Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

mit Hauptmann Bah im Schloß Dubliuo und warf die Insurgenten von der
Höhe über Sclcmo und das Sarcathal entlang vorrückend bei Steuico, worauf
sie, von keiner Vorhut ereilt, in einem Zuge nach Condino flohen. Ebenso
siegreich hatte Tags zuvor Oberst Zobel einen Angriff ans Riva zurückgewiesen.
Die durch das Ledrothal entsandte Abtheilung überrumpelte die Studenten aus
Pavia bei Pieve, und trieb sie vor sich her bis Storo, wo durch ein glückliches
Zusammentreffen eben anch Oberstlieutenant Signorini mit fünfthalb Compagnien
den Rücken des Feindes bedrängte. Der von beiden Trnppenzeilen am 27.
unternommene Angriff, wobei anch die wackern Bozener Freiwilligen mitwirkten,
nöthigten ihn, das tyroler Gebiet zu räumen.

Die Bozener Compagnie 108 Mann stark, wovon ein namhafter Theil ans
intelligenten jungen Leuten bestand, hatte sich schon vor der Kunde der drängen¬
den Gefahr nnter Mnrmann's Leitung gebildet; auf sie hatte zunächst der Auf-
ruf des eben in ihre Vaterstadt gekommenen Erzherzogs Rainer gewirkt, auf den
sich anch zwei Compagnien aus der Finanzwache stellten. Der gegen die Men-
del vorrückende Feind wies der erstem bald ein nahes Ziel; in Caltern stießen
41 geübte Schützen unter Adalbert B. Nöggla dazu, die bei Male die erste
wälsche Fahne erbeuteten. Beide wurden von einer Abtheilung Jäger begleitet,
die sich bei Clef mit den Truppen des Obersten Melczer vereinigten, und die
Feinde uach wenigen Schüssen aus Male vertrieben. Ein Theil derselben ent¬
floh gegen den Tonale, der andere über das schneebedeckte Gebirge nach Tione,
und sofort nach Storo, wohin ihm die Bozener folgten. Das Sturmaufgebot
der vom Einbruch unmittelbar bedrohten Lauaer, Tiscuser, Ultener, Mölteuer
und Sarner kam mit ihrem Commandanten beim besten Willen um einen vollen
Tag zu spät, und kehrte uach kurzer Frist uach Hause. Baron Melden versuchte
nun die Vereinigung Umgend's mit Radetzky dnrch Ausfälle aus der Valarsa und
dem Valsugau zu unterstützen, fand aber die Ausgänge beider Thäler von In¬
surgenten besetzt, und sicherte sofort auf Befehl des Feldmarschalls die Verbin¬
dung der italienischen Armee mit Tyrol, die durch die feindliche Stellung be¬
droht war.

Erst uach Mitte April machten sich einzelne Compagnien aus dem Unter¬
innthal, eine Kufsteiuer, eine Ritzbüchler, und eine dritte unter Bergrath Zöttl
auf deu Weg, um dem Vaterlande beizustehen. Die frommen Diener des Al¬
tars, die bis dahin auch für die kräftigsten Stützen des Thrones gegolten, be¬
achteten die Mahnung ihres Freundes und Gönners, des Grafen Brandes, mit
Nichten, gleichgültig und kalt für das Wohl des Volkes beobachteten sie eine
Stille und Ruhe, die bei ihrem gerühmten Einfluß einer Art passiven Wider¬
standes glich. All der Dank, dessen sich die Regierung durch huudertjähriges
Protectorat der geistlichen Pfründner versichert glaubte, ward aufgewogen durch
die Gefahr der Aufklärung, womit'die Konstitution drohte. Nur Eins fanden


mit Hauptmann Bah im Schloß Dubliuo und warf die Insurgenten von der
Höhe über Sclcmo und das Sarcathal entlang vorrückend bei Steuico, worauf
sie, von keiner Vorhut ereilt, in einem Zuge nach Condino flohen. Ebenso
siegreich hatte Tags zuvor Oberst Zobel einen Angriff ans Riva zurückgewiesen.
Die durch das Ledrothal entsandte Abtheilung überrumpelte die Studenten aus
Pavia bei Pieve, und trieb sie vor sich her bis Storo, wo durch ein glückliches
Zusammentreffen eben anch Oberstlieutenant Signorini mit fünfthalb Compagnien
den Rücken des Feindes bedrängte. Der von beiden Trnppenzeilen am 27.
unternommene Angriff, wobei anch die wackern Bozener Freiwilligen mitwirkten,
nöthigten ihn, das tyroler Gebiet zu räumen.

