestimmung, daß die Stellvertretung nur im zweiten Aufgebot
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