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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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spiele; Miller und Thompson waren die ersten. Jetzt schritt das Unterhaus ein,
und der Sprecher ließ einen der widerspenstigen Journalisten, Thompson, verhaften.

Am 55. März 1761 erschien der Bote des Unterhauses in der Wohnung
des Herausgebers der London Evening Post, um ihn im Namen des Parlaments
zu verhaften. Thompson ließ einen Polizeibeamten herbeirufen, und sich nach
dem Stadthaus bringen, wo der Lordmayor mit Wilkes und Oliver seiner wartete.

Die Scene war dramatisch und die Jnscenesetznng vortrefflich. Der Ser¬
geant at Arms des Unterhauses war ebenfalls erschienen, um deu Boten zu un¬
terstützen.

-- Mit welchem Rechte und in wessen Namen verhaften Sie diesen Mann?
frug der Lord Mayor den Polizeibeamten des Unterhauses.

-- Im Namen des Sprechers deö Unterhauses. Wir haben einen Befehl
des Hauses, welcher Ihnen befiehlt, den jetzt hier anwesenden Herausgeber
Thompson unsern Händen zu übergeben.

-- Wegen welchen Verbrechens?

-- Wir führen einfach den uns gewordenen Befehl ans.

-- Ist der Befehl von dem Polizeirichter der City unterzeichnet?

-- Nein.

-- Zeigen Sie ihn vor.

-- Hier ist er.

-- Der Befehl ist ungiltig. Wir erklären die Verhaftung für null und
nichtig und ordnen die sofortige Freilassung Thompson's an.

Mit dieser Niederlage des Unterhauses und diesem Siege Wilkes und der
City war die Sache uoch uicht abgethan. Aus dem Gefangenen Thompson wurde
jetzt ein Ankläger und er ging zum Angriff über.

"Ich beautrage, daß ein Protocoll über meine ungerechtfertigte Verhaftung
aufgenommen werde, sagte er, und verlange jetzt meinerseits die Verhaftung deö
Boten und des Sergeant at Arms des Unterhauses."

Der Lord Mayor und Wilkes, welche das ganze Schallspiel mit einander ab¬
gekartet hatten, gewährten Thompson's Forderung; ein Protocoll wurde aufgenom¬
men; die drei Magistratspersouen unterzeichneten es; und die beideu Beamten
mußten Caution leisten, um uicht eingesteckt zu werdeu.

Uuter dem Volke herrschte die größte Aufregung, die Bürger der City zeigten
sich entschlossen sich zu vertheidigen, und das Unterhaus wollte energisch durch-
greifen. Wilkes, Oliver und Townshend wurden wegen Beleidigung der Legis¬
latur vor die Schranken des Hauses geladen und in's Gefängniß geworfen. Aber
die Aufregung im Volke wurde so groß, daß man das Parlament vertagen mußte,
und mit der Vertagung trat die Freilassung der Gefangenen voll selbst ein. Wild'es,
einer der lasterhaftesten Menschen, die je eine politische Rolle gespielt haben, wurde
mit seinen Bundesgenossen im Triumph dnrch die Stadt getragen, lind die ganze


spiele; Miller und Thompson waren die ersten. Jetzt schritt das Unterhaus ein,
und der Sprecher ließ einen der widerspenstigen Journalisten, Thompson, verhaften.

Am 55. März 1761 erschien der Bote des Unterhauses in der Wohnung
des Herausgebers der London Evening Post, um ihn im Namen des Parlaments
zu verhaften. Thompson ließ einen Polizeibeamten herbeirufen, und sich nach
dem Stadthaus bringen, wo der Lordmayor mit Wilkes und Oliver seiner wartete.

Die Scene war dramatisch und die Jnscenesetznng vortrefflich. Der Ser¬
geant at Arms des Unterhauses war ebenfalls erschienen, um deu Boten zu un¬
terstützen.

— Mit welchem Rechte und in wessen Namen verhaften Sie diesen Mann?
frug der Lord Mayor den Polizeibeamten des Unterhauses.

— Im Namen des Sprechers deö Unterhauses. Wir haben einen Befehl
des Hauses, welcher Ihnen befiehlt, den jetzt hier anwesenden Herausgeber
Thompson unsern Händen zu übergeben.

— Wegen welchen Verbrechens?

— Wir führen einfach den uns gewordenen Befehl ans.

— Ist der Befehl von dem Polizeirichter der City unterzeichnet?

— Nein.

— Zeigen Sie ihn vor.

— Hier ist er.

— Der Befehl ist ungiltig. Wir erklären die Verhaftung für null und
nichtig und ordnen die sofortige Freilassung Thompson's an.

Mit dieser Niederlage des Unterhauses und diesem Siege Wilkes und der
City war die Sache uoch uicht abgethan. Aus dem Gefangenen Thompson wurde
jetzt ein Ankläger und er ging zum Angriff über.

„Ich beautrage, daß ein Protocoll über meine ungerechtfertigte Verhaftung
aufgenommen werde, sagte er, und verlange jetzt meinerseits die Verhaftung deö
Boten und des Sergeant at Arms des Unterhauses."

Der Lord Mayor und Wilkes, welche das ganze Schallspiel mit einander ab¬
gekartet hatten, gewährten Thompson's Forderung; ein Protocoll wurde aufgenom¬
men; die drei Magistratspersouen unterzeichneten es; und die beideu Beamten
mußten Caution leisten, um uicht eingesteckt zu werdeu.

Uuter dem Volke herrschte die größte Aufregung, die Bürger der City zeigten
sich entschlossen sich zu vertheidigen, und das Unterhaus wollte energisch durch-
greifen. Wilkes, Oliver und Townshend wurden wegen Beleidigung der Legis¬
latur vor die Schranken des Hauses geladen und in's Gefängniß geworfen. Aber
die Aufregung im Volke wurde so groß, daß man das Parlament vertagen mußte,
und mit der Vertagung trat die Freilassung der Gefangenen voll selbst ein. Wild'es,
einer der lasterhaftesten Menschen, die je eine politische Rolle gespielt haben, wurde
mit seinen Bundesgenossen im Triumph dnrch die Stadt getragen, lind die ganze


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/422>, abgerufen am 24.07.2024.