Die Bozener Compagnie 108 Mann stark, wovon ein namhafter Theil ans
intelligenten jungen Leuten bestand, hatte sich schon vor der Kunde der drängen¬
den Gefahr nnter Mnrmann's Leitung gebildet; auf sie hatte zunächst der Auf-
ruf des eben in ihre Vaterstadt gekommenen Erzherzogs Rainer gewirkt, auf den
sich anch zwei Compagnien aus der Finanzwache stellten. Der gegen die Men-
del vorrückende Feind wies der erstem bald ein nahes Ziel; in Caltern stießen
41 geübte Schützen unter Adalbert B. Nöggla dazu, die bei Male die erste
wälsche Fahne erbeuteten. Beide wurden von einer Abtheilung Jäger begleitet,
die sich bei Clef mit den Truppen des Obersten Melczer vereinigten, und die
Feinde uach wenigen Schüssen aus Male vertrieben. Ein Theil derselben ent¬
floh gegen den Tonale, der andere über das schneebedeckte Gebirge nach Tione,
und sofort nach Storo, wohin ihm die Bozener folgten. Das Sturmaufgebot
der vom Einbruch unmittelbar bedrohten Lauaer, Tiscuser, Ultener, Mölteuer
und Sarner kam mit ihrem Commandanten beim besten Willen um einen vollen
Tag zu spät, und kehrte uach kurzer Frist uach Hause. Baron Melden versuchte
nun die Vereinigung Umgend's mit Radetzky dnrch Ausfälle aus der Valarsa und
dem Valsugau zu unterstützen, fand aber die Ausgänge beider Thäler von In¬
surgenten besetzt, und sicherte sofort auf Befehl des Feldmarschalls die Verbin¬
dung der italienischen Armee mit Tyrol, die durch die feindliche Stellung be¬
droht war.

Erst uach Mitte April machten sich einzelne Compagnien aus dem Unter¬
innthal, eine Kufsteiuer, eine Ritzbüchler, und eine dritte unter Bergrath Zöttl
auf deu Weg, um dem Vaterlande beizustehen. Die frommen Diener des Al¬
tars, die bis dahin auch für die kräftigsten Stützen des Thrones gegolten, be¬
achteten die Mahnung ihres Freundes und Gönners, des Grafen Brandes, mit
Nichten, gleichgültig und kalt für das Wohl des Volkes beobachteten sie eine
Stille und Ruhe, die bei ihrem gerühmten Einfluß einer Art passiven Wider¬
standes glich. All der Dank, dessen sich die Regierung durch huudertjähriges
Protectorat der geistlichen Pfründner versichert glaubte, ward aufgewogen durch
die Gefahr der Aufklärung, womit'die Konstitution drohte. Nur Eins fanden


