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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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Beide Sprüchwörter sind buchstäblich wahr und sagen in drei Worten, was man
in drei Bänden nur wiederholen kann. So sehr ich daher Gliedern des deut¬
schen gebildeten Mittelstandes anrathe, nicht voreilig den Entschluß zu einer
Uebersiedlung zu fassen, so beachtenswert!) erscheinen mir die Verhältnisse Ame¬
rikas für die wohlhabenden Classen der alten Welt. Ich sollte meinen, es sei
nicht ganz gleichgiltig, ob man Capitalien bei gleicher Sicherheit zu 4 oder zu
8 und zu 12 Procent benutzt.

Eine große Menge englischen Capitals wird in Amerika benutzt, ebenso
haben die Seehäfen des Continents, welche in eiuer lebhaften Verbindung mit
Amerika steheu, mauche Summe hier angelegt. Im Inlande Europas ist es zu
wiederholten Malen ebenfalls versucht worden, doch haben diese Unternehmen ge¬
wöhnlich mit dem Verluste der angelegten Capitalien geendet. Der Grund die¬
ses ungünstigen Erfolgs lag stets in der Unredlichkeit der Agenten und in der
durch die große Entfernung und Unbekanntschaft des Europäers mit deu amerika-
nischen Gesetzen bedingten Unmöglichkeit, den Agenten zur Rechenschaft zu
ziehen. Einen gleichen Erfolg würde trotz der jetzt bewirkten großen Leichtigkeit
und Schnelligkeit der Verbindung zwischen beiden Welttheilen noch das Unter¬
nehmen am heutigen Tage haben, wenn man unbekannte und unverantwortliche
Agenten zu dem Geschäft gebraucht. In dieser Hinsicht halte ich für deu einzig
sichern Plan, daß mehrere Familien sich vereinigen, ans ihrer Mitte einen intel¬
ligenten Mann mit gesetztem Charakter nehmen und diesen mit der Weisung nach
Amerika senden, sich dort für eine Reihe von Jahren häuslich niederzulassen und
das Geschäft zu betreiben. Dieser Agent wähle eine Mittelstadt der mittlern
oder westlichen Staaten zu seinem Wohnorte und beschränke sich im ersten Jahre
darauf, sein Geld für die niedrigsten Procente, sage 8 Procent, unterzubringen,
wozu er schou in den ersten Tagen, und zwar gegen eine zehnfache Sicherheit,
Gelegenheit haben wird; während dieses ersten Jahres beobachte er den Geschäfts¬
gang und er wird im zweiten Jahre sähig sein, mit gleicher Sicherheit seine
Capitalien besser zu benutzen. Das zusammengeschossene Capital sollte nicht viel
kleiner, als 60000 Thaler sein, so daß der Agent ein Procent erhalten könnte,
eine Summe, die ihn befähigt, in einer Mittelstadt, nicht mit Glanz, aber mit
allem geforderten Anstande, selbst mit einer kleinen Familie, zu leben. Die dnrch
die Sendung der Interessen nach Europa nöthigen Ausgaben belaufen sich, wenn
man die Wege kennt, ans nicht mehr als V4 Procent. Ein mehrjähriger Aufent¬
halt würde ihn befähigen, mit Umsicht noch vortheilhafter mit seinen Geldern zu
arbeiten, geeignetes ans dem Wege der Execution gegen Baarzahluug verkauftes
Grundeigenthum an sich zu bringen, wodurch er nie verlieren, wohl aber in einem
Jahre oft 100 Procent gewinnen kann; ich glaube, der Fall ist nie dagewesen,
daß auf diese Art gekauftes liegendes Eigenthum später mit Verlust verkauft wurde.

Eine größere Umsicht, eine noch intimere Bekanntschaft mit allen amerika-


Beide Sprüchwörter sind buchstäblich wahr und sagen in drei Worten, was man
in drei Bänden nur wiederholen kann. So sehr ich daher Gliedern des deut¬
schen gebildeten Mittelstandes anrathe, nicht voreilig den Entschluß zu einer
Uebersiedlung zu fassen, so beachtenswert!) erscheinen mir die Verhältnisse Ame¬
rikas für die wohlhabenden Classen der alten Welt. Ich sollte meinen, es sei
nicht ganz gleichgiltig, ob man Capitalien bei gleicher Sicherheit zu 4 oder zu
8 und zu 12 Procent benutzt.

