Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

steiler, Haussteuer, Einkommensteuer, Geträukesteuer, Verzehrungssteuer -- Namen,
die bei uns meist unbekannt waren -- sind einander mit Telegrapheuschuelle
jetzt gefolgt; nun ist das Tabaksmonopol bereits beschlossen und die diesfällige
Unterbreitung von Sr. Majestät sanctionirt; der Ruin des Landes wird also
systematisch und mit einer nnr einem östreichischen Finanzminister eigenen Hast
herbeigeführt. Nur einige Beispiele mögen als Beleg dienen. Der Bauer muß
von jedem Schaf 8 Kreuzer C.-M. bezahlen, während der Wolleertrag dieser
ordinären Gattung höchstens auf 36 Kreuzer C.-M. geschätzt werdeu kann; rech¬
nen wir davon ab die Steuer des Grundes, auf welchem das Schaf gehalten
wird, Wiuterung, Knechte, Salz und Schurlohn, so ergibt sich leicht, daß der
Schafbauer fast seinen ganzen Reinertrag an die Regierung entrichten muß. Die '
Stempeltaxe war bei uus stets eine exotische Pflanze, und nichts konnte eiuen
Ungar mehr in Wuth bringen, als das Wort "Swmpele^Ls". -- Jetzt wird es
mit dem magyarischen Worte "bot^eg-^" gegeben; die alte magyarische Sprache
hatte keinen Ausdruck dafür, und nur als Popanz wurde obiger Germanism gebraucht
-- jetzt siud wir gleichberechtigt, aber wir sollen es nicht so gemächlich haben wie
unsere top aler Altöstrcicher, die in jedem kleinen Dorfe einen Stempelpapierverschleiß
haben; bei uns gibt es solche uur in Kreisstädten, die umliegenden Ortschaften
auf 15 Meilen im llmfange müssen um jeden Sechskreuzerbogen nach der Kreis¬
stadt laufen, wodurch natürlich Industrie und Handel sehr gefördert werdeu. Ver¬
gebens petitiouirten bereits mehrere Gemeinden bei der hohen Regierung, sie möge
ihnen doch für eine gewisse Summe Stempelpapier auf Verrechnung zukommen
lassen; der Bescheid war ganz einfach: die Gemeinden mögen voraus bezahlen,
wenn sie Stempelpapu-r baben wollen, was bei unsern Zuständen, wo fast keine Ge¬
meinde zu finden ist, die in den letzten Jahren nicht einige tausend Gulden Schulden
auf sich geladen hätte, wirtlich wie Hohn klingt. -- lieber die Einführung des Tabak-
mouopols in Ungarn hat sich die unabhängige ausländische Presse bereits zur Ge¬
nüge ausgesprochen, und auch in diesen Blättern ist uicht uur die Unzweckmäßigkeit,
souderu auch die Unmöglichkeit der Ausführung dieses Mordstreichs auf die unga¬
rische Tabakproductiou mit Klarheit und Sachkenntniß erörtert worden; jetzt,
nachdem das Unheilvolle beschlossen ist, ohne daß wir noch von der Möglichkeit
der Ausführung überzeugt wären, demonstriren uns unsere geduldigen und gedul¬
deten Journale, daß das Monopol durchaus uicht hemmend ans die Erzeugniß
des Tabaks in Ungarn wirken werde, obwohl einer der Hauptpunkte des Ent¬
wurfs lautet: "Der Tabakerzeuger muß sein ganzes Product an die Regierung
abliefern" u. s. w.