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0310" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/92599"/>
          <p xml:id="ID_973" prev="#ID_972"> mit Hauptmann Bah im Schloß Dubliuo und warf die Insurgenten von der<lb/>
Höhe über Sclcmo und das Sarcathal entlang vorrückend bei Steuico, worauf<lb/>
sie, von keiner Vorhut ereilt, in einem Zuge nach Condino flohen. Ebenso<lb/>
siegreich hatte Tags zuvor Oberst Zobel einen Angriff ans Riva zurückgewiesen.<lb/>
Die durch das Ledrothal entsandte Abtheilung überrumpelte die Studenten aus<lb/>
Pavia bei Pieve, und trieb sie vor sich her bis Storo, wo durch ein glückliches<lb/>
Zusammentreffen eben anch Oberstlieutenant Signorini mit fünfthalb Compagnien<lb/>
den Rücken des Feindes bedrängte. Der von beiden Trnppenzeilen am 27.<lb/>
unternommene Angriff, wobei anch die wackern Bozener Freiwilligen mitwirkten,<lb/>
nöthigten ihn, das tyroler Gebiet zu räumen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_974"> Die Bozener Compagnie 108 Mann stark, wovon ein namhafter Theil ans<lb/>
intelligenten jungen Leuten bestand, hatte sich schon vor der Kunde der drängen¬<lb/>
den Gefahr nnter Mnrmann's Leitung gebildet; auf sie hatte zunächst der Auf-<lb/>
ruf des eben in ihre Vaterstadt gekommenen Erzherzogs Rainer gewirkt, auf den<lb/>
sich anch zwei Compagnien aus der Finanzwache stellten. Der gegen die Men-<lb/>
del vorrückende Feind wies der erstem bald ein nahes Ziel; in Caltern stießen<lb/>
41 geübte Schützen unter Adalbert B. Nöggla dazu, die bei Male die erste<lb/>
wälsche Fahne erbeuteten. Beide wurden von einer Abtheilung Jäger begleitet,<lb/>
die sich bei Clef mit den Truppen des Obersten Melczer vereinigten, und die<lb/>
Feinde uach wenigen Schüssen aus Male vertrieben. Ein Theil derselben ent¬<lb/>
floh gegen den Tonale, der andere über das schneebedeckte Gebirge nach Tione,<lb/>
und sofort nach Storo, wohin ihm die Bozener folgten. Das Sturmaufgebot<lb/>
der vom Einbruch unmittelbar bedrohten Lauaer, Tiscuser, Ultener, Mölteuer<lb/>
und Sarner kam mit ihrem Commandanten beim besten Willen um einen vollen<lb/>
Tag zu spät, und kehrte uach kurzer Frist uach Hause. Baron Melden versuchte<lb/>
nun die Vereinigung Umgend's mit Radetzky dnrch Ausfälle aus der Valarsa und<lb/>
dem Valsugau zu unterstützen, fand aber die Ausgänge beider Thäler von In¬<lb/>
surgenten besetzt, und sicherte sofort auf Befehl des Feldmarschalls die Verbin¬<lb/>
dung der italienischen Armee mit Tyrol, die durch die feindliche Stellung be¬<lb/>
droht war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_975" next="#ID_976"> Erst uach Mitte April machten sich einzelne Compagnien aus dem Unter¬<lb/>
innthal, eine Kufsteiuer, eine Ritzbüchler, und eine dritte unter Bergrath Zöttl<lb/>
auf deu Weg, um dem Vaterlande beizustehen. Die frommen Diener des Al¬<lb/>
tars, die bis dahin auch für die kräftigsten Stützen des Thrones gegolten, be¬<lb/>
achteten die Mahnung ihres Freundes und Gönners, des Grafen Brandes, mit<lb/>
Nichten, gleichgültig und kalt für das Wohl des Volkes beobachteten sie eine<lb/>
Stille und Ruhe, die bei ihrem gerühmten Einfluß einer Art passiven Wider¬<lb/>
standes glich. All der Dank, dessen sich die Regierung durch huudertjähriges<lb/>
Protectorat der geistlichen Pfründner versichert glaubte, ward aufgewogen durch<lb/>
die Gefahr der Aufklärung, womit'die Konstitution drohte. Nur Eins fanden</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0310] mit Hauptmann Bah im Schloß Dubliuo und warf die Insurgenten von der Höhe über Sclcmo und das Sarcathal entlang vorrückend bei Steuico, worauf sie, von keiner Vorhut ereilt, in einem Zuge nach Condino flohen. Ebenso siegreich hatte Tags zuvor Oberst Zobel einen Angriff ans Riva zurückgewiesen. Die durch das Ledrothal entsandte Abtheilung überrumpelte die Studenten aus Pavia bei Pieve, und trieb sie vor sich her bis Storo, wo durch ein glückliches Zusammentreffen eben anch Oberstlieutenant Signorini mit fünfthalb Compagnien den Rücken des Feindes bedrängte. Der von beiden Trnppenzeilen am 27. unternommene Angriff, wobei anch die wackern Bozener Freiwilligen mitwirkten, nöthigten ihn, das tyroler Gebiet zu räumen. Die Bozener Compagnie 108 Mann stark, wovon ein namhafter Theil ans intelligenten jungen Leuten bestand, hatte sich schon vor der Kunde der drängen¬ den Gefahr nnter Mnrmann's Leitung gebildet; auf sie hatte zunächst der Auf- ruf des eben in ihre Vaterstadt gekommenen Erzherzogs Rainer gewirkt, auf den sich anch zwei Compagnien aus der Finanzwache stellten. Der gegen die Men- del vorrückende Feind wies der erstem bald ein nahes Ziel; in Caltern stießen 41 geübte Schützen unter Adalbert B. Nöggla dazu, die bei Male die erste wälsche Fahne erbeuteten. Beide wurden von einer Abtheilung Jäger begleitet, die sich bei Clef mit den Truppen des Obersten Melczer vereinigten, und die Feinde uach wenigen Schüssen aus Male vertrieben. Ein Theil derselben ent¬ floh gegen den Tonale, der andere über das schneebedeckte Gebirge nach Tione, und sofort nach Storo, wohin ihm die Bozener folgten. Das Sturmaufgebot der vom Einbruch unmittelbar bedrohten Lauaer, Tiscuser, Ultener, Mölteuer und Sarner kam mit ihrem Commandanten beim besten Willen um einen vollen Tag zu spät, und kehrte uach kurzer Frist uach Hause. Baron Melden versuchte nun die Vereinigung Umgend's mit Radetzky dnrch Ausfälle aus der Valarsa und dem Valsugau zu unterstützen, fand aber die Ausgänge beider Thäler von In¬ surgenten besetzt, und sicherte sofort auf Befehl des Feldmarschalls die Verbin¬ dung der italienischen Armee mit Tyrol, die durch die feindliche Stellung be¬ droht war. Erst uach Mitte April machten sich einzelne Compagnien aus dem Unter¬ innthal, eine Kufsteiuer, eine Ritzbüchler, und eine dritte unter Bergrath Zöttl auf deu Weg, um dem Vaterlande beizustehen. Die frommen Diener des Al¬ tars, die bis dahin auch für die kräftigsten Stützen des Thrones gegolten, be¬ achteten die Mahnung ihres Freundes und Gönners, des Grafen Brandes, mit Nichten, gleichgültig und kalt für das Wohl des Volkes beobachteten sie eine Stille und Ruhe, die bei ihrem gerühmten Einfluß einer Art passiven Wider¬ standes glich. All der Dank, dessen sich die Regierung durch huudertjähriges Protectorat der geistlichen Pfründner versichert glaubte, ward aufgewogen durch die Gefahr der Aufklärung, womit'die Konstitution drohte. Nur Eins fanden

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/310
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/310>, abgerufen am 22.07.2024.