Eine große Menge englischen Capitals wird in Amerika benutzt, ebenso
haben die Seehäfen des Continents, welche in eiuer lebhaften Verbindung mit
Amerika steheu, mauche Summe hier angelegt. Im Inlande Europas ist es zu
wiederholten Malen ebenfalls versucht worden, doch haben diese Unternehmen ge¬
wöhnlich mit dem Verluste der angelegten Capitalien geendet. Der Grund die¬
ses ungünstigen Erfolgs lag stets in der Unredlichkeit der Agenten und in der
durch die große Entfernung und Unbekanntschaft des Europäers mit deu amerika-
nischen Gesetzen bedingten Unmöglichkeit, den Agenten zur Rechenschaft zu
ziehen. Einen gleichen Erfolg würde trotz der jetzt bewirkten großen Leichtigkeit
und Schnelligkeit der Verbindung zwischen beiden Welttheilen noch das Unter¬
nehmen am heutigen Tage haben, wenn man unbekannte und unverantwortliche
Agenten zu dem Geschäft gebraucht. In dieser Hinsicht halte ich für deu einzig
sichern Plan, daß mehrere Familien sich vereinigen, ans ihrer Mitte einen intel¬
ligenten Mann mit gesetztem Charakter nehmen und diesen mit der Weisung nach
Amerika senden, sich dort für eine Reihe von Jahren häuslich niederzulassen und
das Geschäft zu betreiben. Dieser Agent wähle eine Mittelstadt der mittlern
oder westlichen Staaten zu seinem Wohnorte und beschränke sich im ersten Jahre
darauf, sein Geld für die niedrigsten Procente, sage 8 Procent, unterzubringen,
wozu er schou in den ersten Tagen, und zwar gegen eine zehnfache Sicherheit,
Gelegenheit haben wird; während dieses ersten Jahres beobachte er den Geschäfts¬
gang und er wird im zweiten Jahre sähig sein, mit gleicher Sicherheit seine
Capitalien besser zu benutzen. Das zusammengeschossene Capital sollte nicht viel
kleiner, als 60000 Thaler sein, so daß der Agent ein Procent erhalten könnte,
eine Summe, die ihn befähigt, in einer Mittelstadt, nicht mit Glanz, aber mit
allem geforderten Anstande, selbst mit einer kleinen Familie, zu leben. Die dnrch
die Sendung der Interessen nach Europa nöthigen Ausgaben belaufen sich, wenn
man die Wege kennt, ans nicht mehr als V4 Procent. Ein mehrjähriger Aufent¬
halt würde ihn befähigen, mit Umsicht noch vortheilhafter mit seinen Geldern zu
arbeiten, geeignetes ans dem Wege der Execution gegen Baarzahluug verkauftes
Grundeigenthum an sich zu bringen, wodurch er nie verlieren, wohl aber in einem
Jahre oft 100 Procent gewinnen kann; ich glaube, der Fall ist nie dagewesen,
daß auf diese Art gekauftes liegendes Eigenthum später mit Verlust verkauft wurde.

Eine größere Umsicht, eine noch intimere Bekanntschaft mit allen amerika-


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[0196] Beide Sprüchwörter sind buchstäblich wahr und sagen in drei Worten, was man in drei Bänden nur wiederholen kann. So sehr ich daher Gliedern des deut¬ schen gebildeten Mittelstandes anrathe, nicht voreilig den Entschluß zu einer Uebersiedlung zu fassen, so beachtenswert!) erscheinen mir die Verhältnisse Ame¬ rikas für die wohlhabenden Classen der alten Welt. Ich sollte meinen, es sei nicht ganz gleichgiltig, ob man Capitalien bei gleicher Sicherheit zu 4 oder zu 8 und zu 12 Procent benutzt. Eine große Menge englischen Capitals wird in Amerika benutzt, ebenso haben die Seehäfen des Continents, welche in eiuer lebhaften Verbindung mit Amerika steheu, mauche Summe hier angelegt. Im Inlande Europas ist es zu wiederholten Malen ebenfalls versucht worden, doch haben diese Unternehmen ge¬ wöhnlich mit dem Verluste der angelegten Capitalien geendet. Der Grund die¬ ses ungünstigen Erfolgs lag stets in der Unredlichkeit der Agenten und in der durch die große Entfernung und Unbekanntschaft des Europäers mit deu amerika- nischen Gesetzen bedingten Unmöglichkeit, den Agenten zur Rechenschaft zu ziehen. Einen gleichen Erfolg würde trotz der jetzt bewirkten großen Leichtigkeit und Schnelligkeit der Verbindung zwischen beiden Welttheilen noch das Unter¬ nehmen am heutigen Tage haben, wenn man unbekannte und unverantwortliche Agenten zu dem Geschäft gebraucht. In dieser Hinsicht halte ich für deu einzig sichern Plan, daß mehrere Familien sich vereinigen, ans ihrer Mitte einen intel¬ ligenten Mann mit gesetztem Charakter nehmen und diesen mit der Weisung nach Amerika senden, sich dort für eine Reihe von Jahren häuslich niederzulassen und das Geschäft zu betreiben. Dieser Agent wähle eine Mittelstadt der mittlern oder westlichen Staaten zu seinem Wohnorte und beschränke sich im ersten Jahre darauf, sein Geld für die niedrigsten Procente, sage 8 Procent, unterzubringen, wozu er schou in den ersten Tagen, und zwar gegen eine zehnfache Sicherheit, Gelegenheit haben wird; während dieses ersten Jahres beobachte er den Geschäfts¬ gang und er wird im zweiten Jahre sähig sein, mit gleicher Sicherheit seine Capitalien besser zu benutzen. Das zusammengeschossene Capital sollte nicht viel kleiner, als 60000 Thaler sein, so daß der Agent ein Procent erhalten könnte, eine Summe, die ihn befähigt, in einer Mittelstadt, nicht mit Glanz, aber mit allem geforderten Anstande, selbst mit einer kleinen Familie, zu leben. Die dnrch die Sendung der Interessen nach Europa nöthigen Ausgaben belaufen sich, wenn man die Wege kennt, ans nicht mehr als V4 Procent. Ein mehrjähriger Aufent¬ halt würde ihn befähigen, mit Umsicht noch vortheilhafter mit seinen Geldern zu arbeiten, geeignetes ans dem Wege der Execution gegen Baarzahluug verkauftes Grundeigenthum an sich zu bringen, wodurch er nie verlieren, wohl aber in einem Jahre oft 100 Procent gewinnen kann; ich glaube, der Fall ist nie dagewesen, daß auf diese Art gekauftes liegendes Eigenthum später mit Verlust verkauft wurde. Eine größere Umsicht, eine noch intimere Bekanntschaft mit allen amerika-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/196>, abgerufen am 22.07.2024.