Diesen östreichischen Segnungen wurde durch die tauseudfiugrige Bureau¬
kratie die Krone aufgesetzt. Die Centralisation, wie sie in Oestreich gehandhabt
wird, ist ohne ein großes Beamteuheer uicht deutbar. Wie sich ein Land, welches
seit Jahrhunderten an ein Selfgouvernement gewohnt war, uuter der Manipu-


steiler, Haussteuer, Einkommensteuer, Geträukesteuer, Verzehrungssteuer — Namen,
die bei uns meist unbekannt waren — sind einander mit Telegrapheuschuelle
jetzt gefolgt; nun ist das Tabaksmonopol bereits beschlossen und die diesfällige
Unterbreitung von Sr. Majestät sanctionirt; der Ruin des Landes wird also
systematisch und mit einer nnr einem östreichischen Finanzminister eigenen Hast
herbeigeführt. Nur einige Beispiele mögen als Beleg dienen. Der Bauer muß
von jedem Schaf 8 Kreuzer C.-M. bezahlen, während der Wolleertrag dieser
ordinären Gattung höchstens auf 36 Kreuzer C.-M. geschätzt werdeu kann; rech¬
nen wir davon ab die Steuer des Grundes, auf welchem das Schaf gehalten
wird, Wiuterung, Knechte, Salz und Schurlohn, so ergibt sich leicht, daß der
Schafbauer fast seinen ganzen Reinertrag an die Regierung entrichten muß. Die '
Stempeltaxe war bei uus stets eine exotische Pflanze, und nichts konnte eiuen
Ungar mehr in Wuth bringen, als das Wort „Swmpele^Ls". — Jetzt wird es
mit dem magyarischen Worte „bot^eg-^" gegeben; die alte magyarische Sprache
hatte keinen Ausdruck dafür, und nur als Popanz wurde obiger Germanism gebraucht
— jetzt siud wir gleichberechtigt, aber wir sollen es nicht so gemächlich haben wie
unsere top aler Altöstrcicher, die in jedem kleinen Dorfe einen Stempelpapierverschleiß
haben; bei uns gibt es solche uur in Kreisstädten, die umliegenden Ortschaften
auf 15 Meilen im llmfange müssen um jeden Sechskreuzerbogen nach der Kreis¬
stadt laufen, wodurch natürlich Industrie und Handel sehr gefördert werdeu. Ver¬
gebens petitiouirten bereits mehrere Gemeinden bei der hohen Regierung, sie möge
ihnen doch für eine gewisse Summe Stempelpapier auf Verrechnung zukommen
lassen; der Bescheid war ganz einfach: die Gemeinden mögen voraus bezahlen,
wenn sie Stempelpapu-r baben wollen, was bei unsern Zuständen, wo fast keine Ge¬
meinde zu finden ist, die in den letzten Jahren nicht einige tausend Gulden Schulden
auf sich geladen hätte, wirtlich wie Hohn klingt. — lieber die Einführung des Tabak-
mouopols in Ungarn hat sich die unabhängige ausländische Presse bereits zur Ge¬
nüge ausgesprochen, und auch in diesen Blättern ist uicht uur die Unzweckmäßigkeit,
souderu auch die Unmöglichkeit der Ausführung dieses Mordstreichs auf die unga¬
rische Tabakproductiou mit Klarheit und Sachkenntniß erörtert worden; jetzt,
nachdem das Unheilvolle beschlossen ist, ohne daß wir noch von der Möglichkeit
der Ausführung überzeugt wären, demonstriren uns unsere geduldigen und gedul¬
deten Journale, daß das Monopol durchaus uicht hemmend ans die Erzeugniß
des Tabaks in Ungarn wirken werde, obwohl einer der Hauptpunkte des Ent¬
wurfs lautet: „Der Tabakerzeuger muß sein ganzes Product an die Regierung
abliefern" u. s. w.

Diesen östreichischen Segnungen wurde durch die tauseudfiugrige Bureau¬
kratie die Krone aufgesetzt. Die Centralisation, wie sie in Oestreich gehandhabt
wird, ist ohne ein großes Beamteuheer uicht deutbar. Wie sich ein Land, welches
seit Jahrhunderten an ein Selfgouvernement gewohnt war, uuter der Manipu-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0500" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/92789"/>
          <p xml:id="ID_1597" prev="#ID_1596"> steiler, Haussteuer, Einkommensteuer, Geträukesteuer, Verzehrungssteuer &#x2014; Namen,<lb/>
die bei uns meist unbekannt waren &#x2014; sind einander mit Telegrapheuschuelle<lb/>
jetzt gefolgt; nun ist das Tabaksmonopol bereits beschlossen und die diesfällige<lb/>
Unterbreitung von Sr. Majestät sanctionirt; der Ruin des Landes wird also<lb/>
systematisch und mit einer nnr einem östreichischen Finanzminister eigenen Hast<lb/>
herbeigeführt.  Nur einige Beispiele mögen als Beleg dienen.  Der Bauer muß<lb/>
von jedem Schaf 8 Kreuzer C.-M. bezahlen, während der Wolleertrag dieser<lb/>
ordinären Gattung höchstens auf 36 Kreuzer C.-M. geschätzt werdeu kann; rech¬<lb/>
nen wir davon ab die Steuer des Grundes, auf welchem das Schaf gehalten<lb/>
wird, Wiuterung, Knechte, Salz und Schurlohn, so ergibt sich leicht, daß der<lb/>
Schafbauer fast seinen ganzen Reinertrag an die Regierung entrichten muß. Die '<lb/>
Stempeltaxe war bei uus stets eine exotische Pflanze, und nichts konnte eiuen<lb/>
Ungar mehr in Wuth bringen, als das Wort &#x201E;Swmpele^Ls". &#x2014; Jetzt wird es<lb/>
mit dem magyarischen Worte &#x201E;bot^eg-^" gegeben; die alte magyarische Sprache<lb/>
hatte keinen Ausdruck dafür, und nur als Popanz wurde obiger Germanism gebraucht<lb/>
&#x2014; jetzt siud wir gleichberechtigt, aber wir sollen es nicht so gemächlich haben wie<lb/>
unsere top aler Altöstrcicher, die in jedem kleinen Dorfe einen Stempelpapierverschleiß<lb/>
haben; bei uns gibt es solche uur in Kreisstädten, die umliegenden Ortschaften<lb/>
auf 15 Meilen im llmfange müssen um jeden Sechskreuzerbogen nach der Kreis¬<lb/>
stadt laufen, wodurch natürlich Industrie und Handel sehr gefördert werdeu. Ver¬<lb/>
gebens petitiouirten bereits mehrere Gemeinden bei der hohen Regierung, sie möge<lb/>
ihnen doch für eine gewisse Summe Stempelpapier auf Verrechnung zukommen<lb/>
lassen; der Bescheid war ganz einfach: die Gemeinden mögen voraus bezahlen,<lb/>
wenn sie Stempelpapu-r baben wollen, was bei unsern Zuständen, wo fast keine Ge¬<lb/>
meinde zu finden ist, die in den letzten Jahren nicht einige tausend Gulden Schulden<lb/>
auf sich geladen hätte, wirtlich wie Hohn klingt. &#x2014; lieber die Einführung des Tabak-<lb/>
mouopols in Ungarn hat sich die unabhängige ausländische Presse bereits zur Ge¬<lb/>
nüge ausgesprochen, und auch in diesen Blättern ist uicht uur die Unzweckmäßigkeit,<lb/>
souderu auch die Unmöglichkeit der Ausführung dieses Mordstreichs auf die unga¬<lb/>
rische Tabakproductiou mit Klarheit und Sachkenntniß erörtert worden; jetzt,<lb/>
nachdem das Unheilvolle beschlossen ist, ohne daß wir noch von der Möglichkeit<lb/>
der Ausführung überzeugt wären, demonstriren uns unsere geduldigen und gedul¬<lb/>
deten Journale, daß das Monopol durchaus uicht hemmend ans die Erzeugniß<lb/>
des Tabaks in Ungarn wirken werde, obwohl einer der Hauptpunkte des Ent¬<lb/>
wurfs lautet: &#x201E;Der Tabakerzeuger muß sein ganzes Product an die Regierung<lb/>
abliefern" u. s. w.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1598" next="#ID_1599"> Diesen östreichischen Segnungen wurde durch die tauseudfiugrige Bureau¬<lb/>
kratie die Krone aufgesetzt. Die Centralisation, wie sie in Oestreich gehandhabt<lb/>
wird, ist ohne ein großes Beamteuheer uicht deutbar. Wie sich ein Land, welches<lb/>
seit Jahrhunderten an ein Selfgouvernement gewohnt war, uuter der Manipu-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0500] steiler, Haussteuer, Einkommensteuer, Geträukesteuer, Verzehrungssteuer — Namen, die bei uns meist unbekannt waren — sind einander mit Telegrapheuschuelle jetzt gefolgt; nun ist das Tabaksmonopol bereits beschlossen und die diesfällige Unterbreitung von Sr. Majestät sanctionirt; der Ruin des Landes wird also systematisch und mit einer nnr einem östreichischen Finanzminister eigenen Hast herbeigeführt. Nur einige Beispiele mögen als Beleg dienen. Der Bauer muß von jedem Schaf 8 Kreuzer C.-M. bezahlen, während der Wolleertrag dieser ordinären Gattung höchstens auf 36 Kreuzer C.-M. geschätzt werdeu kann; rech¬ nen wir davon ab die Steuer des Grundes, auf welchem das Schaf gehalten wird, Wiuterung, Knechte, Salz und Schurlohn, so ergibt sich leicht, daß der Schafbauer fast seinen ganzen Reinertrag an die Regierung entrichten muß. Die ' Stempeltaxe war bei uus stets eine exotische Pflanze, und nichts konnte eiuen Ungar mehr in Wuth bringen, als das Wort „Swmpele^Ls". — Jetzt wird es mit dem magyarischen Worte „bot^eg-^" gegeben; die alte magyarische Sprache hatte keinen Ausdruck dafür, und nur als Popanz wurde obiger Germanism gebraucht — jetzt siud wir gleichberechtigt, aber wir sollen es nicht so gemächlich haben wie unsere top aler Altöstrcicher, die in jedem kleinen Dorfe einen Stempelpapierverschleiß haben; bei uns gibt es solche uur in Kreisstädten, die umliegenden Ortschaften auf 15 Meilen im llmfange müssen um jeden Sechskreuzerbogen nach der Kreis¬ stadt laufen, wodurch natürlich Industrie und Handel sehr gefördert werdeu. Ver¬ gebens petitiouirten bereits mehrere Gemeinden bei der hohen Regierung, sie möge ihnen doch für eine gewisse Summe Stempelpapier auf Verrechnung zukommen lassen; der Bescheid war ganz einfach: die Gemeinden mögen voraus bezahlen, wenn sie Stempelpapu-r baben wollen, was bei unsern Zuständen, wo fast keine Ge¬ meinde zu finden ist, die in den letzten Jahren nicht einige tausend Gulden Schulden auf sich geladen hätte, wirtlich wie Hohn klingt. — lieber die Einführung des Tabak- mouopols in Ungarn hat sich die unabhängige ausländische Presse bereits zur Ge¬ nüge ausgesprochen, und auch in diesen Blättern ist uicht uur die Unzweckmäßigkeit, souderu auch die Unmöglichkeit der Ausführung dieses Mordstreichs auf die unga¬ rische Tabakproductiou mit Klarheit und Sachkenntniß erörtert worden; jetzt, nachdem das Unheilvolle beschlossen ist, ohne daß wir noch von der Möglichkeit der Ausführung überzeugt wären, demonstriren uns unsere geduldigen und gedul¬ deten Journale, daß das Monopol durchaus uicht hemmend ans die Erzeugniß des Tabaks in Ungarn wirken werde, obwohl einer der Hauptpunkte des Ent¬ wurfs lautet: „Der Tabakerzeuger muß sein ganzes Product an die Regierung abliefern" u. s. w. Diesen östreichischen Segnungen wurde durch die tauseudfiugrige Bureau¬ kratie die Krone aufgesetzt. Die Centralisation, wie sie in Oestreich gehandhabt wird, ist ohne ein großes Beamteuheer uicht deutbar. Wie sich ein Land, welches seit Jahrhunderten an ein Selfgouvernement gewohnt war, uuter der Manipu-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/500
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/500>, abgerufen am 22.07.2024.